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Deutsche Texte des Mittelalters
herausgegeben
von der
Königlich Pretissischen Akademie der Wissenschaften
Band XXV.
Die Pilgerfahrt
des träumenden Mönchs.
Aus der Berleburger Handschrift
lierausgegeben
von
Aloys Bömer.
Mit drei Tafeln in Lichtdruck.
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BERLIN
Weid m a n n s c li e B u c h h a 11 d 1 u n g
1915 .
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Deutsche Texte des Mittelalters
herausgegeben
von der
Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften.
Band XXV.
Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs.
BERLIN
Weidmannsche Buchhandlung
1915 .
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Die Pilgerfahrt
des träumenden Mönchs.
Aus der Berleburger Handschrift
herausgegeben
Aloys Bömer.
Mit drei Tafeln in Lichtdruck.
BERLIN
Weidmannsche Buchhandlung
1915 .
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Einleitung.
Die in ihrer rorliegenden Gestalt meines Wissens nach röllig unbekannte
Pilgerfahrt des träumenden Mönchs ist eine Übersetzung des in den Jahren 1330
Ins 1332 dem Dosenroman nachgebildeten französischen Traumgedichts Le Pelcrinage
de Tic humaine des Zisterziensers GuiVuumc de Dcgailerille aas dem Kloster
Chaalis im Departement Oise (ryl. über ihn Jlnltman. Guillaume de Deguilerille.
Diss. Upsala 1302). H7<* glücklich der Dichter mit der Fülle moralisch zu-
geschnittener Allegorien dem eigenartigen Geschmack seiner Zeit llechnung getragen
hat. beircisen außergewöhnlich zahlreiche Abschriften und selbst noch Drucke
• •
seines Werkes , mehrfache Ilearbeitungen und wiederholte Übertragungen in fremde
Sprachen. Deguilerille selbst sah sich nach 23 Jahren zu einer neuen, jedoch
keineswegs vorteilhafter geratenen Deduktion reranlaßt und baute überdies die
Dichtung durch zwei Fortsetzungen, Le Pelcrinage de l'Amc und Le Pelcrinage de
Jesuserist, zu einer großen Trilogie von mehr als 30000 Versen aus (Neuausgabe
der 3 Teile ron J. J. Stürzinger für den Hosburghc Club. London 1893 — 97.
Abdruck des 1. Teils in der urspr. Gestalt: Terz, der l/ss. beider Fassungen
S.IX/f. Dazu zu rer gl. Hnltman a.a.O. S.2f. u. F.urly Fnglish Text Society.
Extra-Ser. 02 [1301] S. LXJIJ* ff'., woselbst auch eine ergänzungsbedürftige
Bibliographie der Drucke des Originals und der verschiedenen Ilearbeitungen und
• •
Übersetzungen gegeben wird). Ein Kleriker von Angers. Jean Gallopes, löste
auf Geheiß seiner Herrin, der 1133 dem König Jlene ron Neapel vermählten
Komtesse Johanna ron Lural, den ersten Teil in französische Prosa auf (ge¬
druckt Lyon 1183, 1133 und 1304). Unter den lUnrsetrangen stehen der Zahl
nach die englischen an erster Stelle. Nachdem sich bereits ('haw er die eingelegten
Marienlieder (.I liC) zu eigen gemacht hatte, wurde Deguilerillcs erste Deduktion
wiederholt in englische. Prosa, die zweite. 1423 von John l.ydgate in englische Verse
gekleidet (letzter Abdruck: Early Engl. Text Soc. Extra-Ser. 77. 83. 32. 1H33 — 1301).
0 0
Auch die Niederlande begnügten sich nicht mit einer I bertragung. Einer Prosa¬
übersetzung eines unbekannten Geistlichen aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts
frgl. Tijdschrift voor nederlandschc taal- en letterkunde. 23 / 1301]. 1 ff.) ließ ein
Späterer eine erheblich kürzende Bearbeitung folgen (gedruckt Haarlem 1180 und
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VI
Einleitung.
1498, Delft 1498 und 1508). Selbst eine Übertragung ins Spanische erlebte das
Werk (gedruckt Tolosu 1480). Von einer lateinischen Fassung, auf welche im
Prolog der ersten niederländischen Bearbeitung (Cod. ms. germ. fol. 624 der Kgl.
Bibi, zu Berlin, Bl.l r ) als Vorlage hingewiesen wird, habe ich keine sonstigen
Spuren aufzufinden vermocht.
Von deutschen Übersetzungen war bislang nichts bekannt, und doch sind
hei der Inventarisierungsarbeit der Deutschen Kommission nicht weniger als
• •
drei entdeckt oder wenigstens als Übertragungen von Deguilevilles Dichtung er¬
kannt worden : zwei poetische und eine prosaische, alle drei auf die ursprüngliche
Fassung des Originals zurückgehend. Unsere versifizierte Umdichtung ist die älteste.
Die Handschrift, auf die ich in der Fürstlich Sagn-Wittgensteinsrhen Schloßbibliothek
zu Berleburg gestoßen hin — ich nenne sie h — dürfte den ersten Jahren
des 15. Jahrhunderts augehören. Auf dem unteren Bande des ersten vorliegenden
Blattes ist in neuerer Zeit mit Bleistift die Signatur Litr. A N''° 1292 eingetragen,
auf dem Bunde rechts der fürstliche. Stempel aufgedrückt. Über die Herkunft
des leider gerade am Anfang und Ende defekten Papierkodex findet sich keinerlei
Vermerk. Er hat aus 95. anfangs meist oben in der linken Ecke, später zuweilen
auch mehr nach der Mitte hin, von 28 an in der rechten Ecke des 1. Blattes vom
Schreiber selbst mit römischen Zahlen numerierten Lagen zu 12 Bll. (in deren
14. zwischen Bl. 4 und 5 zum Nachholen einer vergessenen Partie ein Blatt ein¬
gelegt ist), einer (86.) Lage zu 2 und einer (37.) zu 6 Bll., im ganzen also aus
429 Blättern bestanden. Die Folge der Lagen ist durch Kustoden auf der letzten
Seite, rechts unten, gesichert. Von den 429 Blättern sind verloren gegangen
1) die 2 ersten und 4 mittleren Bll. der 1. Lage, 2) das 2. Bl. der 2. Lage, (das
1. gleichfalls ausgelöst gewesene Bl. mit Papier streifen an Pergament-Falz geklebt),
2) das 3. und 1. Bl. der 5. Lage, 4) das 1. Bl. der 30. zweiblättrigen Lage
(Defekt durch ein Kreuz links oben in der Ecke des 2. Bl. gekennzeichnet),
5) die Bll. 3—5 der letzten sechsblättrigen Lage, von denen jedoch wahrscheinlich
das 4. und 5., sicher das 5., ebenso wie das noch vorhandene 6. Bl. (nur auf der
Büekscite. Schreibübung vnd der) leer gewesen sind. Auch mancherlei sonstige
Beschädigungen, Bisse in den Blättern (häufig mit Papier überklebt), Lädierungen
der Bänder (besonders in der 1. Lage: äußere IJingsseite des letzten Blattes mit
schmalem Papierstreifen überzogen). Flecken u. dgl. zeugen von dem fleißigen Ge¬
brauche des Bundes. Besonders stark ist der Einband mitgenommen. Das un-
gepreßte weiße Leder, mit dem die Holzdeckcl überzogen sind, ist abgescheuert
und arg beschmutzt: je 5 Metullbuckel vorn und hinten, welche das Buch beim
Aufliegen geschützt haben, fehlen sämtlich: von 2 Leder schließen ist nur noch der
Metallbeschlag der oberen auf dem Hinterdeckel vorhanden; beim Entfernen des
Beschlags der unteren wurde noch dazu ein Stück Leder mit abgerissen. Gegen
Vorder- und Hinterdeckel sind Teile einer zweispaltigen Folio-Pergamenthand¬
schrift des 10. Jahrhunderts geklebt mit Text der Expositio evangelii secundum
Lueam des hl. Ambrosius (Beginn des Fragments auf dem Vorderdeckel: In
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Einleitung
VII
illo tempore Exurgens maria abiit in montana = Migne. Patr. lat. XV,
col. 1559).
Das Papier enthält folgende Wasserzeichen: 1) Ociisenkopf mit Stange
und Stern, Briquet, Les filigranes (1907) Nr. 15 089 um nächsten stehend; durch¬
gängig in Lage 1 und 20 bis Schluß, vereinzelt in Lage 8. 10. 12. 14, in der
A usführung geringfügig wechselnd; — 2) ein Briquet Nr. 16 Oll nahekommendes
Zeichen, aber einer der 4 Bogen mit Kerbe; Lage 2 — 13, in 8. 10. 12 dazwischen
rer einzelt Ochsenkopf (s. oben); — 3) Wage. Die beiden Wagschalen an Größe
und Abstand Briquet Nr. 2429 am ähnlichsten, aber der Aufhänger aus 4 Linien
zusammengesetzt und der Ring ohne Stern; Lage 14 — 16, in 14 dazwischen
vereinzelt Ochsenkopf (s. oben); — 4) Krone mit Stange und 3 in Kreuzform
stehenden Blättern, deren oberstes einer Lanzenspitze gleicht. Briquet Nr. 4639
und 4640 am nächsten stehend; Lage 17 — 19.
Die Höhe des Bandes beträgt 22, die Breite 14 1 /* cm; die Größe des
Schriftfeldes wechselt in der Höhe zwischen 15 und 17, in der Breite ztvischen 9
und 11 cm. Die Zahl der Zeilen schivankt zwischen 15 und 20, doch herrscht
in der 1. Hälfte 17, in der 2. Hälfte 18 und 19 cor. Die einzelnen Verse sind
ubgesetzt, indessen wurden bei der Korrektur mehrere einzufügende Zeilen neben-
anstatt zwischengeschrieben. Der Apparat unter unserem Texte gibt darüber im
einzelnen Auskunft. Im Texte selbst werden die corliegenden Verse (ebenso wie die
Illütter) ohne Rücksicht auf die iÄicken fortlaufend gezählt, weil die Anzahl der
fehlenden Verszeilen ja nie mit absoluter Sicherheit hätte bestimmt werden können.
Der ganze Band ist von einer Hand in ziemlich regelmäßiger, nur in
der Größe hier und da etwas wechselnder Kursive von rundlichem Duktus auf-
!ivzeichnet. Im einzelnen charakterisiert sich die Schrift durch Willkürlichkeiten
verschiedenster Art. Die Anfangsbtichstaben der Verse sind, von den meist in
Majuskeln geschriebenen Satzanfängen abgesehen, ohne ersichtliches Prinzip bald
groß. bald klein geschrieben, doch wiegen die Minuskeln, vielfach mit Schnörkeln
•leziert oder auch durch Größe etwas ausgezeichnet und bei geirissen Lettern dann
laium von den Majuskeln zu unterscheiden, bei weitem vor. Bis auf ganz ver¬
einzelte Ausnahmen sind diese Anfangsbuchstaben rot gestrUheU bzw. mit einem
dicken roten Punkt versehen, der zuweilen cor- statt eingesetzt ist. Das w hat
meistens in jeder seiner beiden Rundungen einen Punkt erhalten, wogegen bei
den langgezogenen Buchstaben die Rötelung manchmal auf rotes Nach ziehen fast
des ganzen Körpers hinausgelaufen ist.
Bezüglich der Initialen bei Sinnesabschnitten herrscht bis gegen Bl. 50
hin bunte Mannigfaltigkeit, indem die drei ersten ganz in Rot ausgeführt (Bl. l r .
2 r . 4 r ), zwei spätere schwarz vorgeschrieben und rot nachgezogen (30*. 42"),
andere durch dicke schivarze Schäfte (27’. 36’. 38 r . 48’), wieder andere und zwar
die Mehrzahl durch größere Ausführung, teilweise auch Verschnörkelung hervor -
gehoben sind (8'. 22 r . 23 r . 28 r . 28’. 29’. 32’. 34 r . 35’. 37’. 38’. 40 r . 42 r . 43’.
17’. 48 r ), während manche endlich völlig der Auszeichnung entbehren, selbst da,
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VIII
Einleitung.
wo eingefügte Bilder einen Abschnitt anzeigen (8 r . 12 r . 13 v . 15 r . 26 r ). Von
Bi 48* an bildet Verdickung der Schäfte die nur selten durchbrochene Kege
(neben IVrv 1737. 1737. 1382. 8301 zwei horizontale Strichelchen, neben 1713
0000. 13183 Paragraphenzeichen), jedoch sind einige Male die Schuftumrisse roi
anstatt schwarz ausgefüllt. In unserm Text werden Initialen der letzten A.ri
ebenso wie die ganz rot ausgeführten in Fettdruck wiedergegeben, jedoch mi:
einem Vermerk im Apparate, im übrigen über die Anfänge der Abschnitte ohn<
besondere Xotiz über das Verhalten der 11s. einheitlich durch Einrücken der Zeih
kenntlich gemacht.
Während die Eigennamen nur selten groß geschrieben sind, weisen häufig
andere Wörter. Substantive. Adjektive, Verben, ja zweimal sogar die Konjunktion
so (V. 0700. 7778) große Anfangsbuchstaben auf. Besonders oft erscheint ein
(übrigens von B nicht za unterscheidendes) Majuskel-!!, bei Kompositis sogar
mehrmals im Wortinncrn, z. B. wiederReden 4035, widerRede 12455 — Rede
und Reden in ihren rerschiedenen Formen herrschen auch sonst vor —, underRook
9865, mulen Rat 12178. An der letzten Stelle sind freilich, ebenso wie bei griffen
Olae 9509, die beiden Teile des Wortes in der Hs. nicht aneinandergeschrieben, wie
sie überhaupt, besonders bei den Korrekturen, in dieser Beziehung wenig konsequent
ist, indem sie willkürlich trennt und verbindet. Wo ihre Schreibweise direkt sinn-
störend von der gebräuchlichen ubweicht, wird sic im Texte insofern gebessert
oder wenigstens gekennzeichnet, als zwischen den fälschlich getrennten Silben ein
kleineres Spatium gelassen wird, als sonst zwischen zwei Worten üblich. Wenn
jedoch sowohl Trennung als auch Verbindung im Gebrauch sind, wird die Hs.
kopiert, auch wenn sie bei dem betreffenden Ausdruck an verschiedenen Stellen
ungleichmäßig verfährt. Sämtliche Versaufänge und Eigennamen, auch die Xamcn
der personifizierten Tugenden, Laster usw., soieic das Substantiv Got (für den
Christengott) sollen in der uns geläufigen Urne mit großen Anfangsbuchstaben,
alle übrigen Worte klein gedruckt werden.
Nach modernen Grundsätzen wird auch der schwankende Gebrauch von i
und j. U und V einheitlich geregelt. In der Hs. begegnet auch für i im Anlaut
off. am regelmäßigsten bei in und seinen Zusammensetzungen, ein j, meistens
hoch über der Linie angesetzt und häufig geradezu als großes J erscheinend.
Gewisse Wörter freilich sind, wenigstens int Innern der Verse, fast ausnahmslos
mit i geschrieben, z. B. ich, is. ist. i tritt in der Kegel auch in der Verbindung
ie auf z. B. ieder, iederman u. u. Das i hat bald einen Punkt, bald keinen,
seltener, wenigstens bei der ersten Niederschrift, einen Strich, der aber bei den
Korrekturen, wenn überhaupt ein Zeichen gesetzt ist, die Hegel und an manchen
Stellen auch der ersten Schrift zugefügt ist. Für langes i ist meistens ij ge¬
schrieben, hier mit zwei Punkten, dort ohne Punkte, in der Korrektur auch mit
zwei Strichen. Das an zweiter Stelle stehende j ist häufig wenig oder gar nicht
unter die Linie heruntergezogen und von dem ersten i nicht unterschieden. Diese
verschiedenen Schreibarten werden im Text nicht kenntlich gemacht, sondern ein
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Einleitung .
IX
für allemal i und ij gedruckt. Dagegen wird natürlich das häufig für i ein¬
tretende y beibehalten und selbst die wenigen Fälle, wo dasselbe mit einem Funkt
als y erscheint, entsprechend wieder gegeben. Ein krasses Beispiel von der In¬
konsequenz der Hs. in der Wiedergabe des i- Lauts bietet der gleichlautende
Anfang der Verse 4135/6, geschrieben Bij yn und By in. — Sowohl u wie v
sind im Anlaut gewöhnlich, aber nicht ausnahmslos, durch v, im In- und Aus-
• •
laut durch u wiedergegeben. Uber dem u erscheint häufig, manchmal allerdings
erst bei der Korrektur angebracht, ein e, meist in sehr reduzierter Form, zu¬
weilen nur in Gestalt von zwei schräg übereinandergestellten Häkchen oder Funkten,
nicht nur für langes u, sondern auch für die Umlaute ü und iu, für üe und uo
und schließlich auch für einfaches u, das seinerseits auch wieder, unter Verzicht
auf Bezeichnung der Länge, des Umlauts usw., sehr oft für alle die genannten
Laute verwendet wird. Daneben kommen vor: ü, ue, üe und endlich (für uo,
aber auch für U> ü, wobei jedoch das kleine o nicht selten undeutlich geraten und
ran dem e kaum zu unterscheiden ist, so daß die Entscheidung für den Drucktext,
der diese beiden übergeschriebenen Zeichen möglichst genau wiedergeben soll, an
manchen Stellen nicht mit absoluter Sicherheit getroffen werden kann. — a, i
und o erscheinen gleichfalls mit übergesetztem e, daneben aber auch wieder ae,
ie und oe.
Für den s-Luut verwendet die 11s. Junges f 'im An- und Inlaut, kleines
s im Auslaut; der Druck gibt auch das erstcre durch s wieder; ß behält er in
dieser Form bei. Da am Schluß der Wörter das, was. alles usw. neben s auch
das ältere z rorkommt, durften die dem Schreiber ganz geläufigen Abkürzungen
dz und WZ in daz und waz aufgelöst werden. — f sieht oft dem f zum Ver¬
wechseln ähnlich. — t ist in den Verbindungen st und tz meistens wie C ge¬
schrieben; hier setzt der Druck regelmäßig t, während sonstige orthographischen
Eigentümlichkeiten der Hs., z.B. Wechsel von c und k. f und v, ss und ß,
tz und z, einfachem und doppeltem Vokal oder Konsonanten unverändert aus
der Vorlage übernommen werden.
An Abkürzungen, die im Text bis auf eine einzige, unten noch näher zu
bezeichnende, durchgängig aufgelöst werden, erscheinen in der Hs.: Zur Bezeichnung
von n und m ein meist nach oben etwas durchgebogener Strich, der sich zuweilen
auch über die Nachbarbuchstaben ausdehnt und bei kleinen Worten als großer
Bogen über der ganzen Buchstaben folge schwebt. Bei a, i und u wird er oft
gleich vom Ende des Vokals an hochgezogen, bei e als Bogen an den Kopf an¬
gesetzt; einmal ist er mit einem Schnörkel verziert ffromen 11678). Als Sigle
und zwar in der Korrektur ist die Abbreviatur vn = und zu verzeichnen (804.
12302). — Ein Haken für er, seltener für r und re, auch wieder je nach der
Form der Buchstaben oben am Kopf aufgesetzt oder unten vom Ende hochgezogen
oder frei über ihnen schwebend, gewöhnlich nach links, einige Male aber auch
nach rechts umgebogen; ein übergesetztes Häkchen, einem großen Komma ähnlich,
für ri; eine kurze geschlängelte Linie ( ) zuweilen mit einem Schnörkel für ra.
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X
Einleitung.
sowie übergeschriebenes o für ro; geschweift durchstrichenes f für ser, besonders oft
bei unser und seinen Kasus. — In lateinischen Lehnwörtern die dort üblichen
Kürzungen p = pre (am häufigsten bei predigen und Ableitungen), p = per Per¬
sonen 3445, pergament 13004, permente 13163.13173), p pro Propheten 9117,
proveancen 9532); vereinzelt plement = parlement 700. — o = us paulus 4019,
benedictus 4256, longinus 8318, venus 10683). — bndictus 4187. — An Einzel¬
heiten endlich noch das bekannte geschr mit Schleife am r = geschriben 12375.
13368, vorgnt mit Schlangenlinie über dem n und Schleife am t = vorgenanten
390; die Eigennamen Jhrlm mit großer Verschlingung über dem 1 = Jherusalem
12849; Jhü 1062, Jhüs 3283, Jhü 3926, Jhüs 8424. 9971, Jhm 11203, Jhs 11296,
Jhu 12845, ihm xpm Parenthese nach 3274, für die betreffenden Formen von
Jhesus Christus, die jedoch auch ausgeschrieben Vorkommen. Die Abbreviatur
Xpc = Cristus 11319 muß als einzige beibehalteu werden, da sie im 21. der
eingelegten Marienlieder, welche der Reihe nach mit den Buchstaben des Alphabets
beginnen, das X-Lied eröffnet.
Offenbare Fehler der Hs. werden verbessert und (mit entsprechendem
Vermerk im Apparat) durch Kursivdruck kenntlich gemacht, die fehlende Inter¬
punktion, zu der sich nur gelegentlich einmal in einem Schrägstrich ein Ansatz
findet, nach den bekannten Lachmannschen Prinzipien hinzugefügt.
Durch den ganzen Hand hin zieht sich, an der ursprünglichen Fassung
des Textes ändernd, eine zweite Schrift, die man auf den ersten Blick wegen
ihrer Flüchtigkeit einer anderen Hand zuschreiben möchte, bei näherer Prüfung
alter doch als dem ersten Schreiber angehörig erkennt, in dem wir wiederum keinen
• •
andern als den Übersetzer selbst zu erblicken haben werden. Ist es an sich schon
wahrscheinlicher, daß der Urheber selbst nachträglich noch einmal die Feile an sein
Werk gelegt hat, als daß ein anderer sich dazu veranlaßt gesehen habe, so läßt
doch auch ein bestimmter Umstand auf das erstere schließen. Der bei dem Maße
von Gebundenheit, das er sich seiner Vorlage gegenüber auferlegte, sicher nicht
leichten Aufgabe für annähernd 14 000 Verse die notwendigen Reime zu finden,
war der Übersetzer durchaus nicht gewachsen. Trotz mannigfacher Veränderungen
an Vokalen und Konsonanten, sowie Ab- und Zutaten im In- und Auslaut der
Wörter (Apothesis, Epenthesis und Ejnthesis), die er sich in seiner Reimnot erlaubte,
trotz größerer und kleinerer Zusätze zur Vorlage (ganze Verse eingefügt: 77. 81.
85. 89. 107. 113. 135. 177(8 usw.) auf der einen und seltenerer Abstriche auf der
andern Seite, wollte ihm ein formell auch nur einigermaßen befriedigendes Werk
nicht gelingen. Nicht genug damit , daß er sich die Freiheiten der älteren Dichtung,
bei gleichen Vokalen verschiedene (jedoch nicht ungleichartige) Konsonanten, bei
gleichen Konsonanten verschiedene Vokale im Reime zu verwenden und andere
mehr in weitgehendstem Maße zu eigen machte, daß er außergewöhnlich zahlreiche
reimlose Zeilen duldete und noch weniger vor rührenden Reimen unzulässiger Art
zurückschreckte: viel schwerer belasteten ihn die vielen Fälle, in denen er eine Bindung
zweier Verse durch den Reim, wie es scheinen muß, nicht einmal versucht hatte.
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Einleitung.
XI
Mögen ihm solche Flüchtigkeiten nach Vollendung seiner Arbeit selbst zum Bewußt¬
sein gekommen bzw. von anderer Seite gebracht sein, oder mögen nötig erscheinende
Änderungen anderer Art den ersten Anlaß gegeben haben, jedenfalls entschloß er
sich, das Werk noch einmal durchzugehen, nicht streng systematisch ausbessernd,
sondern hier mehr, dort weniger sorgfältig eingreifend. Als besonders ver¬
besserungsbedürftig erwiesen sich die Seiten 53’ — 61’. Viele der Korrekturen
erstrecken sich auf die Berichtigung von Schreibfehlern (die gleichwohl nicht
sämtlich ausgemerzt sind) oder eine Veränderung des Ausdrucks, wobei das
Original teilweise genauer befolgt, teilweise aber auch verlassen wurde; ein ganz
• •
beträchtlicher Teil der Änderungen jedoch hat den fehlenden Reimen gegolten.
Ihre Gewinnung war oft mit kleinen Mitteln ohne anderweitigen Nachteil möglich,
aber ebenso oft hat unter der reimtechnischen Besserung der Text in erheblicher
Weise gelitten, indem noch mehr Flickwörter hervorgesucht und, namentlich wenn
ganze Verse hinzukamen, durch Umschreibung oder direkte Wiederholung des
bereits Gesagten die an sich schon oft genug lästig fallende Breite der Dar¬
stellung zur Unerträglichkeit gesteigert wurde, von grammatischen Unebenheiten
und Störungen des Sinnes ganz zu schweigen. Daß aber die Beschaffenheit der
neuen Reime sich von der der alten in nichts unterscheidet, macht die Identität
von Übersetzer und Schreiber-Korrektor mehr als wahrscheinlich. An formeller
Vernachlässigung sucht auch das korrigierte Werk noch seinesgleichen.
• •
Die Tilgung des alten Textes geschah bei ganz kleinen Änderungen wohl
durch Radierung, sonst meist durch Streichung, seltener durch Unterpunktierung,
hier und da auch in Verbindung der beiden letztgenannten Verfahren. Bei der
Rubrizierung des Buches wurden die weitaus meisten der zu entfernenden Worte und
Wortteile noch dazu rot durchstrichen. Die Ersatzteile sind entweder vor oder hinter
dem Verse am Rande des Blatts zugeschrieben oder zwischen den Zeilen über (nur
1023 ausnahmsweise, unter) dem gestrichenen Passus eingefügt; wo nichts zu tilgen
war, weist meist ein A- Zeichen dem Zusatz seinen Platz an. Textliche Ver¬
änderungen jeglicher Art werden im Apparat genau verzeichnet; tvo Korrekturen
ohne Bemerkung angeführt stehen, handelt cs sich um Verbesserungen bei der
nachträglichen Durchsicht des Werkes, während die wenigen Änderungen bei der
ersten Niederschrift durch ein zugefügtes gleich hervorgehoben werden. Bemerkens¬
wert unter den letzteren ist eine Tilgung durch schwarze Einrahmung (387).
Außer der erwähnten Tätigkeit des Tilgens, der Anbringung von roten
Initialen bei einem Teil der Sinnesabschnitte und der Strichelung der Versanfänge
hat der Rubrikator die Aufgabe gehabt, die zahlreichen Illustrationen der IIs.
mit einem erklärenden Text zu versehen, dessen Wortlaut wir bei einigen der
Bilder (72. 78. 79. 80. 82. 95) zunächst in der flüchtigen Schrift der Korrektur
und offenbar gleichzeitig mit ihr schwarz vor geschrieben finden. Daß demnach
die Korrektur der Rubrizierung vorausgegangen ist, findet wie in den erwähnten
Tilgungen durch roten Strich, auch in dem Umstande eine Bestätigung, daß
die bei der Korrektur zwischengeschriebenen ganzen Verse gleichfalls die rote
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XII
Einleitung.
Strichelung ihr ex Anfangsbuchstaben aufweisen: wir müßten sonst schon un-
nehmen, daß die wenigen nachgetragenen Zeilen nachher besonders für sich
rubriziert worden wären. Da aber die rote Reinschrift der Bilderläuterungen
ohne allen Zweifel wieder von der Hand des Schreibers der Hs. herrährt, werden
wir auch die gesamte Rubrikation als seine Arbeit anzusehen haben.
• •
Es fragt sich endlich noch, ob auch der Illustrator mit Übersetzer ,
Schreiber, Korrektor und Rubrikator identisch ist. Die vollständige Hs. hat
110 fertige Bilder gezählt, von denen jedoch mit den ausgerissenen Blättern int
1. Teile der Dichtung (i verloren gegangen sind. Die Zahl ergibt sich aus der
Numerierung mehrerer Figuren inmitten des Bandes von seiten des Schreibers
(15. 58 — 65. 67 — 70). Es shid
Federzeichnungen, bis auf die
und durchgehends mit farbigem
Kolorierung verraten besondere
3 l v —5 cm hohe und 6 —.9 cm breite kolorierte
erste vorliegende in bunte Rahmen eingefaßt
Hintergrund versehen. Weder Zeichnung noch
Kunstfertigkeit. Sind schon die plumpen, ge¬
drungenen Figuren der Personen, des Pilgers selbst (der ähnlich wie der Ackers¬
mann von Böhmen als Hauptperson auf den Bildern immer wiederkehrt) und
all der allegorischen Frauen und Männer, welche ihm auf seiner abenteuerlichen
Wallfahrt durchs Leben von der Geburt bis zum Tode entgegentreten, primitiv
und roh gezeichnet, bei reichlicherer Ausrüstung unter Verzicht auf einen Teil
der im Text beschriebenen Attribute, so versagt die Kunst des Malers noch
mehr, wenn es Flächen, beispielsweise einen Scheideweg (55 u.a.) oder ein Meer
(85 u. a., vgl. das Faksim.) darzustellen gilt. Unter diesen Umständen erscheint
es keineswegs ausgeschlossen, daß der Übersetzer nach seinen bescheidenen Kräften
auch für die Illustrierung des Werkes selbst gesorgt hat. Von den noch vor¬
handenen 104 Bildern sind 17 aufgeklebt (31 — 34. 38 — 11. 45. 46. 49. 50. 52 — 56),
deren Ausführung also bequemer, ohne Furcht durch Verunglücken einer Nummer
die beschriebenen Blätter zu verderben, vorgenommen werden konnte. Bei sämtlichen
Bildern scheinen Einfassung und Umrisse zuerst flüchtig mit der Feder skizziert zu
sein, denn es sind nicht nur unter mehreren der aufgeklebten Stücke an den Rändern
Teile einer älteren Vorzeichnung sichtbar, sondern eins der Bilder (Bl. 154 r ) ist
überhaupt nicht über die Umrißfixierung hinausgekommen, iveshalb es bei der
(dien Numerierung auch nicht mitgezählt wurde. Zu Anfang des 4. Buches der
Dichtung (Bl. 351 r ) ist ein Bild nur mit Bleistift skizziert. Seine Ausführung
mag deshalb unterblieben sein, weil dieselbe Situation auf der Rückseite des
folgenden Blattes zur Darstellung gebracht worden ist. Bei der Beschreibung
der Bilder unter dem Text zähle ich dieses ebensowenig mit wie ein anderes, das
überhaupt noch nicht angefangen, aber bereits mit roter Beischrift (lioffart) ver¬
sehen ist (Bl. 248 r ).
Ihrem Dialekt nach gehört die 11s. Mitteldeutschland. speziell (wie
namentlich der Stand der Lautverschiebung beweist) dem rheinfränkischen Gebiete
an, so daß sie also an ihrem Aufbewahrungsorte Berleburg, nahe der hessischen
Grenze, oder wenigstens in der dortigen Gegend von einem den Grafen von
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Einleitung.
XIII
Wittgenstein irgendwie nahestehenden, vermutlich geistlichen Alaune geschrieben
sttiin könnte. Doch ist das natürlich nicht mehr als eine Alöglichkeit.
Von der zweiten poetischen Übertragung ins Deutsche kennen wir
stt icohl Entstehungsort wie Entstehungszeit, und dazu auch noch den Vornamen und
den Stand des Übersetzers. Ein einfacher Priester namens Petrus, der mit seinem
rollen Namen nicht hat bekannt sein wollen, hat in der heiligen Stadt Cölti im
-Jahre 1444 das Werk geschaffen. Das alles verrät eine noch im 15. Jahrhundert
nieder geschriebene versifizierte Notiz auf der Rückseite eines vorgehefteten Pergament¬
blattes in der Handschrift, die uns im Historischen Archiv der Stadt Cöln erhalten
ist. Sie lautet:
Dyt boicli hait in der hilger stat
Zo Coelne uys welsche in duytsch gesät
Eyn sympel priester, Petrus genant,
— Niet vorder en wilt he sijn bekant —
Die dat volbraicht hait in dem jaire
Doe man tzAlte ind schrei ff vur wäre
Nae Christus geburde vierzienhondert
Ind vier ind vierzich ungesondert.
Biddende die id hoeren off lesen,
Dat sy eme daneber willen wesen
Ind sprechen doch myt ynnicheit
Vur synen lone der arbeit
Eyn pater noster ind ave marie.
Up dat yn Got van sunden vrye
Ind synre mjsdait gar verzije.
Auch über die Zeit der Niederschrift der Handschrift — wir nennen sie c —
und über den Namen ihres Schreibers sind wir unterrichtet. Noch in demselben
• •
Jahre 1444, in dem die Übersetzung vollendet wurde, ist der Band von einem
Johannes Dursten geschrieben, laut der Schlußschrift: ' Actus et completus Anno
M° cccc 0 xliiij in profesto decollationis Johannis baptiste per manus Johannis
dursten.’ Bei dem Namen Johannes Dursten an den bekannten, 1481 verstorbenen
Augustinermönch Johannes von Dorsten zu denken, der seit 1465 Professor an
der Universität Erfurt und vordem Mitglied des Osnabrückcr Konvents war, sind
wir in Ermangelung irgend eines Anhaltspunktes nicht berechtigt.
Die Handschrift ist eine Papierhandschrif t, ans 1!) Lagen von je 12 Blättern
bestehend, bei deren letzter jedoch die zweite leere Hälfte ausgeschnitten ist, so
daß also jetzt nur noch 222 Blätter vorliegcn. Das Papier weist fünf verschiedene
Wasserzeichen auf: 1) eine zweizackige Krone mit Stange und dreiblätteriger
Spitze: Lage 1 und 6; — 2) eme Traube; Lage 2 — 5, 7 — 10, 12. 12, sowie 15 und 16
mit Nr. 4 untermischt; — 3) einen Ochsen köpf mit Stange und Stern: Lage 11; —
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XIV
Einleitung.
4) einen ganzen Ochsen: Lage 14 und 17, dazu 15 und 16 mit Nr. 2 untermischt: —
5) einen Anher; Lage 18 und 19. Die Höhe des Bandes beträgt 21, die Breite
14 cm; die Größe des Schriftfeldes wechselt in der Höhe zwischen 14 1 * und 15’ >.
in der Breite zwischen 8 und 9 cm.
Die steile Bücherschrift neigt mit dem Fortschreiten des Werkes immer
mehr zur Kursire. Die Rubrizierung beschränkt sich auf Strichelungen des An¬
fangsbuchstabens jeder Zeile, rote Initialen zu Beginn größerer Sinnesabschnitt*
und rote Paragraphenzeichen vor kleineren Abschnitten oder auch — jedoclt nicht
regelmäßig — da, wo eine Person zu reden beginnt. An Stellen letzterer Art
sind dazu auch die Namen der Sprechenden am Rand herausgehoben und rot
unterstrichen, ein Verfahren, das wir einige Male auch zur Kennzeichnung des
Inhalts durch kurze Stichworte angewendet finden. Die oben mitgeteilte Schlu߬
schrift, der noch ein dreimaliges ‘Amen’ vorausgeht, ist durch Unterstreichung und
Strichelung in Silber ausgezeichnet.
Eine wohl dem Anfang des 16. Jahrhunderts angehörende Hand nahm
hin und wieder Korrekturen am Text vor, während eine noch spätere, vermutlich
aus dem 17. Jahrhundert, sich auf den ersten Blättern des Bandes dadurch be¬
merkbar gemacht hat, daß sie bis Blatt 16 lateinische Stichworte an den Rand
schrieb und bei Blatt 2’— 5" überdies noch auf dem unteren Rande den Inhalt
kurz lateinisch skizzierte.
Der braune Lederüberzug der Holzdeckel ist vorn und hinten durch die
gleichen Pressungen verziert, denen wir jedoch eine, besondere Sorgfalt nicht nach¬
zurühmen vermögen, ln der Mitte ist da in fünf Reihen untereinander je drei¬
mal ein Stempel Marias mit dem Kinde eingedrückt, ringsherum in den vier
Ecken und auch an den Seitenrändern eine kleine Anbetung der heiligen Drei¬
könige, die darauf hindeutet, daß auch der Einband in Cöln angefertigt worden
ist, wo ja jene Könige seit der Überführung ihrer Gebeine im Jahre 1164 eine
ganz besondere Verehrung genossen. Je zwei Dreikönigsstempel werden verbunden
durch die eingepreßten Worte ‘hilf maria.’
In das Cölner Historische Archiv ist der Kodex, um seine Geschichte
rückwärts zu verfolgen, mit den übrigen Handschriften der sogenannten Gymnasial-
bibliothck, d. h. der auch unter dem Namen Jesuitenbibliothek bekannten öffent¬
lichen Bibliothek der katholischen Gymnasien Cölns, im Jahre 1885 überführt
worden. An den Besitz der Gymnasialbibliothek erinnert der sowohl auf der
Vorderseite, des vorn eingehefteten Pcrgamentschntzbluttes, wie auf dem ersten Blatt
der eigentlichen Handschrift aufgedrückte Stempel ‘Gymnasial- Bibliothek zuKoeln.’
Auf dem unteren Rande, des erstgenannten Blattes ist dazu mit- Bleistift die
* (t H
Nummer 229 eingetragen. Die Signatur ^ ist außerdem auch noch auf einem
Etikettrhen im zweiten Feld des Bandrückens zu lesen. Der Gymnasialbibliothek
ist die Handschrift nach der Säkularisation zu Anfang des Jahrhunderts mit
dem übrigen Bücherbesitz der Klöster und Stifter der Stadt einverleibt, und
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Einleitung.
XV
zwar wurde sie vom Kreuzherrnkloster beigesteuert. Dort könnte sie überhaupt
entstanden sein, spätestens abei • vtt sie. wie ich annehmen zu dürfen glaube, gleich
nach dem Binden dorthin gelangt. Auf dem die Innenseite des Hinterdeckels
bekleidenden Pergamentblatt, ganz oben links, da wo der Hand dieses Blattes
unter der letzten Ijage her greift, — an einer Stelle also, die nach dem Binden
nur noch durch weites Zurückbiegen des Deckels sichtbar wird und jedenfalls
eite dann nicht mehr beschrieben werden konnte — lesen wir nämlich in senkrechter
Hichtung von unten nach oben die Notiz: ‘Detur domino Conrardo de grunen-
berch liberario in Conventu cruciferomm in colonia.’
Für wen aber mag diese Notiz bestimmt gewesen sein? Am nächsten
liegt doch, meine ich, die Vermutung, daß es eine Bemerkung für den Buchbinder
tcar, der das gebundene Manuskript eben an den Bibliothekar des Kreuzherrn-
/’closters abliefern sollte. In der Folge ist der Band dann noch wiederholt als
Besitz dieses Klosters gekennzeichnet worden. Eine alte Kursivhand hat oben
auf der Vorderseite des vorn eingehefteten Pergamentblattes vermerkt: ‘über frat-
rum sancte Crucis In colonia.’ Darunter steht in großer sorgfältiger Bücher¬
schrift: ‘Liber theutonicalis fratrum sancte Crucis in Colonia agrippina’, wohl
von derselben Hand geschrieben, die etwas tiefer die Signatur: cxxxij Q [Rasur]’,
sowie den Titel ‘über de peregrino’ eingetragen und die außerdem auch noch
auf dem gegen den Vorderdeckel geklebten Pergamentblatt den Vermerk : ‘Pertinet
fratribus sancte Crucis in Colonia agrippina’ gemacht hat. Die jüngste Besitz¬
notiz der Kreuzherren stellt ein Etikettchen unten auf dem Bücken des Bandes
mit dem Aufdruck: ‘BIB. des Croisiers’ dar. der wohl an die französische Herr¬
schaft nach 1797 erinnert.
Was nun das Werk selbst angeht, so ist diese zweite poetische deutsche
Übersetzung von der unserigen vollkommen unabhängig; vielleicht hat ihr Urheber
die ältere Übertragung nicht einmal gekannt. In einer 50 Verse umfassenden
Einleitung verbreitet er sich des Näheren über Zweck und Art seiner Arbeit.
Während unser Autor sich eng an den Wortlaut der Vorlage hält und dadurch
stark gebunden mit Vers und Reim nur zu oft seine liebe Not hat, legte sich der
neue Übersetzer einen solchen Zwang nicht im geringsten auf. Ihm war der
Sinn des Originals die Hauptsache, und so konnte ihm denn unschwer ein for¬
mell um vieles höher stehendes Werk gelingen. Von einer Illustrierung des Textes
hat er gänzlich abgesehen.
Als Probe gebe ich im Anhang die ersten X04 Verse der Übersetzung
wieder, d. h. die Einleitung und den ersten Abschnitt des eigentlichen Werkes,
also gerade diejenige Partie, die in unserer Handschrift und, wie wir gleich sehen
werden, auch in der Prosaübersetzung bedauerliche Lücken aufweist.
Diese Prosaübersetzung ist im Gegensatz zur eben charakterisierten mit
unserer Übertragung aufs engste verwandt. Sie ist überliefert in Und. gerne. IS
der Hamburger Stadtbibliothek (h) aus der Mitte oder der 2. Hälfte des 15. Jahr-
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XVI
Einleitung.
hunderts. Ihr Dialekt weist gleichfalls nach ltheinfranken. Aus dem Nachlaß
von Zacharias Kanrad von l'fj'enbuch in Frankfurt a.M. (Exlibris auf der Innen¬
seite des Vorderdeckels in der Mitte) ist der Kodex 1749 an Johann Christian
Wolf in Hamburg gekommen (Papierstreifen mit Aufdruck ex Bibliotheca Ham-
burgenli Wolfiana gleichfalls im Vorderdeckel, oben) und rnn diesem 1707 der
Hamburger Stadtbibliothek zum Geschenk gemacht worden, wo seine Iiedeutung
erst kürzlich von I)r. Fritz Burg bei der Inventarisierung für die Deutsche
Kommission erkannt worden ist. l'ffcnbach hat den rnn ihm mit Nr. 182 si¬
gnierten Band unter seinem Exlibris folgendermaßen charakterisiert: Volumen
sec. XIV|!] vel initio XV scriptum continens Parabolas Theologico-morales cum
figuris quam plurimis ingeniosis ac affabre satis pictis. Vitae scilicet humanae
miseriae in Peregrinatoris persona adumbrantur. Unde etiam Menschlich Beede-
fart inscribitur über ut ex versiculo in fine voluminis adparet.
Die Hs. hat aus 11 Lagen (1 —5. 7. 9 — 13) von 12 und 3 Lagen (6. 8. 14)
von 14 Blättern bestanden, von denen jedoch leider auch die 2 ersten und das 11.
der 1. Lage, sowie das 1. 3. 4. und 11. der 14. Lage verloren gegangen sind. Die
einzelnen laugen sind vom Schreiber auf dem unteren Bande ihres 1. Blatts mit
römischen Zahlen numeriert, doch ist die Nummer der 2. Lage wieder ausradiert.
Die noch vorhandenen 167 Blätter, deren erstes in der Mitte des oberen Bandes
als einziges mit III foliiert ist. wurden im IN. Jahrhundert in der äußeren Ecke,
oben mit arabischen Zahlen paginiert (S. 1 — 334). Wasserzeichen: ca. 7 cm
lange Traube an einem einmal geringelten Stiele. Höhe des Blattes 28 3 jt, Breite
20 cm; Höhe des abgegrenzten Schriftfeldes 21, Breite 12 cm. 31—35 Zeilen auf
der Seite.
Der ganze Band ist von einer Hand in steiler kräftiger Kursive von
mäßiger Höhe geschrieben. Sinnesabschnitte sind durch neue Zeile und rote meist
über 2 Beihcn hinwegreichende Initialen, von denen eine (S. 106) schwarz nach¬
gezogen wurde, gekennzeichnet. Voti roter Strichelung ist in ausgiebigster Weise
Gebrauch gemacht, nicht nur für ganze Sätze, sondern auch für einzelne Satzteile,
l'ber- und Enterschriften der 4 Bücher des Werkes, sowie die Schlußschrift des
Bundes und die Überschriften der eingefügten Bilder wurden in zarten Linien
rot eingefaßt, während das Schlußwort amen und einzelne kleine Korrekturen
ganz in Bot geschrieben sind.
Nach der starken Beschmutzung sämtlicher Seiten und den zahlreichen,
später überklebten Bissen in den Bändern der Blätter (bei deren größtem, tief in
den Text hineingegangenen die verklebten Worte neugeschrieben sind. S. 26314)
zu schließen, ist diese Prosaübersetzung noch eifriger gelesen worden als unsere
• •
poetische. Der gleichfalls zeitgenössische Einband, Holzdcckel mit Überzug von
ursprünglich hell-, jetzt braunrotem, durch eingepreßte Linien- und Kreisornamente
geziertem Leder, hat dieselben Schädigungen erlitten wie der von b: das Leder
ist stark mitgenommen. je 5 Metallbuckel auf Vorder- und Hinterdeckel und
2 Sehließen abgerissen. Ein ehemals weißes, jetzt stark beschmutztes Papier-
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Einleitung . XVII
Schildchen im zweiten der 5 Felder des Rückens trägt die Aufschrift: Menfchlich |
Biedefahrt. | MS. ant. |
• •
Weitgehende Übereinstimmungen in der Fassung des Textes und der Wahl
der Bilder lassen auf eine nahe Verwandtschaft der von b und h repräsentierten
0 0
und mit diesen Chiffern fortan kurz bezeichneten Übersetzungen schließen. Stehen
zunächst beide der Metzer Us. (M) des französischen Originals dadurch auffallend
nahe, daß in ihnen auf der einen Seite auch die zahlreichen Reimpaare fehlen,
um die M allein ärmer ist als sämtliche anderen von Stürzingcr verglichenen
4J2 Hss. (nach b zitiert zwischen V. 364/5. 669/70. 3332/3. 3434/5. 7514/5.
7522/3. 8196/7. 8480/1. 9124/5. 9779 80. 10306/7 je 1, zwischen 7568/9 und
7602/3 je 2, zwischen 7138/9: 5, zwischen 7546/7 sogar 6 Paare; dazu
1 einzelner Vers zwischen 4733/4), und auf der andern Seite beide mehrere ganze
Ferse (10207/10. [im Original nur 2 Verse: 10082ab] und 13392/3) und eine
Anzahl einzelner Ausdrücke haben, die allein in M überliefert sind (z. B. 5316
[hart]. 5360 [follenkommen]. 5767 [bij dich kommen]. 7838 [honde] u. a), so
gehen sie dagegen auch wieder vereint mit den übrigen Hss. gegen M, indem sie
z. B. die in M fehlenden Einzelverse 4554. 8922 und 12427 aufweisen.
Noch deutlicher spricht sich das Verwandtschaftsverhältnis in der Formu-
• •
lierung der deutschen Übersetzung aus. Innerhalb der ersten 500 Zeilen von b
(von denen jedoch in h 1—58 fehlen, so daß also nur 442 zu zählen sind) stimmen
die beiden Texte, von geringfügigen orthographischen und dialektischen Differenzen
abgesehen, in nicht weniger als 55 völlig überein (62,4. 79. 126. 136. 140. 143.
152. 159. 180. 191. 202. 206. 210. 222. 226. 228. 231/2. 243. 251. 263/4. 267.
295. 299/300. 305. 307. 312. 327. 330. 332. 335. 339. 346/7. 353. 356. 363. 367.
392. 403. 424. 427/8. 430. 436. 442. 444/5. 486/8). Besonders bemerkenswert
sind darunter die über mehrere Zeilen hintereinander sich erstreckenden Überein¬
stimmungen; kleinere, keinen ganzen Vers ausmachende wären dazu noch in reicher
Fülle anzuführen. Ergeben diese Tatsachen, denen noch das Vorhandensein gemein¬
samer Fehler im Verständnisse des Originals (Näheres im Apparat) angereiht
werden könnte, daß eine der Übertragungen die andere direkt oder indirekt als
Vorlage benutzt hat (ein Zurückgehen beider auf eine ältere deutsche Quelle darf
nach den folgenden Darlegungen als ausgesddosscn betrachtet werden), so erhebt
sich weiter die Frage, welcher von ihnen die Priorität zuzusprechen ist. Sie
dürfte schon nach dem Gesagten zugunsten der auch in der älteren Aufzeichnung
vorliegenden poetischen Fassung zu beantworten sein, denn es ist wohl denkbar,
daß der Prosaübersetzer sich nicht gescheut hat, gelegentlich Verse seiner Vorlage,
deren gebundene Form im Zusammenhänge kaum auffallen mochte, herüber¬
zunehmen, nicht aber, daß er ohne Grund zahlreiche Stellen seines Werkes mit
Reimen ausgestattet haben sollte. Dazu kommt etwas anderes. Von den bei b
im Interesse des Reimes eingefügten Flickverscn erscheinen manche auch in h,
z. B. 285. 1531. *1752. *1825. *1836. 1847. *1959. *1977. 2802. 2924. 2983. 2999.
3078. *3204. *3208. 3339. 3470 u. a. Was für ein Grund sollte für h Vorgelegen
Deutsche Texte des Mittelalters. XXV. \j
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XVIII
Einleitung.
haben, diese nichtssagenden Sätze zu erfinden? Die mit Sternchen bezeichnten
Verse sind in b erst bei der Korrektur zugeschrieben, ein Beweis dafür, daß h
die Überarbeitung von b benutzt hat, was auch in einzelnen Ausdrücken seine
Bestätigung findet. V. 1692 des Originals
Et (si) me semble grant laidnre
ist z. B. in b (1817) zunächst übersetzt:
Und duncket mich auch gar hesselich.
Da jedoch ein Beim auf grommen verlangt wurde, erfolgte die Änderung von
gar hesselich in nyergent Vorkommen, und diese vom Original abweichende Lesart
erscheint auch in h.
Gleichwohl ist h nicht ausschließlich von b abhängig, denn wie b Verse
des Originals hat, die in h fehlen (z. B. b 103. 17011. 196. 525. 836/7. 862 u. a),
so weist auch h Stellen auf, die in b übergangen sind. Es fehlen z. B. in b
nach V. 854: 1, nach 13609: 2, nach 8046. 8634. 9811 und 9895 sogar je 4 Verse
der französischen Vorlage, welche in h ihre Übersetzung gefunden haben. Auch
Einzelheiten in Wort und Wendung beweisen, daß h neben b noch einen andern,
wahrscheinlich doch wohl einen Originaltext benutzt hat: b 221 (en tel ordure
Orig., in solichem unflate h, in der geschieht [: nit] b), 260 (s. Apparat), 743
(s. App.), 1488 (h nennt mit Orig, den Fürsten Archetrycline [Archedeclin], b
nicht), 1906 (s. App.) u. a. m. Den größten Umfang nehmen die Übereinstimmungen
und Abweichungen der beiden Übersetzungen bei den in h gleichfalls versifizierten
Marienliedern (b 11056 ff.) an. Wiederholt geht übrigens h auch, ebenso unab¬
hängig vom Original wie von b, ganz eigene Wege.
Die Verwandtschaft der Illustrationen von b und h bewährt sich, wie
schon angedeutet, in der Wahl der Themata, nicht etwa in der Darstellung
selbst, die vielmehr bei dem jüngeren Manuskripte deutlich die großen Fortschritte
erkennen läßt, welche die Buchmalerei gerade in den 50 Jahren, um die b und h
zeitlich auseinander liegen, gemacht hat. Die großen, ohne Einzwängung in einen
Böhmen meist die ganze Breite des Schriftfeldes einnehmenden, gelegentlich sogar
noch darüber hinausragenden Bilder von h, welche den gegen die Mitte des
15. Jahrhunderts wahrscheinlich unter Einwirkung der Holzschneidekunst sich
vollziehenden Übergang von den weich geschwungenen, gerundeten Linien der
Zeichnung, wie sie b noch auf weist, zum geradlinigen eckig gebrochenen Stil
schon durchgemacht haben, verraten ohne Ausnahme eine gewisse Sorgfalt und
ein technisches Geschick, das auch der Perspektive — im Gegensätze zu b — fast
immer Herr wird. Durch den ihm zur Verfügung stehenden größeren Baum
wesentlich unterstützt hat ihr Maler selbst bei den kompliziertesten allegorischen
Gestalten alle Einzelheiten der Beschreibung zur Darstellung zu bringen gewußt.
Es gehört zu den Ausnahmen, wenn b einmal in der Befolgung des Textes den
Vorzug verdient wie bei Figur 9 (Der heilige dauff), wo h einen am Taufbecken
stehenden Priester und Diener malt, während b der Beschreibung gemäß darstellt,
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Einleitung.
XIX
wie der Pilger im Wasser kniet und der Offizial ihm das Haupt salbt. Soweit
angesichts der beiderseitigen Defekte eine Kontrolle möglich ist, decken sich die
Stellen der Bilder, mit den wenigen sehr erklärlichen Ausnahmen, daß die zwei
in b nicht vollendeten Nummern auf Bl. 154 r (nur Umrisse) und 248° (nur Bei¬
schrift) — natürlich auch das oben erwähnte Bleistiftbild Bl. 351 v — in h fehlen,
während hier auf Nr. 20 (Das heilige Sacramente) als gut entbehrliches Plus
noch einmal eine ganz ähnliche Situation folgt (Überschrift S. 34 unten: Hie
deylet er myt den andern daz sacrament, Bild S. 35 oben): wieder der Bischof
am Altar und hinter ihm ein paar Gläubige, nur das erste Mal der Geistliche
mit erhobenen Händen vor dem Kelche stehend, das zweite Mal die Hostie in
den Händen haltend. Zu Anfang von Buch 3 ist in h (S. 222) ohne besondere
Beziehung zum Text der Pilger mit gen Himmel gewandtem Haupt dargestellt.
Ob in b, wo nach der Überschrift des Buches ausnahmsweise die untere Hälfte
der Seite (279 r ) leer gelassen ist, auch ein Bild geplant war, läßt sich natürlich
nicht mit Sicherheit entscheiden, doch spricht die Wahrscheinlichkeit dafür. Zwei
Bilder, für welche der Schreiber von h Raum zu lassen vergessen hatte, scheinen
auf kleinen eingehefteten Blättchen, die zwar später wieder ausgeschnitten, jedoch
an schmalen übrig gebliebenen Streifen von ca. 15 cm Höhe noch erkennbar sind,
Platz gefunden zu haben. Die beide Male unten auf einer Seite stehenden ver¬
waisten Überschriften (S.35: Vernunfft ist sere erfert, eine in b fehlende Partie,
und S. 168 = b Nr. 59) zeigen an, daß die Bilder gleich oben an den Kopf der
folgenden Seite gehört hätten, womit der Unterlassungsfehler des Schreibers seine
Erklärung findet. Ein einziges Bild von h (S. 63 = b Nr. 26) ist auf geklebt, weil dort
irrtümlich zunächst noch einmal die vorhergehende Illustration skizziert worden war.
Soweit die in b verloren gegangenen Teile des Werkes in h erhalten sind,
lasse ich deren Text im Apparat als Ersatz eintreten; wo auch h versagt, d.h. in
der Einleitung (= Orig. 1 — 34), von der in b nur die beiden Schlußverse vor¬
liegen (b 1\2), und im ersten Teile der fehlenden Partie zwischen b 58 und 59
(= Orig. 87—196), bringe ich das französische Orignal nach Stiirzingers Ausgabe
zum Abdruck, wozu dann noch die im Anhang abgedruckte Textprobe von c ver¬
glichen werden kann. Wenn unser Übersetzer den jetzt vermißten Eingang seiner
Dichtung in ebenso viele Verse gekleidet hätte wie die Vorlage, würden die 32 Zeilen
das zweite der beiden zu Anfang ausgerissenen Blätter so gefüllt hohen, daß für
ein einleitendes Bild kein Platz mehr gewesen wäre und dieses also auf dem
1. Blatte, am wahrscheinlichsten wohl auf dessen Rückseite, hätte angebracht sein
müssen. Eher möchte ich jedoch annehmen, daß der Übersetzer die Worte des
französischen Dichters für seine Zwecke zugeschnitten und die Möglichkeit gehabt
hat, das Bild an den Kopf des 2. Blattes zu setzen, in ähnlicher Weise, wie wir
es auf dem betreffenden Faksimile bei Stürzinger sehen. Das erste der beiden
fehlenden Blätter würde in diesem Falle als Schutzblatt leergelassen sein.
Mit dem Gefühle der Dankesschuld schließe ich diese Arbeit ab. Zunächst
gegenüber Seiner Durchlaucht dem Fürsten zu Sayn -Wittgenstein, auf dessen
b*
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XX
Einleitung.
Schloß im reizenden Berleburg ich vor Jahren wochenlang der Inventarisierungs¬
arbeit für die Deutsche Kommission obliegen durfte, und der dann unsere Hand¬
schrift, die ich damalß, • auffand, zuerst der miinsterischcn, dann fast zwei Jahre
lang der Breslauer Universitätsbibliothek zu meiner Benutzung anzuvertrauen die
Güte gehabt hat. Durch eine gleiche Langmut in der Herleihung ihrer Hand¬
schriften hohen mich die Hamburger Stadtbibliothek und das Historische Archiv
der Stadt Cöln verpflichtet. — Ganz besonderen Dank aber drängt es mich Herrn
Professor Roethe zum Ausdruck zu bringen. Seitdem er mich im Jahre 1904
mit der Inventarisierung der westfälischen Handschriften betraute, hat er meine
Arbeit stets mit wärmstem, wohltuenden Interesse begleitet. Und wie bei allen
kleineren dabei abfallenden Früchten, die ich ihm für seine Zeitschrift liefern
konnte, so hat er auch jetzt bei dieser großen Veröffentlichung vom Anfang bis
zum Ende mit seinem scharfblickenden Auge über dem Werke gewacht. Die in
den deutschen Texten ’ wohlbekannte Chiffre (R) kennzeichnet nur einen ganz
kleinen Teil von dem, was unser vielfach so arg verwahrloster Text ihm zu ver¬
danken hat. Dasselbe gilt von der Chiffre (H) des Herrn Privatdozenten
Dr. Hübner in Berlin, der die Korrekturbogen freundlichst mit dtirchgesehen hat,
und dem dabei auch an zahlreichen Stellen aus Verlegenheiten, die der Text be¬
reitete, eine glückliche Rettung zu finden gelungen ist.
Breslau. Aloys Börner .
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Die Pilgerfahrt des träumenden Mönchs.
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U r J Zu Chalis inn der eptien,
Da ich uff myme bette was ligen.
Mich duchte, als ich slieff in
swere,
Das ich ein weller und erwecket
were
5 Zu gan gheen Jherusalem in die
stat.
In eyme Spiegel mich geducht
hait:
Der waz groß, da bij hatte ich
gelegen
Und die stat von ferrem gesehen.
Von wydem begriffe sij mich
duchte,
10 Innen und ussen köstlich und fol
gnochte.
Alle wege und genge waren rieh
Von finem golde gepafriget glich,
i 1 ’] Hohe was das fondement gesatzt
Gar schone uff eynem platze,
15 Und die husongen waren dar zu
Von lebendigen steynen gemacht
nü:
Eine hohe mure das alumb be-
sloß.
vor 1. Der (auch in h) fehlende Eingang der Dichtung mit vor anstehendem Bild ( 1)
lautet im französischen Original:
A ceuz de ceste region
Qui point n’i ont de mansion,
Ains y sont tous com dit Saint Pol,
Riehe, povre, sage et fol,
& Soient roys, soient roynes,
Pelerins et pelerines,
Une Vision veul nuncier
Qoi en dormant m’avint 1’autrier.
En veillant avoie leu,
io Considere 9t bien v6n
Le biaa ronmans de la Rose.
Bien croi que ce fu la chose
Qui plus m’esmut a ce songier
Que ci apres vous vueil nuncier.
16 Or (i) viengnent pres et se arroutent
Tonte gent et bien escoutent,
Ne soit nul et ne soit nule
vor 3 Bild (2) mit Überschrift links oben: Jhrlffl. links im Bett liegend der Pilger,
rechts m achteckigem roten, mit 8 blauen Edelsteinen besetzten Bahmen ein Spiegel, darin die
Stadt Jerusalem.
DtaUoht Text» <1 m Mlttelalun. XXV. 1
Qui arriere point recule;
Avant se doivent touz bouter,
so Touz asseoir et escouter.
Grans et petis la vision
Touche sans point de excepcion.
En francois tonte mise l’ai
A ce que l’entendent li lai.
26 La pourra chascun aprendre
La quel voie on doit prendre,
La quel guerpir et delessier.
C’est chose qui a bien mestier
A ceuz qui pelerinage
so Font en cest monde sauvage.
Or entendez la vision
Qui m’avint en religion
A l’abbaie de Chaalit, ...
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2
Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehen.
Da inne waren wonungen viel
und groß,
Und da was alle frolicheit
20 Und alle freude aen trurikeit.
Dar durch, sere kurtzlich zu gan,
Mochte yeclicher aen hinderstan:
Es was dar inne me gudes dan
man hieß
Noch gedencken mochte odir wyst.
25 Aber das krenckete mich vaste
Das nit yeclicher dar in torste
Nach synem willen gan:
Das det mich erschrocken stan.
Der ingang was gut,
[2 p ] Er was aber gar wol behüt.
31 Cherubin, der ein portener was
der stat,
Ein schon swert in siner hant er
hat,
Licht leuffig, auch schone es ge¬
ieget waz
Und zu beyden sijtten scharff ge-
sliffen, nu merckent daz:
35 Er konde sich wol behelffen mit,
Es ist keinre der mit dem bocke-
ler nit
So viele können mochte,
Der da durch zu gan dochte,
Er müste sin dot odir wont.
40 Da was nit wider zu der selben
stont
Der fürste geborn von der selben
stat:
[2’1 Umb das er mentscheit an yme
hatte,
An dem passe leit er den dot vil
hart,
Und in sine sijtte die glave ge-
drongen wart.
45 Zu betzalonge ließ er blut nas,
Wie wol er den zolle nit schuldig
was.
Also dadent auch sine rytter,
Sine kempen und sine soldener:
Sij alle uß syme kelche drunckent
und gingent
50 Und da hin zu gan den dot ent-
phiengent.
An den zynnen über der porten.
Da niemans schonet der portener
zu allen orten,
Sag ich hencken die fenychin
Von blude rot gef erbet fin
55 Und dar zu auch geferbet vielfar.
Da ich des alles hatte genommen
war,
Da sag ich und wart nit bedrogen
Das dar inn wart geflogen
28. erachocken.
vor 31 Bild (3) mit Unterschrift: Cherubin der Jherusalem hfidet. ^in Cherubim mit
dem Schwerte in der Hand steht als Wächter vor der Stadt Jerusalem.
Nach 58 sind 4 Blätter ausgerissen. Der erste Teil dieser Partie fehlt auch noch in h.
Er lautet im Original:
Qu’entrer a force y convenoit,
S’autre p&asaige n’y avoit;
Toutevois par celle voie
90 Nul mais pasaer ne veoie;
Chaacun eatoit tont recreu,
Quant Cherubin avoit veu.
Bien puet son glaive flamboiant
Metre en sauf des ore en avant.
96 Mais tout ainai comme levai
Mea iex en haut et regardai,
Une mont grant merveille vi
Dont grandement fu eabahi.
Saint Augustin vi qui eatoit
ioo Haut aus carniaua et [ae] aeoit,
Et bien sembloit estre oiaeleur
Qu d'oiaeles apaateleur.
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Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehen.
3
[* r ] Er machet sich wol richtums ane.
60 Es mag keiner so rieh gesin noch
haben so viel,
Er ist wol arme so es were sin
wille,
Und mag yn sicherlich wol dun
In ein solicli suberlich wesen zu
gan:
Aveque,8 li avoit pluaieura
Autrea grana mestrea et docteurs
106 Qui aidoient a amoraer
Les oysaus et apasteler,
Quar pour (lea) pasteana qu’il tenoient
Et (la) aemence qu’espandoient,
Pour leure enmieles morsiaus
uo Et Ieura diz doucereux et biaus
Maint(ea) gens oyaiaua devenoient
Et en haut poia (droit) s’en voloient.
Mont vy certea de Jacobins,
De Chanonnea et d’Anguatins,
ii6 De gent de tont maniere,
De gent laie on aecnliere,
De clera et de religienx
Et de mendien8 (et) 8onSraiteux
Qui ain8i plnmea qneilloient
l» Et grana ellea ae faiaoient; ...
Hier setzt h ein:
[S. 1 ] machten in groß Angel hynne uf jnne die atat zn Aiegen: aye 8tyegent über
cherubin vnd achten n£ jnne gar wenig ic.
Hie brediget aant9 benedictg. [Bild 4.]
Alß balde ich myn angen vnd myn gesiecht nf die ander sit keret, da verwondert mich
s noch me von eyner Sachen die ich aache: nf der mnren von der atat aach ich ander mechtige
lnde die do jren heymlichen mit gezng Gar suptyleclich in hülfen. Za erate aach ich
saut benedictg der eyn groß lang leiter hatte an die murB gestalt von zwölf staffeln der
demntikeit: dar nf stiegen sie anelleclichen in die atat die von synen luden warn und ym
zu gehörten, Monich gra, wiß vnd awartz annder von yemantz verwiße zn haben :c.
io Hie brediget aantg franeißkna. [5. 2] [Bild 5.]
Dar nach aach ich santn francißcum der sich wol bewyset alß eyn frunt den die da
wat von 8ynem orden, vnd alß mich bedneht, ao hatte er eyn wol geüoehten seyle an die
mnren gehangen. Daz selbe waz an manichen enden geknupt, do mit iglicher uf steyg der
von einer heymlicheit waz. Ez waz keyner da, ab ym ayne hende gesnyret werB, Er mocht
15 balde uf stygen wan er die knoden hart begreiffe. Ich aach auch vil ander lüde uf der
murB, der namB ich uch nit eygentlich erzelen kan vnd wie sie ir heymlich an allen enden
daten uf stygen, Dan aleyn waz myn gesiecht geyn dem ende daz geyn myr stnnt. Dar
über konde jeh nyt gesehen, Daz mich gar sere verdroiße, Dan ich wil knrtzlichen da von eu
wenyg sagen ic.
so Hy brediget santg petrg. [S. 3] [Bild 6.]
An der müren dye geyn mir atunt da aach ich eyn cleyne dorre, die waz enge, dye
der konig von der atat det hnden und hatte den alußel aant peter gegeben, dem getruwet er
wol. Er mocht sich wol uf in verlaßen, dan er ließ da durch nyemant in gan dan bloßlich
alleyn die arme, wan der nit lüget der da hat gesprochen daz der rieh nit mag dar in
» komB alß wenig eyn kemeldiere mocht gan durch eyner nalden äuge. Der jngangk waz
gar cleyn vnd auptile, dar von must sich eyn iglicher uß dun. Da fant mä alter cleyder
genug vnd vil: dar durch mocht keyn gekleiter gan Er hette dan dez konigez kleyder an,
vnd die gingent al hyn in alß dick sie wolden. Der jugang gefil mir gar wol vmb dez
gemeynB vortelß willen daz al lüde hatten die sich geware arm wolten machen. Die hatten
* keynen wiederetant, wa sie sich dan nit uß dun wolten vnd die alten cleyder hie uß laße
vnd nuwe cleyder da in holen. Dieß aach aal eyme iglichen wol gefallen, dan diß ist gut
zu dun: [4] wie rieh eyner ist, so macht er sich wol arm ...
iS. ginget. 29. vrtelß.
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4
Seine Rüstung zur Wallfahrt in die himmlische Stadt .
Und were gut einwenig vasten,
65 Wann einer zu abent sadt solte
rasten.
Nu han ich uch genug kurtz ge¬
sagt
Von der gar suberlichen stat,
Als ich das in dem hübschen Spie¬
gel han befanden,
Dar umb ich mich han underwon-
den
70 Da von ein weller zu sin.
Mochte ich bis an das ende myn
Anderswo gesehen, als mir dreu-
mete zu der zijt,
Da sach ich keine gude rüge nit,
Und mich duchte ich hette große
rüge
75 Würde ich mit guder fuge
[3*] Recht dar in beslossen,
Des were ich unverdrossen:
Dar uß zu kommen ich nummer
gedechte
Obe ich dar in kommen mochte.
80 Als ich das hatte in myme synne
Und das hatte gedacht da inne,
Balde dar nach ich widerdachte
fast
Das ein sacke und wallestap mir
gebrast
Und das ich der nit entperen
konde,
85 Ich gedachte wo ich die fonde:
Es ist eine sache wol beqweme-
lich
Eyme ieclichen weller irrelich.
Da gienge ich uß myme huse
Und uß der selben kluse
90 Da inne ich nun manet was
Aen dar uß zu kommen, merckent
das.
Ich begonde zu suchen einen
wallestab
Und auch ein wallesacken,
[* r ] Die mir notdürftig waren dar zu,
95 Zu dem das ich zu schaffen hatte
do.
Als ich also suchende gieng
Und schriende mich umbfieng
Wo ich mochte finden eine kre-
mere
Der mir dar zu zu helfen gut
were,
100 Eine frauwe ich in myme wege
sach,
Die von irer hubscheit mir freu-
den jach:
Sij geleich wol sin ein dochter
eins keisers,
Des konniges odir eins andern
großen herren genoß.
Eynen kyddel mit golde beslan sij
anhatte
105 Und gegurtet mit eime grünen
syden weppe,
[■*"] Umb und umb besetzet mit kar-
fonckel:
Er luchte vorware durch alle
dunckel.
An der brüste ein gülden sloß,
85. die gleich übergeschr . 107. luchter.
97. Orig.: Et (en) plourant me dementoie.
vor 96 Bild (7) mit Nebenschrift rechts: Gods gnade die wieet den pilgerin vff den
Rechte weg. Eine Frau mit Königs-Krone und Mantel, das Haupt von Sternen umgeben
(Gottes Gnade), spricht zu dem Pilger, der hier noch im Mönchsgewand erscheint
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Gottes Gnade weist den Pilger auf den rechten Weg.
5
Mitten da inne ein gülden spange
groß,
110 Da inne im mittel ein sterile was,
Der gab ußermaßen schonen glast.
Das mich sicher wonderte sere
Und dar zu auch der mere
Das ir heubt was mit golde ge-
kronet wol
115 Und was auch umb und umb vol
Mit lichten Sternen glantz:
Das nam mich wonder gantz.
Sicher er wol mechtig was
Der ir hatte gegeben das
120 Und sij also getzieret.
Sij was züchtig geformieret,
Als mich duchte in myme rat,
Dann sij mich zu erste gegrußet
hait
[5 r ] Und mich süßeclich fragede so
125 Was ich also gienge suchende do.
Da wart ich zu male gar erfert,
Umb das ich nit hatte gelernet
Das frauwe so gar köstlich
Zu mir neygete sich.
130 Aber balde genug ich mich be¬
dacht
Und in mir selber das acht,
Als ich das lernte und weiß es
wol:
Wer allermeyst gudes ist vol,
So viel me demut ist in yme.
135 Glicher wijse ist der synne:
So der appelbaum me eppel dreit,
So er sich gheen dem mentschen
me neiget
Demütikeit ist das Zeichen
Der guden hertzen und der
weichen:
140 Wer dis banner nit endreit,
Der enhait in yme nit gantze
gntheit.
[5 r ] Von stunt ich ir geantwert han,
Als mir das in mynen synne kam,
Das ich zu gan uffgewecket was
145 Gheen Jherusalem in die stat,
Aber ich was zornich dar umb
Und kommert mich in mynem
synne
Das ich keynen sacke
Odir auch wallestab enhatte:
150 Und das gienge ich suchen also
Und her und dar fragen dar na.
Sii antwerte myr und sprach:
‘lieber frunt,
Wiltu hören gude mere zu dieser
stunt
Das du suchest, nu komme mit
mir:
155 So groß gut kam nie zu dir
Als das du mich haist fonden
Hie zu dieser stonden
Und das du mir hie begegenet
bist.
[6 r ] Alles das dir nu gebrist
160 Und wes du bedarfft, mercke mich,
Des wil ich dir helffen zu stunt
sicherlich.’
Da mochte ich nit langer gebei-
den mir,
Was mir da von gescheen were,
Ich wolde alles wissen: yren name,
165 Wer sij were und wannen sij
qweme.
‘Frauwe, uwern namen sant
Mir und uwer rieh und lant,
Und wer ir sient vorwar,
Wolde ich gerne wissen zwar:
170 Ich bijden uch, sagent mir das,
So bin ich frolich desta baß.’
Da antwerte sij mir:
‘Ich wil is sagen dir,
Verstant und mercke mich!
175 Ich wil nit fortsamme sin gheen
dich
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6
Gottes Gnade weist den Pilger auf den rechten Weg.
[6'] Odir mich verhelen vor dir
— Ich sage dir wäre, gleube
mir! —
Und dich auch nit smehende sin:
Ich bin des keysers dochter ein,
180 Der über alle ander herren ein
herre ist.
Er hait mich gesant in diese ge-
wist
Yme frunde zu gewynnen nu,
Nit dar umb das er ir bedarff
ergent zu,
Anders dan das er ir begert
185 Und yme were lieb und wert
Von allen luden yre heymelicheit
Umb yren nutz und selikeit
Sihestu wie ich getzieret bin
Und gefüglich bereidt fln
190 Von spangen und von Sternen?
Du haist nye hubscher gesehen:
Es ist zu erluchten allen den
[? r ] Die mit der nacht wollen gen,
Is ist umb daz mich ieclicher fin¬
den mag
195 Mit der nacht als mit dem dag
Und auch in dem dage als mit
der nacht,
Uff das sij machen keinen bracht.
Ich bin die du anruffen salt
sicherlich
So du gehest in fremden landen,
nü mercke mich:
200 Als lange du mycli in geselle¬
schafft haist,
Keinen bessern frunt du haben
magst
Gest du aen mich in diesem lande.
0
Mag nit sin, du wirst gehasset
mit schände
Und auch von myme vader, dem
konige groß,
205 Und von allen die da sint din
genoß.
Aen mich mag niemans wol getun,
Allen luden bin ich notdürftig zu
irem dun:
Vor langen zijden were verlorn
die weit
Hette ich sij nit gehut in myme
getzelt.
[7*] Der mich bij yme hait, dem
bristet nicht;
211 Der mich nit hait, dem bristet
alle geschieht:
Ich bin von allem meisterynne
Und von allen bösen artzetynne.
Ich erluchten die nit gesehenden
215 Und geben stercke den spehenden;
Ich heben uff die gefallen sint,
Und wijsen die verirret sint.
Fliehen wil ich nyemant
Dan die da dotlich gesundet liant,
220 Aber nach den luden achte ich nit
Als lange sij sint in der geschieht.
[192.] Kustode unten auf Bl. 6», an zwei 200. mych aus myae. in geselleschnfft
Seiten rot eingefaßt: die mit der nacht. üb. gestr. fruntschafft
195. mit über gestrichenem vff. dem 203. wirst gehasset mit üb. gestr. must
aus den. haben.
198. salt siche’lich üb. gestr. must u. zu- 204. auch üb. gestr. haß.
erst als Korrektur hintergeschriebenem magst. 205. Vor genoß ist brüder und gestr.
199. gehest übergeschr. nü üb. gestr. gast. 207. notdorftig üb. gestr. not.
mercke mich zugeschr. 213. artzetynne üb. gestr. spiegelerynne.
214. nit üb. gestr. vn.
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Gottes Gnade führt den Pilger in ihr Hau».
7
Gottes Gnade bin ich genant
Und nit anders werden ich ge-
mant:
Also du mich auch nennen macht,
225 Wan so du myn bedarfft.
[® r ] Nu macht du wol wissen aen zwi-
velonge
Obe gut sij bij mir die wonunge:
Gefellet sij dir wol, so sage is
balde
Und din sagen nit me verhalde!’
Da antworte von stunt balde
ich:
XI
‘Franwe, durch Got begnaden
mich,
Wollent mich uch bekentlich
machen
Und auch in keinen Sachen
Mich nummer gelassen,
285 Dan mir in keiner massen
Nutschit so notdurfftig gesin en-
kan
Zu dem das ich dan zu schaffen
han,
Und dancken uch sere gütlich
Des das ir bij mich
240 Zum ersten sint kommen
Gar umb mynen großen frommen:
[s*] Mir was nutschit anders not.
Nu furent mich war ir wollent,
Des bijden ich uch: ir nit beiden
sollent’
245 Da nam sij mich zu den selben
zijden
Und furte mich aen beiden
Gheen eime huse daz sij hatte,
Das ir was, als sij da sagete.
Und sprach, ich funde da allez
das
250 Das mir dan zu haben not was.
Das huß hatte sij gefondieret,
Als sij sagette, und auch gemuret
Dritzehenhondert und drißig jar,
[9 r ] Als ir das wol gedachte zwar.
255 Das huß ich gar gerne gesag,
Und da ichs sag, ich sere er-
schrack,
Dan is gar hohe in der lufft
hieng
Thuschen hyemel und erden ring
234. Mich aus von uch korr. 254. Orig.: Si comme bien l'en aouvenoit.
Nach 225 fehlt 1 Blatt. Die Partie lautet in h:
[S. 7] ... wan du myn bedarfest. Daz wirt sicher gar dick geschehen E du körnst in
die stat die du gesehen hast, vmb daz du noch gar vii wieder falle, hinderunge, anfechtunge
und wiederwertikeit finden wirst, die du nit vergan magest an mich, du noch ander, daz
gleybe vor war: vnd du mochtest an mich gan und intrjnne, daz doch eyn sach ist die nit
6 sin en mag, daz sage ich dir wol, so machstu doch an mych geyn jherusalem nit in kome
Noch din fuß dar in gesetzen: wie wol daz du hast gesehen Etwa vil lüde dar in kome
vnd daz etlich nacket dar in gente vnd etlich fliegent dar über in, Etlich ander koment dar
in mit gezuge vnd etlich durch [8] Cherubin, so saltu doch wißen daz keyner dar in komet
an mich, dan die eynB mußet sich dar vor uß dun sich dar in baß wieder zu becleyden, die
io andern dun ich sich fledern mit mynen dogende, daz sie desto baz dar in gediegen mogent.
Dan diegent sie alß ich wil, daz hastu wol gesehen: die andern setzen ich in sunderlich
stede nach myro wiln. Alß dun ich sie al in gan. Nu mastu wol wißen ...
vor 245 Büd (8) mit Nebenschrift rechts: Codes gnade fiiret den pilgerin Jn yre huß;
der Pilger jetzt im Pilgergewand.
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8
Das Haus von Gottes Gnade (die Kirche).
Als obe is von hymel dar were
kommen.
260 Kloghuser und hübsche thorne,
Gar hübsch was sin begriff vorne:
Aber mich erferte sere das
Daz ein groß wasser da vor was,
Dar durch ich auch muste gan
265 Solde ich in daz huß kommen aen
wan.
Es hatte kein bredt, brücke noch
schyff,
Und was das ende doch gar dieff,
[9*1 Als ich des dar nach wart ge war,
Da ich waz dar in gestossen gar.
270 Da hübe ich an zu fragen
Wie ich dar uß mochte entken
Und war umb solich pas da were
Und obe eynich ander weg da
umb were,
Und das sij mir ordeclich sagen
wolde
275 Was gudes das wasser mir dun
solde.
Da antwerte sij mir: ‘was sages-
tu?
Bistu umb so wenig erschrocken
nu
Und wilt gheen Jherusalem fere
Und must auch über das große
mere?
280 Das große mere ist diese werlt
hie
Und ist vol großen snfftzen ye
und ye,
Gewiders und lidens,
Lunten und stridens
[io?] Und auch viel windes,
285 Das du noch wol befindes:
Wie saltu dar über kommen,
Sijt daz du von deinem so großen
schrecken hast genommen?
Du salt nit föchte han:
Als ich dir dan wil san,
290 Hie gent durch me kleiner ktnt
Dan grosser lüde, die veraldet
sint.
Dis ist die erste durchfart
Von dinre guden wallefart,
Durch ander ende mag kein weg
sin
295 Dan alleine durch Cherubin.
Dar durch etliche gangen hant
Die sich in irem blude geweschen
hant.
Doch nit dar umb, wiltu den weg
dyn
Ordenieren zu gan durch Cherubin,
1 So ist dieser nit wieder dich,
301 Sonder er ist dir gar beqweme-
lich,
Dan so du gedenckest wannen du
kommen bist,
Und an das huß vol mists
Da inne du IX manet gewest bist,
305 Das dir dan wol not ist
Dich zu weschen in dieser frist.
Dar umb raden ich dir hie durch
zu gan,
Dan keinen sichern weg macht du
nit han.
260. tu ergänzen: waren da. Das Orig,
hat Clochiers i ot et helles tours; h liest Es
hatte kl. etc.
261 eingesetzt als Ersatz für 2 getilgte
Verse, zu deren erstem 260 das Objekt enthalten
hatte:
hatte is zn machen genömen
vnd das was gar köstlich znsauien körnen.
263. Daz vor ein zugeschr.
267. ende übergeschr.
290. knt.
298. dyn n. gestr. fin.
308. weg gleich iilifrgeschr.
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Gotte» Gnade holt einen Offizial herbei, der den Pilger tauft.
0
Zu zijden ein konig hie durch
gangen ist,
310 Der diesen gang wol hait gefrist:
Das was der den gang gemacht
hette,
Der nit unreyne waz und auch
nie myssedet.
Wiltu da durch gan, daz sage dar,
So dun ich von stunt kommen her
315 Eynen der myn sunderlich diener
ist
[U r \ Und auch Gottes officiale da bij
ist.
Er ist auch myner wonungen
huder
Und dis ganges ein diener.
Der hilffet dir da durch zu gan,
320 Dich zu baden und zu weschen
lau.
Der selbe dich auch crutzen
wirdet,
Umb das er zu stunt gesehen
wirdet
Das du wilt über mere
Jherusalem zu gewynnen, die stat
her.
325 Umb mynner zu forten die viende
din,
Das crutze macht er uff die
brüste din,
Uff din heubt und an dinem
rucke
Desta mynner zu forten alle un-
gelucke.
331. Darst nachträgl. vor föchten geschr.
336. da» zweite i in offici&l nachträgl. ein-
gefugt.
342. salbete üb. gestr., nicht mehr lesbarem
Worte.
Er salbet dich als einen kempen
zwar,
330 Das du nit als umb ein har
Darst föchten dine viende sicher¬
lich.
[u r ] Nu sage balde, was beduncket
dich ? ’
Da sprach ich: ‘ich des begere
Das ir yn dunt balde kommen
here.’
335 Da qwam zu mir durch ir ge¬
bot
Der official, als da vor stat.
Der nam mich da mit einre liandt,
In das wasser stieß er mich zu
hant,
Da badet und wöscli er mich
340 Und dry male dar under donckete
mich.
Gnade sagete mir an keinen
enden unwaer:
Er crutzete und salbete mich
zwaer.
Dar nach sij mich in das huß ge-
färt hait,
IwiDa sij gar ein edel und hübsche
herberge hait.
345 Da det mir Gnade gar gutte
glichniß an,
Viel besser dan sij vor hatte ge-
taen,
Und sprach, sij wolte mich gerne
Viel Sachen wijsen und lernen,
344. vnd hübsche übergeschr.
345. sij vor mir gestr., dafür gnade über¬
geschr. glichniß an eingesetzt hint. ein getilgtes,
nicht mehr lesbares Wort (w. ..), weswegen
gntten in gutte geändert.
vor 335 Bild (9) mit Nebenschrift rechts: der heilige dauff. Der Pilger kniet mit
gefalteten Händen im Wasser; ein Offizial salbt sein Haupt mit großer Salbenbuchse.
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10
Ein Bischof firmt den Pilger.
Und daz einen guden synne ich
neme vor mich,
350 Obe dar zu verstaen wolde ich.
Da sij also zu mir rette in dem
ziele,
Sach ich schiere wonders viel,
Des ich nit zu male geswigen wil:
Ich werden davon sagen ettwas
viel
355 Dar nach wan ich ein wol ge¬
fallen habe,
Wil ich uch sagen von mime
wallestabe
Und von dem sacke des ich be-
gern,
Dan ich der zijt genug darzuhan
und nit mag entpern.
l w *J Zum ersten an dem ende sag
ich,
360 In dem mittel duchte mich,
Das Zeichen thau, daz waz nit
von blude
Des wissen lemmelins güde.
Es ist das Zeichen da mit ge-
tzeichent sint
Mitten an den Stirnen die Gottes
kint.
365 Und nahe bij mir sag ich einen
meister An,
Der schein wol ein vikarie sin
Von Aaron und von Moysen:
Inn siner handt sag ich yn
wysen
Eine rüde, was an eime ende
kromp,
370 Und sin heubt gecronet mit
horner stomp,
[*3 r ] Gecleidet mit lynen cleider.
Ich geleube das is were der
Von dem da rette Ezechiel
In syme nünden cappittel,
875 Das er den luden an ire Stirnen
macht
Das Zeichen thau, da mit er sij
getzeichent hait
Er sagete das is das Zeichen were
Dar durch Got yn milde worden
were:
Dan durch Zeichen wilt er das sij
sient
380 Sine lüde alle die da mit an der
stirn getzeichent sint
Mit dem Zeichen det mich Gnade
Gott
An die stirne Zeichen und sere
dancken aen spot:
Da von ich vor wäre gar froe
was,
Dan is mir sere beqwemelich was,
385 Nit von notdurfftikeit,
357. sacke üb. gestr., nicht mehr sicher les¬
barem Worte, vielleicht banden; infolge dieser
Änderung: dem aus den, des aus der.
358. Dan aus Dar, dahinter zu gestr. Nach
ich ist mich getilgt, darzuhan vnd übergeschr.
entpern hint. gestr., nicht mehr lesbarem Wort.
361. vor Das gestr. von thau. thau n.
Zeichen übergeschr.
362. lßmelins üb. gestr. scheffelins.
368. handt aus hant. wysen hint. gestr.
halden.
370. in gecronet der 3.-5. Buchstabe aus
andern Lettern hergestellt.
372. der vor were gestr. u. dahinter sugeschr.
373. Ezechiel 9, 2 — 4. hint. Ezechiel ein
1 üb. d. Z.
vor 359 Bild (10) mit Nebenschrifl rechts: Fyrmonge. Ein Bischof mit dem Bischofs¬
hut auf dem Haupt, in der Linken den Bischofstab haltend, zwei Finger der Rechten zum Segnen
erhoben, sieht dem Pilger entgegen, der mit 4 Gefährten zum Empfange der Firmung naht,
oben neben dem Bilde gestr. Z, Ansatz zu Vers 359.
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Der Bischof Überreicht dem Offizial dreierlei Salben.
11
Sonder von zukommender follen-
kommenheit.
[13 c ] Dar nach sach ich den meister
machen
Eine gude salbe dem officiale zu
Sachen,
Die er gab und befale
390 Dem vorgenanten officiale.
Mit solichen Worten er zu yme
sprach:
‘Sichstu die drie wirdige salben
Die ich dir geben und den luden
allen?
Alle die die da pilgeryn
395 Und auch die kempen wollent sin,
Mit den zweien ersten du salben
salt
Und nit anders da mit machen
salt.
[74 r ] Die dritte ist vor die gewondeten,
Vor die geslagen und die ge-
qwetscheten,
400 Vor die da in dem dotbette
lygent
Und keins trostes sich me ver-
sehent:
Mit dieser salbe saltu die be¬
strichen sin
Und yn ein getruwer artzet sin,
In allenthalben sij salben mit
gantzem flijß
387. ich h, fehlt der Ha. officia vor
meister gleich durch schwarze Einrahmung
getilgt
388. de.
394. vor vor Alle gestr.
400. dem dot üb. gestr. das. vor lygent
gestr. sich, lygent aus legent.
403. Ynd üb. gestr. So magstu.
405 Da er dan der salben bedürfende
ist.
Des bedorffent sicherlichen wol
Yeclicher der da wallen sal,
Alle pilgerin und die geirret sint
In diesem lande und in der
werlde blint:
410 Dan sij sint alle dage in dem
criege
Wie einer den andern bedriege,
Also das is nit gesin mag,
Sij mußen geletzetwerden allen
dag,
[74 »J Übel entfangen sin odir wont.
415 Das ist yn gar ungesunt,
Und dar umb uff das leste
Ist yn die salbe das beste.
Dar umb bestrich sij aen feie,
Wan ich dir die salbe dar umb
befele!
420 Ettliche zu salben vor mich
Den nuwen konnig behalden ich
Und die vikarien Moyses,
Die ertzete, als du einer bis:
Und die dische da wir uff essen,
425 Und thau an die stirne gemessen,
Davon halden ich die ußrichtonge,
Die gewonheit und verdienonge.
Nn luge daz du nit missegriffest
Wieder mich und auch nit under-
stest!’
404. allent aus allen. halben sij üb.
gestr. Sachen. salben aus besalben.
405. Da er vor dan Übergeschr. dan aus
den. der «. dan gestr.
408. Vor Alle ist vnd gestr.
409. n. lande mit j zu ja angesetzt.
413. geletzetw’ds üb. gestr. yeclichen.
420. n. salben langer senkrechter Strich.
426. halden üb. gestr. han.
vor 392 Bild (11) mit Nebenschrift rechts: bestrichen des heilige oleys. Der Bischof
überreicht dem Offiziale dreierlei Salben.
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12
Rechtes Verständnis unterweist über guteix Gebrauch der Salben.
[# r l Als sij zwene also ander ein
rettent
431 Und ire salben ordeniertent,
Zu stunt ist zu yn kommen
Ein jungfrauwe von eime thorn
geklommen:
Recht Verstenteniße sij sich hait
genant,
435 Als Gottes Gnade mir vor hat be-
kant.
Sij hub an zu yn zu reden
Und yn zu sagen aen meren:
‘Ir herren, die also redent
Und uwer salben also ußrichtent,
440 Da mit andern luden zu salben,
Und hait hie uwer rede allent¬
halben,
(/5»] Nu versteent zweie deine wort,
Die ich uch balde han uffenbart:
Salbe ist ein süßes ding
445 Zu wonden die zu odir uffen sint.
Auch sal sueßelich mit umbgangen
sin
Und auch süße instrumente da bij
sin.
Süße sal der sin der das heldet,
Dan grobkeit sich dar zu nit
stellet
450 Is ist nit not daz der verwonte
man
Herteclich werde gegriffen an,
Doch ettwan schadt dem gewonten
grobkeit mere
Dan yn salben sere.
Grob sint die da böse sint,
455 Die frechen als des lewen kint,
Die inn allen Sachen sich nit
wollen spam,
Nutschit verdragen oder unge¬
rochen laßen fara.
[t6 r ] Die sint nit gut artzet zu wonden
Noch gude artzet zu dem libe
besonder,
460 Dan sij den verwondeten ire
salben
Zu viel hertlich anstrichen wollen.
Dar umb bin ich abe geclommen,
Uch zu underrichten her zu uch
kommen,
Das inn uch sij keine grobkeit,
465 Keine frecheit odir boßheit.
Den verwondeten sollet ir gnedig
sin,
Barmhertzig und yn geben süßen
schin:
Ir sollent sij handeln sußeclich,
Dan ist uwer salbe gut sicherlich.
470 Dicke sollent ir uch lassen ge-
dencken
Das ir gesalbet sint aen wencken,
Und das ir milde, süße und guttig
Sollent sin und nit übermütig:
[16 *] Nit ußruffig umb uwer boßheit
475 Sollent ir sin zu keiner zijt,
Und das ir alles böse vergebent
Und nach Gotte strebent;
434. Recht vor d. Z. zugefügt.
443. balde aus balden.
449. sich wohl eineufügen; Orig.: i mesa-
vient, h: ist dar so nit gut.
452. Bchadt üb. gestr. ist. grobkeit mere
üb. gestr. bessere.
453. Vor Dan ist hartekeit gestr. sere
gestr. u. dann wieder zugeschr.
vor 430 Bild (12) mit Überschrift: verstenteniße ßdiget. Eine Frau (Rechtes Ver¬
ständnis) ist eben aus einem Turme gekommen, dessen Türe noch offen steht. Sie trägt eine
Krone auf dem Haupte. Mit erhobener Rechten predigt sie dem Bischof und Offizial, die hinter¬
einander stehen und die linke Hand erhoben haben.
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Rechtes Verständnis mahnt tu Müde und Barmherzigkeit.
13
Dan, wo nit luget der prophete,
Alle rache er yme behalden hait,
480 Dar umb wer die yme nemen
wolte,
Das er dez zu eime bösen ende
kommen solte!’
Da Recht Verstentenisse also
hatte geredt,
Der vicarie, der vor ist genennet,
Hait ir geantwert und sprach:
‘sagent mir,
485 Ich bijden uch, wissent ir
War umb ich die horne uff dem
heubt habe
Und auch die spitze an myme
stabe?
Ist is nit umb straffonge
D~ r ]Der boesen und sij zu straffen
dun?
490 Ich meynen, ich solle die boesen
bossen
Und sij mit den hörnen stoßen
Und auch mit der spitze stechen
Eie ich die salbe werde brechen.’
‘Lieber frunt’, sprach Verstente¬
nisse,
495 ‘Nu höre mich einwenig me!
Ich kennen dich wol was du ge-
saget haist,
Aber du noch nit zu male ge-
lernet haist
Die wijse, als du wissen salt
Zu stechen und zu stoßen balt.
500 Zum ersten saltu betrachten mil-
declich
Die die du siest gaen irreclich:
Sistu dann das sij versteinet sint
Und gestercket in dem irren aste,
[17'] So hastu macht sij zu stechen
vaste.
505 Is höret wol dime ampte zu
Von den bösen recht gerichte dun,
Aber du salt vor milde sin
Dan stechende odir scharff zu sin.
Noch sagen ich dir vort einen
punct:
510 Hastu yemans zu keinre stunt
Mit hertikeit gestossen odir ge¬
stochen
Odir dich an yemans gerochen,
Das du das nit habest getaen
Aen die milde salbonge vor zu
haen
515 Des bedurens und mitlidens!
Dan wie gehornet du bist zu
richten,
So saltu doch mitliden in dem
hertzen han
Mit dem den du richten salt
Und gedencken auch balt
520 Das du gesalbet wurde
[J8 r lEe die horner dir dan wurden
Und die spitze oder des Stabes
Zeichen:
Das sal dich gar sere weichen.
Wan du yemans straffen wilt,
525 So saltu dar inne vor wesen milt
Und auch nit vergessen des in
der frist
Von des wegen du vicarie bist.
478. Deuteronom. 32,33.
481. dez übergeschr.
482. Recht übergeschr.
484. ir übergeschr.
488. Js ist Hs.; Ist is mit h nach dem
Original.
501. das c in irreclich zuyeschr.
514. vor zu haen eugeschr.
[520.] Kustode unten auf Bl. 17•: Ee die
horner.
522. Vnd vor die tugeschr. oder üb.
gestr. vnd.
524. Nach du ist auch gcstr.
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14
Warum der Bischof Hörner auf dem Haupt und einen Stab mit Spitze trägt.
Das waz der der gehörnet scheyne
Und hatte doch der horner keine:
580 Das was Moyses, der das folck
von Israhel
Furte durch das mere,
Der mit der rüden die er drüg,
Yn hatte gemacht gutten weges
genug.
Nu verstant wol diese letze hert,
535 Sij ist dir einer guden predigen
wert:
Schinest du ussen gehörnet sin,
So sal din hertze zumale aen
horner sin.
[iS»] Wie du doch ussen geschaffen
siest,
So gedencke dastu barmhertzig
best,
540 Wann innen saltu barmhertzig sin,
Wie du doch ussen nit habest den
schin!
Den bedrog magstu wol dun
Und doch nit da mide übel staen:
Din hertze sij senffte und gutlig
545 Und eime guden exempel gelich!
Hastu eine rüde spitz an eime
ende,
So gedencke daz sij an dem an¬
dern behende
Kromp und gebogen ist
Und gheen dem spitzen ende ge-
neiget feist.
531. Vor mere tat grosse gestr.
533. gemacht übergeschr.
539 nachträgl. neben 538 rechts a. R. zu¬
gefügt.
540. Vor innen ist du gestr., n. innen: saltu
übergeschr. sin hint. gestr. bist.
541 zwischengeschr.
543. staen hint. gestr. dun.
547. behende hint. gestr. ende.
549. spitzen üb. gestr. and’n. feist hint.
gestr. ist.
550 Das bedudet, und nit erschrig
dich,
Das du salt sin demütig,
Und in dir sal sin demütikeit
Wanne du straffest durch gerech-
tikeit.
Nu wisse war umb dir ist ge¬
geben
555 Die rüde und dir ist wöergeben:
Das ist umb das du din folcke
[J9 r ] In dieser werlt regieren solt
Und das dun durch das wasser
gan
Und ir keinen verderben lan.
560 Du salt auch versuchen mit dime
stabe
Obe das wasser dieff gront habe
Und obe man bedurfte bret odir
brücke,
Daß sie nit lyden ungelucke,
Dan wo brücke odir bret da ge-
bresten,
565 Die bistu schuldig zu machen zu
dem besten.
Dar umb bistu bruckenmacher ge¬
nant:
Is ist dine letze, das verstant!
Nu wil ich dir sagen vorbaß
War umb, wiltu verstaen daß,
570 Das du die hübsche rüde solt dran
Und war umb din heubt gehörnet
ist gethan.
555. ist vor dir gestr. u. dahinter übergeschr ,
Das vor geben gestrichene vber ist wieder ein¬
zusetzen.
563 zwischengeschr.
567. Vor Is ist Dis verstant gestr. n. das
zugeschr. verstant.
569. Vor verstaen ist mich gestr. daß
hint. gestr. baß.
571. ist gethan hint. gestr. ist.
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Von den Hörnern und dem Stab des Bischofs.
15
Zu zijden hie in dieser stat
Der gehornete uß der hellen ge-
wonet hait
Und darch besesse lange zijt
[W'lSine wonunge da hatte gedieht:
576 Aber umb das is verdroß
Gottes Gnade, die große,
Die das haß vor hatte gemacht
Da inne zu wanen mit yrer
macht,
580 Mit den hörnern ich dich ge-
wapent habe
Und dir anch geben den stabe,
Das er durch dich ußgedrieben
würde,
Der ungetruwe mit siner burde,
Der da inne herre sin wolde,
585 Und du yn mit den hörnen stoßen
solde.
Den hastu mit den hörnen ge¬
bossen
Und auch mit dem stabe gestossen
Und yn gedrieben von der stat
Da er lange in gewonet hat.
590 Die zwene henckel sin
Die hangent an den hörnen din,
W Hastu zu der zijt erworben
Do der dufel ist verdorben,
Das du yn von der stat haist ge-
taen
595 Und die stat van unreynikeit aen
Gemachet haist und gereyniget.
Das was da du sij haist gewijhet,
Geheiliget und gebenediget.
Und umb das du ein gut kempper
wert
600 In der wijhonge du dich nit er-
ferest,
So wilt Gnade Gottes das du dich
Mit den wappen dicke cleides
glich,
Da mit du uberwonden haist und
inne leides die stat
Da inne er dicke gewest hait,
605 Zu Zeichen und bedutonge
Das du nit kommest in ver-
gessonge:
Und auch umb daz er in keinre
frist
Nit komme wo du dan bist,
Der ungetruwe, den du uberwon¬
den haist,
l 20 '] Gebosset, gestossen und niderge-
slagen haist:
611 Und auch uff das du siest gestalt
Allezijt frisch zu striden mit ge-
walt,
Zu aller stont und zu allen ge-
tzijden,
Wieder die da wollen strijden
615 Wider Gottes Gnade und ir huß
stören,
Yr gut nemen und verdören
Mit manicher hande under-
nemonge,
Mit gewalt und uberschetzonge.
Aber da von, daz man vor wäre
weiß,
580. ich übergeschr. R. schlägt vor: M. d.
5. si dich gew. hat (: Btap); Orig.: De cea
corne» te fist armer, et la verge bailiier te fiat.
583. Vor mit ist waner gestr.
503 nachträgl. Amt. 592 geschr., durch
tf nkrechten Strich getrennt.
595. van übergeschr.
599. wert aut were.
600. du dich üb. gestr. vnd; tilge du?
Nach erferet ist we’ gestr. erferet in erferest
zu ändern [trotz Reim f] vergessen.
603. die stat hier tugeschr. «. zu Anf. von
604 gestr.
610. Gebosset aus gebesse’t
615. Wider vor d. Z. zugefiigt.
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16
Von den Hörnern und dem Stab de» Bischofs.
620 Dustu nit das du bist geheiß
Noch daz du schuldig bist zu don,
Dan du erloubest is yn schon
Und wijsest sij den weg dar zu
Das Gnade Gottes nit zu dancke
nymmet
625 Und ir auch zu freude noch gute
nit kommet
Dar umb sage ich dir aen smei-
chelerie :
[** r JIs ist nit anders dan spotterie
Von dinen hörnen und dime
stabe.
Dine horn sint als die snecken
habe,
630 Die sich umb einen halm in zie-
hent:
So er sij ruret, sij dar umb flye-
hent.
Soliche horner hatte nit sant
Thommas,
Der dem konnige den ingang und
pas
Von syme huse hart geweret hait,
635 Umb das er aen sache und zu un¬
recht
Und mit gewalt das understanden
hait
Das huß dinstber zu machen
Mit viel Unrechten Sachen,
Das alletzijt frijhe solde sin.
640 Lieber tvere der biderman fin
Gestorben ee er daz ließe dinst-
ber sin.
Von sant Ambrosio ich dir sage
Wie er sin huß erweret habe
[21 •] Wieder konnige und keisere,
645 Das er des huses alleine here
were.
Er sprach: “ir hant nwer palaste,
Uwer stede, thorne und sloße
veste
Und die gulten von dem keiser-
tum,
Da mit sollet ir uch wol genügen
lan.
650 Myns huses krüdent uch nit,
Lassent mir das, ir hant da inne
keyn stette,
Is wirt nit dinstber bij myme
leben,
Ich wolde lieber myn leben
geben”
Die lüde drugent nit horner umb
süße
655 Und hatten sij nit aen große un-
müße.
Werest du also wol mit hörnen
gekleit
Zu behuden die fryhe gewonheit
Dins huses das du besessen haist,
So hastu das vingerlin in diner
handt,
660 Obe du dinen stab recht brachest
632. Vgl. Thomae vita prima auctore Ed-
tcardo Grim ( Migne, Patr. lat. CXC, col. 16).
634. hart übergescltr.
638. vnrechten übergeschr.
640. hette Hs., n. d. Korrektur im folgenden
Vers irrtüml. stehen geblieben.
641. Gestorben aus za sterben korr.
642. Ambrosius Epist. CI. I,. Ep. 20, 19
(Migne, Patr. lat. XVI, col. 999).
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645. hases übergeschr.
649. l&n hint. gestr. dun.
651. key stette «. gestr. nit.
653. myn leben geben korr. aus verlieren
das leben.
655- An d. ersten Buchstaben von hatten
ist radiert.
659. handt aus hant.
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Der Offizial spendet das Sakrament der Ehe, der Bischof das der Priesterweihe. 17
[22 r ] Und Pharaon recht und wol
straffest
Und yme sagest das er Gotte
dienen laeße
Dine lüde und sij nit mache yme
dinstbere,
Sij nit drenge noch beswere:
665 So weres du ein guder Moyses
Und mochtes auch gemessen des
Und dienetest Gods Gnade da mit,
Und das gefiele ir auch wol
So dicke sij dich wappen sol.’
670 Da Verstentenisse also rette
Zu Moysem und predigette,
Der officiale sich umb gewant hait
Und auch die salben mit yme
bracht
Und die gar wol in gehalt getan.
[ 22 *] Und dar nach, als ich mich han
duncken lan,
676 Wie eine frauwe von der sonnen
nidergang
Und ein man von der selben
sonnen uffgang
Zu yme qwarnen, zu stunt sach
ich sie
Yeclichs eine hant reichen dar bij,
680 Die. hende lachte er zu sammen
bijeinander
Und, als mich duchte, sprach er
zu yn:
‘Ir zweie sollent nit dan eins sin
Und truwe under ein tragende fin
Und in allem uwerme leben nit
anderes sagen
685 Daß dem anderen mißhage,
Noch tuschen uch sin kein abe-
scheiden,
Is sij dan geware sache die daz
solle bereiden,
Und das durch den der da ist,
Moysent.
Un behalde* wol das sacrament
690 Und habent uch einander lieb ge-
truwelich! ’
Das hant sij beide gelobet gelich.
Der officiale ist umbe gekert
[23 r] Und ist gangen zu Moyse wert,
Der noch an sinre predigen was,
695 Da frauwe Recht Verstenteniß bij
saß.
Aber als sij bij ein waren
Und wolden ire Sachen uffenbaren,
Da quam ein hauff .lude zu stunt,
Die zu der selben stunt
700 Daden uffhoren und swigen das
parlement.
Da sij vor Moysen kommen sint
Und ire begeronge yme verkündet
hant
Das er yn ettliche dinste gönnen
solte
Und yn die inn sime huse ver-
lihen wolte,
662. er üb. gestr. da. laeße üb. gestr. laßest. 686. kein übergeschr.
663. yme übergeschr. 687. bereiden «. gestr. scheiden.
674. in fehlt. 689. behalde.
683. tragende fin aus tragen. 695. recht übergeschr.
685 neben 684 o. R. zugefügt. 702. verkündet hant aus gekündet sint.
vor 670 Bild (13) mit Nebenschrift rechts: Die heilige Ee. Der Offizial führt einen
Mann und eine Frau zusammen. Die Frau hat Gestalt und Kleidung, auch die Krone von
Rechtem Verständnis ( s. voriges Bild!).
Deutsche Text* ile* Mittelalter*. XXV. 2
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18
Der Bischof schert den neuen Offinalen die Kopfplatte.
705 Da nam er eine schere
Und det bij sich kommen here
[23»] Ettliche, die er balde hait ge-
schorn fin,
Und sprach Got solde sin
Yre erbe und ire teyl,
710 Das were ir grosses heyl,
Da mide yn wol genügen solte,
Obe sij wijse wesen wolten.
Da Moyses daz hatte vollenbracht,
Verstentenisse da bij sij trait,
715 Zu yn zu reden hüb sij an:
‘Horent, ir herren, ich sal uch
san:
Dis ist grosser synne, was iec-
licher wil sagen,
Sich ettwan mit dorheit verdra-
gen.
Sint ir geschoren mit der schere
720 Uff dem heubt hin und here
Als dore her und dare,
Die dorheit ist grosser synne
zware:
Dar umb so erbieden ich mich
[24 r J Das ich zu ewigen dagen uwer
frunt wil sin sicherlich,
725 Wem joch das leit mag gesin.
Diese liebe sollet ir nit uß slande
sin,
Dan ir sollent sij vor allen an¬
dern han,
Wo is nit belibet in uwer dorheit
stan.
Und wollent ir myn nit, so sij
uch geseit:
730 Die dage die ir gelebent, is wirt
uch leit,
So gude frundynne hantir inn
keiner zijt,
Des sollent ir inne werden zu
rechter zijt.
Ich bin die durch die ir sint
Von andern dieren gescheiden, die
sint blint.
735 Als lange ir mich bij uch hant,
Sint ir sonder lüde genant,
Und wan ir aen mich wollent gän,
So mogent ir uch wol rümen aen
waen
Das ir nit sint anders danne
stomme diere,
740 Die sich selber wollen zieren.
[24 •] Aen mich hant ir keine ere nit,
Wie wol das ir große herren sijt:
Wo ir große gedichte dun wollent,
Zwifaltige rede odir argument,
745 Aen mich hant ir kein besloß,
Is komme dan zu irrongen groß.
Nu wil ich uch sagen, obe ir nit
wissent,
Wie ir myne liebe behalden
müssent :
717. wil übergeschr.
718. mit üb. gestr. von.
720. vor hin gestr. sr.
721. dare aus dore.
724. sicherlich tugeschr.
726. vß slande sin aus vß slan.
728. stan tugeschr.
730. is Übergeschr. leit n. gestr. nit.
731. hantir übergeschr.
732. ir übergeschr. zu recht’ zijt hitU.
gestr. ir.
743. jngemens Orig., gericht h.
vor 705 Bild (14) mit Nebenschrift rechts: wie der bischoff die platte schyrt vnd
v’stenteniß die prediget jn dem alB er wj-het. Ein Mönch wird grade geschoren, ttoei andere
stehen bei Seite.
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Hechtes Verständnis gibt dazu Erklärungen und Ermahnungen .
19
Essen und drincken nüchterlich
750 Ir sollent vor andern züchtenclich,
Dan drünckenheit und leckerigen
Dunt uch balde von dannen flie¬
gen.
Zorn der über maße ist,
Und boßheit die dont ußerwege zu
aller frist,
755 Die wanonge mich rumen dunt
Da sij dan ir wesen hant
Lipliche liebe mich verdribet des
[* 5r ]Und dut mich zu male rumen das
pletz:
Das werdent ir sehen aen besloß
760 In dem buche von der rose.
Nu bijden ich uch das ir uch vor
den wegen
Hüdent alletzijt und pletzen,
Obe ir mich lieb hant,
Und vor allem bösen abelant;
765 Dan ich die nit zu frunde han
Die sich in laster ergeben lan
Und sich von dem guden usserent.
Noch sage ich uch kurtze wort:
Beslossen in dem geschorn ende
dort
770 Mit eyme zierckel umb ront,
Das ist ein dörlich bont,
Als obe is were ein bürg odir
thorn
Odir ein gertelin besloßen mit
murn.
752. uch] l. mich ? H. (Orig.: me font tourner).
754. dont übergeschr.; I. dot? oder zu
Jonen ? (so H.). zu alle' frist hint. gestr. ist.
Ä liest m.d. ursprüngl. Fassung, die dem Original
folgte: ... boßheit die ußer wege ist.
760. vgl. Le Roman de la Rose p. p. Michel
S. 98—100. 142—44.
762. pletzen üb. gestr. allewegen.
764. abelant hint. gestr. zü hant.
766. lan n. gestr. han ; doch ist 1 undeutl.
774. ist streichen ?; Dye stat da bjnn5 ist
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Die stadt ist bynnen bloß,
775 Betzeichent eine gude groß,
[25 p ] Das uwer hertze gegen Gotte
Sal uffen sin aen spotte,
Aen all mittel hinderonge.
Der cierckel ist die besließonge,
780 Das ir na dieser werlt nit sollen
gedencken,
Dan da von ir mussent wencken
Und scheiden, wollent ir mit Got
deil han:
So mogent ir sij nit beide bestan.
Da mit ir wol wissen moget
785 Das ir auch selber hant gefoget:
Ir habent Got ußerwelt
Und vor uwer erbeteyle getzelt.
Durch die wort versteen ich nit
Das ir mit der werlt sollent dei-
len icht;
790 Dan wan einer deilen wilt,
Das er is zu male haben solde,
versten ich nit:
Er muß eins nemen, das ander lan.
Nu nement das ir erwelet hant,
[26r ]Besser deile ir nit hant:
795 Gnuge uch und gedenckent nit
anders dan,
Dan das deil ist eins gantzen
Stuckes wert.
Der besloß sal uch auch sin wert
Der uch vermüret und beslüsset
hert
bloß Tnd bezeichet h; le lieu dedens tont des-
couvert monstre Orig.
781. da übergeschr., ir n. mussent gestr.
783. bestan n. gestr. han.
789. mit üb. gestr. In.
794. mugent vor u. haben »». ir geslr., da¬
für hant n. nit eugefügt.
795. Vor nit ist anders gestr. u. dahinter
ande’s dan zugeschr.
796. Stuckes übergeschr.
798. hert zugeschr.
2 *
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20
Der Bischof setzt auch Gehilfen für sich und die Offizialen ein.
Und uch von der werlt nssert
800 Und das uwer gütlich zn deilen
lert.
Von dem geschorn ende uch also
sin sal:
Dar an kennet man wol
Das ir gude scheffelin sint
Und sin ußerwelt kint,
805 Und is auch recht das von sinem
viehelin
Neme der rechte scheffer die
schäre sin.
Ettwan mag uwer scheffer uch
Vor sine arbeit scheren rüch
Zu sinre notdurfft, und uch zu
schinden
810 Hait ir nit macht, als ichs finden,
Umb das kein messer yme ge¬
geben ist,
Dan alleine die schere yme be-
folhen ist
Uch zymmelich zu scheren da mit.’
[ 26 *] Da Verstentenisse also hatte
geredt
815 Zu den geschornen und yn ge-
prediget
Und den andern die da waren
Und auch dinste fordern waren,
Den Moyses willenclich geben" hait
Und einfideils portener hait ge¬
macht
820 An syme huse und eindeil hat ge-
acht
Kamerer, die ander knechte zü
sin,
Zu dienen und uß zu drijben
Die fiende die da sint in der
menschen lijben.
Den andern bot er große ere,
825 Und yn allen gap er Urlaub here
[2? r ] In dem heiligen palas leser zu sin
Und Gottes gesetze zu verkünden
da in.
Ettliche ander det er kertzen hal-
den
Und sij auch dienen balde
880 Vor dem großen dische der da was
Gedecket, da uff man as
Und auch me essen solde.
Den andern einen kop von golde,
Da mit man den disch zieren
wolde,
835 Gap er, der was lere,
Das der disch da mit geeret were
Und yme auch dienette myt
Ettliche ander det er zu der frist
Dragen das joch Jhesu Crist
840 Uff einre achssel, dar er is lachte,
Als er das vor auch gedachte:
Das mochte die lincke achssel sin,
Die zu dragen die starckeste sal
sin.
800. lert zugeschr.
804 neben 803 a. R. eugeschr.
809. schinden hier a. Ende zugefügt u. 810
a. Anf. gestr.
810. als ichs finden zugeschr.
812. die übergeschr.
816. Nach dem Orig, müßte hier der Nach¬
satz beginnen: Und str. ?
-^--
W
Schl, des Verses gestr. mgschen üb. d. 'I
zugeschr. u. der aus den korr.
825. Vor gap ist vrlaub gestr. u. nach er
ist vrlaub here zugefugt
827. gesetze üb. gestr. lop.
834 nachträgl. zwischengescltr. wolde w.
gestr. solde.
vor 814 Bild (15) mit Überschrift: Accolite episteler vnd ewangilier. Zwei Mönche
am Altar. Rechts davon zwei Kerzenträger.
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Er überreicht unter Beistand von Gottes Gnade den Offizialen ein Schwert.
21
[27 •] Das wolde er sonderlich
845 Das sij yme und dem official
gelich
Dieneten und weren ir diener
Zu dem dische und mithelffer.
Da das alles geordent was,
Als ich da las,
850 Als vor stet, und was bestalt
genug,
Yeclicher da anehub
Nach gehöre zu dienen
Und sin ampt zu verdienen:
Den dische sij da bereitten,
855 Und ettliche die ducher dar uff
spreitten,
Die ander brachten das brot fin,
Die ander langeten auch den win
Und schenckten den in den kop
Und da mit, als mich auch be-
docht,
860 Ein wenig wassers dar bij getaen
[ 28 r ] Vort und in dem koppe gelan:
Das geschag ee sich vermesse
Moyses das er zu morgen esse.
Ettliche beiten die da waren
865 Und noch nit zu male ußgeracht
waren,
Die wolte er zu officialen machen
Sins huses in sunderlichen Sachen
Zu helffen dem andern official,
Dan er sin wol bedorffte zu male,
870 Wan er solich huß alleyne
Nit gehanthaben konde noch ge-
meyne.
Nu wil ich uch sagen wie er
hat getan:
Zum ersten hait er geraffen an
Gottes Gnade, mit luder stymmen
das,
875 Wie wol sij nit ferre dannen was,
Und sij auch in yrem throne saß
Und nam alles dez war das da
was,
[28 p ] Und ich saß zu iren fußen,
Des ich sere frohe was, mit
grueßen.
880 Da sij sich horte raffen an,
Aen hindern sij uffstan began
Und ging zu Moysen dar
Und furte mich mit ir dar.
Da Moyses sij bij yme sach,
885 Wart er gehertzet, und snelleclich
Vollenbrachte er, a Is ich kurtzlich
Uch her nach sagen, endelich.
Zum ersten salbette er yn die
hende,
Da lachte er sij zu samen be¬
hende.
890 Da nam er ein swert wol snidende,
Schon gefoget und luchtende,
[29 r ] Mit zweien snyden gefueclich,
Biegende und beweglich:
Is duchte mich wol das sin
895 Das ich sach halden Cherubin,
Es was dasselbe sicherlich,
Wol gestalt und eygentlich.
Das gab er, da ich bij was,
Den luden und bot yn das
846. dienerer. 896. in sicherlich n. dem ersten i ein e
876. throne aus thorne (so noch h). getilgt.
877. dez übergeschr. 898. vor da übergeschr. yn, nachher wieder
886. als ich unglücklich in übergeschr. auch getilgt.
verändert; als ich wieder einzusetzen.
vor 888 Büd ( 16) mit Notenschrift rechts: priest’schafit. Der Bischof überreicht den
neuen Offizialen ein großes Schwert.
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22
Der Bischof überreicht auch Schlüssel und verleiht zuletzt Gottes Gnade selbst.
900 Da mit einen slussel, den er hatte,
Den Gottes Gnade yme befolhen
hatte.
Gots Gnade selbs, die da was
Und yme halff vollenbrengen das,
Die gab er yn und sprach da:
905 ‘Hie ist Gottes Gnade, nement sij
da!
Ich geben sij uch zu geselleschafft,
Das ir mit ir machent frunt-
schafft’
[59"] Da ich die rede also han gehöret,
Zornig wart ich und faste erferet.
910 Ich sprach: ‘ach, was sal ich dun
Odir auch was han ich getaen,
Das ich Gnade Gots verlorn han?
Er hait sij den gehorneten ge¬
geben
Und den nuwen officialen eben:
915 Ich wolde viel lieber dot sin
Dann mir solich unrecht solde ge¬
schient
Do Gottes Gnade mich also
trurig sach,
Sij lachete mich an und dar nach
zu mir sprach:
‘Dore, wes gest du also ver-
dencken dich?
920 Wenest du alleyne haben mich?
Du salt wissen zu dieser frist:
Das gemeyne gut das beste ist
Und der nutze viel merer gekorne
Ist von eyme gemeynen borne,
[30r] Da ieclicher und iecliche mag
926 Nach syme willen scheffen nacht
und dag,
Den zu haben hait is sinen
willen,
Baß dan über der besloßen
quellen,
Dar zu nit dan eynre kommen tar.
930 Aber ich sagen dir vor war
Das so nutzelich
Odir auch so lustlich
Das wasser nit ist alleyne
Als das da dan holet die gemeyne.
935 Alles gudes ich ein borne bin,
Nummer mag ich beslossen sin:
Allen luden bin ich nutzelich
Und wil yeclichem wesen lieplich.
Dar an ich nutschit verlieren mag,
940 Dan alles gut da von wahssen
mag,
Wann alle die ich lieb han,
[30«] Wil ich dir auch zu frunde lan:
So gewynnestu viel guder frunde
Und ist dir baß, als mich be-
duncket
945 Nu las dir nit leit sin
Obe ich der ander frunt bin!’
Da ich also getrost wart
Von Gottes Gnade, die mich auch
hatte underracht,
Zu stont sach ich gen
950 Verstentenisse uff einen stul zu
predigen.
‘Ir herren’, sprach sij, ‘horent
mich!
Uwer nutze liget dar an, gleuben
ich.
Selient an das gut und große wol
dat
[924.] Kustode unten auf Bl. 29 p : da 927. Orig.: et avoir en son aisement.
ieclicher. 928. qualleu.
926. vor dag gestr. g.
vor 951 Bild (17) mit Nebenschrift rechts: Verstenteuyße prediget.
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Rechtes Verständnis gibt Erklärungen zu den Gaben.
23
Und den nutz den da hait
l 31 '] Gottes Gnade uch allen getaen
956 Und uch geben aen argen wan:
Sij ist hude her kommen
Umb uwern willen und her abe
geklommen.
Gedenckent was gäbe durch sie
960 Moyses uch geben hat und ge-
deilet hie:
Er hait uch geben das swert
Das Got vor sich hatte gesmiedt,
Zu hnden das kein sundere
Qweme in das lant do er herre
were.
965 Nu verstent was swerts das ist,
Das den doren sorglich ist,
Wie wol das der der is bruchen
sal,
Daz fochten und sich dez erferen
miß aen zal.
Das swert zu drien Sachen dienet:
970 Dan wann einre straffen verdienet,
l 31 '} So siet man yn mit der spitzen
odir snyden
Und sin zu schonen mit der
flachen sijtten.
Die spitze betzeichen sal
Das kein gerichte nit gescheen
sal,
975 Is sij dan große luteronge odir
bescheidenheit
Und auch dun da von underscheit
Von der Sachen die ist unwissent¬
lich,
968. dez übergeschr.
970. D5 aus Da, wä aus von.
976. von übergeschr.
979 f. Orig .; Mont est dl de fol hardement,
D'onltrecuidie apensement.
986. das er vor kiesen übergeschr.
992. deilig vor solle übergeschr. u. dahinter
d eilen gestr.
Verborgen und unbekentlich.
Er ist gar von dorheiter frechi-
keit
980 Und über wenig in gedenckenheit
Der durch zom sich wilt rechen
Odir durch vorsmahonge urteil
sprechen.
Das swert gar übel versorget ist
An dem manne der schele odir
blint ist,
985 Der von stunt da mit wilt slan
Und das gud vor dem bösen nit
erkiesen kan.
[32 r ] Das swert sal dragen kein man
Der nit wol underscheiden kan
Thuschen siechtagen und gesont-
heit,
990 Tuschen der grossen ußsetzikeit,
Der mittein und der deinen,
Wie er die deillen solle den ge-
meynen.
Gar wit sal der richter verstan
Die Sachen des der übel hat getan,
995 Und die umb hangenden stucke
der übel dait,
Das kein gerichte da werde follen-
bracht.
Daz swert, als ich finden in der
schrifft,
Ist der deilende mont, als man
dan gicht
Von dem der ein recht deiler ist,
1000 Als mann daz auch hat gefrist:
Er mag wol den mont betrachten
997 f. vgl. Isidorus Hisp., Etymol. XVIII,
6.1 ( Migne, Patr. lat. LXXX1I, col. 644).
997. Dz swert üb. gestr. gemacht. ich
üb. gestr. m5.
998 zxcischengeschr.
1000 ewischengeschr.
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24
Rechtes Verständnis erklärt Bedeutung und Gebrauch des Schwertes.
Und die rede undersclieidelich
achten.
Yeclicher richter, der da wil rich¬
ten,
Der sal sin urteil slichten
[3.2'J Als der wilt lingieren dun,
1006 Und sal auch dem nit anders dun.
Nu sage ich uch von den zweien
snyden
Da mit das swert dan muß sniden,
Warumb eine snyde nit gnüglich
ist
1010 Und das mee lere da bij ist
Ist uwer swert spitz,
So sal is sin mit rechten under-
scheiden spitz:
Es ist gut und recht daz ir hant
gerichte
In uwerm lande über alle böse
geschichte,
1015 Das ir alle boßheit und übel dait
In uwerme lande zu straffen
habent macht
Aen die Sachen die ußgenommen
und behalten hat
Der große der die horner hait.
Umb das nu uwer lantdeyl
1020 Gedeilet ist in zweie deil,
Dar umb müß daz swert zwo sny¬
den han glich,
Daz yeclichem deile eyne antwerte
glich.
Das eine deil dez mentschen lip
ist
[33 r ] Und der usserlich raentsche ge¬
nant ist;
1025 Das ander deil, der geist, da inne
liget
Und doch nit alletzijt swiget
Und der innerlich mentsche ist
genant
Also ist in zweie gedeilet uwer
lant
Und doch nuscht tuschen yn be-
kant.
1030 Die zweye als ein hohe richter
Mogent ir, wan es zijt ist,
richten:
Dem libe geben mit fuge
Umb sine sunde lidens und pyn
genüge,
Yme büße setzen und yn beladen
1035 Und da mit die sunden ußjagen.
Dem geiste umb manicher hande
Sachen
Sal man auch sine büße machen:
1004. vor slichten gestr. sli.
1009. eine aus ein. snyde üb. gestr. nicht
mehr lesbarem Wort.
1011. spitz n. gestr. stechende.
1013. Es ist vor gut a. R zugefügt. dz
ir hant üb. gestr. sal sin das geschr.
1014. alle übergeschr.
1017. die nach Sachen sowie vnd übergeschr.
1019. lant übergeschr.
1021/22 zurischengeschr.
1022. in antwerte an dem r korr.
1023. deil dez unter <L Z. zugefügt u. vor
lip gestr. der.
1025. deil der geist üb. gestr. die sele die.
1029—31 (jetzt dem Original entsprechend )
zwischen gestr. Verse geschr. Zwischen 1029 u.
1030 (Kreuzchen hint. 1029 «. vor 1030) hat
gestanden vnd hait das swert zwoe snyden.
Versehentlich sind hier nur die zwei ersten Worte
durchstr. Zwischen 1030 u. 1031 ist eine Zeile,
n. 1031 zwei Zetlen gestr. Jene scheint gelautet
zu haben Das sal sin scharff zu beiden sijtten.
Von den beiden andern hat die erste begonnen
Als hohe richter, die zweite Als zijt ist.
1032. gebent.
1034. beladen hint. gestr. dryben.
1035. vßjagen aus vßdriben korr.
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Rechtes Verständnis erklärt Bedeutung und Gebrauch des Schwertes.
25
Also wann er hart versteinet ist
In sünden und sich nit wil
bessern,
1040 Umb daz man yn warnete gern,
[33*] Mogent ir die ander snyde dar
keren
Und sin zu male nit schonen.
Ir moget yn mit dotlichen wonden
Ionen,
Mit dem streiche des bannes:
1045 Es ist keine wonde so grüselich,
Dann aen büße ist sij dötlich.
Dar umb er sich gar sere mag
forten wol
Der da weiß daz also ein streich
uff yn fallen sol.
Er sal sich auch bedencken wol
1050 Der mit der sniden slahen sol:
Es sieht keinre da mit billich
zwor,
Er enhabe dan zymlich vor
Mit der flachen sijten geslagen
Und sich vor bedacht wol
1055 Nach dem dem der streich werden
sol.
Durch daz flache des swertes ver-
steen ich
[34 r ] Gut und getruwe vor versynnen
sich,
Gewerliche warnunge
Und lebende predionge,
1060 Die sleÄt die bösen und schonet ir
doch
Und sparet sij mit sere slahen
noch:
Das ist das wort Jhesu Crist,
Da das ziel des dodes ligende ist.
Des flachen sollet ir brachen mere
1065 Wann ir uwer undertane sehent
irren sere.
Gottes wort dun und dicke pre¬
digen
Dut dicke desta mynner sunde
gescheen:
Mogent ir sij also behalden und
bewarn,
So ist is besser dann mit der
snyden slan.
1070 Nu hant ir wie ir mogent
Umb manicher hande sache und
auch sollent
Brachen das flache und auch die
snyden
Odir mit der spitzen wol richten:
[34»] Dan ein male sollent ir richten,
1075 Das ander male straffen, daz
dritte mit predigen slichten.
Dar umb ist gesprochen aen feie:
Is sal sin biegende und helle,
Das swert das uch gegeben ist,
Das ir is habent zu aller frist
1080 Bereit zu keren und zu wenden,
Zu verwandeln und zu wegen in
den henden
Nach uwerm willen und die sache
daz auch bedarff,
1039. In sünden a. R. zugeßgt u. w. sich
gestr. in keine frist
1040 zwischengeschr.
1042. zu schonen Hs.
1043. Ir moget yn übergeschr. u. yme vor
Ionen gestr.
1046. vor ist gestr. so.
1049. sal üb. gestr. mag.
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1053. sijten ü6. gestr. swerte, dem in der
tu ändern vergessen.
1056. daz übergeschr. u. streich n. flache
gestr.
1057. vor übergeschr.
1060. slhet.
1081. ver in verwandeln w. zu vor wegen
übergeschr.
1082. auch übergeschr.
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26
Rechtes Verständnis erklärt auch Bedeutung und Gebrauch der Schlüssel.
Und auch nach geliche und rechte
scharff.
Dar umb ist is recht daz ir ha-
bent den namen,
1085 Von der dait als von dem namme,
Cherubin, vol der kunstlicheit
Und auch der gotlichen wijßheit;
Dan werent ir nit Cherubin,
Die boßheit mochte uch zu nahe
sin,
f35 r ] Und wann ir soldent slahen mit
dem flachen,
1091 So mochte is sich aen liegen wol
machen
Das ir uwer swert wurdent umb
wenden
Und slahen mit den snyden enden;
Odir wann ir soldent richten,
1095 So woldent ir vor straffen lichte
Und das alles dun uff den wieder-
synne:
Dar an were nit gut gewynne.
Dar umb in des unkundigen hant
Ist das swert nit zu male wol be-
want,
1100 Und auch in des hant der
zornisch ist,
Das swert gar sorglich zu befelen
ist,
Dann is wart lütter schinende ge¬
geben
Durch Gnade Gots und uch uber¬
geben.
Wollent ir wissen die sache war
umb?
1105 Das ist, als ir daz kerent umb
und umb,
[•35 •] Is sij mit predigen odir zu rich¬
ten,
Zu straffen odir zu slichten,
Sollent ir is bewisen gar bespreit
Mit gewarer liebe und gerechti-
keit;
1110 Dan liebe das burnende fuer ist
Das an dem swerte schinet zu
aller frist.
Nu sage ich uch, obe ir nit
hant ge wist,
War umb uch daz swert befolhen
ist:
Ir sint portener, also duncket
mich,
1115 An des paradises konnigrich.
Die slußel hant ir aen liegen
Die düre uff und zu zu dun aen
driegen:
Aen uch mag niemans da vor gan,
Ir hudent den weg dar in zu gan,
1120 Uch gehöret zu zu besehen waz
ieclicher drage da,
Ee er kome bij die porte nahe.
Allerhande getruesse,
[36 r ] Groß und deine bürden und ge-
muesse
Vor uch muß man nider legen,
1125 Uff dun und uß den felden legen:
Is ist nit daz so wol beslossen sie,
Is muß uffgetaen werden da bij
Durch geware ußsprechonge
Mit innenclicher bichtonge.
1130 Nu lugent das ir wol genommen
habt
Das swert und die slußel wol be¬
dacht !
1084 ff. Orig.: Et pour ce’est droiz qu’aiez 1102. Dann,
a non, Tant par effet qne par renon, Cherubin. 1108. is eingefügt mit h.
1084. is übergeschr. 1111. an dem swerte schinet korr. aus
1085. vor Von gestr. Als. nSme. wiederschin gibt.
1089. sin Amt. gestr. ligen. 1123. an dem zweiten e in gemuesse korr.
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Der Bischof überreicht auch dem Pilger Schwert und Schlüssel.
27
Ir sollent keinen durch lassen gan
Der sin fardel nit recht wil sehen
lan,
Die sünder sollet ir wol durch er-
süchen
1135 Und sij ir fardel vort nit lan
brüchen:
Ir sollent is alles wigen wiseclich
Und urtelen underscheideclich
Und wol hüden uwers nammen
Verstentenisse alsammen,
[36'] Das man uch möge Cherubin
1141 Sprechen zu rechte und nennen
fin.
Und wann ir das alles gedan
hant,
Recht besehen und wol erkant
Und von dem ubeln geurteilet
1145 Und die büßen und pyne gedeilet
Und yn zymmelich büßen gegeben
Und ir die ruwen gesehent eben,
Dan mogent ir die dure uff dun
Und die ruwigen dar inne dun
gan.
1150 Das ist die bedutonge
Des swerts und auch bewisonge
Der slußel und underichtonge,
Die lere und gedechtenisse:
Das ist des ir uch gebruchen
sollent
1155 Mit underscheidener verstentenisse,
als ir sollent’
Da Recht Verstentenisse also
Gelangette mich mit grosser begir
Das das glissende swert wurde
mir
1160 Mit den slußeln, das ich were
An dem ende ein portenere.
Aber zu welichem ende ich kom¬
men mochte,
Hatte ich noch nit bedachte.
Diese sache gar dicke geschiet,
1165 Dan was der wille haben wilt,
Bedencket man nit alletzijt das
ende sin,
Umb das blint ist Cherubin.
Als ich das hatte gedacht,
Zu Moysem bin ich gangen dracht
1170 Und han yn sere gebeden das er
mir
Das hübsche swert wolte geben
Und mir auch da mit erleuben
Daz ich die slußel mochte dragen
Und die hüde des passes mochte
haben.
[37'] Da Moyses mich also hatte ge¬
hört,
1176 Da hait er zu stunt aen viel
worte
Das hübsche swert gescheidet
Und die slussel gecleidet
Und hait sij hart gebonden
1180 Und auch wol bewonden
Und alles besiegelt wißeclich
Und hait mir ein und ander geben
uffeclich,
Mildeclich und mir erleubet,
Und sprach daz ich wol huden
wolde
hatte geredt
W r ] Und ich das alles gesehen und
gehört hette,
1132. lassen üb. gestr. dun. 1147. ruwen üb. gestr. ruwigg.
1134. das er in ersfichen gleich übergeschr. 1156. recht übergeschr.
1137. vrtelen aus vrteln. 1163. bedachte aus bedochte, das einen
1139. rechte vor verstentenisse gestr. Reim ergab.
vor 1175 Büd {18) mit Überschrift: ewangilier. Der Bischof (Moses) überreicht dem
Pilger Schwert und Schlüssel.
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28
Aber das Schwert steckt in der Scheide, die Schlüssel sind versiegelt.
1185 Und die slnssel nit entbinden
solde
Und daz swert auch nit bewegete
[38'J Bis das ich des Urlaub hette.
Da er mir also gesaget das.
Ich gar sere erschrocken was,
1190 Umb das ich keynen da gesehen
hatte
Dem er solichs me gedan hette
Mit den Worten odir wercken.
Sere ich gedachte und begonde
mercken
Was ich dede odir dun mochte
1195 Mit dem swerte, das is dockte,
Umb das is also gescheidet was,
Besiegelt und auch bewonden was,
Und mit den slusseln, die er auch
besiegelt hatte,
Wol gebonden und mir die geben
hatte.
1200 Ich wände er hette mich betrogen
gare,
Bis das ich wart geware
Gottes Gnade, die mich furte
Zu Verstenteniße, die zu mir rette:
[38 "] ‘Lieber frunt’, sprach Recht
Verstenteniße, die wijse,
1205 ‘Was gedenckestu in dinre wijse,
Wo hastu zu schule gelert?
Din gedencken ist zu male versert
Und ist mit dorheit überlast.
Ich sehen wol daz du nit gelernt
hast
1210 Zu ettlichen Sachen das predica-
ment.
Das predicament ist also gestalt
Das is mit sinen Worten uff ander
sach tzalt,
Hait gebuwet sine wort
Und gestalt uff einen scharffen
ort.
1215 Sinen buwe setzet is sere wißlich
Uff andern gront lichteclich:
[ 39 r] Was is hait, das hait is von
andern
Und dut doch kein unrecht dem
andern.
Weren anders nit, so were es
nicht:
1220 Von yme selbs mochte is wesen
nit.
Exemple wil ich dir geben,
Das du magst gantz und eben
Mit den äugen lütter sehen und
verstan,
Wol lernen und auch behalden.
1225 Da Got die weit hatte geschaffen,
Ee er des mentschen bilde wolde
machen,
Do waz er alleyne Got genant,
Ist is anders war daz das buch
der geschopde hait bekant
Aber da der mentsche gebildet
wart,
1230 Zu stunt dar nach Got herre ge¬
nant wart
Zu Zeichen: da er knechte gewann,
Was er herre zu heischen dann.
[39 B ] Da er diener hatte, da was er
herre
Und was doch nit großer noch
mere
1200. betrogen hier übergeschr. u. zu Anf. 1209. hast vor gelernt gestr. u. dahinter
des folgenden Verses bedrogen gestr. zugeschr.
1203. verftenteniße. 1212. tzalt aus getzalt.
1204. recht übergeschr. 1219. I. Were? so h; Orig, estoit.
vor 1204 Bild ( 19 ) mit Überschrift: Rechte verstenteniße ßdiget.
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Rechtes Verständnis gibt auch dafür die Erklärung.
29
1235 Dan ee. Aber die hern von diesen
landen
Sint nit also mit yren banden
Und sint auch nit also getan;
Dan so sij me diener han,
So sij merer hern wollen sin.
1240 Das mag doch aen ubermöt nit
gesin,
Dan ire gesinde nnd knechtschafft
Die machent yn die herschafft:
Dan herschafft wart geftorn
Den undertan und gekorn,
1245 Und werent nit die undertan,
Die herschafften müsten undergan,
Eine mit der ander, uff ertliche
sache,
Die gesaget ist, wie sichs doch
mache;
[ 40 r] Dann ye eins hait sine gebürte
1250 Von dem anderen und sin an¬
hangen :
Wann eins ist, so ist daz ander
aen verlangen,
Und wenn eins nit enist, so mag
daz ander nit sin,
Und wann eins feiet, so hat daz
ander keynen syn.
Nu verstant wol diese letze,
1255 Du undertaen, und auch setze
In dich das du undertan sin must
Eym andern und du keinen under¬
tan haist!
Uber dich hait recht,
Macht und herlicheit
1260 Din oberster in syme kleit,
Er sij wie er wolle, vor sich:
Aber eine sache bedruget dich,
Das du keinn undertan hast als er,
Wann dar an hast du gef eiet sere
1265 An dem schonen swerte zu ent¬
blößen,
[*O f ] Zu entdecken und uß der scheiden
zu dun,
Und auch die slussel entsiegelt
han,
Die auch zu entwinden
Und zu male uff zu bynden.
1270 Mit dem swerte schüfes du nit
Noch mit den slusseln, hettestu sij
icht
Entblößet, nutschit, als ich gesien,
Dann dorheit und ungewien.
Obe ich ein messer aen scheide
1275 Druge und das entblößet heide
Und hette nutschit zu hauwen da
myde,
So solden meynen die lüde
Ich were dorichte
Odir ich wolde yeman ichte
1280 Da mit wonden odir dot slan.
Und obe ich slussel wolde bloß
dran
Und ginge durch die gassen
rechte,
r ] Da ich wieder dure odir sloß
hette,
Mochte yemans gedencken lichtec-
lich
1285 Is weren falsche slußel die da
drüge ich;
Odir das ich gienge Stelen
Und das wolde verhelen,
1243. geborn mit h nach d. Orig., gekorn Hs.
1247. entliehe hier fälschlich Hs. v. 1210
richtig ettliche als Übers, des aristotelischen
ad aliqnid.
1249. eins aus eine, sine üb. yre.
1250. dem aus der. ire in sin zu ändern
vergessen.
1252. vor ander gestr. d.
1255. vndetaen.
1260. obersten.
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30
Rechtes Verständnis über Schwert und Schlüssel.
Mochte yeman dencken, wan er
sehe die slußel myn
Eines andern slußel gelich sin,
1290 Da mit sij yre duren entsließent.
Sicher die slußel soliche hude hant
So sij die fremden hant.
Dar umb so sage ich dir das:
Umb das du mit nit zu sliessen
has
1295 Noch zu entsließen odir zu
hau wen,
Zu snyden odir zu blauwen,
So ist is besser in der scheiden
Dan daz du is her uß duhes leiden,
Und ist besser, sij sin gedecket,
Di*] Die slussel die du haist, dan ent-
plecket:
1301 Is mag noch in zijt wol kommen
dir
Eins und ander zu entblößen
schier.
Also hait Moyses sij dir eben
Zymmelich gedan und gegeben,
1305 Uff das, wan din oberste wilt
Und rechte zijt ist getzilt,
Die slussel du moges entpinden
Und daz swert uß der scheiden
finden:
Das ist wann er dir geben wilt
1310 Von sinen undertanen yme zu
helffen milt,
Und wann er dir getzug geben
wil
Und libern da mit zu arbeiden an
ein ziel.
Anders kanst du nit gedun,
Du wolies dan gheen yme misse¬
dun.
1815 Dodes not dut alleine dich
Dar uß kommen sicherlich,
[42 r \ Dann mast du uß der scheiden
Das swert dun und die slussel
finden
Und sij auch wol entbinden:
1320 Notdurfft dir urlob gibet
Und daz zu üben dir zu male er-
leubet,
Doch also das kein ander da sij
Dem die datt zu gehörig sij.
Der dem die Sache zu gehöret,
1325 Das ist der der sin swert bloß
foret,
Es ist auch der der entsiegelt hait
Die slussel und entblößet hait:
Es ist der der da richtlich recht
Hait über yn und da mit herschet
1330 Und ist da vortme Sachen meldig,
Umb das er yme ist undertenig.
Hettes du auch also undertane,
So mochtes du dem auch also han
getane,
[42*] So were dine macht über ettwas;
1335 Aber du haist keine und duncket
mich das.
Dar umb sal dich nit wondem
Noch erschrecken odir zornig sin
Obe dir das swert gegeben ist
In der scheiden und dar in ge¬
stoßen ist
1340 Und die slußel besiegelt und ge-
bonden
Haist odir das die sint hart be¬
wenden.’
Da Recht Verstenteniße mir also
gepredigt hait
Und das hie vor also ußgeracht,
1303. n. hait gestr. sij.
[1316.] Kustode unten auf Bl. 41*: dan
mast du vß.
1320. vrlob üb. gestr. daz.
1325. bloß übergeschr.
1342. recht übergeschr .
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Das Altarsakrament: Der Bischof verwandelt Brot und Wein in Fleisch und Blut. 31
Da wolte Moyses gan zu morgen
essen
1345 Und bereiden laßen sin essen
Gelich anders dan is gestalt was,
Dan nicht anders da was
Dan brot und wyne alleine:
Waz nit bereidt nach syme fuge,
1350 Dan er wolde fleisch han genüge
[43 r ]Zu syme essen und auch blut,
Da mit zu underdun das aide ge-
setze,
Daz da hatte gesagt zu letze
Das niemans kein blut essen solde.
1355 Yme zu helffen rieff er Gots
Gnade an,
Die selbe auch gar balde zu yme
qwam.
Da sach ich zu male ein wonder
groß,
Das an keyme hait sinen genoß:
Das brot er in lebende fleisch hait
gekert,
1360 Als Gots Gnade yn das hatte
gelert;
Den wine er wandelte in rosevar
blut:
Is schein wol sin von dem lemme-
lin gut
Da wolte er als dugentlichen
[43»] Die officiale mit yme alle glichen,
1365 Mit yme zu morgen dun essen
Und auch da bij nit vergessen
Sij zu lernen waz er gekonnet
hat,
Und yn auch geben sine macht
Zu dun soliche verwandelonge,
1370 Das doch kommet zu grosser won-
deronge.
Dar nach gab er yn allen zessen
Von sinre nuwen spise aen ver¬
drossen,
Und er as auch mit yn
Und dranck das blut, sag ich mit
den äugen myn.
1375 Is wart nye me so kein essen,
Das ich habe hören sagen aen
vergessen,
Noch keyne soliche verwandelonge,
Davon man so groß wonder möge
gesagt han.
Und da ich das essen also gesehen
han,
1380 Han ich mich zu Recht Verstente-
niß gewant
1380. recht übergeschr. _
vor 1357 Bäd {20) mit Nebenschrift rechts: Das heilige Sacramgte. Am Altar stehend
hält der Bischof mit der Linken den Kelch, mit der Rechten die Hostie. 6 Mönche schauen
anbetend rum Altäre.
Nach 1380 fehlen 2 Blätter. Die Partie lautet in h:
[S. 35] ... da want ich mich zu vernunfft vnd bäte sie flifleclich daz sie mir wolde
bredygen von dem eßen vnd mich daz leren.
Vernunfft ist sere erfert. [Bild 21, auf eingeklebtem Blättchen, verloren gegangen .]
[36] Aber alß ich mich vmb want, da sach ich sie gar sere erferte. ‘Frauwe’, sprach
5 ich, ‘waz brist uch? Jr duncket mich gar sere erferten sin, wollent mich vnderwisen myt
dießen eßen vnd enwenig dar von bredigen!’ ‘Siecher’, sprach sie, ‘neyn, dez dun ich nit,
dan ich weiß hie von nicht: hie feiet mir myn verstenlicheit Vd my synne. Jch bin blint
vnd sehen nicht, al myne gesiecht han ich zu mal verlorn. Jch wart in al myme leben noch
nye so sere erferte: Obe der gehornet moysez vß eyme ey eyne hübsche fogel ader eyne
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32
Das kann Rechtes Verständnis nicht erklären. Natur gegen Gottes Gnade.
[44 r ] Das deile das ir hant und uch
werden sal
Und uch des mynen nit under¬
nemen
Odir auch der meisterschafft an-
nemen.
Des hiemels hant ir die herschafft
1385 Aen daz yemans deil dar an hait:
Die Sterne dunt ir umbgen
Und die planeten sich verwan¬
dele^
Die zierckel, wann ir wollent,
Balde odir gemache ir sij umb-
wolbent.
1390 Ungerne ir das liedent
Und auch des nit enwoldent
Das ich mich des icht underwonde.
Dann wurde ich zu der selben
stonde
Gar muede obe ir uch myns deiles
1395 Undertziehet und uch gedeiles
Dar an zu haben vermessen
woldet:
1400. vnderecheids atu vnderacheit.
[44'] Viel lieber ich sterben wolte
Wann ich daz von uch lijden
solte.
Thuschen uch und mir waz ein
guder satz,
1400 Der uns wol underscheiden was,
Das wir nit missegriffen
Odir auch wieder striffen
Eine wieder die ander: daz was
das radt
Da inne der maen zu zijden sinen
lauff hait.
1405 Das radt uns gescheidet
Und iecliches uff eine sijtte deilet:
Ussen dran ist uwer deile,
Da ist die herschafft uwer deile,
Da mogent ir, obe ir is wollent
dun,
1410 Uwern willen gar genug dun.
Obe ir von Venus ein gehornet
diere
Odir von Mercurius eine kromme
slange schiere
1412. mercui9.
io halm von eym geraten körn gemachte hette, daz hette ich gar cleyn geacht vnd were dez
wol zu frieden verlieben, dan er hat mich mit dießen Sachen gar sere erfert gemacht daz er
vö brode hat gemacht lebendig fleiß vnd nß wyn blut zu eyng drang: Daz ist wieder
gewanheit vnd natnre; werlich, ich sal iß naturß sagen, so balde ich sie gesehen. Jch wil
sie schiecken mit gotez gnaden zu reden, dan daz ist allez durch sie geschehen vnd gar
16 dick wieder sie: sie muß dar durch Verliesen ir gewonheit vnd waz sie geübt hat.' Daz sie
mir daz gesaget hat, Gar balde sie mich ließ vnd zog sich zu yrn torn: trurigke sie mich uf
dem platz ließ, Auch trurig sie in irn torn ging. Alß ich nu also alleyn waz vnd gedacht
nach den sagen, Eyn alt wip sach jch geyn dem torn körnen. Da sie nahe quam, da beducht
mich daz ir gestalt nit frolich waz, dan sie waz gar zornich. Vnder yrn arme hatte sie ir
so hende, jr äugen luchten alß die funckein. Jch gedacht wol, iß were nature, Alß mir ver-
nUfft gesaget hatte, vnd iß waz sie auch siecherlych, [37] Alß ich daz am lesten erfure.
Sye waz zu kriegen bereit vil me baß dan zu bredigen: sie ging zu gottez gnaden vnd
fyngke jrre reden gar groplichen an :c.
Nature argewieret wieder gottez gnaden [Bild 22.]
25 ‘Frauwe’, sprach sie, ‘zu vch byn ich komen zu striden vnd daz myn zu behaldfi;
wo kompt uch her myn ordenüge zu verändern? vch sol wol gnugen daz deil daz
ir hant ...
36. vrdenütfe Ut.
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Natur redet gegen Gottes Gnade.
33
Machtent, dar za wolde ich wol
swigen
[45 r ] Und keine rede dar zn lijhen:
1415 An dem ende ich nutschit clagen
bin,
Dann innentzu ist is alles myn.
Ich bin der elemente meysterynne,
Der influsse und der wynde,
Zn machen veranderongen
1420 Und manicher leye wandelongen.
In fure, lufft, erden und wassern
Ich keins in syme stade beliben
lassen:
Alles dun ich umbgan und treffen
zu eime ende.
Ich dun nuwe Sachen kommen be¬
hende
1425 Und die alden dannen scheiden.
Die erde in mynen cleidern ist
Und in der nuwen zijt von mir
gecleidet ist,
Den bäumen gebe ich kleidonge
Gheen dem sommer und grfinonge,
[45"] Dar nach dun ich sij nacket uß,
1431 Und daz alles nit umb suß,
Yn ander cleit und rocke zu
snyden.
Desglichen ist kein bäum, is sij
prymme odir wyden
Noch ander bäume, daz sij nit
kleider von mir gewynnen.
1435 Salmon gedrug nye solich kleit
Als eine kleine hecke deit
Das ich machen, daz dun ich mit
müssen,
Dan ich nit ylen zu unmussen
Und hassen alle anderongen
sicherlich
1431 ncischengeschr.
1433. pryme üb. gestr. wijden und wyden
hmt. gestr. prymen.
1442. recht übergeschr.
DaataotM Tat« dw Mltt«Ult«n. XXV.
1440 Die da gescheent ylentlich:
Des gibt myn werck viel de besser
spise,
Des gesteet mir Recht Verstente-
niße die wijse.
Ich slaffen nit und gan auch nit
mhssig,
Ich bin auch, was mir gebürt zu
dun, nit verdrussig,
1445 Alletzijt zu dun das ich dun sal,
Nach myme synne und mynre
möge wol.
Manne und frauwen ich dun reden,
[46 r ] Fogel fliehen, die diere treden,
Fische swymmen, criechen slangen,
1450 Und dun auch wahssen nach ver¬
langen
Das körn und den weisse fin.
Frauwe bin ich von dem allen und
meisterynn.
Aber mich duncket daz ir mich
vor eine dinstmagt
Halden wollet, so ir hant gemacht
1455 Blut uß mynem wyne,
Das das ein nuwer drang solle sin:
Des ich gar nahe uß mynen syn-
nen bin.
Von dem brode han ich so grossen
zorn nit,
Dan ich krüste odir broßem ye nit
1460 Zu machen mich nie underwonden
han
Noch auch arbeit dar an gelacht
han.
Is ist wol war das ich den getzug
dar zu geben
Und die materie dar zu liebem
eben
1450 ewischengeschr.
1451. Vor vnd ist wahssen gestr.
1463. liebern aus geliebere.
3
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34
Natur redet gegen Gottes Gnade.
Davon man das brot gemachet
hait,
1465 Das wissent wol ir!
[46«-] Dar umb ist in dem hertzen der
zorn mir
Wann ir is in lebende fleisch ver-
wandelent
Und mich myns rechten beraubent
Wo kommet uch her das ir dunt
also?
1470 Is gef eilet mir nit wol, daz sage
ich uch do.
Ich han uch verdragen zu viel
Und von uch gelieden in mynre
gegene ziel:
Andermale hant ir verändert,
Durch was macht ich nit weiß,
und verhandelt
1475 Myne gewonheit und myn orde-
nongen,
Myne wercke und erschynongen.
Mir gedenckt von dem fure das ir
zu einer zijt hant
In mynen grünen boesch gelacht,
der doch nit brant,
Und dadent daz auch burnen nit:
1480 Solichs ist aen mynen willen und
wöllen geschiet.
Mir gedencket auch wol schon
[4? r ] Von den rüden Moyses und Aaron:
Die eine dadent ir zu einer
slangen werden,
Die ander grünen uff der erden,
1485 Laub dragen, frücht und blüme,
Die dürre was und hatte keine
füchtonge.
Uß wasser machtent ir wyn
Zu den brüden des fürsten fin
Und viel me ordenongen sere,
1490 Das davon zu sagen zu lange were.
Der magt ich nit willen han
Zu vergessen die ir dadent ent-
phaen
Aen man und sij magt daz kint
dun geberen,
Da mit ir mit grosser swere
1495 Gheen mich missegriffen hant
Und mir auch dar zu nit geruffen
hant.
Solich Sachen han ich lange ge¬
lieden,
[47»] Das hait mich sere geruwet sieder:
Noch nie han ich das geandet
1500 Odir davon geredt, das mich nu
andet.
Zu viel mag man sich ettwan
lijden,
Zu viel slaffen und swigen:
Umb das ich vor geswiegen han,
So sint ir wieder kommen dran
1505 Und wollent nuwerongen machen ;
Dar umb ir mich dunt wachen
Und ytze mit uch striden
Durch mynen grossen zorn und
lijden,
Und sagen uch wol: werent ir nit
1510 Als hohe frauwe als ir sijt,
Balde müstent ir den krieg han,
Und ich griffe uch selbs an
Und uch dan also leren
[48 r ]Das ir mir myn gewonheit nit
soldent verkeren,
1515 Und mich dar umb nit zu fordern
odir zu fragen.’
Da Gots Gnade Nature hatte
also hören sagen
1472. an dem letzten Buchstaben in gegene 1480. I. wißen? so h; Orig.: oultre mon
i orr . gre et mon vouloir.
1478. der üb. gestr. dz.
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Gottes Gnade widerlegt Natur.
35
Und sij gehört hatte also clagen,
Antwerte sij ir mit solicher fuge:
‘Nature, ir sint zu scharff und zu
ruwe,
1520 Das ir also zu mir scherffeclich
Redent und hofferteclich.
Ich meyne wol das ir gedrencket
sient
Mit uwern guden wynen und
droncken sient;
Und usser synne schinent ir
1525 Von dem zorne den ir wisent mir.
Ich weiß nit obe ir sijt verdöret
Nuwelingen odir verfochtet.
Is ist nit lang daz ir hant gesagt
mere
Das uch nit ylende were,
1530 Aber ich sehen an uch den wieder-
synne,
[^'1 Als mich duncket in myme synne:
Ir redent zu mir unverdacht,
Ylende und dorlichen bracht
Und gnug unversehenlich.
1535 Ich sagen uch wol, ich rette zu
uch
Hesselich und machte uch
Fluchtig, Hesse ich das nit
Umb myner eren willen hie,
Umb den zorn den ich an uch
siehe:
1540 Dan zornigen luden mann ver-
dragen sal,
Umb das sij nit können erkennen
wol
Was sij dun odir lassen litterlich,
Dann sij dan sint unverstentlich.
Nu sagent mir, frauwe Nature,
1545 Die umb große missedait dftre
Mich begriffent und scheldent
[^ r ] Und von guttem alter meldent
Und sprechent daz ich vergriffen
habe
Da ich inn uwern garten gangen
habe,
1550 So uch Got hüde, von wem hant ir
Odir wannen kommet uch daz da
hant ir?
Ir glichent dem wilden swine,
Das da isset inn den weiden fine
Die eichelen und hait keinen ge-
danck
1555 Wannen daz kommet odir von
welchem geschrancke.
Heubt und äugen hait es zu der
erden
Und sicht nit ubersich zu dem
hymel werde,
Da daz her kommet: allein an die
eichel heldet es sich.
Ich geleube das ir nit kennent
mich
1560 Und wollent mich auch nit kennen
sin
Umb das ich gutdedig bin
Und kein schelderße nit enbin.
[49»] Dunt uff ein wenig zuchteclich
Uwer äugen wol verstentlich!
1565 Dan dunt ir wol uff die brauwen,
Uch kammermagt und mich
frauwen
Findent ir uffentlich:
So werdent ir reden suesseclich
Zu mir und dunt mir manneschafft
1570 Von dem daz ir von mir hant be-
hafft.
Zu getzijden von myner grossen
mildikeit
Der werlde ein groß deil gemeit
Ich uch gab, uch zu bekommem
da mit
Und getruwelich zu arbeiden da
mit,
1575 Uff das ir nit müssig werent
Und das ir mir auch wiedergebent
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36
Gotte» Gnade widerlegt Natur.
Getruwe rechenunge, als diene-
rynne
Alletzijt dun sal gheen irer
meisterynne.
Dar umb, werent ir wol wijse,
[50 p ] So rettent ir nit also inn der
wijse
1581 Von der alden satzongen
Die tuschen uch und mir ist her-
kommen:
Is ist uch besser dann mir,
Is beslußet uch da vor und durch
zu gan,
1585 Umb daz ich is also zu stellen im
synne han.
Nit meynent daz ich is dar umb
also stellen wolle
Das ich dar inn nit gan ensolde!
Ich mag dar inn gan wann ich
wil,
Und wil davon mit uch nit reden
viel.
1590 Und noch me, obe is mir gefüglich
were,
Soldet ir uch des nit kruden mere;
Dann ich is alles dede allein wol,
Wann ich wolde, waz man dun sol.
Aber ich wil is nit dun,
1595 Dann is ist recht das meisterynne
Keine zijt solle sin aen eyne
dienerynne.
[50<-] Dar umb soldet ir wol han ge¬
dacht
Das ir aen mich nit hant eyniche
macht,
Das ich wol zu erwisen han
1600 Mit dem das ich uch vor han
hören san.
Ir erkennent wol das verwandeln
1596. eyne übergeschr.
1604. mir üb. gestr. nit.
Ich die sterne dühe und ver¬
ändern:
Des hymels lauff gemeyne
Höret mir zu alleine.
1605 Nu sagent, so uch behude Got,
Obe ich mechte ein nuwe spiel
aen spot
Und dede die sonne von hymel
abe
Und verberge sij als wol dan abe
Das man sij in hondert jaren nit
gesehen
1610 Odir finden konde odir auch ge-
spehen
War sij kommen odir worden
were, waz hubscher Sachen
Woldent ir dan machen, wie wol-
dent ir den hecken
Dann alle jare ire kleider dar
strecken
[5i r ] Und wie ir auch eben woldent dun
geberen
1615 Und das behalden uffrichteclich
aen erferen
Und auch aen verleyden?
Aristoteles, der da was ein heiden.
Der warheit durch argumente
Gar wol hait erkennet:
1620 Den ich mynen vorsprechen
machen
Wieder uch in diesen Sachen.
Der sprichet und bewijset
Durch gut verstenteniße, als man
liset,
Das gebürt is gemachet
1625 Durch myne sonne, davon ich han
geredt:
Und dar umb, hette ich sij abege-
tan,
1617. Aristoteles, Degeneratione et corr.2,10.
1625. vor sonne gestr. d.
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Gotte8 Gnade widerlegt Natur.
37
Uwer macht müstent ir verlorn
han
Und kundent nutschit follen-
brengen.
Also ist is auch mit dem firma¬
mente
1630 Und mit den planetten an dem
ende:
[•H*] Dann wolde ich is alles dun stille
sten
Odir das ich is alles dede abegen,
So mochtent ir wol slaeffen gen
Und mit guder müssen rügen:
1635 Uwer macht die were verlorn,
Umgängen und zumale verkorn.
Dannoch mochte is nit gesin,
Die herschafft muste dannoch myn
sin
Das alles zuverandern odir also
zu hanthaben
1640 Wie mir das dann zu willen
qwem:
Dar umb soldent ir nit grommen
wieder mich
Noch strijden gheenwerteclich;
Dann als Ysayas sprächet,
Is ist groß hoffart und nydt
1645 Wann die axs sich uffrichtet
Gheen yrem meister zymmerman
[55 r] und wann so der haffen
Den haffener straffen wil
Und yme leit kosen wil
1650 Und heißet yme sine gestalt
Odir sich beclaget von der gestalt.
Dar umb mochtent ir wol wissen,
Were inn uch eynig wissen,
Das ir mir groß wiederdrieß ge¬
tan hant
1655 Da ir mich also gescholden hant
Das ir mich umb myn werck
straffent
Und aen mich keine macht enhant
Ir sint nit me dann alleine
Myn geschirre und instrument ge¬
meine,
1660 Das ich vor zijden gemachet han
Mich da myde zu behelffen, so ich
kan,
Wie wol ich des nit bedorffte,
Das ich mich nit alletzijt da mit
zu behelffen döchte
Und mich auch nit alltzijt da mit
behelffen solde,
[52<] Dan alleyne nit me wann ich
wolde.
1666 Und alletzijt wann mir eben ist,
Machen ich viel Sachen inn der
frist
Dar zu uch zu rfiffen nummer not
gedüt:
Ich verändern den win inn blut
1670 Und inn lebendige fleische das
wißbrot
Und auch das brune, obe is mich
duchte gut:
Anders were ich nit meysterynne
1637 f. Orig.: Pour ce ne seroit il mie
Qu’a moy ne fast (la) seigneurie.
1643. Itaiae 10, 15 u. 29,16.
[1646.] Kustode unten auf Bl. 51*: vnd
wann so der haßen.
1650. sinen. Orig.: Et sa facon li de-
mandant. heiflet = heifchet
1659. gemeine eugeschr.
1660. gemachet han üb. gestr. han gemacht.
1661. so ich kan eugeschr.
1663. nit, zu u. döchte übergeschr., letzteres
üb. gestr. solde.
1664 eugeschr.
1665. Dan alleyne übergeschr. und dann
nach me gestr.
1666. Vnd üb. gestr. dann.
1667. Machen üb. gestr. dun.
1668. tn Ruffen nachträgl. r üb. nicht gestr.
R u. kleines o üb. das u geschr.
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38
Natur vertritt nochmals ihren Standpunkt.
Solde ich is nit machen nach
myme synne.
Dar umb solde is uch nit übel ge¬
fallen,
1675 Wann ir nit dnnt das ir sollent
dun,
Obe ich uch das zu helffe dun,
Als von dem boesche der da
brante,
Den ich hütte das er nit ver-
brante,
Wie wol das die flamme da was.
1680 Nu soldent ir mir dancken das
Ee dann striden und dar umb
schrien.
[53'-] Von den rüdden desglichen ich
auch nit swigen,
Von der maget und mutter auch
Und vom wasser das ich inn win
auch
1685 Verändert, und was ich än uch
getan han,
Duncket mich daz ir des soldent
freude han
Mee dann dar umb trurig sin.
Das duchte mich uch baß geraden
sin;
Dann von dem hübschen werck
daz die meisterynne
1690 Macht, sal sich frauwen die diene-
rynne,
Besonder wann is ir keinen
schaden düt
Und davon gebessert ist daz ge¬
meine gut.
Nu machent dar uß was uch zu
willen ist,
Dann mir nutschit odir wenig dar
umb ist.
1695 Erfrauwent uch odir zurnent,
Wie ir wollent, odir sere strident,
Dann umb uwern willen ich nut¬
schit laßen wolde
Des das ich gerne dun wolde I’
[53'1 Da Gnade also hatte geredt,
1700 Gedisputieret unde gestraffet,
Nature hait ir geantwert:
‘Frauwe, ich han wol verstanden
uwer wort
Und sehen wol das ich mit uch
nit gearguieren kan.
Is ist besser das ich uch wese
undertan
1705 Und das ich nit wieder uch rede,
Und doch, gedorste ich is dun, ich
dede,
So miste ich uch noch einwenig
straffen.’
‘ Frischlichsprach Gods Gnade
aen rüffen,
‘Sagents alles, dann ich haldens
vor schympe,
1710 Alles das ir hude sagen wollent
mit glympe,
Und alles das ir gearguieren
mogent,
1675. dunt aus dun, darnach mogent geslr.
dun zugeschr.
1676. Obe üb. gestr. vnd. nit n. da*
irrtüml. übergeschr.
1684. han hier n. auch u. 1685 n. uch gestr.
u. «. getan zugeschr. '
1686. uch vor de* gestr. u. freude han ü6.
gestr. freuwen geschr.
1692. ist vor gebessert gestr. u. dahinter
ibergeschr.
1703. kan üb. gestr. mochte.
1706. ich dede unglückl. des Reimes wegen
r ugeschr. Oder ist 1707 So müste ich zu
itreichen vergessen? (H.)
1708. aen räffen zugeschr.
1710. mit glympe zugeschr.
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Natur vertritt nochmals ihren Standpunkt.
39
Gedencken and gesagen mogent,
Und laßent nuscht da hinden:
Ir sollent nwer hertze wol ent¬
binden!’
1715 Nature sprach: ‘Dwijle ich Ur¬
laub han,
So wil ich me reden und san
Und wil uch uwer reden straffen
Und auch dar umb nit zu lüde
klaffen,
[54 r l Umb das mir gröblich leit ist
1720 Das ir mich mynre worte ge-
straffet hant
Und mich versmehet und ge¬
sprochen hant
Das eine meisterynne
Solle nit sin aen dienerynne,
Und hant mich vor eine diene¬
rynne gehalden.
1725 Dar nmb so wil ich arguieren
balde:
Sijt ir nu meysterynne sint ge¬
nant,
So sal alletzijt ein dienerynne bij
uch sin zehant,
Und ir sollent keine geborne
sache nit
Verändern noch anders machen
nit
1712 zuhschengeschr.
1718 zugeschr.
1720. vmb vor Das gestr.
1721. hant vor gesprochen gestr. u. dahinter
zugefügt.
1725. balde zugeschr.
1726. genant zugeschr.
1727. Nach Bai ist ich gestr., dabei roter
Fleck entstanden. zehant aus genant.
1729. nit sugeschr.
1733. woldent daran zugeschr. u. zu Anf.
von 1734 woldent gestr.
1736. Vor solde ist Bin gestr. u. dahinter
sin so genawe zugeschr.
1730 Und sollent daz auch bestedigen
von der axs,
Da ir hant gesaget daz die axs
Sich nit uffrichten noch wieder den
zymmerman
Nit stellen solle, eben als obe ir
sagen woldent darau
Odir aen sagen meyntent
1735 Das ich wieder uch als wieder
eine zymmerfrauwe
[54*1 Nit also scharff solde sin, so ge¬
nawe.
Durch die bestedionge duncket
mich
Und ist myne meynonge glich:
Als der zymmerman nit gearbeiden
kan
1740 Odir kein gut huß gemachen kan
Aen sine axs, also sollent ir auch
keine
Sache aen mich machen alleyne,
Ir wollent dann unrecht dun. Zu
allen zijden
Sollent ir mich mit uch furen und
nit myden
1745 Und dar zu rüffen, und ist mir
wol zu synne
Is were besser daz ich alletzijt bij
uch inne
1738. glich Amt gestr. dan.
1740. aen n. kan gestr. u. zu Anf. des fol¬
genden Verses zugefugt
1742. alleyne üb. gestr. ir wollent, das vor
1743 a. R. zugeschr. ist, ebenso wie sollent a.
Schl, von 1743 gestr. u. an den Anf. von 1744
versetzt ist.
1743. vor zu dicker roter Strich.
1744- nit myden üb. bzw. hint. gestr. Wort.
1745. Vnd nachträgl. vorgeschr. synne
hier zugeschr. u. am Anf. von 1746 gestr.
1746. Inne zugeschr.
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40
Gottes Gnade überwindet Natur völlig.
Were dann diese nuwe officialen,
Die mit uch hant allen yren
willen zemale.
Uwer macht gebent ir yn,
1750 Und yn zu geben nement ir mir
daz myn:
Soliche macht konde mir von uch
nie werden
Oder mir von uch nye erleubet
werden
Das ich uß brode fleische machen
möchte
[55 r ] Und win inn blut verwandeln
möchte,
1755 Und han doch alletzijt gedan was
ich solde,
Nach mynre vermöge balde.’
‘Zwar’, sprach Gots Gnade, ‘ich
beclagen mich nit
Inn keinen weg von uwern dinste
icht:
Ich weiß das ir wol genug hant
getaen.
1760 Aber wollent ir nit ander Sachen
san,
So wil ich uch balde antwerten
Und keinen andern beradt dar uff
halten.’
‘Nein ich’, sprach sij. ‘So ant¬
werten ich’,
Sprach Gots Gnade, ‘das daz uch
versmehet glich,
1765 Das ist daz ir myne reden nit
recht verstent
Und auch nit dar umb nach ge-
denckent.
Dann wann ich sprechen daz die
meisterynne
Zu aller tzijt solle haben diene-
rynne,
Is was wol gesagt, des bekennen
ich.
1770 Aber dar an gewynnent ir nuscht
zu glich:
[55»] Dann war umb ich han nit ge¬
sprochen “an allen enden”,
Aber “zu aller zijt”, daz ist güt
dütsch an den enden:
Dann solte sij an allen enden
dienerynne han,
Das qweme ir zu uneren und
grosser dinstberkeit
1775 Me dan zu frijheit odir zu ir
wirdickeit
Aber sij sal sij zu allen zijden
han,
1748. willen irrtüml. (nur schwarz) gestr.
vor eugeschr. zemale.
1749. zu geben «. yn gestr.
1750. Vnd yn zu gebe eugeschr. dz myn
hint. gestr. vnd soliche.
1751. hier Soliche eugeschr.
1752 euhschengeschr.
1753. konde vor machen gestr. u. dafür
möchte dahinter eugeschr.
1756. balde eugeschr.
1757. nit hier eugeschr. u. eu Änf. von 1758
gestr.
1758. icht eugeschr.
» 1759. p©r genug gestr. 1.
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1761. vnd hier am Schl, gestr. u. an den
Anf. von 1762 versetzt.
1762. halten hint. gestr. suchen.
1764. das v' in v’smehet eugeschr., ebenso
glich.
1765. ist dz übergeschr.
1769. des üb. gestr. ich «. ich üb. gestr. des.
1770. zu glich eugeschr.
1771. alle enden hier eugeschr. u. zu Anf.
von 1772 gestr.
1772. güt aus nit. an de enden eugeschr.
1775. wirdickeit Üb. gestr. eren.
1776. han por zu gestr. u. an den Schl, des
Verses gesetzt.
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Gottes Gnade überwindet Natur völlig.
41
Das ist ir ere, wer daz recht wilt
verstan,
Uff das sij die möge bescheiden
Was sij die wilt heissen und yr
gebieden.
1780 Das hattent ir nit verstanden
recht
Als ir soldent, und verstundent
auch nit siecht
Von der axs die gelegenheit.
Dan da ich rette von der axs
Wesenheit,
Das was nit dar uff geredt das ich
1785 Mich mit uch behelffen solde zu
aller zijt,
Als der zymmerman sich mit siner
axs
Behilffet da mit zu h&uwen
Und da mit auch zu büwen:
[56'] Aber ich rette is siecher dar umb
zehant
1790 Das ich also scharffikeit inn uch
fant
Da nam ich daz gelichniß vor die
handt
Uch zu underwijsen uwern groben
synne.
Dann sal sich die axs nit uff-
richten wieder yn,
Den zymmerman, so sollent ir uch
noch
1795 Mynner stellen wieder mich.
werent ir doch
Nit von bösem gemechte; dann
ich uch han
Gemachet, gesamet und entwerffen
lan
Mich zu eren und mir zu dienen
Wann is mir fuget und mir ist zu
fügen:
1800 Und dis kann der zymmerman nit
gesagen
Zu sinre axs, dann ein ander
meister
Hait sij gemacht, und er nit dan
den gebruche da von hait,
Und der me bedarff umb daz er
brodes bresten hat
Aber uwer bedarff ich zu male
nit:
[56»] Dar ümb sij uch uwer hertze so
scharff nit;
1806 Dann ich mag woler aen axs ar-
beyden,
Sniden, binden und zymmern
Aen geschirre odir instrument,
Mit allen Sachen mag ich dün waz
ich wil behendt.
1777. v’stan n. gestr. bedencken.
1778. «. bescheiden gestr. des.
1779 eingesetzt statt des ursprüngl. Verses
Das sij ir gebieden vnd heißen wilt. Das sij
ist trrtüml. nicht gestr.
1780. Das aus Dis. recht vor verstanden
gestr. u. dahinter eugeschr.
1781. nit siecht hier sugeschr. u. zu Anf.
des folgenden Verses nit recht gestr.
1788. Wesenheit zugeschr.
1784. was üb. gestr. das.
1787. hafiwen hint. gestr. buwen.
1788 sugeschr.
1789. zehant eugeschr.
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1792. Uch a. R. eugeschr.
1793. yn wahrscheirü. zugeschr.
1795. doch eugeschr.
1799. mir ist zu fflgen korr. aus zu
willen ist
1802. und er etc. üb. gestr. dan der synne
ir viel. dan noch wieder aus dem korr.
1803. Vnd der übergeschr. me] l. ire ?,
h hat ir. Vor bresten ist nit gestr. hat
hier eugeschr. u. zu Anf. von 1804 habe gestr.
1804. bedarff aus bedorffe.
1805. so scharff nit üb. 2 gestr. Worten
(nit bw ...?).
1809. behendt eugeschr.
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42
Gottes Gnade Überwindet Natur völlig.
1810 Man sal mich nit glichen keinen
zymmerman
Noch keinen werckman, dan ich
sunderliche han
Macht alle ding zu machen nach
myme willen.
Dar umb sagen ich uch: swigent
stille
Und dunt daz kürtzelich,
1815 Dan uwer argnieren hilffet wenig
sicherlich!
Is gilt auch wenig uwer grommen
Und duncket mich auch nyergent
Vorkommen
Das ir von mynen gaben also
gent treden
Zu murmeln und davon zu reden;
1820 Dan ich were zu male verbunt-
lich,
Solde ich von dem daz myn ist,
eyme andern nit geben ich
[57 r ] Als wol als uch: is ist nit
Sache die zornis bedörffe icht,
Is sal nch zu male nit müwen
1825 Und soldent uch wol lassen ge-
nu wen;
Dan daz gut ist nit gut daz alle-
tzijte
Zemale get uff eyne sijte:
Das wissent ir nu wol.
Dar umb solde auch genügen wol
1830 Die macht die ir von mir hant:
König gewann so hübsche gäbe
nye
Noch kein here nye gewan umb
gäbe hye
Noch umb richtome.
Obe ich nu umb mynen fromme
1835 Sunderlich gaben mynen officialen
geben,
Das komet uch nit uneben;
So sehen ich nit das ir dar umb
icht verlierent:
Is ist dorheit daz ir dar nmb
zörnent’
[57 "j Da Gots Gnade hatte geredt die
wort
1840 Und Nature das hatte gehört,
1811. han vor sunde’liche gestr. u. dahinter
eingesetzt.
1813. swiget stille n. gestr. kurtzlich.
1814 zwischengeschr.
1815. Dan üb. gestr. das. Vor wenig tat
hilffet eingefugt (üb. gestr. sere), dahinter heißet
gestr. «. sicherlich zugeschr.
1817. nyerget vorkömB üb. bzw. hint. gestr.
gar hesselich.
1818. treden hint. gestr. Wort (grommen 7).
1821. nit gebe ich hier zugeschr. u. zu
Änf. von 1822 nit geben gestr.
1823. bedörffe aus bedarff. icht zugeschr.
1825 zwischengeschr.
1826. das erste dz üb. gestr. das.
1827 f. zwischengeschr. statt des gestr. Verses:
Vff eine sijtte get das wissent.
1829. Dar vmb a. R. für gestr. vch.
1831. Vor König ist Dann kein gestr. ge-
w5n übergcschr.
1832. Noch o. R. zugeschr. here nye üb.
gestr. könig. hye zugeschr.
1838. n. richtome 3 Worte gestr. (obe ich ...
vgl. 1834).
1834 zwischengeschr.
1835. Sunderlich a. R. zugeschr.
1836 zwischengeschr.
1837. ich üb. gestr. uch.
1838. zörnet aus zorn hant.
1839. die wort zugeschr., nachdem also vor
hatte gestr.
nach 1838 Bild (23) mit Nebenschrift rechts: Nature ist uberwvnden von gots gnade.
Eine Frau mit umhülltem Haupte (Natur) fleht kniend zu Gottes Gnade um Vergebung.
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Natur erbittet und erhält von Gottes Gnade Vergebung.
43
Sij viel ir zn fuße snelleclich
Und neigette sich demötenclich.
‘Frauwesprach sij, ‘ich wil uch
biedend sin
Das ir mir gnedig wollet sin:
1845 Arguierent nit me wieder mich!
Dan mynen gebrechen sehen ich
follentlich,
Das ich gehen uch gefelet han
Und mich dörlich beweget han
Wieder uch also scherfflich zu
reden.
1850 Ir sint myn meisterynne, daz
sehen ich aen widereden:
Uber alle sal ich uch undertenig
sin,
Und sal mir nuscht übel gefallen
sin
Von Sachen die ir dann dun
wollent.
Ich gedencken nummerme davon
zu reden,
1855 Das ir mir nit dan dis male
wollent vergeben
(^ r l Gutteclich und keinen bösen
willen beheben.’
‘Sicher’, sprach Gots Gnade, ‘das
wil ich auch halden;
Aber hüdent uch wol bij uwerme
augenbilde
Das ir numme redent oder
drauwent
1860 Wieder myne schone wercke noch
myden
Myne dait, dann ich des numme
von uch liden
Und möchte des auch nit me ge-
liden.’
Da diese rede ein ende hatte
Und Moyses zu morgen gessen
hatte,
1865 Daz yme über beleip, daz wolte
er deilen
Und almuse geben und daz
spreiden
Den armen pilgerynen die geirret
waren
Und der viel da inne waren.
[55*] Und ee er icht mochte enweg
geben,
1870 Zwo hübsche frauwen sag ich, die
eben
1843. wil uch biedend sin korr. aus bie-
den uch.
1845. Arguierent üb. gestr. findent.
1846 zuhschengeschr.
1847. Das aus Dan. in gehen der erste
Buchstabe durch Korrektur hergesteüt. uch
üb. gestr. dz ich.
1848 eingesetzt statt Ich han.dörlich.
1850. aen widereden üb. gestr. wol.
1856. beheben hint. gestr. behalden.
1857. halden sugeschr.
1858. uwerme aus uwern. bilde sugeschr.
1859. nüme aus nllmer. me wieder vor
Redent gestr., dahinter oder drauwent sugeschr.
1860. myden hint. gestr. wieder.
1861. vor des gestr. lide. von uch liden
sugeschr.
1862. Vor Vnd ist so viel gestr. auch u.
me ubergeschr.
1868. Vnd ubergeschr. inne waren üb. 3
gestr. Worten (was ...).
1869. Vnd ee er a. R. sugeschr.
vor 1863 Bild (24) mit Nebenschrifl rechts: Busse, Ruwe, bichte, genug dun vnd liebe.
2 Frauen, die eine mit einem Pergamentblatt, die andere mit einem Schlägel in der Hand und
«wem Besen zwischen den Zähnen (Wahre Liebe und Buße) vor dem Bischof. Hinter ihnen
eine weibliche Gestalt als Vertreterin der Gemeinde.
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44
Wahre Liebe und Buße kommen herbei.
Hübsch waren von allem wandel,
Wol getzieret aen bösen begriff,
Die da uß einre kammer giengent
Und sich gar zuchteclich umb-
fingent
1875 Und stalten sich tuschen Moysen
nnd die lüde.
Die eine hielt ein testamente von
eyre hüde,
Eine große karte und eine schrifft,
Da inne stunt gar viel schrifft:
Die hatte sij gar uff getaen zu
lesen,
1880 Also ir her nach werdent hören
und sehen.
Aber vor wil ich uch von der
andern sagen,
Von- der ich mich sere verwondert
hau.
Inn einer handt hatte sij einen
Siegel güde
Und inn der ander eine smyncke-
lichte rüde:
1885 Sij was smale, grüne und biegende.
[59 r] Tuschen iren zenden in dem
munde hatte sij ligende
Einen besem, das mich aller
meiste berüret;
Sij hielt yn gar zuchteclich und
schein
Doch desta mynre nit wijse sin:
1890 Hette ein ander den also gehalden,
Man hette sij vor usser synnes
gehalden.
Die rette zum ersten zu den lüden
Gar wißlich, nuscht hinderte sij
der besem
Zu reden odir zu predigen.
1895 ‘Ir herren’, sprach sij, ‘ich weiß
wol das
Das ir sere besehent myne gestalt
bas;
Aber ich meynen wol daz ir nit
wissent
Was da myne gestalt bedudet
So kommet her bij, ich wils uch
sagen an
1900 Und wil auch nit liegen dar an.
Ich bin die hübsche die wenig ist
liep gehabt,
Die gütliche die sere geforten
wart,
[59'1 Die wenig geerete und die sere
werde,
Die milde und wenig wol gefellig
uff der erde.
1905 Busse bin ich genant,
Hüderynne der Lilien verborgen
bekant.
Alle unreynikeit dun ich abe legen
Ee das yemands dar inn kommen
möge,
Und dar umb dragen ich mit mir
1910 Den Siegel, rüde und besem.
1874. vmbfingent üb. gestr. staltent.
1875. Vnd st<e sich o. R. eugeschr.
1876. von eyre hüde eugetchr.
1879. gar übergeschr.
1880. vnd sehen eugeschr.
1883. güde eugeschr.
1886. ligende eugeschr.
1893. der besem hier eugeschr. u. 1894 hint.
Reden gestr.
1896. bestalt bas eugeschr.
1897. meynen üb. gestr. sagen nch.
1898. bedndet n. da gestr. u. a. Schl, tu-
geschr.
1899. an eugeschr.
1902. die u. wart eugeschr.
1903. vnd übergeschr.
1904. vnd w. vff der erde eugeschr.
1906. der lilien Mißverständnis von (de)
l’ille. h richtig der verhelten ynseln. bekant
eugeschr.
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Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Ruten und Besen.
45
Mit dem Siegel ich brechen und
qwetschen
Mit ruwe und angest des
mentschen
Hertze, so das gefullet ist mit
alden
Sunden und unreynikeit: ich
1915 Weichens und duns biegen sich,
Clagen, schrien und sufftzen,
Als die kint durch die streiche
dunt,
Dann daz liden yn duncket sin
unkfint.
Ich dün ußgan das saff und dün
ußspringen
[ 60 <-] Und erweichen das durch slagen,
1921 Also dün ich durch myn slagen
Die trehen ußgan und schrien uß-
jagen:
“Ach, amich, waz han ich misse-
daen!
Is ruwet mich: mochte ich lich-
tonge han!”
1925 Mit dem Siegel han ich zu zijden
Geqwetschet Petern und ge-
weichet,
1915. dnns aus dun. sich vor biegen
gestr. u. dahinter tugeschr.
1918. yn statt gestr. hart eingesetzt u. vn-
feünt a. Schl, tugeschr. Diese des Reimes wegen
vorgenommenen Änderungen bedingten auch
eine Korrektur des tu Anfang des Verses stehen¬
den Die (etwa in Dann), die aber in der Hs.
unterblieben ist.
1919. Ich d&n a. R. tugeschr.
1921. d&n ich n. Also übergeschr .«. a. Schl,
des Verses gestr.
1922. vßgan aus vßgen. vßjagen tugeschr.
1924. han hier tugeschr. u. a. Anf. von 1925
gestr.
1926. Petern Üb. gestr. steine.
Der so hart was gewest das er
sins meister
Geleukent hatte vor dem her.
Ich han yn so dicke und sere ge-
slagen daz er milde
1930 Und weiche wart, daz sal ich dir
sagen:
Ich det also viele mit myme slagen
Das ich yme det ußgan daz
wasser uß den hertzen
Und schreye durch bitterkeit und
smertzen.
Der Magdalenen det ich auch also:
1935 Wie wol daz sij gar verhärtet
was do,
[60»] Lange zijt in sunden verhärtet
was,
So det ich doch das
Und mit siegen also viel das naß
Trehen und wassere uß ir fliessen
1940 Und det so viel und dicke von ir
gießen
Das sij bynnen zu male geweschen
wart
Und ich sij zu male reine ge¬
macht
1927. Der aus Die, was aus sint, er aus
ir. sins übergeschr.
1928. vor Gelenkent gestr. Die (?) vor
dem her hint. gestr. die han ich.
1929. Ich han yn a. R. tugeschr. er üb.
gestr. sij.
1930. wart dz üb. gestr. worden wz.
1932. yme übergeschr. Nach vßgan ist
vß den angen (so Orig.) gestr., dafür a. Ende
vß den hertzen tugeschr. dz übergeschr.
1934. auch übergeschr. wye nach also
gestr. u. vor 1935 wie tugeschr.
1935. sij «. do tugeschr.
1936. Jn aus Jr. sunden üb. gestr. hertze.
1937. Am Anfang ist Jnn sunden gestr.
1938. das naß tugeschr.
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46
Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Ruten und Besen.
Und wann so die trehen sint her
uß kommen
Und von ruwigem hertzen uff-
geclommen,
1945 So samen ich sij aen beiden
Und dun sij zu häuf leiden
Und machen dan dar uß einen
buche,
Alle unreynikeit da mit zu buchen
•und zu weschen
Und die sunde da mit zu ver¬
loschen.
1950 Die lauwe ist auch so starck:
Is ist keine sunde die da sij so
arg,
So snode, so alt noch so vergessen,
Sij wirt da durch alle geweschen.
[6i r lUmb daz ich wol buchen, swingen
und weschen kan,
1955 So hat mich Got gemacht die
kammermagt fyn
Und zu einer sundern wesche-
rynnen.
Nu versteent aber yr mit
synnen
War umb ich den Siegel dragen
mit mir:
Daz wordent yr nu hören von mir.
i960 Des sunders hertze ist glich also
hole
Als ein groß duppen das ist erden
vol
Und einre fuchtikeit unreyne, ein
übel smackende faß,
Das man nit kan geleren umb das
1948. vnd zu weschen zugeschr.
1949 f. zugeschr. u. dazwischen gestr.: Vnd
da mit zu weschen die lauwe ist so starg.
1952. vergessen aus verloschen.
1953. alle übergcschr.
1955 verbessert aus So wil mich got zu
eine 1 kSmer magt han.
Das man is nit kan umb ge-
wenden baß
1965 Odir nach sinem willen bewegen,
Das es umb sine hartikeit
Und umb sine große versteynikeit
Sich nit bessern wilt
Noch keinen ruwen an sich zilt
1970 Das vas slahen ich gar harteklich
[6i »] Mit myme Siegel und scherfflich,
Stucke ich dar uß machen und
weschen die
Und machen sij gar kleine da bie,
Uff das da ußgeschudt werde
1975 Die große unreynikeit und die
erde
Die da inne ist gewesen,
Und muß is also underlesen;
Dan wo ich sij nit also zurbreche
Und sij nit also kleine mechte,
1980 So mochte viel unreynikeit
Da inne beliben aen underscheit.
Nu versteent diese letze nuwe
Ir die da gewerlichen ruwe
Wollent umb uwer sunde han!
1985 Ir sollent nit wenen odir uch be-
duncken lan
Das ir da mit genug habent getan
Die sunden in groß und miteyn-
ander zu bedencken,
[62 r ]Dann die sunde also mit ein in
gros zu gedencken
Ist nit anders dann daz duppen
gantz zu laßen
1990 Und viel unreynikeit da inne zu
lassen.
1957. mit synnen zugeschr.
1959 zwischengeschr.
1962. ein Üb. gestr. die.
1964. is über yn, das zu streichen vergessen,
auch vmb übergeschr.
1977 zwischengeschr.
1989. zu übergeschr.
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Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Buten und Besen.
47
Und obe is wol wurde ein wenig
geqwetschet,
So were is doch da mit nit genug
geletzet:
Yeclich stucke beliebe zu groß;
Wann is nit wurde gar bloß,
1995 So beliebe dar inne unreynikeit
viel.
Zu kleinen stucken und inn kleine
deU
Ir den haffen brechen sollet und
qwetschen
Mit dieffen gedencken und grossen
sufftzen
Und gedencken: “da hastu also
getaen
2000 Uff den dag und des nit gelaen,
Du haist auch uff den dag getan
das,
Das eine groß, das ander merer
was;
Also dicke hastu das getaen
Und inn solicher massen misse-
daen:
[6-?'] Du wurde wenig besucht odir ge-
drongen,
2006 Du haist selbs dar nach ge-
rongen.”
Das ist der synne zu brechen
Das unrein duppen und davon
stucke zu machen,
Den zerryssen und yme da mit
ruwen zu machen
2010 Durch soliche betrachtonge.
Wisse das ich yme also dun
Mit dem Siegel den ich in myner
handt han!
2009. Den meint den Sünder.
2015. das 1 in klein nachträgl. eingefugt.
2021- Orig.: C’est de conacience le ver.
2022. Dem aus Der.
Ich brechen is alles und nuscht
lan,
Ich qwetschens alles und sparren
nicht.
2015 Noch ich uch ein klein wort
sagen sal
Von dem wüsten duppen unreyni¬
keit vol,
Das da bynnen umb sine grosse
unreynikeit
Eyme grossen worme sine spise
dreit,
Da inne erhaben und geborn,
2020 Gespiset und erqwicket worden.
Der warme recht bekenteniße ist,
[63 r ] Dem gelichet wol zu aller frist
Als yme schinent die zende von
isen sin,
Dann er muß frech und stechende
sin,
2025 So wiederbissende und druckende;
Dann were nit einre der yn döte,
Sere sluege und yn ermordete,
Faste nagens er nit uffhorete
Bis das er sinen meister gedodete.
2030 Dar umb ich den Siegel drage
Uff daz ich yme nit verdrage
Und daz ich yn slage und kloppe
Und yn döde und zemale ver-
stoppe.
Das ist wann daz duppen wol
zurslagen ist
2035 Und zurqwetschet, als vor gesagt
ist:
Dann were ez vor zurslagen nit,
So mochte myn Siegel dar uff
kloppen nit
2023. Ala a. R. zugeschr.
2026. dftte aus dot slage.
2027 zwischengtschr.
2036. er.
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48
Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Ruten und Besen..
Noch auch dar an hafften nit,
[63»] Yn dot slagen odir dun sterben.
2040 Dar umb lident daz uwer duppen
eben,
Die wüste und vol unreynikeit
sint,
Wol zurslagen und geqwetschet sin
Und das duppen altzumale zur-
brochen:
So moget ir uch an dem wurme
rechen
2045 Und yn vor uch slagen dot
Das ist die geware ußrichtonge
Und die rechte bedutonge
Von myme Siegel, den ir sehent
Und recht bekenteniße nennent
2050 Nu wil ich uch aber von dem
besem sagen
Den ich tuschen mynen zenden in
myme munde dragen.
Ich han uch vor gesagt und sagen
uch aber da bije
Wie das ich kammermagt sie
Gottes des vatters almechtigen.
[64 »] Dar umb sollent ir alle parthien
2056 Und moget wol wissen behende
Das ein besem wol stet in der
megde hende;
Doch ist nit me dar an
Dann uch mag beweget han
2060 Den besem also zu halden:
Dar umb sollet ir wissen balde,
Dann da man unreynikeit uß
werffen sal,
Das man da hien keren und den
besem wenden sal,
Da wurde anders groß bedencken
na
2065 Das man in ettlichem winckel
liesse da
Verborgen unreynikeit
Gehuffelt und verdecket.
In der schrifft han ich gelesen
An viel enden und auch gesehen
2070 Von viel stucken manicherleye
namen:
Ein deil von den fischen kamen,
[64*] Eins von hymel, das ander von
der hellen her,
Eins von isen, das ander von
kupper
Und viel ander der ich nu ge-
swigen
2075 Und sij uff dis male lassen ligen
Umb das die rede davon wurde zu
lanck.
Aber under yn allen ist eine ane
wang,
Davon ist gesprochen in dem
buche Neemia
Das is sij eine porte der unreyni¬
keit da,
2080 Umb daz man da durch feget alle
unreynikeit
Und stoßet sij da uß, und ist
besser die sij unreyne
Dann die ander alle gemeyne.
Nu sollet ir alle wol verstendig
sin:
In dem huse da ich eine magt bin
2085 Und Gnade Gots da ist meiste-
rynne,
2050. aber übergeschr. 2058 ff. heißen im Orig.: Hais tant (y) a
2054. n. aimechtigen ein mit 8 beginnendes qae la maniere Da tenir voas puet esmoavoir.
Wort gestr. Kustode unten auf Bl. 63 »: dar 2078. Nehemias 2,13 u. 12,31.
vmb sollet ir. 2085. gots in schtcarser Einfassung über¬
geschr.
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Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Ruten und Besen.
49
Sint sehs porten, der da funffe
sint
Dar durch die unreynikeit inn
gande sint:
[65»-] Die eine ist die porte des gerochs,
Die ander des horens und
horichens,
2090 Die ander dez smackens und dez
tastens,
Die ander des gesehens vaste.
Durch die funff porten get dicke
inne
Viel unreynikeit in des mentschen
synne,
Aber da durch kan sij nit wieder
us kommen,
2095 Die unreynikeit, in keinen
frommen:
Dar umb verlure ich myn arbeit
Wo ich mynen besem da hien
hette gekert.
Die ander porte die die sehste
ist,
Die zu heyle notdürftig ist,
2100 Das ist die porte der unreynikeit,
Da durch sich iclichs ernert und
reyniget
Und da durch man ußstoßet zu
allen zijden,
Wilt er nit unreyne beliben.
[65»] Dasselbe des sunders mont ist,
2106 Die under den porten die beste ist;
Dann er leget uß die missedait,
Wie sij dann sint vollenbraicht,
Und saget sinem bichter die
Mit clagen und schrien hie.
2110 Zu der porten han ich gekert
Und gewant dar gegen wert
Mynen besem das alles zu keren,
Uß zu driben, zu reynigen und zu
erneren:
Dann so lange ich bin dienerynne
2115 Gnade Gots, myner meisterynne,
Yr huß wil ich rein halden
Und kein unreynikeit da inn be-
halden.
Myn besem ist myne zonge,
Myne geischel und myn reynionge,
[66»] Da mit ich alle unreynikeit keren
uß,
2121 Stoßen und reynigen das huß.
Nuschit ich da inne lassen oben
odir nyden
In winckel noch inn loche ligen
Ich wolle is dann alles erwegen,
2125 Uffladen, ußstossen und abelegen
Durch gantze bichte aen liegen,
Aen bedrug und aen bedriegen.
Ich stossen is alles durch die un¬
reine porte uß,
Ich lassen nicht da inne, ich
werffens allez uß
2130 Mit mynre zonge und myme
besem,
Umb das ich weiß eben
Das is myner meisterynne,
Gnade Gots, also ist zu synne,
Die an keime ende wilt beliben
han
2135 Is sij dann vor gekeret schon
2087. gsde sint aus gat verbessert.
2088. porte des gerochs aus den geroch
hnit
2089. des horens aus das hören, horichen.
2090. dez smackens vnd dez tastens aus
smacken vnd tasten.
Darnach« TnU du Mittelalter*. XXV.
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2091. des gesehens aus von gesehen.
2094. vs vor körnen gleich üb. d. Z. zu¬
gefugt, dahinter vß gestr.
2097. gekert trotz des Reimes aus geleit.
2135. das letzte e in gekeret Übergeschr.
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50
Buße erklärt ihre Ausstattung mit Schlägel, Ruten und Besen.
[66 »1 Und wol gestrichen und ge-
reyniget;
Das ist so viel das sij nit achtet
Uff bekenteniße da inne benachtet
Unreynikeit; wan recht bekente¬
niße ist daz huß,
2140 Die kammer und wonunge
Da inne sij hait ire wonunge und
gewist
Wann sij wol gekeret und ge-
feget ist.
Nu hant ir alle do
War umb ich den besem also
2145 In myme monde han
Gehabt und auch gedran,
Wie ich davon dun bichtonge
Durch eigentliche underscheidonge.
Nu wil ich uch aber sagen
kurtzlich
2150 Von mynen rüden underscheident-
lich,
War umb ich sij halden und waz
ich da mit dun,
[67 r J So werdent ir is nit vor schimp
han:
Der hohen schulen bin ich meiste-
rynne
Und der kinde strafferynne;
2155 Die bösen ich straffen zware,
Sij sien von xx odir -C- jaren:
Dan übel dunde kint sint sij ge¬
nant
Von der schrifft, die yn verfluchet
zu hant.
Wan nu yemans übel hait gedan,
2160 Gerne ich mich dar bij machen
kan
Zu wissen obe er sij durchgangen
Durch mynen Siegel, davon ich
han gesagt lange,
Und obe er under mynen besem
Sich habe gelacht zu reynigen.
2165 Und wann ich yn sehen also be-
ruwet
Und wol gebichtet, als vor ist
geredt,
Als dann yn recht zu straeffen
Ich yn mit mynen rüden slagen
lassen;
[67'] Arbeit ich yme geben und
straffonge
2170 Umb sinen nütze und besseronge.
Eine stunde ich yn bedencken
dun aen spot
Sine lebende sunden und sprechen:
“ach Got,
War umb han ich verhenget das,
War umb bin dar inn gefallen,
2175 Daz ich ytze dar umb müß
straffen dölen?”
Ein ander male ich yn sagen dun:
“Lieber herre Got und milder
herre myn,
Ich verspreche uch inn besseronge
zu sin,
Daz ich so viel frechikeit nit
haben solle
2180 Das ich uch ertzurnen wolle
Odir das ich vor uch durffe sun¬
den.”
2148. TOderecheidongeÄmt. <7«<r. lutterunge.
2162. lange vor han gestr. u. ». gesagt
zugeschr.
2163. vor vnder gestr. sich.
2164. zu reynigen n. sich gestr. u. a. d.
Schl, des Verses gesetzt.
2174. War vor vmb a. R zugeschr. n.
vmb ein kleines Wort gestr.
2175 ziotschengetchr.
2179. nit übergeschr.
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Sie ist gekommen ah Kanzlerin und Pförtnerin des Altarsakraments.
51
Eine stonde ich yn beden dün,
Die ander sufftzen, die ander
schrien dar tzu:
Zum andern male dun ich yn
geben
2185 Den armen luden und den bede-
lern
[68 r ] Des das er hait yn zu deilen und
almuse geben.
Zum andern male dun ich yn
biedefarte gan
Odir einen ferren weg understan:
Dan dün ich yn arbeiden und
wandeln.
2190 Das ander male ich yn fasten dün
Odir ettliche ander abebrechonge
dün
Und sich von sunden ziehen dun.
Also ich yn under der rüden hal-
den,
Yn kestigen und auch slahen
balde,
2195 Also das er nit gedencke wieder
Zu wende und zu den sunden
kommen wider
Da er sich ußgeworffen hait und
gereyniget,
Und auch das da werde gestraffet
Die aide sunde, die er getan hett;
2200 Wan is ensal keine ubertredonge
Nit beliben aen rechte straffonge.
[68*] Er sal mit den rüden werden ge-
slagen
Der sich zu sunden hait getragen:
Dar umb halden ich sij, das wis-
sent
2205 Und vor missedun uch hüdent!
Wollent ir der rüden namen wis¬
sen,
Genug dün sollent ir sij heißen,
Dann genug dün ist also viel
Odir dün genüg odir als viel
2210 Als inn den sunden gebrechens ist
gewest.
Nu han ich uch gesagt und
predige getan
Von mynen wercken und von
myme name;
Aber war umb ich bin kommen
her
Tuschen Moyses dusch und uch
alher,
2215 Den ir hie beident umb daz yme
über belibet,
Und von dem uffhabe heischent,
Das han ich uch noch nit ge-
saget.
Nu horent, so wil ichs uch sagen:
[6.9 r ] Vor wäre sage ich uch das ich
cancelerynne
2220 Sins uffhabes bin und portene-
rynne.
Aen mich ir nit genehen sollet,
Wo ir anders nit übel dun wollet.
Es ist nit uffhab den knaben zu
geben
Noch doren odir fulen luden eben,
2225 Es ist nit uffhab vor frauwen
swanger,
Is sij mit Gots gnade nit be¬
fangen :
Es ist ein uffhab vor die siechen
Und vor die krancken, notdürf¬
tigen.
2189. Dan o. R. zugcschr. 2209. Odir] l. Als ? Orig.: Quar satisfaction
2190. dün hmt. male gestr. u. a. d. Schl, vaut tant Com faire assez.
des Verses gesetzt. 2215. Den üb. gestr. ynd. vmb übergeschr.
2196. Zn üb. gestr. vnd. vnd übergeschr. 2226. nit vor mit gestr. u. hint. gnade
2197. ußgeworffen aus uffgeworffen. übergeschr.
4*
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52
Wahre Liebe erklärt, teer sie ist und wozu sie dient .
Wer des nützet zymlich odir
billich,
2230 Mag nit sin, er wirt gelicht.
Es ist der uffhab der da über
blieben waz
An dem nachtmale da Got selbs
aß,
Der das brach und gedeilet hait
Sinen frunden uff den grünen
donrstag,
[69*] Davon alle die weit ist gespiset,
2236 Uffgehalden und beweget.
Den uffhab wil ich hüden nauwe-
lich
Und yn bewaren getruwelich:
Ich wil nit daz keinre dar gee,
2240 Er sij dan mit mynen rüden ge-
slagen ee,
Is sij dann durch mynen Siegel
recht
Und habe sich mit mynem besem
gereyniget.
Nu hude sich ieclicher vor sich,
Dann genug getaen han ich
2245 Dem und der sache dar umb ich
bin
Und inn solicher maße herkommen
bin.’
Da diese frauwe hatte also ge-
redt
Und ir wesen hatte ußgeleget,
Die ander frauwe die da was
2250 Und die schrifft in irer handt hat,
Die wolde sagen ir wesen
[T'ö'-J Und vor yn allen die schrifft
lesen.
‘Ir herren’, sprach sij, ‘is ist
wol wäre
2240. mynS aus mynne (?).
2242. mit üb. gestr. durch.
2246. n. maße gestr. ich.
Aen liegen und aen unware
2255 Das Buße uch hait gesaget
Sin ampt und auch ußgelacht;
Dar umb wil ich uch sagen sin
War zu ich dienen odir wer ich
bin.
Ich bin die die hait versmahet
keine
2260 Noch nye, weder groß noch kleyne,
Und die die alle lüde lieb hait
Die eins guden hertzen sint und
keinen bösen willen hant,
Und die die keyne rache süchet,
Nit siet, stosset odir fluchet,
2265 Und die die daz urteil hat geben
Von sinen f«enden zu lijden eben.
Ich bin mutter der dugende,
[70*] Die da kleidet die nackete lüde,
Die sant Mertin sich det entclei-
den,
2270 Den armen da mit zu wiederclei-
den;
Ich bin der weisen spiserynne
Und wirtynn der pilgerynn.
Des andern ubels machen ich
myn,
Und allen muß myn gut gemeyne
sin.
2275 Minen name ob ir den wissen
wollet,
Geware Liebe ir mich nennen
sollet!
Dann liebe heldet die in lieplicheit
Die die ander halden in snodikeit.
Ich spisen die verhongerten
2280 Und gesehen die versiecheten;
Ich bin die die umb eins andern
gut
2260. weder gleich aus wieder.
2266. freuden Hs., fynden h.
2273. vbels üft. gestr. böse.
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Liebe verliest Jesu Testament des Friedens, das sie m der Hand trägt.
53
Als frolich ist als umb myn eigen
gut;
Die die' alle dinck gfttteclich
l~i r ] Alles lidet und ist da bij
friedelich,
2285 Die die zu keinen stnnden
Mag hören abebrechen oder
mürmelongen,
Die die nie hait missesprochen
Eyme andern noch auch misse-
dan:
Und doch han ich getaen
2290 Ettliche ddn nbel dün aen misse-
dait.
Obe ir davon ich gehöret hait,
Von dem konnige Jhesu, der wolte
mentsche werden
Und umb sine lüde gedödet wer¬
den,
Ir sollet wissen das ich die bin
2295 Die yn det soliche arbeit lyden:
Dann ich det yn vom hymmel
abe klymmen
Und mentschlich nature an sich
nemen;
An die sule det ich yn binden •
Und yn auch mit dornen krönen
[7i*] Und sine armen an dem crutze
hönen,
2301 Die dar ane dun strecken,
Nacket ußdun und in sine sijtte
stechen,
Die fuße und hende hefften an
Mit großen nageln, löcher dar
durch gan;
2305 Das blut uß sime zarten libe gan
Det ich und yn sinen geist dun
uffgeben.
Aber das we, wissent recht,
Wart er wandeln in groß güt
siecht:
Dann umb das we det ich yn
niderstigen
2310 Inn die helle uch dar uß zu
wigen,
Uch zu werffen uß dem borne
dieff
Und uch zn füren in das paradiß,
Uch zu geben und nch zu laßen
Eine gäbe, die er usser massen
2315 Hatte zumale gar lieb:
[72 r ] Das was friede, dar uß der himel
scheyn her
Und da sich das paradiß erfrau-
wet her.
Wanne nu die forme als er die
gäbe hat
Gegeben und die gäbe verluwen
hait,
2320 Ist geschrieben inn diesem testa-
mente,
Das ich gheenwertig han in
myner hendte,
Testamente des frieden ist es ge¬
nant.
Nu horent, ich lesen is zu hant:
“Ich Jhesus Crist, son Marien,
2325 Weg, warheit und das leben,
Gegen myme dode, dem ich nahe
bin
2282. myn üb. gestr. ir.
2284. alles o. R. sag es ehr.
2290. das erste dün übergeschr.
2295. lyden hint. gestr. han.
2301. ane üb. gestr. Jnn.
2307. we üb. gestr. böse.
2309. we wieder üb. böse.
2310. I. vrigen ? (R.); Orig.: reembre.
2316. was friede üb. gestr. lant vor der
gestr. git scheyn her hint. gestr. das licht
2318. die gäbe hat rugeschr. u. die tu Be¬
ginn des folgenden Verses gestr.
2321. hendte aus hende.
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54
Vom Kleinod des Friedens, das Jesus im Testament hinterlassen.
Und des ich auch zu male sicher
bin,
Machen ich myn leste testamente,
Da inne ich laßen uf ein ende
2330 Den die da sint in dem dale des
eilendes
Und uff der erden der arbeit,
[7^»] Die gäbe dez frieden, das ist das
kleinot myne,
Das lieplichste und das fyne
Das da ist in hiemel odir uff
erden
2335 Odir das man suchen mach noch
funden werden.
Es ist das kleynot da mit ich vor
zijden
Mich ergetzet han in dem para-
dise
Und das auch myn getzel was
Da ich in myme lande was:
2340 Aber ich han da mit nit gespielet
Sijt das ich bin kommen in diese
weit;
Dann da ich zu eime kinde wart
Und von hiemel waz kommen her
abe
In diese weit und is zijt was das
ich spielen solde,
2345 Und ich myn cleynot haben wolde,
Uß dem paradise myne diener
Brachten daz in dis lant her
Und budent is den zu schanck
[73 r ] Durch die ich solde haben liden
lang.
2350 Mit dem kleynot sij gespielet hant
Sijt der zijt das ich geborn wart,
Nit dar umb das is were ir
Odir auch das is ir solde sin;
Dann sij mochtens nit gegeben,
2355 Myne knechte, die is huttent eben,
Sij waren auch des zu entphaen
nit wirdig
Odir das zu haben nit richtig.
Es ist yn geluwen alleyn,
Das ichs nach myme willen
2360 Wieder heischen mochte,
Gegeben und auch nit geben solte,
Dan aen mich is niemant mochte.
Doch die grosse meisterynne
Liebe, die da ist myn fuererynne,
[73*] Die mich umb leidet als ein kint
2866 Und mit mir iren willen vollen-
bringet,
Durch ir recht sij mich zu hat
gefurt
Das ich das hübsche kleinot han
gegeben
Und yn das noch geben.
2370 Hübschere ich noch nye gegab,
Da ich mich selbs nit engab:
Es ist ein kleynot, daz wart ge¬
stalt,
• Gesmiedt, gemacht und getzym-
mert balt
Von myme fader aen streiche dar
zu d&n
2375 Und aen bracht noch sich zu
hören dün;
Dann bracht odir streiche machent
daz nit,
Sonder sij zubrechent und rissent
is mit.
Were yemands der sine gestalt
Wolde wissen, dem wolte ich balt
2327. auch gleich aus mich (?). 2362. meniat.
2330. eilende« Amt. gestr. sch .(?). 2367. dar vor an gestr.
2332. dz übergeschr. 2375. sich u. d&n eugeschr.
2335. mach übergeschr.
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Vom Kleinod des
das Jesus im Testament hinterlassen.
55
2380 Sinen geschuff und patron geben,
[74 r ] Den die da hant ein verstendig
leben:
Der eins zymmermans winckel
maße
Zum ersten uffrichtet den einen
ort
Und das ander unden uff den
mittelort
2385 Gelich lynien recht niderleget
Und an den ort der die zwo
lynien rüret,
Machet ein a und das dar uff
setzet,
Und an die zweye ende p und x
setzet,
Also daz oben das x und nnden
were das p,
2390 Als diese figure dan bezeichent ee,
Lichtlich mochte er sinen namen
wissen
Und sine gestalt da mit finden:
Er hette sinen namen balde ge¬
schrieben
[74•] Mit den drien bustaben hie vor
gedrieben.
2395 Die drij bustaben daz zu wissen
dunt
Das in drien Sachen sal er alle-
stnnt
Frieden han dem das gelassen ist.
Das ist zu erste an dem obersten
ende,
Da daz -x- steht und wendet:
2400 Dar durch kurtzlich
Ich verstanden und betzeichent
bin,
Das da sal geware gantz friede
sin
In solicher maße das alle dait
Die man umb mynen willen getan
hait,
2405 Geenget und gebessert sint.
Dar nach an dem orte wol ge-
satzt
Da an gestrichen und ist gesatzt
Das a, da durch verstanden ist
Das die sele, die in des mentschen
libe ist,
[75'-] Sal auch guden frieden haben
2411 Durch Störunge der missedait.
Die sollen sin nydergelait
Durch busse und abe gedaen;
Dann der mag nit friedelich sin
2415 Wen da kriegent die sunden sin,
Und alle friede were yme nit
wert
Wurde der krieg nit ge wert
Tuschen yme und sime bekente-
niße
Durch die geschirre der bussen.
2420 Dar nach aber zu dem nehsten,
Da das p stet, das ist an dem
ende zu leste,
Ist verstanden das yederman frie¬
den sal haben,
2391. vor Lichtlich gestr. 8. [2534] Ce biau jouel et ottroie). h hat den
2397. In der Hs., die dem da gelassen ist ganzen Relativsatz fortgelassen,
liest, fehlt das Subjekt des Relativsatzes (etwa 2414. nit übergeschr.
kleinot) infolge versehentlichen Übergehens von 2418. sime übergeschr.
v. 2534 des Originals (. . . a qni est laissie 2421. an dem üb. gestr. das. zu übergeschr.
2422. yederman eingesetzt nach h.
vor 2391 Bild ( 25) mit Nebenschrift rechts: Das Zeichen des friedens, daz cleynodt.
In blauem, rot eingefaßtem rechteckigen Felde ein Zimmermanns-Winkelmaß mit eingeschriebenen
Buchstaben P — A — X.
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56
Liebe ist die Almosnerin und Austeüerin des Sakraments.
Und dar zu sal is sere bewegen
Die selbe Staffel da is uff ist,
2425 Dann is nit nider odir hoher ist:
ich han sij bede inn ein höhe ge-
satzt,
Da ich die schrifft stalte und han
gemacht.
Sy sint alle dötlich, daz eine und
daz ander:
Worin ist eins, also ist auch daz
ander.
2430 Is hilffet nit böse hertze odir
scharff
Noch hoffart odir daz sich gut
duncken darff,
Sij müßent alle gan durch ein
loch,
Grosse und kleyne alle noch.
Nu duhent alle als viel
2435 Das sij an keynem ziel
Verlieren nit myn kleynot
Durch yren grossen hoffart!
Wann ieclich mit sime nesten
frieden hait,
So wirt die gestalt und patron
gemacht,
2440 Das winckelmaße, da von ich han
geredt
Und da durch frieden han be-
dudet.
\7G r ] Die figure und der patron
Ist ein Zeichen des tabellion,
Mit dem sollent sin
2445 Alle gude testamente getzeichent
fin,
Und mit den Zeichen uff entlieh
Han ich getzeichent myn testa¬
mente sicherlich:
Allen luden han ich frieden
geben,
Erleubet und bestediget eben.
2450 Nu hude den yeclicher vor sich
So liep als er wil haben mich;
Dan als liep als man mich hait,
Also auch yeclicher den behudt
hait! ” ’
Da Liebe ußgelesen hatte
2455 Das testamente und daz verkündet
hatte,
Da vieng sij yre reden wieder an
Und soliche worte da sagen be-
gan:
‘Ir herren, nu hant ir gehört wie
[7C»l Durch die schrifft ich han gelesen
hie
2460 Das Jhesus uch hait lieb gehabt
Und uch sin kleynot geben hait,
Und wie er is uch hait geben
Durch myne bede und ubergeben.
Nu wil ich uch aber kurtz sagen
2465 War umb ich mich mit dem testa-
ment habe
Gestalt tuschen Moyses tabel und
uch.
Dar umb dun ich zu wissen uch
Das ich almuserynne bin
Des uffhabes und ußgeberynne;
2470 Und also als uch hait gesagt
Busse und auch geprediget
Das ir aen sij nit dar sollent gan,
Wo ir nit wollent missedan,
Auch sage ich uch, das ir nit
missedun,
2475 Aen mich dar nit sollent gan:
[~7 r ]Dar sollent ir uch nit keren aen
mich,
2428. alle aus als. Die figure und der patron ... Die neue Lage
[2441.] Kustode unten auf Bl. 75” : Dz eeigt blässere Tinte, scheint also nicht gleich-
zeichen vnd der patron, Bl. 76 r aber abweichend: zeitig geschrieben zu sein.
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Viele Pilger begehren das Sakrament.
57
Wollent ir anders nit ertzornen
mich.
Das testamente der gäbe des frie¬
den
Und das kleynot da mit syeder
2480 Der milde Jhesus hait gemacht
sinen strick
Und hait das getaen vor syme
dode,
Dar nmb drage ich yn mit mir
ingenode,
Uff das ich uch mane und under-
wijse
Das ir inn keyne wijse
2485 Uch des uffhabes nit genahent
noch dar bij nit sollent kommen
Wo ir das kleynot des frieden nit
habent zu uch genommen:
Dann in des kleynots ecken,
Umb das is ist heymelich und
hübsch gedecket,
Dar in wolte der heilige uffhab
gelacht sin,
2490 Dar inne entfangen und gesammet
fin;
Und dar umb, wo ir- des nit
hettent,
Ir wol dar umb gestraffet werden
mochtent.
177*] Dar umb in guden truwen uch
raden ich
Das ir frieden dragent und durch
mich
2495 Geent: ich bin eine deylerynne
Des uffhabes und eine geberynne;
Dann wo ir durch mich nit kom-
ment
Und anderswo her durch giengent,
Vor diepstal das geachtet würde,
2500 Und viel böses davon kommen
wurde.
Nu hudent uch und zürnent nit,
Dan das ich dem das ich dun sal,
dun genug,
Das ist die sache dar umb ich
hude begert
Uß mynre kammern zu kommen
her!’
[78 r ] Da Liebe das alles hatte ge-
sproch
2506 Und geprediget aen wiedersproch,
Da sag ich viel pilgeryn,
Die geneiget waren underdenig zu
' sin.
Durch Liebe sij da siecht giengent
2510 Und das kleynot des frieden dru-
gent,
Dar nach giengen sij durch Bässe
Und hattent ir da keine föchte
oder unmüsse:
Under iren Siegel sij sich lachten
Und mit dem besem sij sich reyne
machten.
2515 Ich sag daz sij mit den rüden
wurden geslagen
Und das yn des uffhabs dar wart
ged ragen,
Und Moyses gab yn
Als das durch Liebe geordent
was.
2512. od’ vnmüsse zugeschr. 2516. das r in dar eugeschr.
2514. Reyne machten aus Reyneten. 2517. Nach yn ist das gestr.
vor 2505 Bild (26) mit Unterschrift: Viel pilgerin wollent das Cleynodt des frieden han.
Liebe und Buße am Altar; hinter ihnen 3 Pilger.
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58
Würdige und auch Unwürdige empfangen das Sakrament
Dar nach sag ich ettliche un-
glnckigen,
2520 Die heymlich anderswo her qua-
men sich rucken
Und sich vor Liebe verburgent
[78 r ] Und von der Büssen flügent:
Ane schäme sij giengent
Zu dem uffhab und den ent-
fiengenL
2525 Moyses keynen ußnam
Und det auch keinen hinderstan:
Den uffhab er yn geben hait
Und yn züchteclich gedeilet hait.
Aber ich wil uch sagen wie is da
ergieng
2530 Und wie is mit yn missegieng:
Als sij den uffhab hatten genom¬
men
Und dar nach her uß waren kom¬
men,
Als von einem swartzen sacke
mit kolen
Odir von einre unreynen mists
dolen
2535 Wurden sij swartz und gemaset,
Unreyne smackende, veraset und
veraldet.
Mee hungeriger kamen sij wieder
balde
2520. heymlich übergeschr. nicken üb.
gestr. bucken.
2521. sich n. Vnd sugesehr. u. n. liebe gestr.
2522. der vor büssen übergeschr.
2526. hinder- üb. gestr. abe-.
2529. er vor gieng übergeschr.
2536. vnd v’aldet zugeschr., nachdem vnd
vor veraset gestr.
2539 zwischengeschr.
2540. da von üb. gestr. waren; dafür werent
nach geflügen zugeschr.
2541. gangen üb. gestr. Wort (g... gen).
2542. mit v’langen zugeschr.
2543. also vor nit gestr. u. dahinter geschr.
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[79 r ]Und auch me durstiger;
Sij waren da von nit me gesediget
2540 Dan obe sij vor da von geflögen
werent
Odir vor eins obletters düre uff
gangen,
Und hattent zessen nicht mit ver¬
langen.
Mit den andern was is nit also;
Dan da sij alle den uffhab hatten
entphangen do,
2545 Die waren nit bit hunger be¬
fangen,
Sondern sij waren alle so sadt
Das sij ander Sachen nit behaget
hait,
Und in der werlt nit anders
achten
Und niergent anders an gedachten
2550 (Dan an sich alleyne
Und die ander lüde gemeyne,)
Sij wurden so hübsch und zierlich
Daz alle andern düchten mich
geen yn sin hesselich,
Beide paffen und leyen gelich.
2555 Nu wil ich uch doch sagen aen
liegen
r79 e ] Das mich sere wonder nam aen
driegen
2548. in der werlt eng aneinander geschr.
üb. gestr. auch.
2552 zwischengeschr. Infolgedessen muß
v. 2551, der bei der ursprüngl. Fassung der
Stelle (vgl. Note zu v. 2553) das Subjekt zu
düchten (2553) gebildet hatte, noch zu dem vor¬
hergehenden Satz gezogen werden, ohne einen
glatten Sinn zu ergeben. Da das Orig. 2549
bis 2551 überhaupt nicht hat, ist das störende
Verspaar (2550—51) oben in Klammem gesetzt.
Der Übersetzer von h hat von unseren 3 Versen
auch nur den ersten (2549) übernommen.
2553. Dz alle and’n a. R. zugefügt. geen
yn übergeschr.
2555. doch übergeschr.
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Unser Pilger fragt Gotte» Gnade, wie das kleine Sakrament für »o viele genügen könne. 59
Das eine kleyne sache
Ein groß ding erfüllen mag:
Aber is ist noch ein merer wonder
2560 Das viel grosser Sachen und iec-
liche besonder
Von eyme kleynen mögen gelich
Erfüllet werden genüglich.
Alle der uffhab den ich sach da
geben,
Der was so kleine, duchte mich
eben,
2565 Hette ich zehen male so viel ge¬
habt
Zu eyme essen, so enwere ich nit
gesadt
Und hette nit genug gehabt,
Und wurden sij doch alle sadt
Und davon gesediget und erfüllet:
2570 Ir ieclichem mit einwenig gnüget,
Und yeclicher mit wenig gnüg het.
[ö 0 r ] Das det mich gar größlich ge-
dencken
Und auch myn verstentenisse
krencken,
Aber ich wiste nit zu wem reden,
2575 Wo ich zu Gots Gnade nit möchte
reden:
Doch gedörste ich nit nach bij sij
gan,
Dann ich sag sij stan
Zu ende des disches der da was
bereidt,
Da sag sij geben den uffhab den
man deilt
2580 Doch gehertzette ich
Und nahe bij sij machte ich mich.
Da sij mich sag, balde sij sich
umbgekert hait
Zu mir und süsseclich mir hait
gesagt:
‘Was suchest du hie? nu sehen
ich wol
[so»] Das dir aber icht bresten sal.’
2586 ‘Sicher’, sprach ich, ‘das ist war,
Mir bristet genüg aen faer,
Aber ich verstan nit
Wie so viel luden gnügende ist
2590 Der uffhab, der so gar deine ist,
2557. a. R. als Merkwort wonder u. davor
noch der Rest eines abgeschnittenen Buchstabens
bzw. Wortes.
2564. Vor dachte ist dz gestr.
2565. ich n. Hette übergeschr. u. n. gehabt
gestr.
2566. nit gesadt hint. gestr. doch zugeschr.
2567 lautete ursprüngl. Nit gesediget wor¬
den vnd hette noch; dann Noch vor Nit über¬
geschr. u. n. hette gestr. Der erste Teil Noch
nit gesediget worden ist n. der Korrektur im
vorigen Verse zu streichen vergessen. Der 2. Teil
vnd hette bildet m. den Worten nit genug
gehabt, die früher a. Anf. der folgenden Zeile
standen, einen Vers, was durch ein Zeichen vor
vnd u. nach gehabt markiert ist.
2568. alle vor doch gestr. u. dahinter alle
sadt zugeschr.
2569. Vnd vor danon a. R. zugeschr.
2571 ist ein wegen annähernder Wieder¬
holung von 2670 an sich nicht glücklicher, aber
dem Original 2703/4 (Un peu a chascun soufisoit
Et plain da peu chascun estoit) näher stehen¬
der u. auch von h übernommener Ersatz für
den gestr. Vers: Wie wonderlich sich das ge-
fugette.
2572. grflßlich üb. gestr. sere.
2575. Wo ich üb. gestr. dann, nit möchte
über aber zu ir.
2576. Doch a. R. zugeschr. nit noch Hs.,
noch nit h; Orig. 2710: N’osoie pas ne pres
aler.
2582. balde sij üb. d. Z. zugefügt, jedoch
verwischt u. mehr rechts noch einmal übergeschr.
2589. gnügende ist Amt. gestr. genuglich ist.
vor 2582 Bild ( 27) mit Überschrift rechts oben: Gods gnade Eedt zu dem pilgerin.
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60
Gottes Gnade erklärt das wunderbare Wesen des Sakraments.
Dann ich da mit alleine nit hette
genüg
Were sin zehenmale so viel mit
gefüg;
Und bijden uch das ir mich dez
underwijsen
Und mir da von ein wenig pre¬
digen.’
2595 ‘Gude frunt’, sprach sij, ‘nu salt
du verstan
Und auch kein lang verdriessen
han,
Obe ich dich halden dich zu
underwijsen;
Dan is dunckt mich dir noit syn
Und sehen wol das is dir not ist:
2600 Der uffhab der da gegeben ist,
Eine stunt ist er fleisch und blüt,
Die ander zijt win und brot gut
[8i r ] Das ist pilgeryn spise,
Der sij nyessent in der wyse.
2605 Fleisch und blut ist is in warheit
balde,
Aber als brot und win ist sine
gestalde:
Es ist war das is vor was
Brot und win, aber du gesehe das
Is inn fleische wart gewandert
2610 Und auch inn blut verändert
Durch Moysen, dem ich half! da,
Da^r umb Nature mit mir kriegte
da
Und sich zurnette gar heiße.
Und obe ich is nu win und brot
heisse,
2615 So underwijse ich dich da bij
2591 steht zwischen 2589 u. 2590, doch ist
durch Zeichen a. R. die richtige Ordnung an¬
gezeigt (a 4- neben 2589, b 4- neben 2590).
2592. Vor Were ist vnd gestr.
2597. Obe u. dich eugeschr. «. dafür dich
nmb n. halden gestr.
Das fleisch und blut da bij ver¬
standen sij
Von dir, und das gentzlich ge-
leuben.
Und dis sal dich auch nit be¬
wegen
Das mit dem tasten odir gesien
[87'] Odir mit riechen odir dem ge-
smacke sien
2621 Dich duncket brode und wine ge¬
liehen ;
Dann die viere synne sint da
gliche
Gantz bedrogen und werdent auch
da
Vor dorheit gehalden, dan sij da¬
von nit wissent
2625 Und geblendet sint und nit
sehent:
Sij geen slaffen, sij sint verdoret.
Aber der synne der da höret,
alleyne
Underwijset das verstenteniße ge-
meyne,
Der hait begriffe an dem ende.
2630 Riechonge, gesmack und ge¬
sellende,
Die erkennent viel subtileclich
Und vernement da inne lutterlich.
Es ist lang daz das betzeichent
wart
An Esau und Jacob:
2635 Dann Ysaack wenen wolte
[ 82 r ] Von Jacobe, der yn spisen solte,
Das es sin son Esau were.
Dar an die vier synne sere
2598 zwischengeschr.
2599. Vnd vor gestr. ich.
2601. stunt üb. gestr. zijt
2604 neben 2603 geschr.
2606. sine über die. gestalde aus gestalt.
2622. gliche zugeschr.
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Gottes Gnade erklärt das wunderbare Wesen des Sakraments.
61
Yn bedrügent sicherlich,
2640 Als du wirst gesehen follenclich
So du das buch Genesis gelesen
haist;
Aber an dem hören wart er nit
bedrogen fast,
Dan dar durch er erkante
Das is Jacob sin son was, er da
befant.
2645 Also sage ich dir: wo du dich
fidest
Uff die viere synne und dich dar
uff sturest,
Gentzlich du bedrogen wirdest;
Dann du dorlich dich verwenest
Das das fleische sij wijßbrot
2650 Odir das daz blut sie wyn.
Die warheit davon kanstu nit er¬
finden
(&?*] Noch durch die synne nit ge¬
wissen:
An das hören must du dich hal-
den,
Gentzlich gleuben und dich ver¬
lassen,
2655 Durch yn wirstu die warheit
wissen
Und dich durch yn underwijsen.
Er lernet dich aen spot
Das is nit me ist win odir brot;
Dann is ist das fleisch daz ge-
strecket wart
2660 Durch dich an daz crutze und ge¬
hangen wart,
Und ist das blut da mit bespreet
Wart das crutze und gesweifliget.
Und wiltu daz ye brot nennen,
Wol wirdiclich saltu is kennen,
2641. Genesis 27,1—29.
2650. dz üb. d. Z.
2670. die übergeschr
2665 So sprich, is sij das brot des
lebens,
Davon alle weit hait das leben.
Also han ich myne gewonheit
Das zu nennen inn der sprech-
licheit:
[83 r ] Brot ichs nennen, brot ichs
heissen,
2670 Das von hymel qwam zu spisen
die mentschen.
Es ist das brot davon gespiset
sint
Alle engel die inn dem hymel
sint;
Es ist das brot das alle pilgerin
eben
Inn yren behalt sack sollen legen
eben.
2675 Hastu is in kleinre grosse ge¬
sehen,
So han ich dich doch underwiesen
Das du dich an din gesehen odir
gesichte
Salt verlassen nichte.
Das hören lernet das alleyne
2680 Und bringet die underwisonge ge-
meyne,
Und dar umb mastu lernen dar an
Von dem das du mich hast hören
san.
Liebe, die du haist hören reden,
Hait nit viel geredt odir predigen:
[83»] Von dem brode die Sache gewest
ist,
2686 Die durch sij erdacht ist.
Sij das körn dar zu braicht hait
Vom hymmel und uff die erde daz
gesait.
2673. das fehlt.
2674. sack übergeschr.
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62
Liebe hat das Brot ruber eit et, unterstützt von Weisheit.
Die erde, dar inn is wart gesait,
2690 Wart nie gearen odir gearbeit:
Durch hitze der sonnen wus is
viel
Und durch den dauwe, der dar uff
fiel.
Liebe det is yn die schüre fegen
Und das inn eine fremde schüre
legen.
2695 Viel drescher das da fondent,
Die das drieschen und wannetent.
So viel das gedroschen und ge¬
wännet wart
Das is von der spriehe gescheiden
wart:
Sin kleit wart yme genommen,
2700 Also das is bloß und nacket wart
vernommen.
Dar nach wart is zu der mulen
getragen
|84 r ]Und viel anders dan gewonlich
waz genialen;
Dann an den flugein der mulen
was,
Da ane kein lynen duche was,
2705 Da wart gemalen und gebrosemet,
Geqwetschet, betrübet und ge-
pyniget.
Die mule waz zu dem wynde ge¬
macht
Und mit dem winde des nydes und
hasses gemalen hait:
Und wie wol die mule hatte steine,
2710 Die nit weiche waren odir kleine,
Steyne von hartem liden
Und steine des lebens abesnyden,
Mit den is vor wart zurbrochen
Ee is inn die bynde wurde be¬
rochen.
2715 Da is also gemalen wart,
Liebe da her vor tradt
Und wolte da syn obenerynne
Das brot zu machen, und becker-
ynne.
[84«-] ir offen was lange gelich warm
gewest,
2720 Da inne sij das dan zu backen
wyste;
Doch was so viel daz sij das nit
gewenden
Konde odir zu brode brengen
Und gestellen. Das was ir gar
leit,
Aber sij erferte sich des zu male
nit;
2725 Dan ich wil dir sagen waz da ge-
schach:
An eine ander meisterynne sij ge¬
dacht,
Die waz die aller subtileste,
Si was auch die beste
Die in stadt odir in lande was.
2730 Wijßheit sij genant was
Uber alle da sij erkan* was:
Was nutsch das mentsch hette in
gedancke,
Sij konde is balde gemachen aen
wencke;
2690. gearen aus gearet.
2691. wus üb. gestr. wz. Vor viel ist
zn gestr.
2693. is fehlt, eingefügt aus h.
2697. ». das gestr. wart.
2708. nydes vnd übergeschr.
2715. vor wart gestr. g.
2720. zu übergeschr.
2725. dir üb. gestr. nch.
2728. n. auch gestr. Wort (g.he).
2729. was üb. gestr. mochte sin.
2730. was eugeschr., nachdem mochte vor
sij w. sin n. genant gestr.
2731. Vor sij ist man gestr. erkante. was
zugeschr.
2733. aen wencke hint. gestr. wol.
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Weisheit hat das Brot scheinbar klein gemacht und doch für alle ausreichend.
63
Lange hatte sij den synn gelernet
wol
2735 Inn den schulen inn irem lande
wol.
[85 r ] Sij konde is wol mit monde und
hande
Bas dan keyne in allem lande:
Sij dede alle die weit, wann sij
wolde,
Inn eine buhsse, war sij solde,
2740 Odir dede aen zaele
Einen gantzen ohssen in eyn
eigerschale.
Und nmb die subtilikeit
Gedachte Liebe an sij also gemeit;
Dann das brot daz sij machen
wolte
2745 Von dem gemalen körn und be-
reiden solte,
Wolde sij das is also wiseclich
Geroedet würde und so subtilec-
lich
Das is scheine kleine sin
Und doch yeclichem genuglich
möchte sin,
2750 Das von einwenig mochte werden
gespiset
Yeclicher und wol da von ge-
sediget.
Da Liebe das hatte gedaicht,
Balde, daz yr wille wurde follen-
bracht,
[55»] Ist sij zu Wijßheit gegangen
2735. wol sugeschr.
2737 zwischengeschr.
2738. n. wolde erst zugefugtes, dann aber
wieder getilgtes aen zale.
2739—41. diese 3 Verse durch Korrektur
aus folgenden 2 Versen:
Inn eine buhsse odir jnn eine eigerschale
Dede sij einen gantzen ohssen balde
2755 Und hait so viel getan daz sij sie
hait fonden:
Sij hatte sich uff iren stule ge-
satzt
Und alle sache sie besehen hatte.
Mit ir zu gan sie sij gebeden hait
Das deig zu machen.
2760 Wijßheit das brot hait
Gemalen, gekneden und gemacht:
Inn maße Liebe das bescheiden
hait,
Also hait sij is zemale gemacht
Und noch me subtilenclicher
2765 Sij das machte und wisseclicher;
Dann sij machte is über maße
groß,
Yeclichem zu geben stucke gros,
Daz si davon wurden gespiset
Und auch davon wol gesediget.
2770 Wie wol das is groß scheyne,
[86 r ] So machte sij is doch kleine,
Und inn einen kleynen besloß
Det sij is haben sine maße.
Und noch me subtileclich
2775 Machte sij eine ander sache glich:
Das von dem brode gebrochen
wirt zu deyle,
Und yeclich stucke und deyle,
Sij sien kleyne odir groß,
Das machte sij glich also groß
2780 Als das brot zu male was.
Nit wol gefiele ir das,
Der die mit mir kriegende was;
2747. Geroedet korr. aus geknedet; heißt
das * gebräunt' oder ist in gerondet zu ändern ?
2753. von daz an übergeschr. üb. gestr. hait
sij sich vffgemacht.
2754. Ist sij korr. aus vnd ist.
2755. hait fehlt.
2777. vor Vnd gestr. Is w.
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64
Natur ruft ihren Schüler Aristoteles herbei mm Einspruch gegen Weisheit.
Dan sij nit weiß odir kan dan
scheiden mere,
Und is verdroß sij sere,
2785 Und alder der krencket sij sere.
Die doch qwam nit dare,
Umb das sij myn hatte genommen
wäre,
[86*] Dann sij föchte sich daz sij ge-
scholden
Und verstoßen wurde unvergolden.
2790 Aber ich wil dir sagen was sij
det:
Eynen irer schuler sij suchen det
Und schickete den zu ir zu reden,
Sij zu scheiden und zu straffen
mit reden.
Da Aristotules kommen was,
2795 Vor yr sagete er sinen grüß,
Dar nach sprach er in solicher
maße:
‘Frauwe Wijßheit, zu uch hait
Nature
Mich gesant zu reden und uch zu
sturen
Und uch der ubergriffe zu under-
wijsen.
2800 Ir ist gar leit das ir also laßent
risen
[ 87r] Und brechent yre ordenungen
Und machent da mit anderongen,
Und auch gefellet es mir nit wol,
Wie wol ich uwer frunt sin sal
2805 Und ir auch sint myne frundynne.
Doch dar umb wil ich is nit laßen
sin,
Ich sagen das ich davon weiß:
2793. Yn Hs., Sie h.
Ir wissent wol das is nit billich ist
Das das vaß odir das huß deiner
ist
2810 Dann das das da inne sal sin.
Das ander obe ich durch argu-
mente
Die lüde wolde dun verstan und
wenen
Das ein palast odir eyn mfinstere
Eyn kleyn notstalle were,
2815 Wenig solden sij myn rede
Vor war achten und versteen,
Die wijsen, und spottent dar zu
myn
[®7*lUnd hieident mich ein drieger sin.
Diese Sachen hant ir hie getaen
2820 Mit dem brode das ir verstalt
han;
Dann die spisen die da inne sint,
Davon alle lüde gespiset sint,
Die in der werlt nit sin enmochte
Und der hymmel nit follenbringen
mochte,
2825 Hant ir nu getaen und beslossen
Mit eynre verkerten massen
In also kleynen besluß
Und in ein cleynes huß,
Und weren ir xiiij in myner
handt,
2830 Ich beliielde die wol zu hant
Das mag ich nit wol gelyden,
Noch Verstenteniße mag daz nit
vermyden,
Und ist auch nit groß wonder
Obe Nature sich des auch ver-
wonder:
[2834.] Kustode unten auf Bl. 87*: Aber
hettent ir also.
vor 2794 Bild (28) mit Überschrift: Aristotules redt mit wiflheit. Aristoteles in
blauem Gewände, mit braunem Barett, hat beide Hände zu seinem Vortrage erhoben .
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Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
65
MAber hettent ir also viel getan
2836 Und ir is hettent mögen dun
Das die wonunge were so groß
Als die spise da inne ist groß,
Odir das die spise were als kleine
2840 Als das huß ist in gemeyne,
So wolde ich is wol lijden,
So wolte is Nature auch ver-
myden.
Uff die ander sijtte were es uwer
ere
Das man aen bedrug wüste mere
2845 Wie groß das die spise were,
Das man nit dar an dorffte ent-
raden mere.
Noch mich daz auch sere mühet,
Und Nature des auch nit geswiget,
Sijt das ir an dem aller meysten
2850 Daz beweret ist und erwysen,
Feie hant und den verwiß
Und daz hant wyderwyset.
[^'ISo han ich auch nit gewist
Noch nit anders me hören sagen
2855 Und auch nit han gesehen bij
mynen tagen
Dann das eine gantze sache,
welicherleye die were,
Ye grosser were dan sinre deile
eins were.
Aber ir hant die deyle nu ge¬
macht
Das sij als groß sint als daz gantz
zu male waß:
2860 Das ist nu ein grosser ubergriff
Wieder Nature und auch wieder
mich.
Das ist dar umb ich bin kommen
her
Und dar umb ich bin geschicket
her.
Nu lugent was antwert gebent ir
der
2865 Die mich hait gesant her!’
Da Aristotules also geredt hatte,
Wijßheit yn angelachet hait:
‘Front’, sprach sij, ‘du mich
nennest
Frundynne umb daz du mich er¬
kennest,
[89 »•]— Dar an hastu kein Verlust ge¬
nommen,
2871 Dan dar durch ist dir din guts
bekommen —
Du soldes dich wol besynnen,
Obe du woldes, und auch ge-
dencken bynnen
Das ich ettwan zwo schulen ge-
halden han,
2875 Da inne ich dich und Nature ge-
lernet han;
Dan Gnade Gots wolde is also han
gehabt,
Und sij mir das auch geordenieret
hat.
Inn der eynen lernte ich machen
Und arbeiden manicherleye Sachen
2846. man übergeschr. dorffte entraden
mere üb. gestr. me were.
2847. dz übergeschr. '
2848. Vnd üb. gestr. das. auch übergeschr.
2849. an übergeschr. dem aus den. Orig.:
ms maxime approuvee.
2850 zwischengeschr.
2852 ewischengeschr.
2854. and’s übergeschr.
DeaUrhe Text» de« Mittelalter«. XXV.
2856. Dafi a. R. tugeschr. leye n. Ver¬
änderung von weliche m weliche’ übergeschr.
2857. das erste we’ übergeschr.
2866. hatte vor geredt gestr. u. dahinter
tugeschr.
2867. hait n. yn gestr. u. a. d. Schl, gesetzt.
2869. erkgnest « 6 . gestr. lieb hest.
2871 von dar an übergeschr. üb. gestr. du
bist mir willekümen.
2873. bynnen sugeschr.
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66
Aristoteles und Weisheit disputieren über das minderbare Brot.
2880 Und auch fromde Sachen üben,
Die auch subtile und hubschlich
prüben.
Und da was die erste inne
Nature, myne schulerynne.
Da wijsette und lerte ich sij viele
2885 Edel hantwerck und auch subtile,
Als da zu machen floretten,
[so•>] Hübsch gesmeltze, rosen und
violetten
Und ander züchtliche künste,
Davon ytze zu sagen nit not ist
2890 In der ander schule lernette ich
Verstentenisse und underwijsette
• •
sij
Arguieren und disputieren,
Urteln und underscheiden schiere
Das gude von dem bösen
2895 Und die rechte und gesetze zu
kosen;
Dann dar zu was geschetzet
Die schule und gesetzet.
Da was myne wijse dochter
Kunst, die ist also subtile
2900 Das sij da das gespreche behende
hielde
Und schickete da die argumente.
Umb der selben liebe willen du
da were behende
Inn der schulen und auch dar
qweme sere;
[90 r] Da machte du viell uff und nieder
mere,
2887. Vor rosen ist Ton gestr.
2894. tu Anf. wieder gestr. von dem
üb. gestr. vnd dz. bösen aus böse.
2895. die üb. gestr. zu machen. rechte
aus recht. vor gesetze gestr. s. zu kosen
a. Schi, zugeschr.
2896. ge in geschetzet übergeschr.
2897. gesetzet üb. gestr. geordent.
2901. schickete üb. gestr. f&gette.
2902. behende rugeschr.
2905 Das sij dir zu eygen wart sieden
Dar nach qweme du dicke wyder.
Inn der schule ich dich geleret
habe,
Und da were du myn lereknabe,
Und da worde dir geöffent mit
küntlicheit
2910 Der nature alle heymelicheit;
Dann was ich Nature lerete,
Zu stunt dar na ich dir daz uffen-
berte,
Nit das du da mit icht dun
möchtes
Dan das du das wol zu urtelen
wüstes.
2915 Soliche ere und auch die frunt-
schafft
Bewijsetten wol das ich dine frun-
dynne was.
Und die wijle du nu und Nature
Sint gewest under myner hüde
stäre
Und gelernet hant in mynen
schälen
2920 Und auch da inne wol füllen
Hübsch wercke und schone wort
Sehent ir mich irren nu vort,
f90*]So soldent ir das von mir ver¬
tragen
Und uch bedencken zu allen dagen
2925 Und auch da bij gedencken sin
An einen kempen der die kunst
sin
2904. mere zugeschr.
2905. Eygen üb. gestr. Wort (d.).
2906 zwischengeschr.
2909. worde aus wart gebffeut mit
übergeschr.
2914. zu übergeschr.
2916. dz hint. das schwarz gestr.
2918. sture zugeschr.
2920 zwischengeschr.
2923. das üb. gestr. uch (?).
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Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
67
Einen armen gelernet hatte
Und des sinen dar umb nit ge¬
nommen hatte.
Dan da sij inn ein feit waren
kommen
2930 Von anbrengen zweier hertzogen
frommen,
Di da yn verbieden woldent
Das ire, dar umb sij crieg haben
soldent,
Der meister, der da was
Me wiser dan der lereknabe was,
2935 Den lereknaben sprach er an,
Zu yme zu reden fieng er an:
“Waz ist daz”, sprach er,
“komment uwer zwene gerneyne
Wieder mich und bin ich alleine?
(91 r ] Das geschag nie von grosser
konheit
2940 Noch von frommer manheit.”
Da der nu hindersich gesach
Wer der andere were,
Da gap der meister yme solichen
slag
Das er uff der erden vor yme dot
lag,
2945 Und sprach: “ich noch nit gelert
habe
Alle myne synne myne lere¬
knaben :
Es ist dir hude nit wol bekommen
Das du bist her wieder mich
kommen”
Also sage ich uch, so uch behude
Got:
2950 Wenent ir dann aen spot
Das ir mir alle myne kunst abe
Und ich uch alle myne synn ge¬
lernt habe,
Und das ich das myne alles enweg
habe geben
Und ich nuscht behalden habe
eben?
2955 So dedent ir mich übel zu
kommen,
[91’l Als ich siehen, hette ich nyt et¬
licher massen
Behalden da mit ich zu guder
masse
Mich gheen uch mochte beschuden.
Dan zu dem ir mir böses dunt,
2960 Straffent ir mich mit böser künst,
Mit bedruge und bedrugnisse
Durch gebresten des verstente-
nisse.
Nu sage mir, were ich eine
kremerynne
Und wijsette dich einen hübschen
seckel fin,
2965 Den ich dir wolde geben,
Und spreche dar nach zu dir
eben:
“Dis ist das ich dir gegeben han,
Drag yn enweg, du dust mir liebe
dar an!”,
Were es also daz du yn enweg
drüges
2970 Und das is sich dar nach fuget
Das du da inne fundest schiere
Sehs gülden, funffe oder viere,
[92r] Wolte dar umb beduncken dich,
Obe des geswiege ich,
2975 Daz ich dar umb eine driegerynne
were?’
2942. Wer aus were. aus n korr. u. dann Rasur; i in ein zu streichen
2964. dich übergeschr. vergessen.
2968. einweg Hs., wohl aus einwenig: g
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68
Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
‘Nein sicher’, sprach Aristotules
here,
‘Aber mich duchte bas
Das eine frijhe gäbe were das
Von liebe und von grosser ere.’
2980 ‘Sicher’, sprach sij, ‘das ist
auch also
Mit dem brode, das ich also
Subtile han dun machen
Und so hübsch dun bachen:
Dann ussen han ich nit schynende
l&n
2985 Den grossen schätz den ich da
inne verborgen han.
Ich han yme viel behelteniß
geben,
Das die armen desta richer leben;
Dan were daz ussen bewijset,
Niemans sich da mit spiset
\ 92 '] Liebe hait das also geordenieret,
2991 Die der armen lüde gar sere be-
duret.
Da inne ist kein bedrügnisse,
Sonder ist gemacht von erberm-
nisse.
Aber hette ich yme ussen geben
2995 Grossen schyn und da bynnen nit
viel guts eben
Were gewest, das man achten wil,
So mochtes du mich straffen viel
Und umb bedrügnisse scheiden
sere,
Das were mir eine kleyne mere.
3000 Noch wil ich anders antwerten
Das is nit ist bedrogenclich getan
Obe der schyn vor den äugen
klein ist
Und is doch bynnen groß ist;
Und ich wil das daz gantz glaubt
• •
81 ]
3005 Und das auch davon kein ander
gedang sij.
[93«-] Wolde ich aber des nit
Und das ich daz anders machte
icht,
So mochtest du viellychte
Mich straffen umb ungeschichte.
3010 Nu sage mir mee, des bijden
ich dich,
Der du hie umb myn werck
straffes mich
Und sprichest das is nit billich sij
Das daz huß odir das vaß kleiner
• •
sij
Dann das das da inne ist,
3015 Hastu nie gesehen zu keiner frist
Von des mentschen hertzen die
grossen
Ussen odir innen entbloeßen?’
‘Ja’, sprach er, ‘werlich,
Ich han is wol gesehen sicher¬
lich.’ —
8020 ‘Nu sage mir uff die truwe din:
Wie groß duchte dich is sin?’
[93»]‘Sicherlich’, sprach er, ‘nit gerne
Elin klein fogel, der einwenig
hoingerich were,
Mochte sich davon gesedigen sere;
2978. vor eine geslr. is. 3005. and' gedang Üb. gestr. abegang.
2984. han ich übergeschr. lin hint. gestr. 3007. ich dz üb. d. Z. tugeschr.
ist u. erst tugeschr., dann wieder getilgtem dün. 3024 korr. aus: mochte danon gesedigen
2985. Den aus Der, grossen aus grosse, sich; vor gesedigen in der neuen Fassung irr-
den ich üb. der u. v’borgen han hint. gestr. ist. tüml. ein n. dem vorangegangenen nit gerne
2989. Nach sich ist g’ne gestr. (v. 3022) tu streichendes nit eingefugt.
8000. ich «. wil übergeschr. u. a. Schl, des
Verses gestr.
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Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
69
3025 Daun is ist kleyne und nit groß.’
Sij sprach: ‘ich frage dich aber
baß:
Weistu icht sine begriffelicheit,
Wo myde is mochte vernüget sin
und gemeyt
Werden odir das is erfüllen
möchte ?’
3030 ‘Sicher’, sprach er, ‘is nit döchte
Das zu erfüllen oder zu sedigen,
Zu spisen und auch zu vernügen:
Die gantze werlet daz nit gedun
möchte,
Obe is das wol nach sinem willen
hette.’
3035 ‘Nu muß doch’, sprach Wißheit,
‘Erfüllen haben genüglicheit,
Das findestu, odir aber is muste
falsch sin
[& r ] Als du haist gesprochen die rede
din,
Da du spreche das bewert sij
3040 Das in der werlde nuscht leres sij,
Dann is von ettlichen Sachen er-
„ füllet muß sin,
Odir aber is muste lere sin.’
‘Dar zu’, sprach er, ‘sagen ich
myn wort
Das ich gewenet han und meynen
vort
3045 Das ein gut daz das oberste ist,
Das wol machen sal das is gelich
fol ist.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du haist recht
gesait
Und da mit nit missegriffen
gehait,
Dann is muß sin daz is grosser
sij,
3050 Wie wol das die weit nit gros sij,
Und ist also in der werlt be¬
sessen,
Mag nit sin is sij auch ront ge-
goßen.’ —
‘Zware dar wieder siecherlich
Zu male nit kan gereden ich.’
[94»]‘Und wye’, sprach sij, ‘wurde die
weit dar in gelaicht,
3056 Inn ein hertze das so kleynen be¬
griff hait?
Da muß von rechte billich sin
Das das huß mynner muß sin
Dann das gut das dar inn ist ge¬
lacht,
3060 Und also ist falsch daz du haist
gesagt.
Noch wil ich dis inn andern weg
Uffentlich bewijsen siecht:
Grecken und Athenis han ich ge-
sien
Und dicke da inne gelegen in
myme synn.
3065 Nu sage mir wäre, obe du is
wissen macht,
Wie wijt das ieclichs begriffen
hait,
3028. vnd üb erg es ehr. 3044. meynen üb. gestr. wen6.
3033. nit vor gedun übergesehr. «. dahinter 3046. wol übergeschr.
gestr. 3053. Zware üb. gestr. Sicher. Nach wieder
3040. nuscht vor leres übergesehr. u. dahinter ist ich gestr.
nit gestr. 3055. wye üb. gestr. w.. e.
3041. is übergesehr. erfüllet muß sin üb. 3063. Grecken] Stüreinger liest mit 2 Hss.
gestr. is w .... Romme, die meisten haben das wegen v. 3068
3042. tu Anf. erfüllet gestr. muste lere w. 3082 (stede!) und überhaupt in dem Zu-
sin üb. gestr. geleret wirt. sammenhange anstößige Grece. h auch: Grecken.
3043. sprach er übergesehr.
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70
Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
Obe da viel Studenten sien
Und wie groß dye stede sien!’
‘Sicher’, sprach er, ‘is gedencket
mir wol
3070 Das sij groß sint und genug
kommen dar
Studenten und ander schuler
[95 »■] Und lüde von allen hantwercken
sere.’
‘Nu sage mir’, sprach sij, ‘wo
hastu hin gelacht
Alle die grosse die du mir haist
gesagt?’ —
3075 ‘In myn gedechtenisse han ich sij
gelacht’ —
‘Sicher, is hait mir wol gedacht:
Wiltu dar umb uff mich sliessen,
Das solde mich verdriessen,
Ist gedechtenisse in dem heubt din
3080 Beslossen inn eyme ende kleinre
dann da ist daz heubt din,
Da inne du beslossen haist
Zwo grosse stede mit der
Studenten last.
In dem appel des äugen myn
Ich dich des auch wil lassen sien:
3085 Sich dar wie kleine der Sterne ist,
Da inne doch din angesichte zu •
male schinende ist,
Din angesicht zu male gentzlich,
Als du das magst sehen uffentlich.
3068. dye üb. gestr. bede.
3070 korr. aus Das sij groß vnd genug
dar körnen sint.
3083. appel üb. gestr. steme.
3085. Sterne übergeschr.
3088. vffentlich hint. gestr. eigentlich.
3094. bas gleich übergeschr.
3096. habe zugeschr.
3097. ich hint. das n. d. Korrektur im fol¬
genden Vers zu streichen vergessen.
[95»] Gesiech auch inn einen Spiegel,
8090 Da sistu din antlitz aen driegen,
Und was auch dar umb ist,
Das sichstu auch zu der selben
frist;
Und wiltu yme noch anders dun
Und din argumente auch bas be¬
scheiden dun,
3095 Das du sprichest daz ich dir ge-
felschet habe
Und auch widerwijset habe
Da von das yeclich stucke daz da
riset
Von dem brode, als groß sich er-
wyset
Als das gantze brot zu male,
3100 So brich du den Spiegel in viel
stucke über al
Und sich dar nach in ieclich
stucke:
So sistu din antlitz alzu male
Als wol als in dem gantzen
Spiegel über alle.
Da doch auch nit me dan ein
fmgesicht waz!’
3105 ‘Nu’, sprach er, ‘frauwe, sagent
mir:
[96'■j Was subtilen synnes hant ir?
Versteent ir das weselich
Odir anders dan dugentrich,
Die Sachen die ir hie gesagt hant
3098. »ich erwyset üb. gestr. machen vber
alle.
3100. vber al zugeschr.
3107. n. das in der Hs. ein zweites das,
welches zu streichen ist, falls nicht wie im Orig,
ein Verbum zu das ... die Sachen eingesetzt
wird. (Orig. 3223: Soient mises.) h: verateent
ir daz, daz al die Bachen localiter, weselich ...
an die ende getan vnd besloßen synt
3109. hant ror gesagt gestr. u. dahinter
zugeschr.
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Aristoteles und Weisheit disputieren über das wunderbare Brot.
71
3110 Und mit Worten besloßen hant?
Dar nach wolde ich uch ant-
werten
Odir auch dar nach ewigen.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘wesenlich
versten ichs nit,
Dan anders: mit wesen der dugent
verste ich die eine
3115 Und gedencklich die ander
meynen,
Und eindeil bewijsentlich
Versteen ich, ettliche flißeclich;
Und das yetzont also gare
Ist nit not zu wissen zware,
3120 Dan alleine di bij Zeichen
Ich dir geben han zu underwijsen
Und dich das balde dun verstan
[9«’] Und dich balde wijsen und ge-
lernet han
Wie under einre kleinen figure ist
3125 Grosse spise in der selben gewist
Gelich als in manicherhande wijse
sint
Diese Sachen und in kleinen enden
behalden sint,
Also ist auch in dem brode gut
Siecherlich beslossen daz oberste
gut,
3130 Nit alleine nach geechtlicheit,
Noch auch nit nach betzeichlicheit
3114. v’ste ich die aus v’sten ich dz.
3115. die üb.geslr. ich das. dz hint. ander
übergesehr., aber besser wieder zu streichen.
3117. ettliche übergesehr.
3118. also übergesehr.
3123. gelernet han w6. gestr. leren.
3126. sint eugeschr.
3127. vnd übergesehr. in kleinen das 1
übergesehr.
3129. lieh in Siecherlich übergesehr. be¬
slossen üb. gestr. behalden.
Und auch nit alleyn nach wesen
dügenclich,
Sonder is ist da inne liplich
Und auch da bij redelich,
3135 Gheenwertig und gewerlich,
Aen alle ander glichenisse
Und aen bedrügnisse.
Die Sache war umb daz also ist
Begriffen, einßdeils nu vorerzallet
ist.
[ 97 r J Dann umb das daz hertze also
dein was,
3141 Han ich das brot auch also dein
gelas,
Und umb sine grosse begrifflicheit
Das oberste gut da inne begriffen
steit;
Das große zu gros, das dein zu
dein
3145 Han ich recht gemacht, eins dem
andern glich zu sin:
Dann dar nach als das hertze ist,
Also yme sine spise auch bestalt
ist:
Ist das dein, so hait is dein brot;
Wilt is genug han, es is da inne
findet
3150 Das es gesedigen mag,
Erfüllen und gespisen mag.
Und da inne ist kein ubergriff
3130. Orig.: imaginaument; h: achtunge.
3131. Noch auch a. R. zugeschr.
3132. Vnd auch a. R. zugeschr. alleyu
übergesehr.
3140. dz vor hertze übergesehr. u. dahinter
das gestr.
3147. auch übergesehr.
3149. is vor es schwarz gestr. u. dahinter
übergesehr.
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72
Aristoteles erkennt, daß sein Einspruch vergeblich, und erstattet Natur Bericht.
Obe umb die Sache daz huß
mynner und kleiner ist
Dan das gut das dar inn begriffen
ist.
3155 Und obe ich, als du meynest,
Hette eyniche ubelstende Sachen
getan,
[0“*1 Dar an du nit wöldest eyn gnügen
han,
Mit den reden die du mich haist
hören san,
So sagen ich dir daz ich nit sal,
3160 Ich enwolle dann, dir dar umb
antwerten zumale;
Dann konde ich nit gemachen wol
Odir das ich ettwan schöner sache
mechte
Dann andern die da weren
hoffelich
Odir auch die weren wunderlich,
3165 So were ich nit meisterynne
Der andern und lererynne:
Also das du hörest myn antwert
hie!
Und wiltu, so verkünde die
Naturen, der kamerynnen
3170 Gots Gnaden, mynre schülerynnen!
Dan umb iren willen wolde ich
nit laßen
Was ich dun wolde zu guder
massen.
Umb liebe willen wil ich alletzijt
dun
[99 r ] Was ir lieb ist das ich kan
gedun:
3175 Dar an ist mir nutscht zu viel,
Ich dun is aen vertziehen viel’
Da Aristotules das hatte gehört.
Gelich dötlich antwerte er mit
worte:
‘Werlich, ich entfinden wol
3180 Das ich an uch nutsch gewynnen
sol.
Is ist besser das ich enweg ghee
Dan daz ich tuschen uch arguiere
me.
Ich gan enweg; was ir wollent,
daz dünt!
Ir des guden Urlaub hant.’
3185 Also gienge er enweg
Zu Nature und saget ir siecht
Den synne den er in yr fonden
hatte,
Und wie er sich von dannen ge-
scheiden hatte.
Nature sich da sere leyt,
3190 Sij mochte nit baß, daz was ir
leit.
[98»] Da Gnade mir hatte also ertzelt
Yre schone reden von irer gutheit,
Grossen willen und begirde gewan
ich
Des brodes zu haben und zuessen,
duchte mich.
3195 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich bijden
uch von hertzen sere
3153. Obe vmb die sache üb. gestr. wann 3168. die üb. gestr. sie.
vmb solichs. 8170. vor mynre gestr. vnd.
3154. begriffen üb. gestr. gelaicht. 3172. Was üb. gestr. das das. guder
3157 üb. gestr. Das ich nit solde genug übergeschr.
bewijset han. 3173. willg übergeschr.
3160. dar vmb übergeschr. 3174. zu Anf. vnd gestr.
3164. die übergeschr. 3187. in yr fonden üb. gestr. da gehört.
3165. So üb. gestr. vmb... nit übergeschr. 3188. wie üb. gestr. war vmb.
3106. Der aus vnder. 3192. Yre üb. gestr. Die.
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Der Füger begehrt das Brot. Gnade rüstet ihn mit Sack und Stab.
73
Das ir von dem nffhabe Moyses
ere
Mir wollent dün geben
Myn leres hertze zu erfüllen eben.
Es ist lange zijt lere gewest
3200 Und noch nie erfüllet gewest,
Dann es noch nie wissen wolde
Wo mit man is erfüllen solde.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘dine
begeronge
Und auch dyne heysschonge
3205 Halden ich nit vor unredelich:
Das brot ist dir sere bedürffelich
Zu dem wege den du haist zu
dun,
Umb daz du den mögest follen-
brengen und gedün.
Und ee du magst kommen an die
stadt
[W r ] Da din wille hien begeret hait,
3211 Durch viel bösen landes du gan
wirst
Und manichen bösen wirt finden
wirdest,
Also das du dicke viel arbeit
gewynnes
Wo du des brodes nit bij dich
nymmes:
3215 Und dar umb mynen Urlaub haist
dü
Das zu nemen wann so dü wilt,
nü.
Aber doch so ist es recht,
3196. ere Amt schwarz gestr. mir.
3201. es üb. gestr. ich.
3204. 3208 zwischengesclir.
3209. Ynd üb. gestr. Dan.
3214. bij dich üb. gestr. mit dir.
3216. du aus do. nü aus du.
3221. sack übergeschr. der aus den.
stabe aus stab.
Als ich das finde im gesetze recht,
Das du vor habest alles das
3220 Das du da vor geheischen has.
Das ist din hornfessel sack und
der stabe
Davon ich dir vor gesagt habe
Das ich dir daz in myme huse
In zijt bestellen wolde, hettestu
süß
3225 Das ander in myme huse gesehen,
Die hübsche Sachen die ich nit
alle lassen sehen
[oy®] Alle lüde und spehen.
Nu han ich die Sachen gewijset
Einßdeils und geuffenbaret:
3230 Ich bin bereit aeif helen
Dir zu halden aen feien
Die glubde die ich dir vor han
getan.
Wallesacke und stab solt du han
Wanne das du wilt:
3235 So magstu dar inn dun, obe du
wilt,
Das brot din
Und dar nach als gut pilgerin
Dich machen uff dinen weg ferre.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich dancken
uch sere!
3240 Das ist alles myn begir.
Schaffent das solichs balde werde
mir,
Dann ich ylen sere zu gan!
Is ist mir vaste spade nü zu gan
3222. hau vor gesagt gestr. u. dahinter
habe zugeschr.
3226. alle übergeschr.
3229. vnd zu Anf. gestr. u. n. Einßdeils
übergeschr.
3232. vor übergeschr.
3243. ist üb. gestr. wirt. vaste übergeschr.
[32-13.] Kustode unten auf Bl. 99*: Ee dz
ich mich vff d6 weg.
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74
An dem Sack (Glaube) hängen zwölf Schellen.
[ioo Ee das ich mich uff den weg ge¬
lacht han;
3245 Dan die hübsche stat ist gar
ferre
Da hin ich bin uffgewecket zu
gene.’
Zu stunt an ein ende das sij
hatte,
Da sij viele hubscher kleynot
hatte,
Aen hindern sij mich furte
3250 Und uß einre kisten, die ir uff
zu dun gebürte,
Hait sij getan den sack und den
stab.
Noch nye man noch frauwe hait
So weidelichen sacke gesehen ge-
dragen
Noch sich an solichen stab ge-
sturen noch gehalden,
3255 Dar uff is sich dorste fyden
balde.
[ 100 >] Die schöne und gute von yn ych
Besag gar eygenclich,
Des ich uch auch nu nit ge-
swigen,
Das ich davon nit sagende sie.
3260 Der sack von grüner syden was
Und an ein grün weppe ge¬
hangen waz
Und was behängen mildeclich
Mit zwolff schellen silber glich.
Der sij smiedete, ein gut meister
was,
3265 Und yecliche ußgekomet was,
Und uff yeclicher ußkornunge
Was sunderliche schribonge,
Die ich uch nu sagen wil
Als ich die mit mynen äugen sag
uff daz ziel
3270 An der ersten geschrieben was:
Got der vatter (als mich duchte
das)
Den hiemel und die erde er ge-
schuff
[ioi'\ Uß nichte, dar nach er den
mentschen beschuff.
[Ich gleuben inn Got vatter, al-
mechtigen schepper des hiemels und
der erden,]
An der zweitten: Got der son,
[Und in Jhesum Cristum, einen eyni-
gen eon, nneern hern,]
3275 An der dritten: Got heiliger
geist.
Aber die drij wonderliche Sachen
Dadent mich gar sere erschröck-
lich machen,
Dann sij sich so gar nahe zu
sammen slossen
Das sij schienent eins sin in einer
massen,
3280 Dan allein an den drien sag ich
Einen mantel, der dienete den
dreyen glich.
[Der entphangen ist von dem hei¬
ligen geiete,]
An der vierten schellen ge¬
schrieben ist:
3256. ych aus ich (?). [3273 b - c -] des u. der übergeschr.
[3273 ff.] Die einzelnen, im Text durch 3281. mantel] Der Übersetzer hat das Orig.
Klammem und kleinere Schrift gekennzeichneten (un martel) nicht verstanden; h richtig: eynen
Glaubenssätze (welche das Orig, überhaupt nicht, klnpel.
h in lateinischer Fassung hat) sind in der Hs.
rot eingefaßt. .— _
vor 3247 Bild (29) mit Nebenschrift rechts: gots gnade gibt dem weller den brotsack:
dnrch den brotsack ist verstände der heilige glaube. Gottes Gnade überreicht dem Pilger
den wunderbaren Stab und Sack.
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Von den ScheUen am Sack (zwölf Glaubensartikel) und vom Stab (Hoffnung).
75
Gottes son, Jhesus Crist,
[ioi»] Von hiemel uff die erde kommen
ist
3285 Und auch entphangen von dem
heiligen geist,
Mentsche worden und von der
magt geborn ist.
[Geborn uß Marien der jangfranwen,
gelieden ander Poncio Pilato,]
An der funfften: er gemartelt
wart
Vor die sunder und an das crutze
gelaicht,
Gewondet, gestorben und
begraben.
[Gecrntziget, gestorben und begra¬
ben,]
3290 An der sehsten: nider gestiegen
ist
Abe in der hellen list
Da uß zu nemen sine frunde
Und die inn daz paradis zu
fürende.
[Abesteig zn der hellen,]
An der siebenden: uff erstunt.
[An dem dritten dage nfferstunt,]
3295 An der achten: uffsteig in den
hiemel,
Zu der rechten handt des vatters
gesessen
[102 r) Zu richten die doden und die
lebendigen.
[Uffsteig zu den hymeln, sitzet zu
der rechten hant Godes, des almech-
tigen vaders, dannen zu künfftig ist
zu orteiln die lebendigen und doden.j
An der nunden was geschrieben:
Die heilige cristen kirche eben
3300 Mit den heiligen sacramenten,
Die da inne sint geseneten.
[Ich gleuben in den heiligen geist,
in die heilige kristliche kirche,]
3288. Vor üb. gestr. vm. an üb. vor.
An der zehenden: die vereyni-
schafft
Der heiligen und die gemeyn-
schafft
Und der sunden ablaß
3305 Durch den dauff und buhße.
[Gemeynschafft der heiligen, ablaß
der sunden,]
An der eylfften: ufferstenteniße
[ 102 •] Aller doden, die zu gerichte
Mit libe und seien komment
gliche
Und da ir urteil horent slichte.
[Ufferstenteniße des fleisches]
3310 An der zwolfften: der Ion
Der woldaet und auch straffonge
don
Die das übel hant getaen
Und keinen ruwen dar umb ge¬
habt hant.
Das ist von den schellen die ge¬
schrillt,
3315 Die da an hait yren begrifft:
Da an yre schone hubscheit
Sehent, die dar an ist geleit!
[Und das ewige leben. Amen.]
Nu wil ich uch aber sagen von
dem stabe,
Wye der eine ander gestalt habe.
3320 Er was licht, starck und siecht,
Von eyme holtze gemacht recht
[I03 r ] Das zu keinre zijt nit fulen mag
Noch von füre nit vergan mag.
An dem eude oben hait er einen
knopp schon
3325 Von eyme ronden Spiegel
luchtende schon,
Da inne man lutterlich gesag
Ein landt, wie ferre das lag:
Es was kein so verre landt,
*
3325. vor luchtende gestr. h ...
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7G
Vom Stab und noch mehr vom Sack.
Man mochte is wol da inne sehen
zu hant;
3330 Und da gesag ich die stadt
Da ich hin zu gan erwecket
wart,
Als ich die ander male nie hatte
gesehen.
Desta lieber hatte ich den stab
an zu sehen,
Und desta me lobette ich sine
gestalt
3335 Einwenig under dem knoppe er
hatte balt
Einen andern, was kleinre dan
der erste was,
Der gar hübsche mit einander
was
Von luchtendem karfunckel,
[103 ’J Der da lütter was und nit
dunckel.
3340 Der yn dar an machte, waz nit
uß diesem lande,
Man muste yn süchen in andern
lande.
Is stunt gar wole an dem stabe
und beqwemlich,
Nuscht mir dar an was misse-
fellich
Dann das er unbeslagen was;
3345 Zu stunt sij mich underwisette
bas,
Die die mir den stab also geben
hait
Da sij die kleynot hatte uß-
getan,
Gnade Gots mir da sagen began:
‘Dis is der sack und der stab
3335. balt zugeschr.
3346. also gleich iibcrgeschr.
3347. kleynot wieder üb. gestr. kleynot
gcschr.
3350 Die ich dir gegeben hab:
Du wirst der wol bedürfen uff
djnen wegen.
Hüde sij wol, das kommet dir
eben!
Der sacke ist gelaube genant,
Dan aen den dustu zumal nuscht
3355 Noch keynen dag schaffest uscht
[I04 r ] Das gut odir icht wert sij.
Din brot und lebetzücht sal da
inne sin
Alletzijt. obe du dis wilt wissen,
So wil ich dich des wijsen
3360 Durch eine ander rede dan die
myne bewijsen.
Sant Paulus sal dich des wol
underwisen,
Der spricht das da geschrieben
ist:
Wer von dem sacke recht lebende
ist
(Das ist gesprochen: der is recht
verstait),
3365 Der des gelebet das er da inne
hait
Der sacke ist von grüner farwe:
Dan gelich als die grüne farwe
Stercket die äugen an dem ge¬
sichte,
Also dut starcker glaube lichte,
3370 Machet dem verstentenisse ge¬
sichte.
Die sele enkan zu male nichte
Nummer gesehen eygenclich
[iu4*] Die grüne gebe ir dann follenc-
lich
Gentzlich macht und krafft.
3348. n. gots gestr. sij. da iibcrgeschr.
3361. Rom. 1,17.
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Am Sack hängen auch drei kleine Schellen (Dreifaltigkeit).
77
3375 Dar umb so ist dir nothafft
Dich inn dinen wegen zn wijsen,
Und das du desta ferrer moges
gesien
In das lant da du woldes sin.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘durch
Got, nu sagent mir
3380 Von den kleynen schellen die yr
Also kleyn hant angehangen
An den sacke aen verlangen,
Und von den dryen über den ist
Ein mantel, der ir gemeyn ist!’
3385 ‘Sicher’, sprach sij, ‘is was eine
zijt gelegen also
Das ich den sack det machen also,
Da gnug waz daz man gelich ein-
falteclich
Glaubte inn Got gentzelich;
Da was aen klöcken und aen
schellen
3390 Dieser sacke und auch aen hellen.
[205 r ] Aber ich sagen dir das sijt viel
irrongen
Und viel böses ist worden fonden:
Yeclicher an Got geleuben wölte
Als yme das dann eben fügen
wölte.
3395 Einre glaubte an yn inn eine
wijse,
Der ander glaubte in eine ander
wijse,
Als du das wol wissen möchtes
Wann du die irrongen gesehen
hettes.
Und also was verlegen
3400 Dieser sacke und veraldet eben.
Aber umb sine schone zu wieder¬
machen
Und alle irrongen zu verfachen,
Und umb das ein glaube wurde
gantz
An allen enden aen irrongen
glantz,
3405 Die zwölf! apposteln die schellen,
yren ring,
Hant dar an gehangen, die da
ane sint,
Und an yecliche yre eygen
schrifft,
[105 r] Die eygenclich saget und spricht
In welicher masse und wie
3410 Das man an Got sal gleuben hie.
Die zwölf! schellen sint die
Zwölf! stucke des heiligen
glauben hie,
Die du salt geleuben gentzlich
Und sij behalden in dime synne
gedechteclich.
3415 Du salt dich dicke erwachen dün
Und sij an dime küssen luden
dün:
Nit umb suß in klocken wijse
Odir auch die schellen lijse
Sint dar an gehangen worden;
3420 Dan obe du zu müde weres
worden
Die schrifft zu sehen,
Zum mynnesten wan du die
schellen wirdes hören
Also nahe bij dinen oren,
So möchtes du gedencken an ein
deyl.
3375. vor so schwärt gestr. ist.
3378. In a. R. tugeschr.
3387. Da gnug wz übergeschr. daz
aus da.
3389. vor aen gestr. er. aen Übergeschr.
3406. die schellen üb. schwärt gestr. in.
3406. vor dar gestr. sij.
3407. yre übergeschr. hint. gestr. syne, das
gestr. ire geschrieben war.
3416. sij übergeschr.
3418. Das undeutliche Odir auch fehlt in h;
auch im Orig, scheint ein Fehler tu stecken.
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78
Der Pilger bemerkt Blutetropfen am Sack.
3425 Sant Paulus gesprochen hait vom
andern deyle,
[locr] Als er das den Rommern dann
geschrieben hait;
Dan von solichem dicke zu hören
Gewynnet man den gantzen
glauben hören,
Also das solich schellen lüden
3430 An dem sacke nit mag schaden
düden,
Sonder is erwecket gedechtenisse
wol
In welicher masse und wie man
an Got gleuben sol;
Nit das is da mit sij genüglich
Das alleyn zu geleuben gentzlich
3435 Als von dem wissen brode und
wyn
Die in fleisch und blut verwandelt
sin:
Von Gotte auch dye dryvaltikeit,
Dry personen in eynikeit,
Da von du das Zeichen haist ge¬
sehen
3440 An den drien schellen, da du
mich wolde fregen.
Gelich als den dryen schellen wol
Ein kluppel vor alle dienen mag
und sol.
[ 106 "] Also ist auch die dryvaltikeit
Nit dan ein Got in gantzer war-
heit.
3445 Got alleyne inn den drien Per¬
sonen ist,
Und yecliche der drier Got ist:
Das saltu gleuben sicherlich und
gentzlich
Und viel ander gedone folleclich,
Der ich zu dieser zijt wil ge-
swigen
3450 Und umb verdriesse willen lassen
ligen;
Dann is alles an den zwölften
hencket,
Wer is alles recht verstet und
bedencket’
Als Gottes Gnade da hatte ge-
redt
Von yren schellen und daz uß
geleget,
3455 Ich der den sack angesach
Und myn äuge zu male dar an
lach,
Da sach ich bluds troppen ge-
spreit
Dar uff, die hart waren an ge-
leyt:
Die selbe Sache mich sere ver¬
droß
3460 Und braicht mir in dem müde
kommer groß,
[107 '] Umb das ich daz ander male nit
hatte gesehen
Und des auch nit war genommen
hatte mit sehen.
‘Frauwe’, sprach ich, ‘nu bin ich
nüwelich
Gar sere erschrocken siecherlich:
3425. Rom. 10,14.
3427. von übergeschr. vor dicke gestr.
dem (?).
3432. vnd wie üb. gestr. dz.
3437. dye aus drye.
3438. p&rsonen.
3440. Vor An hat die Hs. ein tu streichen¬
des vnd.
3442. mag vnd übergeschr.
3443. ist aus enist.
3458. wäre Übergeschr. geleyt hmt. gestr.
gelaicht.
3462. mit sehen zugeschr.
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ie Blutstropfen, erklärt Gottes Gnade, rühren von den Märtyrern her.
79
3466 Ich sehen blnt uff dem sacke
gespreidt,
Das mir gar sere hait geleidet,
Ich han des me gesehen nicht.
Nu wollent mich uß dem blude
richten
Odir gebent mir eynen andern
sack,
3470 Das kan ich küm erbeiden nacht
noch dag!’
‘0’, sprach sij, ‘erschrecken
Saltu nit, sonder dich stercken;
Dan wan du weist die sache war
umb,
So hastu den sack desta lieber
dar umb.
3475 Zu zijden was ein pilgeryn,
Der auch wolde wandeln in der
jugent sin;
Wie wole das er den sacke mit
drug,
l ,()7 '\ An allen enden hatte er arbeit
genug:
Wo er hien gieng, wart er ver-
spfget
3480 Von schechern und andern die yn
nit
Lieb hattent inn keinen zijden,
Umb sinen sack, der schone was.
Und yme zu nemen und zu weren
das,
Arbeitten sij sich sere
3485 Und dadent yn selbs desta viel
arbeit mere.
Aber er beschütte sich so wol
Das er umb keyne sache lyden
wolde
3475. Das Orig, nennt den Namen ( Este -
cemn), der in h auch fehlt.
3482. sinen aus sin. sack der üb. gestr.
wesen das. o. B. ein Kreuz neben dem Vers.
Das man yme sinen sack neme:
Yme was lieber daz man yme sin
leben neme.
3490 Doch so dottent sij yn,
Versteynten und mortent yn,
Und von syme blude also wart
genetzet
Der sack und bespreet.
Aber er was zu der zijt hubscher
viel
3495 Umb das das blut waz frischer
und roder viel;
[/ 08 r ] Dan die farwe die brun rot ist,
Uff eyme grünen felde gar hübsch
ist;
Da mit ist wol wisselichen schin
Das der sack waz hübsch und ftn.
3500 Dar nach ist er worden getragen
me
Dan er vor was getragen ee,
Und viel me begert und zerrissen.
Ettliche lüde mit grossen drücke
qwament
Und dadent als viel das sij yn
nament;
3505 Dar nach den zu beschirmen und
zu behüden
Liessen sij sich zerryssen und
entlieden;
Sij dadent sich lyden not
Und pynigen bis inn den dot.
Der marteier wölde erzelen
3510 Die sich umb yn hant laßen doden
und quelen,
Keine zonge könde das ertzelen
Noch hertze gedencken odir
handt geschriben
3491. V’steynten üb. gestr. mortent m.
mortent üb. gestr. versteynten.
3509. I. Der die m. ?; Orig.: Qui les martirs
vourroit nombrer.
3512. handt aus hant.
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80
Gottes Gnade hängt dem Pilger den Sack an den Hals.
[ 108 »] Noch nyemands za eyme ende
gedriben.
Also das der sacke wart be-
dreuffet
3515 Und mit dem blude besprewet,
Das ist nit eyne sache sich zn
verwondern,
Dann is ist eine sache sere zu
löben besonder;
Und ist kein troppe so kleyne
Er sij besser dan alle edel ge-
steine
3520 Und dar zu auch viel köstlicher
Und auch zu male viel dügent-
richer.
Und sagen dir wol: weren sij
frisch
Die troppen, so hieldst du sij viel
wirdisch;
Aber is ist gar lange zijt
3525 Das keinre hait geseget sins
bludes nit.
Die Zeichen sint vergangen
Gantz und gar zu male aen ver¬
langen,
Dar umb sint desta snöder nit
[209 »■] Die troppen umb daz sij veraldet
sint
3530 Umb die Schönheit sij dir nit,
Wann du halst die sache di is
alles git,
Also das den sack der also ist
bedroffen
Und mit dem blude also be-
sproffen,
Ich geben zu eyme Zeichen dir,
3535 Obe yn yemands den wolde
nemen dir
Und dir den wolde abe drauwen,
Das du dich ee ließest doden und
verhauwen,
Und das du ee lyddes den dot
Ee du dir yn ließest nemen aen
not.
3540 Nu nym yn gar eben und balde
zu hant,
Wann er dir wol kommet zu
handtl’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘mir wol
genüget
Von dem blude daz ir mir hant
bedüdet,
Aber is duncket mich gar swere
[209*] Das ir mit underscheit sere
3546 Mir gebent den sack; dan ich
enweiß nit
Wie ich den dar nach sal
brachen zu yeder zijt.
Doch gefellet er mir wol
Und mir dar an nit myssefallen
sal
3550 Und wil yn nemen aen langem
vertzog,
Sijt das ich von uch han den
follentzog.’
Da aen beiden nam sij den
sack
Und mir den an zu hencken ich
sij badt,
Und Gots Gnade halff mir da
3518. Vnd üb. gestr. dann is. 3530. Ist wonder hinter dir einen fügen
3523. hieldst aus hielt. da üb. gestr. ich. mit h ?
3528. eu Anf. aber getilgt. 3535. Das überflüssige den fehlt in h, ließe
sich aber aus Lesarten des Orig, stützen.
vor 3552 Bild (30) mit Nebenschrift rechts: Gods gnade hencket dem weller den sack
an den hals.
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Die Spitze des Stabes zieren zwei Knöpfe (zu oberst Jesus, darunter Maria).
81
3555 Und hieng mir den an nach
yrem rechten da.
Ich was gar frolich da ich yn
sach
Und ich yn fülete, das er also
nmb mich lag;
[ 2 M r ] Dan is was lang daz ich des
hatte gegert,
Und umb das ich des was so wol
gewert.
3560 Nu wil ich uch aber sagen von
dem stabe
\
Als Gots Gnade mir vor hatte
geprediget dan abe.
‘Dar nach’, sprach sij, ‘als ich
• dir han gesaget
Von dem sacke, der dir gar wol
anstat,
Von dem stabe ich dir auch sage,
3565 So ich dann aller kurtzeste mag.
Der stab hoffenunge genant ist,
Der auch zu jeder zijt gut ist;
Dan er mag nit gefallen hin
Der sich umb siecherheit stüret
an yn.
3570 Der stab von solichem holtze ge¬
macht ist
Das er wol bewijset wie er ist.
Uff yn du dich wol fyden magst
In allen boesen wegen, wo du
gast:
[wo *] in boesen wegen halde yn gar
uffricht
3575 Und an den knoppen sij din
gesicht,
Dan die knoppe haldent dich
Und lassent nit fallen dich.
Der oberste knop ist Jhesus
Crist,
Der da ein gewarer Spiegel ist,
3580 Aen flecken und aen alle mase
ist,
Als die schrifft uns das saget
und bedütet,
Da inne alle und yecliche lüde
Mogent schauwen ire angesichte.
Und auch da bij villichte
3585 Alle weit sich da inne spiegeln
mag,
Wol erkennen und betrachten
mag,
Und wann alle weit da inne ge¬
spiegelt ist,
Ist sij nit so gros als daz es an
dem wurffei ist.
In dem knoppe salt du dich
spiegeln
3590 Und dich da inne dicke besiehen
[in *•] Und dich dar an wol halden hart
Und dar an stören zu aller fart;
Dan wan du dar in gesihst wol,
Zu male nit dich missetrosten ,
sol,
3595 Und so lange du dich dar an
heldest,
In keynem bösen wege du nit
feilest.
Nu gedencke dar an, bistu wijse,
So magstu desta baß gan in pil-
gerins wijse.
Der ander knop das ist der
3600 Davon das da qwam er,
Dannen er was und wart geborn
her:
3563. sacke üb. gestr. stabe.
3564. vor sage gestr. wil. sage aus sagen.
3568. «. nit gestr. zu male.
3575. das n in den auf Rasur.
3577. vor nit gestr. zu male.
3580. zu Anf. vnd gestr.
3581. Sap. 7,26.
3588. dz übergeschr.
Deuteohe Texte de* Mittelalters. XXV.
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82
Noch von den beiden wunderbaren Knöpfen de» Stabes.
Das was die magt Maria mutter,
Die entphieng und drug yren
vatter.
Das ist der karfunckel füncke-
lende,
3605 Die vinsterniße der werlde er-
luchtende,
Dar durch wieder zu wege ge-
kert sint
Alle die von wege gekert und
verirret sint;
[in*] Durch die auch erluchtet sint
Alle die die in vinsterniße ge¬
wesen sint;
3610 Durch die wieder uffgehaben sint
Alle die gestürtzet odir auch ge¬
fallen sint
Und dar umb ist er angelaicht
An diesen hübschen stab und be-
hafft,
Das sij des auch ein knoppe sij;
3615 Dan vor nit dan ein knoppe da
was,
Da mit is nit zumale genug was,
Umb das nit yederman dar bij
kommen mochte
Und yn auch nit alle wol be¬
griffen mochten.
Aber durch den knoppe kommet
dar an ein yecliche
3620 Der sich an den knopp sturet
redelich,
Also das des notdurfftig ist
Ein yeclicher der ein pilgerin ist.
Dar umb rade ich daz du dich
daran störest
[ii3r] Und dich alletzijt dar an wol
haldest;
3625 Dan durch yn wirstu alletzijt
uffgehalden
In allen boesen wegen und uff-
recht behalden,
Und dar durch du wol kommen
magst
Zu dem knoppe den du dan obe
der hant haist.
Also wann du dich heldest
3630 An die zwene knoppe, du nit
feilest,
Sagen ich dir, daz du wol
siecherlich
Und wol magst gan tröstlich.
Dar umb magstu dich wol
stören
An den stab und dich dar uff
fyden,
3685 Dan die knoppe die dar an sint,
Dich in allen boesen wegen uff-
haldende sint.
Es ist ein gut stab, hude yn
wol!
Ich han dir yn geben, daz er din
sin soL*
[H2*] Da gab sij mir den in die
handt:
3640 Grosse freude ich da an myme
hertzen befant,
Dan ich gesach wol daz ich zu
male bereidt was
Zu gan den weg dar umb ich da
was.
Doch gefiele mir nit wol das
[3623.] Kustode unten auf Bl. 111»: vnd 3632. Vnd üb. gettr. das da.
dich alletzijt. 3642. da aus dar.
3626. be in behalden üb. gestr. ge. 3643. in der Hs. Absatz.
3631. dz du übergeschr. _
vor 3639 auf geklebtes Bild (31) mit Überschrift: Gods gnade gibt dem pilgerin den stab.
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Warum der Stab unten nicht beschlagen ist
83
Von dem stabe daz er nit be-
slagen was.
3645 * Frauwe ’, sprach ich zu Gots
Gnade, ‘so mir Got,
Ich mag nit verhalden aen spot
Das ich uch nit sage waz myns
gedenckens ist
Von dem stabe, daz er unbe-
slagen ist:
Is gefellet mir nit wol, daz
wissent,
3650 Umb andern die alle beslagen
sint.
Obe ir nu wollent, so sagent mir
[U3 r ] War umb das ir yn hant also
geben mir!’
‘0’, sprach sij, ‘wie bistu so
döricht!
Du darfft keiner schellen an dem
halse nicht.
3655 Han ich dir nit yetzünt gesaget,
Hette is dir einwenig gedacht,
Das du dich oben an daz ende
salt fijden
Und an die knoppe dich salt
stfiren ?
Dan die knoppe dich nit lassen
3660 Fallen, sonder haldent dich in
rechter massen.
Daz underste ende hilfft dich nit,
Und auch weistu wol da mit
Das beslagen stab wiget mee
Dan der nit beslagen ist ee.
3665 Unbeslagen ich dir den geben
han,
Das du yn desta lichtlicher
moges gedran;
3644. über dem a tn beslagen Tintenfleck.
3646. verhalden üb. geetr. geswigen.
3663. d6richt aus dörecht.
3660. rechter übergeschr.
Und auch vort ein beslagen stab
[*#■1 Sich heldet me inn eime loche
hart
Odir in eime starcken ertrich
3670 Dieffer sich stecket gelich
Dan der unbeslagen ist:
Und so er dieffer ist gestecket,
So viel me ist er beflecket
Und gehindert der yn dreit,
3675 Me dan der den unbeslagen dreit.
Dar umb han ich dir yn also
gegeben,
Das du ungehindert siest eben
Inn löchern odir in puelen
Und das du keine hinderonge
moges fülen.’
3680 ‘Ha frauwe’, sprach ich, ‘noch
ein wort!
Mich düncket nit das ich sij
verdort:
Nit da von das ir hant gesaget,
Dan dar umb des ir nit hant
gedacht.
Obe hunde mich ankomment odir
mordere
D^ r ]Und myn stab unbeslagen were,
3686 Wenent ir das sij yn föchtent
also sere
Als obe er vor beslagen were?
Umb die sache rede ich alleine
Und nit umb anders keyne.’
3690 ‘Dar zu’, sprach sij zu mir,
‘Wil ich zu stunt antwerten dir:
Du enhast nit den stab
Dan dar umb ich dir den gab:
Du salt nit da mit slagen noch
striden,
3668. heldet übergeschr.
3673. er übergeschr. das bef tn beflecket
üb. gtstr. ge.
3675. den üb. geslr. yn.
0 *
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84
Gottes Gnade führt den Pilger rn ihre Waffenkammer.
3695 Dan dn dich dar an stören salt
zu zijden.
Und obe du dich wilt beschüden
und nit me
Und auch nit wilt zurstoren oder
ertzurnen ee,
Die Waffen da mit du dich be-
schuden magst
Und dine vigende da mit uber¬
winden magst,
3700 Balde genüg wil ich dir sij
geben,
Dan ich wol weiß wo ich sij
finden eben.’
[U4•] ‘Ha frauwe’, sprach ich, ‘der
stab
Gefellet mir mit solichem under-
hab
Das ir mir wollet süchen
3705 Die wappen und mir die ge¬
röchen ! ’
Da gieng Gods Gnade in iren
umbhang
Und rieff mir dar gar balde zu
handt:
‘Nu gesiech’, sprach sij, ‘über
dich
An die stange und luge ob ich
3710 Wappen zu suchen ferre solle
gan:
Ich sehen ir genüg dich zu
wappen an.
Da sint helme und pantzer viel,
Krege und beinharnesch an ein
ziel,
Schilde und des du bederffen
magst
3715 Odir eyner der sich wilt weren
fast.
[115'] Nu nym da das du wilt han,
Und wappen dich wol, du haist
Urlaub dran!’
Da ich die hübsche wappen
also gesach,
Von irer Schönheit freude mir
geschach.
3720 Doch künde ich nit wissen wol
Mit welichem ich myn bestes
schaffen sol;
Dan ich der wapen nie me ge¬
bröchet hatte
Und mich auch nit me gewappent
hatte.
‘Frauwe’, sprach ich, ‘nu wisent
mich,
3725 Obe ir wollent, welich wappen
sal ich
Nemen und wie sal ich mich
wappen ?
Dan helffent ir mich nit wappen
ön,
So hettent ir zu male nöscht ge-
taen.’
[115*] Da nam sij ein wammesch alt,
3698. waffen aus wappen. dn übergeschr.
3715. eyme Hs. Der Übers, hat sich in
diesem Vers eng an das Orig, (et quanque faillir
puet A eil qni deffendre se veut) gehalten u.
sein bederffen (v. 3714) darüber aus dem Sinn
verloren, h ist ihm gefolgt.
3721. myn beetes schaffen üb. gestr. mich
aller best behelffen.
3722. wapen übergeschr.
vor 3706 auf geklebtes Bild {32) mit Nebenschrift rechts: Godes gnade wilt den pilgern
wappen. Gottes Gnade seigt auf Harnisch und Beinschienen, die an einer Stange hängen.
unter 3728 auf geklebtes Bild (33) mit Unterschrift: Gods gnade gibt dt wameach dem
pilgerin: dar durch ist verstanden gedolt.
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Zuerst reicht sie ihm ein Wams von besonderer Art (Geduld).
85
3730 Das hatte eine verkerte gestalt:
Ich solichs nie keins me gesehen
han
Noch auch davon nie gehört san;
Dan gelich hinden an dem rucke
was gemacht
Und was auch hart dar an ge¬
lacht
3735 Als ein anebuß was das getaen,
Dar uff man hammer streiche
solde entphaen.
Das bodt sij mir zu dem ersten.
‘Hie ist’, sprach sij, ‘das aller
beste
Wamesch das ie kein man ge-
sach:
3740 Und enhette einre nit füß noch
handt
Und were an einen pale gewant
Und enhette nit me dan daz
wammesch an,
So würde er doch nit uber-
wonden von yeman,
Dan er wurde mit grossen eren
3745 Sine vigende uberwinden werden.
[ji6»-]Und auch sagen ich dir noch me,
Und das sal dich nit wondern ee:
Der dis kleit ane hait,
Sinen nütz er wol da mit zu
schaffen hait,
3750 So andern da mit yren schaden
dunt.
Missewahs yme sin körn wahssen
dunt
Und ungewijder dut füllen sinen
spicher
Und böse wingart weder sinen
keller;
Von grossen nesseln hat er ein
weich bette
3755 Und von liden er viel wollust
hette;
Sine gaben machte er von armüt
Und wiederwertikeit yme freude
dut.
Fasten dut yn feiste werden
Und siechtagen dunt yn starck
werden.
3760 Stiche in anfechtongen
Gebent yme underloschungen.
[JJ6»1 So man is me stichet, so is
harter ist;
Dan gelich als is gemacht ist
Von Stichen, das wammesch ge¬
want,
3765 (Dar umb ist is auch durch
stochen genant,)
Glich also das ist gesteppet
Mit Stichen und hart gekloppet,
So saltu is desta lieber han
Und daz auch an dyme lybe
dran.
3770 Umb der Stiche willen is sere
gut ist,
Und aen Stiche is nütscht wert
ist.
Wiltu wissen wie is ist genant:
Gedolt ist sine name alle zu
hant,
Die ist gemacht umb zu lijden
3775 Und da bij Stiche han zu zijden,
Zu sin hart als ein anebüß,
3757. vor wiederwertikeit übergeschriebenes,
durch Korrektur am Anfang (f...on) jedoch
unleserlich gewordenes Wörtchen (ursprünglich
von?), das zu tilgen sein wird, da die mit
• •
dem von beabsichtigte Änderung der Stelle ( viel¬
leicht fiach dem Orig.: et son soulas d’advereite)
nicht durchgeführt ist.
3769 zioischengeschr.
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86
Der Pilger beklagt eich, daß das Wams ihm zu eng ist.
Der sich nit weget umb einer
federn stoß,
Zu liden aen murmelen,
Alles mit gudem willen zu lijden.
[W] Dis wammesch det Jhesus an
3781 Da er vor dich an daz crutze
wart geslan.
Uff yn wart gestochen und ge-
slagen,
Das er alles leit und hait ver-
dragen:
Keine worte er nit sagete noch
ludte.
3785 Ein anebuß er was heimlich und
uberlude
Zu allen siegen, als er wart ge-
slagen:
Und dar umb wart uff yme ge-
slagen
Dine schetzonge und müntzen.
Die böse smiede des smyedetent
3790 Uff syme rucke und daz da
müntzetent,
Also das du wol gedencken
magst:
Wan sich der konnig wilt
wappen fast
Mit den wappen, die do gut sint
Und die nit uß zu slahen sint.
3795 Also nym sie und duhe dich an,
So bistu viel ee bereidt dar an
\U7<-] Die ander wappen auch an zu
dun,
Die da uff lygen sollen;
Dan das wamsch sal unden sin,
3800 Der anders recht wilt gewappent
sin.’
3777. nit iibergeschr.
3793. den üb. gestr. diesen.
Da nam ich das kleit hie
Und det is an; ich weiß nit wie:
Swere is mich duchte und enge,
Und daz zu dragen machte mir
gros gedrenge.
3805 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘uwer
hamesch mir nit ist
Recht gesnyeden worden in
keiner frist;
Also mochte ich is nit gedragen
Aen mich zu male sere da mit
zu überladen.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘daz wam¬
mesch hart
3810 Dir gar gerecht gesnieden wart,
[iiö r ] Werest du recht besnyeden;
Dan der gebreste an dir ist be¬
lieben
Und bist nit recht nach dem
wammsch geriegen;
Dan du bist zu groß und zu
feisset viel
3815 Und haist smaltz under den
flugel zu viel,
Zu viel sagende und zu förtig.
Soliche Sachen machent dich so
unlidig
Und so groß das du daz wam¬
mesch fast
Aen swerde uff dem rucke nit
getragen magst;
3820 Dan du must dich schicken nach
yme
Und es sich nit na dime synne,
Abe zu dun des zu viel an dir
ist,
Und das du nu viel kleiner siest,
3794. Vnd üb. gestr. das.
3805. mir übergcschr.
vor 3S05 aufgeklebtes Bild (34) mit Nebenschrift rechts: Der pilgerin der beclaget sich
von dem wamesch das es yme za enge ist.
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Gotte» Gnade belehrt ihn aber eines Besseren.
87
Wiltu da mit wol angetan sin.’
3825 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘na wysent
mich den synn
Wie das ir dis versteent:
Obe man solle behanwen mich
[7i8*l Odir wie ich solle lyden mich,
Und wie ich nach syme gefuge
mich fügen
3830 Solle odir mich dun besnyden’.
‘Sicher’, sprach sij, ‘du bist zu
zijden
Zu male sere kyfelecht
Und auch da mit nydig recht.
Du salt wissen daz das wam-
mesch gelich
3835 Dich 'machen wirt, obe du wilt
hören mich,
Und dich wirt recht schicken:
Nu drage is aen ußricken,
So darfft du keins andern zym-
mermans.
Is sal dich recht nach yme
stellen
3840 Und nach yme die knüchel abe
feilen.
Duncket is dich wol zum ersten
swere sin,
Das ist umb das du nit gewane
bist sin;
Aber wan du des gewanest,
[119 r ] So is nit me böse noch swere
ist.
3845 Ist yemans der dir übel sprichet
Odir durch boßheit sich an dir
richet,
Kere yme den rucken und nit
sprich ein wort,
Dan der hunde bellen dort
Saltu zu male achten nit!
3829- vor nach ein tu tilgendes mich.
3834. vor salt gestr. s.
3850 Kere yme den anebuß und rede
nit
Und laß yn na sinem willen dar
uff slahen:
Dar durch wirt daz wamesch
dich recht dun dragen
Und wirt dir recht an stan.
Und sagen dir daz du also
lichteclich
3855 Wirdest gecronet sicherlich;
Dan durch soliche siege und
smyedonge
Und durch soliche hameronge
Gesmiedet wirdt die crone
Die kein mentsche konde machen
so schone.
3860 Das ist die da mit gecronet
sint
[119 »] Die marteier, die mit dem wam-
mesch gecleidet sint,
Die uff dem anebuß gehemert
wurden
Gar sere und yn große siege
wurden,
Also das yn gesmiedet wart
3865 Die kröne bereit und geben
wart.
Dar umb in guden truwen rade
ich dir
Das du daz wamesch dragst,
folge mir;
Dan du sin wol bedürffen wirdes
Zu einer zijt die kommen wirt:
3870 Das ist wann Anefechtonge
Im felde, im wege, in husonge
Dir zu kommet und dich flehtet
an,
Und sine diener dir schicket vor
an,
3873. vor an hint. gestr. son (?).
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88
Gottet Gnade gibt dem Pilger einen Panzer (Stärke).
Die so grosse streiche uff dich
slahent
3875 Und so viel uff dir gehemmerent,
Also hettes du des wammesch
nicht,
So qwemestu in dodes plicht.
[120 '■J Nu duhe da mit allen dinen
willen,
Dan ich han dir gesagt mynen
willen! ’
3880 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘is gefeilt
mir wol
Was ir gesaget hant, ich is nit
versprechen sal
Anders dan myn krafft nit ist
so gros,
Als ich meynen, das ich so blos
Möge das bein hamesch gelyden
3885 Odir das gedragen zu keinen
zijden.
Doch so wil ich mich stercken
So faste ich mag, an mynen
wercken.
Brengent sij und besehent wes
ich bedarff:
Das brengent mir miteinander
scharff!
3890 Ich wil genöglich gewappent sin,
Und solde ich dar umb zer-
spalden sin.’
[120 •] Da hait sij her vor getaen
Ein pantzer, das waz wol getaen,
Von einre gar lieplichen gestalt;
3895 Mich duchte nit daz is were alt.
Sij sprach: ‘nu nym daz kleyt
Das zu zijden wart bereidt
Zu striden wieder den Dot
Und wieder alle sine gebot
3900 (Das ist: wieder arbeit und lijden
Und alle yre erschrecken zu
zijden).
Dan der Dot ist so ein wildes
dier:
Der is sicht, der erschricket
schier
Und wirt als uß sinen synnen;
3905 Er verluset ussen und innen
Alle sine gedencke und geberden
Und wenet er solle verlorn
werden.
Es ist yme hart und übel dran
[ 12 l r ]Hait er diese wappen nit an;
3910 Aber der dis pantzer hait an,
Der fochtet sin nit umb ein
knoppel dar an.
Er get siecher inn allen kriegen
Ere und pris da mit zerkriegen:
Umb dodes not wolde er nit
3915 Sich wenden odir abestelen icht.
Das wappen smyedete zu zijden
Der smiedt der von oberlant
qwam rijden,
Der da smiedete sonne und
wasser
Aen zange und auch aen
hammer.
3920 In der zijt was nit geschetzet
Kein ander wappen noch be-
weret,
Und noch ist er nit gewappent
wol
Der des nit hait und haben sol.
Dis pantzer ist stercke genant,
[ 121 "] Das die kempen an getaen hant
3923. vnd üb. gestr. odir.
unter 3891 Bild (35) mit Unterschrift: Hie git sij yme das pantzer: das ist ge¬
heißen stercke.
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Weiter Kragen, Helm, Schild, zwei Handschuhe und ein Schwert.
89
3926 Die Jhesum Crist zü hant gehört
Und vor zijden in kriegen nit
hant gefort
Den dot und den geachtet nit;
Das ist alles dar nmb geschiet
3930 Das sij so stede waren und auch
so starg
Von des pantzers wegen, das da
waz so hart
Und auch so wol gemachet was
Das kein geslieffen waffen das
Noch nie gebrechen noch ver-
snyden mochte,
3935 Das doch nit zu verewigen
döchte;
Dan die nagel da is mit genegelt
was,
Der droit des smiedes wol ge¬
bortet was:
Da mit waren die ringe alle ge¬
negelt
Und auch gar wol gehörtet.
3940 Das isen auch gehertet was
In dem blude daz uß des smieds
wonden waz
U'^ r ] Ußgefloßen, davon is viel desta
harter was,
Das pantzer, und viel desta
sicherer bas,
Umb das alle die die is hattent
an
3945 Und das uff die zijt wolden
dran,
Das sij alle waren so starg
Das nit was kein krieg so arg
Noch keine pyne so freyßlich
Das sij die fochtent eyme halme
glich.
3950. han hint. gestr. dun.
3950 Dar umb salt du is ane han
Uber daz wamesch und daz nit
lan,
Wiltu mir andere geleuben:
So gesistu obe du yme siest
eben.’
[l~2" 1 Da nam ich daz pantzer bij
mich,
3955 Und dar nach balde sprach ich:
‘Frauwe, ich bijden uch gütlich,
Ehe ich daz pantzer an duhe
glich,
Das ir mich wollet lassen sehen
Alle die wappen die ir mir
wollent geben,
3960 Da mit ir mich wappen wollent;
Dan dar nach daz ich gesehe
eben,
Wolde ich mich auch stellen zu
leben
Und die wappen an zu dun.’
Einen krag sij dar brachte,
3965 Einen helme und targe sij dar
achte,
Zwene hentschoue und ein swert;
Nit langer sij da beyte vort,
Balde sij zu mir sprach:
‘Mit den wappen die ich da sach
alle,
3970 Salt du dich zu mynnesten
wappen balde;
[123 r ] Dann is ist mit den wol genug,
Kanstu dich mide erweren
genüg,
Wie wol ich dir auch ander
wolde geben,
Wiste ich große krafft in dir zu
heben;
3969. Vor die ist alle gestr.
unter 3953 Bild (36) mit Nebenschrift rechts: Hie gibt sij yme die ander wappen.
Sie überreicht Kragen, Helm und Armschienen.
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90
Von dem Helm (Mäßigkeit).
3975 Aber ich wil sij andern sparen,
Die ich me starcker dan dich er-
farren.
Von dem helme und dem krage,
Din heubt zu male zu bewarn,
ich dir sage:
Zum ersten salt du daz pantzer
an dun,
3980 Und wann du daz haist wol an
getaen,
Dar nach saltu die hentschue
nemen an
Und dine hende dar in fugen
eben;
Dann wo du die dar inn nit ver¬
bergest,
Nit wol du gewappent werest.
3985 Den helme, als du daz wissen
salt,
Messykeit du yn nennen salt
\123*\ Zu gesehen, zu hören und zu
riechen
Sachen die dir sint schedelichen.
Dan gelich als der helme be¬
decket und beslußet
3990 Die synne und einen da inne
verdrftßet,
Also dienet auch messykeit
Zu huden daz äuge daz zu wit
uffen steit,
Und das zu viel ergeben ist
Zu üppikeit und zu böser list;
3995 Dann were daz harnesch nit
enge beslossen,
Is wurde dar inn geschoßen
Ein pile, der zum hertzen treffe
Und aen artzedie den dot
brechte.
3975. sij übergeschr.
3996. geschoßen aus gegoßen.
4002. nit fehlt, ist aber durch das Orig,
geboten.
Mürmelonge auch zu hören,
4000 Hinderklaffen und reden von den
dören
Der helme stöppet den ingang,
Also daz zu dem hertzen nit get
der gedang.
Kein solich pyle mag da nit
schaden,
[I24r] Wie wol man sere da mit über¬
laden
4005 Und viel hart da mit schiessen
mag.
Bose nachberynne ir geschutze
nacht und dag
Und dar zu ire Stiche, die böse
fliegen,
Mogent dich hinden wol be-
triegen
Und mögen sij vor die hinder-
düre werfen,
4010 Aber in die stirne sij die nit
legen dorffen.
Von dem smacken ich dir auch
sage
Das der helme hie bedecket
habe;
Dan unordeclichen gesmag
Dut dir kein gut nacht noch
dag:
4015 Dar umb so ist der heim also
gut,
Der dich dar vor wappen dut;
Dan is ist der uff ein deyles
Zu zijden waz genant der heim
des heiles,
Davon sant Paulus spricht das
4020 Daz man den uff daz heubt
setze de bas.
[4003.] Kustode unten auf BL 123 •: wie
wol man sere da mit.
4019. Ephes. 6,17.
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Von dem Kragen (Nüchternheit).
91
f 124*} Nu wil ich dir sagen von dem
kragen
War umb du yn salt nu tragen:
Er beheldet dir dinen hals gantz.
Nuchterkeit er sich nennet gantz
4025 In diesem lande und auch über
mer,
Das ist von messykeit ein stucke
her; .
Und wart auch dar umb gemacht
Fresserie da mit zu straffen dag
und nacht,
Umb das sij die lüde griffet
4030 Mit dem halse und harte bisset.
Aber du solt wissen daz dis
Wappens list
Mit zweyfeldigen ringen gemacht
ist;
Dan er were nit starg genug
Were er nit von zweyfaldigen
ringen gut.
4035 Und die sache ist umb leckerie,
Die da hait zweyfaldige scie:
Daz ist die eine von versuchen
[j25'-]Und die ander von uberigem
bösen fluchen.
Von versuchen die snyde sich er¬
hebet,
4040 Davon er sich selber dodet:
Durch die rede macht er den
getzug
Da mit sij dot slug iren nachbur
gnug,
Also du das wol wissen wirst
Her nach, so du das sehen wirst,
4045 Also das wieder soliche driege-
rynne
Gut zu haben ist des krages
synne.
Es ist eine sache die gar siecher
ist,
Wie wol das is ein dein wappen
ist;
Dar umb rade ich dir flysseclich
4050 Daz du dich da mit wappes
wiseclich.
Mit dem essen und drincken din
Saltu nit faste krudelich sin:
Das dir wirt, daz habe zu
dancke,
[125*] Und von wenig saltu sere
dancken!
4055 Von der rede sage ich dir auch
also viel:
Hude dinen mont und nit sprich
übel
Von yemans; zu yederman rede
Alletzijt mit guder rede!
Mit dem krage gewappent was
4060 Zu zijden der ein apt zu Chaalis
was,
Sant Wilhelm, din guder mag:
Wan so er nit dan wasser und
brot hatte,
Das hatte er zu so großem
dancke
Also hette er alle ander Sachen
genug gehabt;
4065 Dan du wol an syme leben
finden mast
4083. er vor were übergetchr. u. dahinter
schwarz gestr.
4036. Dem unklaren scie entspricht im Orig.
forsenerie, in h bedrog.
4038. vor bösen dicker vertikaler Strich.
4042. n. iren versehentlich noch ein zweites
ire.
4055. sage gleich übergeschr.
4060 ff. vgl. Vita S. Gulielmi episc. Bituri-
cen8i8 9 (Analecta Bollandiana 3 [2884], 283).
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92
Von den Handschuhen (Gute Gebärde).
Das er wol mochte fasten
Bij große gnügde und wol lyden
durst.
Du magst auch wol finden sust
Daz er zu allen luden zu reden
[l 2 G r ] Nit alleine bereit was und zu
beden,
4071 Sonder er was auch gemeyt
Zu straffen die ubelredenden umb
leit.
Wann er sij horte, so sprach er:
‘Redent zu dem der daz Aralde
hait, daz er
4075 Nit zieder dwijle er das hait,
So sehent ir obe er daz lait! —
Davon ir redent, horte er gerne
uff,
Sere gerne, obe er is gedun
mochte.’
Also wappette sich der man
4080 Mit dem krage und bereitte sich
dan:
Also salt du auch gerne Wappen
Dinen hals da mit und stoppen.
Von den hentschuen ich dir
auch sage
Das is gut ist das du sij träges,
4085 Das du da mit siest bewart;
Dan wurdest du geslagen hart
[126 •] Uff die hende, daz were dir nit
gut
Und brechte dir an andern glid-
dern keinen mut,
Und dedes da mit nit viel
4090 Die hende die da sollent ge-
wappent sin
Mit den hentschuwen an getan
und behudt fin,
Sint rüren und begriffonge,
Tasten und fuelonge.
Wie wol man an dem libe fyndt
4095 Me glidder die auch fuelende
sint,
Doch wirdet durch die hende bas
bekant
Was man an rftret, zu hant;
Und umb daz der lüde daz mere-
teil
Glaubt daz kein ander tasten sij
so geile,
4100 Dar umb sage ich daz gemeyn-
lich
Daz durch hende tasten sij ge-
wisselich.
Die hentschue du salt angriffen
Und die an dine hende striffen
[ 127 r] Und dich da mit wappen,
4105 Die die ich dich han sehen lassen
Und die da sint genant
Das dritte deile der messikeit
bekant
Und heissent gude geberde,
Die man wol an eynikeit
4110 Sal glichen manichfaldikeit;
Dan mit wercken und willen
Sal man sinen namen stillen;
Dan mit den wercken were nit
gnug
Wo der wille nit dar zu hait
gefug.
4115 Niemans mit eime hentschue
hette genug
Noch were da mit gewappent
gnug;
Dann is aen verbot zweye gelden
muß,
4068 ff. vgl. Acta SS. BoTland. Jan. 1637. 4099. das (auch in h) fehlende Verbum
4074. aide IIs., fievre Orig., danach richtig Glaubt eingesetzt nach dem Orig, (croit).
daz kalt h. 4117. Dann.
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Von dem Schwert (Gericht).
93
Dann man werck und willen
haben muß.
Sij sint bede gut bij eynander
4120 Und auch beqwemlich bede mit-
eynander.
[1.27 »] Soliche geberde, die getzweifel-
diget ist,
Von ettlichen wynnebrot genant
ist;
Dan dar durch gewonnen ist das
brot
Da mit des mentschen hertze er¬
füllet ist aen not
4125 Das vor langer zijt betzeichent
wart
An dem brode daz David ge-
heischen hait,
Das Abymelech yme nie
Geben wolte noch erleuben nye
Ee er wiste das er an getan
were
4130 Mit dem wynnebrot und ge-
wappent were.
Und wiltu das studieren und
lesen,
In dem buche der konnige fin-
destu daz wesen.
Das wynnebrot zu einer zijt
hatte
Sant Bernhart, da sich hatte
4135 Bij yn gelaicht ein wyp,
By in nacket in sin bette:
So balde er sij gerurt hette
[I 28 r \ Und er yr wart ge war,
Zu yr kerte er sich nye dar
4140 Noch mit syme begriffe nie
rurte;
Sine hende also gewapent furte
4132. I. Reg. 21,4 — 6.
4133 ff. vgl. S. Bernardi Vita et res gestae,
lib. I auctore Guillelmo 3, 7 (Miyne, Patr.
lat. CLXXXV, col.230).
Das sij waende er were ein isern
man:
Dar umb schiet sij aen schände
von dann,
Und aen schaden gieng sij druß.
4145 Das dadent die wynnebrot in
dem huß
Da mit er sine hende gewappent
hatte.
Dar umb rade ich dir gütlich
Das du dich da mit wappes
glich;
Dar umb han ich dir sij her
bracht,
4150 Dich die gewijset und dir vor
gelacht.
Von dem swerte saltu ein
wissen han:
Kein besser wappen du nit magst
han;
Dan kondest du dich da mit be¬
heben wol
Und hettest kein ander wappen
zu male,
4155 So weres du geforten mee
[ 128 *] Dan weres du mit den andern
gewappent ee
Und hettes des swertes nit
Odir das du dich da mit be-
helffen kondes nit.
Das swerte gerichte genant ist
4160 Und vor der andern me ußerwelt
ist
Und das beste das ye gefülete
Konnig odir graffe noch gehielte.
Noch nye was Ogirs swert
Noch Rolans noch Oliviers so
wert,
4139. nyedar.
4153. beheffen.
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94
Von dem Schwert (Gericht).
4165 So gut noch so mechtig,
Noch von gute so krefftig.
Das ist dis: wan is zijt ist,
So gibt is yederman das sin ist.
Is ist ein swert des keysers,
4170 Eins regierers odir eins richters,
Durch den alle die geregieret
sint
Die von syme huse und unstreff-
lich sint;
Dann zu allen zijden drauwet es
[129 r] Das keinre übel duhe, er ge-
dencke an es.
4175 Es verhüdet den lyp vor wieder¬
springen
Und wilt Got liep zu haben das
hertze dringen:
Den gedancke dut es bekeren
Und schalckeit und bedrog uß.
eren.
Den willen, die begirde,
4180 Daz verstenteniße und die ge-
hügde,
Die sele mit allem yrme gesynde
Sij richtet und straffet,
Daz ir keins yme übel dar dun,
Uff sine äugen uß zu stoßen dun;
4185 Dan aen beiden und balde
Wurde er gestraffet von dem
swerte balde.
Das bij Zeichen hastu an sant
Benedictus,
Der mit dem swerte gegürtet
waz alsus;
Da mit yn zu zijden gegurtet
hait
4190 Der konnig, da er yn meister
gemacht hait
[129*] Der gesetze; und da er quam als
ein keiser,
Als ein regierer und ein richter,
Dem sin lip, der versüchet was,
Nit wolde underdennig sin, umb
das
4195 Er yn mit dem swerte geslagen
hait
Und yn so harteclich gestraffet
hait
Also das er yn gar nahe gedodet
hatte.
Dar nach er yme nie enwart
Ungehorsam; er were yme zu
aller fart
4200 Undertenig aen wiederstant:
Der wart alletzijt gewar zu hant.
Dis swert du dragen salt
Und dich da mit beschüden salt
Von den allen ich dir vor han
gesagt,
4205 Die dir sint heimlich odir wieder¬
sagt;
Dan du keinen bosern vigent nit
magst han
Dan die dir heimlich sint ge-
taen
[I30 r ] Und die mit dir behafft sint:
Die selben dir aller sorglichste
sint.
4210 Also wann du fülest iemans
wieder dich streben
Und wieder din heile leben,
So slage yn also hart
Das er nit me wieder dich sij so
hart;
Und wan du ettliche sijhest
4215 Irren und des gewar wirst,
4182. Sij irrtümlich statt Es. ( Migne, Patr. lat. LXVI, col. 132).
4187 ff. vgl. Vita S. Benedicti (Ex libro II 4204. dem.
Dialogorum S. Gregorii Magni excerpta) Cap. 2
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l)er Pilger wünscht eu dem Schwert eine Scheide und einen Gürtel.
95
Wann du syhest din hertze
wencken
Odir böse gedencke dencken,
So du sijhest den gedanck uß-
gan
Von guden wegen odir unredelich
gan,
4220 Wan du den synne geneiget
sijhest
Uff wercke das unredelich ist,
Dan sal din swert geschudet sin
Und balde her vor getzogen sin:
[J30*]Dar durch sal ieclicher sin ge¬
richtet
4225 Und wieder an sine ende ge-
slichtet.
Nu duhe is alse wisseclich,
Dan ich gan dar durch kurtz-
lich.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘is
stunde wol
Und gefiele mir auch in myme
synne wol
4230 Das mir ein fuder von uch
werden mochte,
Das swert dar inn zu dun wan
is dochte;
Dan is also alletzijt zu dragen
Konde ich nit wol gedun aen
schaden.
Es ist auch me, sant Benedictus
4235 Drug daz swert auch nit alsus;
Dan er daz umb sich gegurtet
hatte
Als der konnig yn da mit ge¬
gürtet hatte:
Und das hant ir mich gelemet;
Dar umb duchte mich ebent
[131 »•] Das das swert uff die zijt einen
gurtel hette
4241 Und ein fuder, dar in er is ge¬
stoßen hette.
Das wolde ich auch gerne also
han,
Mochte is mit uwerm willen sin
getan.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du redes
recht,
4245 Und gefellet mir wol daz du alse
siecht
Myne worte verstanden haist;
Dar umb ich dir dinen willen
fast
Erfüllen wil und dich da mit
gurten,
Das man dich dan auch müße
fürchten.’
4250 Da sach ich sij gan
Zu der Stangen da an
Die ander wappen waren und
hiengen
Und die Stange umbflengen.
[131*] Von dannen sij das fuder abe-
bandt
4255 Und brachte das und sprach zu
hant:
‘Hie ist das fuder dar in sant
Benedictus
Das swert det und drug in und
uß:
Is hait einen guden gürtel wol
zu gürten
oben auf Bl. 131 » Bild (37). versifieierter Text datu (schwärt mit roter Umrandung):
131 r unten: Gots gnade gibt dem pilgerin
Dm fuder von dem awerte sin,
Das ist genant demutikeit,
131o oben: Der gurtel ubonge in stedikeit
Und die tartscbe vorsichtikeit.
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96
Von der Scheide des Schwerts (l)emut).
Und eine gude rincke hart zu
steicken.
4260 Nu nym is und hude das wol,
Dan man is umb nicht verlieren
sol!
Das fuder mit syme rechten
namen genant
Ist und den demüdigen wol be-
kant,
Da inne du din swert herbergen
[132r] Salt und din gerichte verbergen;
4266 Und erkennest du in dir gudes
icht
Und daz du habest getan dis
odir daz villicht
Verbergen salt du is under das
fuder,
Das ist gemacht von eime dot-
lichen lüder,
4270 Mit gedencken und ertzellen
Zu aller zijt und her vor stellen
Das du dotlich bist und durch
dich
Daz nit haist getaen, dan durch
mich.
Gedencke an den uffenen sunder
4275 Und an den andern glissener,
Die underscheideclich hattent
Yre swerte und die also drugent!
Dan der das swerte in dem fuder
hatte
Und das er ein sunder were, be-
kant hatte,
4280 Wart gelediget und erhöhet
[ 132 ”J Und der ander genydert und ver-
smahet,
Umb das er daz swert hie uß
hatte
Und daz in dem fuder nit en-
hatte.
Is ist besser sich entschuldigen
4285 In syme beslosse und verduldigen
Und sin fuder innen zu besehen
Dan sin gerichte uffeclich lassen
sehen
Odir sprechen: “sehent, das ist
myn swert,
Das ich han uß der scheiden
wert!”
4290 Also dunt die hochfertigen,
Folie windes und die uber-
müdigen,
Die nit süchent dan üppige ere
Und das von yn alletzijt sij
nuwe mere.
Also salt du nit dun:
4295 Du salt din swert in din fuder
dun,
Das verbergen und dich nydern
Aen bedrug und dich demütigen;
[J33»-] Dan die sache wirstu wol be¬
finden
Wann du dich besiest vorn und
binden.
4300 Wann du is also in gestossen
haist
Und is in das fuder also getaen
haist,
Mit dem gurtel salt du dich
gürten
Und dine wappen hart bij dich
gürtten,
4259. h: striecken, Orig.: eatraindre. 4269. Orig.: d’une morte pel, h: von dot-
4262. Orig.: Ce fourrel ai est apele Par liehen hnden.
son droit non Humilitö; h: Daz fuder ist mit 4274 ff. vgl. Jmc. 18,10—14.
syme rechte namB demudikeit genant.
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Vom Gürtel des Schwerts (Beständigkeit) und der Schnalle (Härte).
97
Uff das du me sicherlich
4305 Dine wappen dragest und stoff¬
lich;
Dan is ist keinre der so wol ge-
wappent sij
Wo er unden nit wol beslossen
sij,
Gegürtet odir suß versorget hart,
Das er möge sprechen sich wol
gewappent sin;
4310 Also das der swert gürtel dir
muß sin
Eins andern starcken gurteis
wert,
Wan so er umb dich gegurtet
Und in sine rincke beslossen
wirdt.
Der gurtel heisset stedikeit
[ 133 *] Und die rincke hartikeit,.
4316 Die sich alletzijt bij ein ander
halden
Sollent und aen scheiden bij ein
behalden;
Dann in sturmen und in noeden
Mag eins aen daz ander wenig
nutze sin.
4320 Der swert gurtel umb sine lenge
Behelt die wappen bij ein in ge-
drenge.
Er heldet sij bij ein stedeclich,
Wie wol er das swert auch
heldet gelich;
Er heldet sij das sij alletzijt an
getaen
4325 Sint und nit uß getaen
Werdent umb keine Sache
In keinen zijden, wie sich das
mache.
Die rincke heldet und hüdet
wol
Den riemen, der alletzijt sal
4330 Hart beslossen sin und halden
Deutsch« Text« des Mittelalters. XXV.
[I34 r ] Die ander stucke, daz sij nit
balde
Uffgent, und heldet sij stedeclich,
Das sij bij ein belibent sicher¬
lich.
Sij ist das rechte sloß
4335 Der wappen und ir besloß;
Dan als du gefraget haist
Diese Sachen, das gefellet inh¬
alier bast;
Dann da ist nit is sij dir nutze-
lich
Und dar zu auch faste beqweme-
lich.
4340 Nu brache das als du salt,
Dan du dyne große ere da mit
schaffen salt!’
Da ich die worte also gehörte,
Faste gedenckig und erschrocken
ich wart;
Dan von der luteronge
4345 Was wenig myne meynonge;
Dan ich wände daz mir lichtec-
lich
[134*] Das fuder werden solte und nit
so swerlich;
Doch hette ich gewollet wol
Das das wammesch swere wol
4350 Das ich an hatte, were uß ge¬
west;
Doch leit ich mich
Uff die zijt und antwerte da nit
ich.
Da sij mir von dem fuder also
hatte gesaget,
Balde sij einer ander rede ge¬
dacht :
4355 ‘Nu wil ich dir aber sagen bas
Von der tarschen die da was.
Aen tarsche ist keinre gewappent
wol
Noch bewart odir behüdet wol;
7
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98
Von dem Schild (Vorsicht).
Dan die tarsche vor argeronge
4360 Die ander wappen behudet vor
schonunge:
Durch sij sint die ander wappen
behüdt,
Das sij nit gebrochen werden, sij
das dut;
[235 »■] Dan so ferre sij dar vor ist,
Die ander bewart sint mit guder
list.
4365 Die tartsche heißet vorsichtikeit,
Die konnig Salmon drug in ge-
wonheit
Zu dun recht und gerichte,
Und das ließ er durch nichte.
Die tarsche was yme besser
4370 Dan zweye hondert cronen mer
Und dru hondert tarschen von
golde
Die er machte und in sin nuwe
huß hencken wolde;
Dan durch die tarsche wart er
geeret
Bij siner zijt und sin lop ge¬
nieret,
4375 Und da er die dar nach verloß,
Da was er von sinen eren bloß.
Alle die tarschen von golde
Und alle die cronen die er haben
wolde,
Warent yme nit eins herings
wert
[235»] Und gülden yme auch nie so
viel;
4381 Dan sij alle verlorn wurden
Und doch von der tarschen be-
hudt wurden
So lange als er die bij yme drug.
[4395.] Kustode unten auf Bl. 135*: Sij
sal dich da mit.
Aber balde dar nach wart er
verlorn
4385 Als er die tarsche hatte verlorn,
Also das du dar durch magst ge¬
sehen,
Obe du wilt, und auch vernemen
Von dieser tarschen den wert:
Die ist besser dan fhnff hondert
gülden wert
4390 Dar umb rade ich dir daz du sij
träges
Und dich und dine wappen da
mit bewares,
Da mit zu schirmen und zu
spielen
Wan du dine fiende syst zu dir
ylen.
Kanstu nit spielen mit dem bou-
celere
4395 Odir dich da mit behelffen sere,
[136 r] Sij sal dich da mit wol leren
spielen:
Du- darfft ander meister nit
fiele.
Nu nym sij wan du gewappent
bist
Mit den andern wappen in der
frist!
4400 Is were wol zijt, obe du woldes,
Sij zu nemen, obe du sij haben
woldes,
Und dar umb han ich sij dir ge¬
geben
Mit uffgetanen henden eben.
Nym si balde, du sij an und
wappe dich wol,
4405 Dan dir anders nit so gut sin
soll’
4404. du sij an übergeschr.
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Der Pilger klagt, daß die Rüstung ihm zu schwer sei.
99
Da ich die reden also ver¬
standen hatte
Und mir myn hertze gar sere
erferet hatte,
Dan ich nit hatte gewonet das
Das ich also harte gewappent
was,
4410 Und an dem andern ich mich
sere leit
Vom wammesch, das ich drüg
daz harte kleit.
[13G»\ Doch umb yren willen
Zu dun und den zu erfüllen,
Versuchte ich zu dun die wappen
an,
4415 Und also hub ich an dem pantzer
an
Und det is über das wammesch
an:
Obe is gut were, darre ich nit
gesan.
Da ich is also hatte an getaen,
Den zweyfeltigen krag ich da
nam
4420 Und lachte den umb mynen hals,
Und dar nach stieß ich myn
heubt als
In den heim und verbarg das;
Da nam ich die wynnebrot bas
Und daz swert, daz ich da umb
mich gurte bas.
4425 Da ich also gewappent gieng,
Die tarsche ich an myne sijtte
hieng;
Ich det alles als sij mir gesaget
hatte,
Wie wol ich kein wol gefallen
dar an hatte.
[ 137 '] Da ich mich also gewappent
sach
4430 Und ich die wappen fftlete nach
Uff mir so krudelich und swere
Und sij mich drucketen sere,
Da antwerte ich Gnaden Gots:
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich bijden
uch gnade
4435 Das uch nuscht übel gefallen
wolle
Das ich uch myn ungemach
clagen solle.
Diese wappen ligent mir so
harte an
Das ich von stat nit kan gegan:
Ich muß alhie zu male beliben
4440 Odir die wappen ußdun und sij
laßen lygen.
[137>] Der helme zu aller erste
Dut mir groß uberleste,
Das ich glich bin verdurmelt,
Geblendet und gedeubet
4445 Daz mir gefellet, sehen ich nit;
Was ich gerne wolde, hören ich
nit;
Durch den geroch ich nit fuelen:
4406. die reden u. hatte tugeschr., nachdem
hatte n. also u. das n. verstanden gestr. waren.
4407. Vnd mir u. erferet hatte zugeschr.,
nachdem erschrocken was hinter sere getilgt war.
Der ursprünglich im Anschluß an das Original
mit 4407 anhebende Nachsatz muß nunmehr,
wenn kein Anakoluth angenommen oder m
v. 4407 eine Änderung (etwa Ich oder Sij statt
Vnd) angebracht werden soll, v. 4410 beginnen;
zu dem Und vgl. das Wortverzeichnis, h (4407):
da wart mir myn hertz gar sere erferte.
4409. harte über gestr. sere.
4427. hatte n. mir gestr. u. a. d. Schl, gesetzt.
nach 4432 auf geklebtes Bild (38) mit Nebenschrift rechts: Hie ist der weller gewappent
vnd claget das die wappe zu swere sin.
7*
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100
Er will die Rüstung niederlegen und beruft sich dabei auf David.
Daz duncket mich ein groß
quelen.
Dar nach der böse krag
4450 (Das yme werde ein großer
slag!)
An dem halse meistert mich,
Das mich duncket er wolle er¬
würgen mich;
Er drucket mich daz ich nit kan
reden
Als ich wil, noch vort getreden
4455 Odir daz mich lüstet, geslinden
Daz mir zum lybe möge nütz
bringen.
Dar nach von dem wynnebrot
weis ich wol
[138r] i c h m yn brot da mit nit ge-
wynnen sal:
Soliche hentschue nit gut sint
4460 Den den die hende weich sint.
Die hende sint mir weich, daz
ist mir leit,
Und sij sint hart und breit;
Ich mag sij also nit lange ge-
lyden
Aen mir we zu dün da myde.
4465 Also sage ich auch von dem
uberigen,
Mich kurtz da von zu ledigen:
Is krudet mich alles so gar sere
Das mit kurtzen Worten nit mere
Ich es ertzelen nit en kann,
4470 Ich hette dan me synne dan ich
noch han.
Ich bin undergangen als David
geschach,
Der auch mit syme grossen un-
gemach
Gewappent wart, aber ylentlich
Det er sij us und snelleclich;
[138*] Dar umb wil ich dun als er,
4476 Dan sin byzeichen wol gefellet
mir.
Alle myne wappen wil ich nider-
werffen
Und mich mit myme stabe be-
helffen:
Es ist besser snelleclich gan
4480 Dan also belyben hie zu stan.
Vorbaß gan konde ich nit
Wo ich die wappen lechte nider
nit,
Und also wurde ich bedrogen
In die hübsche stat zu gen,
4485 Und bijden uch daz is uch ver-
driesse nit
Und auch das is uch versmahe
nit.’
‘Sicher’, hait sij geantwert
mir,
‘Nu sehen ich wol daz du von
mir
Nit behalten haist daz ich dir
han gesagt,
4490 Und haist sere wenig dar an ge-
daicht.
Odir du gedenckest vil lichte
[139 r] Das ich sij so gar lichte
Das myne reden meren sien
Odir das sij sient vol driegerien?
4495 Wenest du is? so dich Got be-
hüde,
4450. yme üb. gestr. ir. 4468. Vor mit ist ich schxcare gestr.
4452. duncket aus dunckt. 4469. es übergeschr.
4455. Odir aus die. 4495. so üb. gestr. dz. behüde sugeschr.
4462 aus Vnd sij so hart sint vnd bo breit, hint. gestr. G...
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Unwillig hält ihm Gottes Gnade vor, daß er kein Herz habe.
101
Sage mir is, so ee, so besser,
uberlüde! ’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘durch Got
gnadent mir,
Also sollent nit gedencken ir!
Ich weiß wol das ir sagent nicht
4500 Is sij dan alles zu güde gericht;
Aber myne crafft reichet nit so
ferre
Das die wappen swere
Von mir lange gedragen werden
mögen,
Und ich auch nit in keynen
zögen
4505 Also das ich vergessen habe
Uwer wort, sonder ich wol ge¬
dacht habe,
Als ir zum ersten hant gesaget,
Das mich die wappen am ersten
krüden
Und sere bekommern wurden,
[J39*]Das sij die lange nit endeten,
4511 Wann so ich der gewönet hette.
Aber ich sagen uch das ichs nit
gelernen kan,
Umb das ich an mir fonden han
So gar grösse kranckheit
4515 Und an yn so grosse hartikeit:
Und das sint Sachen die ungelich
sint
Und größlich wieder ein ander
sint.’
‘War umb’, sprach sij, ‘hastu
mir angetan
Arbeit und mich ersucht dar an
4520 Die wappen zu han wan du sij
nit gelijden magst
Odir auch nit getragen wilt den
last ? ’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich ge¬
dacht nit dran,
Da ir mich da bij dadent gan:
Ich uch nit me geheischen habe
4525 Dann einen beslagenen stabe;
Aber da ir von den wappen mit
mir retent
[iw] Und mich die dar nach wisetent,
Da forderte ich sij, dan ich
waente
Das myne stercke die dragen
mochte,
4530 Das nü zumale anders ist,
Wan an mir keyne stercke ist.
Das sehen ich wol, dan ich un-
krefftig bin
Wo ich nit balde entwappent
bin.’
Dar uff sprach sij: ‘du haist
nit
4535 In dir zu male kein hertze nit.
Es ist nit daran daz du nit ge-
schuldert oder gebeynet sijst
genug:
Du werest groß und starg genüg
Were es das eynig gut hertze
hettestu;
Dan vom hertzen kommet stercke
des mannes nu
4496. uberlide eugeschr. 4521 korr. aus Sij gelyden odir getragen
4499. Ich üb. gestr. Ich, an dem korrigiert war. magt.
4503. üb. dem e in lange ein n, wohl An- 4530. Das aus dann, dahinter is schwarz
satz zu nit mögen eugeschr. gestr.
4504 zwischengeschr. u. unglücklicher Flick- 4536 zwischengeschr.
ters, dem im Orig. u. in h nichts entspricht. 4537. Du werest z. Anf. a. R. eugeschr. u.
ich] l. ist ? ( H .) nit üb. d. Z. zugeschr. u. zu a. Schl, weres du gestr.
Anf. des folgenden Verses gestr. 4539. nu zugeschr.
4520. sij «. gelijden übergeschr.
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102
Er werde der Rüstung noch sehr bedürfen.
4540 Als der appel vom stamme des
appelbaumes.
Was mag ein dein man sagen
des,
Der sich eyme kempen glich wil
sagen?
Fortestu dich wappen zu dragen
[140*] Und umb krangheit entschuldi¬
gest dich?
4545 Mochtes du auch nit vor dich
Als vor einen andern die wappen
lyden ?
So du sij dreist dich zu behüden,
Nit magst du sij gedran, als du
sagest!
Nu bijden ich dich aber, was du
dün magst
4550 So du ungewappent den weg hyn
gast
Und dich dine Agende ankomment
Und dich dot zu slahen from-
ment,
So wirstu sicher sprechen:
“ ouwe,
War umb hastu dich entwappent
ee?
4555 War umb han ich nit glaubt
Gots Gnaden?
Dann bist du alle zu male be-
drogen,
Dan weistu wol waz ungefelle
ist,
Und das is nit so gar swere ist
Die wappen zu dragen
4560 Als solich wee zu lyden und zu
verdragen!
[i4i r ] Nu werent sij mir eine große
freude,
Die wappen, obe ich sij hette;
ach leyder
Mag ich nummer widerkommen
odir ich solle
Zu Gots Gnade, daz sij mich
wappen wolle!”
4565 Wan du also haist geschrijen
Und uff den dot bist wont ge-
slagen,
Wenes du dan, daz dich Got
hnde,
Das ich gerne da hin gan solte
myde,
Wann du mir vor nit glaubt
haist
4570 Umb din bestes und diner eren
last?
Und me, obe ich wol dar gienge,
Was ich dann da begienge?
Yetzont saltu viel starcker sin
Dan du dan mochtes ummer sin;
4575 Dan wirstu gekrencket vast
Von den wunden die du dan
haist,
Dwijle du nit ytze gedragen
Die wappen magst odir gelyden;
[141*] Als dann umb nust dar gienge
ich
4541. des sugeschr.
4542. vor Bagen Rasur.
4543. Fortestu dich a. R. zugeschr. u. a.
SM. fochtest du dich gestr.
4544. vmb üb. gestr. von.
4545. nit vor üb. gestr. als ich. Hinter
dich ist bydden gestr.
4546. Als a. R. sugeschr.
4547. dreist üb. gestr. vor.
4548. das t in Kit üb. Rasur. du sij nit
übergeschr., hier das n i t jedoch zu streichen.
4550. den weg hyn übergeschr.
4556. Dan bist du aus Nu bin ich.
4560. ly de vnd zu übergeschr.
4567. hude aus behude.
4579. I. mit h umb sust wie 4580? Orig,
beidemal pour nient.
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An David solle er sieh in anderer Beziehung ein Beispid nehmen.
103
4580 Und umb snst bekümmerte mich.
Es ist ytze zijt an zu kleyden
Die Wappen und nit langer zu
beyden.
Wiltu mir gleuben, du beheldest
• •
sij
Umb dich und bewarest sij,
4585 Uff das du dich da mit behelffest
Wann is dir not düt und zijt ist.
Sint sij swere, so ganck gemache,
Dan gemechelich sere ferre man
gan mach.
Es geschiet dicke das daz aide
wip viel ee,
4590 Wann sij yren weg siechte ghee,
Ist zu sant Jacob odir sant Joste
Dan der der sin phert faste
Sticht und siet arglich
Und ridet sere scharfQich;
4595 Dan er fyndet balder hindernisse
me
[142'] Dan das aide wip duhe ee,
Die siecht yren weg geet.
Von dem als ir redent von
Davidt,
Der sine wappen niderlachte zu
einer zijt,
4600 So sage ich dir, wiltu an yme
nemen
By Zeichen, so wil ich dich nit
straffen,
Also das du nit dan versteest
wie
Du dinen gront salt machen hie:
Zum ersten saltu gedencken an
4595. das r i» balder übergeschr.
4603. vor Du fälschl. ein zweites wie.
4606. L Reg. 9,1—2. 17,38—40.
4608. Sauls son irrtüml. Hs., von h über¬
nommen; v. 4616 richtig Saul. Die eingesetzte
Lesart folgt dem Orig, (pour le fil Cis, Saul).
4611. zu vor swe’ übergeschr.
4605 Sine kintheit, dan er waz klein
man,
Als die hystoria das besaget
Auch waren die wappen yme nit
begadet,
Sonder sij waren vor SauZ, Cis
son,
Der der groste was in dem lande
schon.
4610 So saltu gedencken das sij waren
gros,
Von viel getzuges und yme zm
swere und zu gros.
[142 •} Also wann du die zwo Sachen
haist geacht
Flyßlich und wol bedaicht,
So lachte sij David nieder
4615 Mit gudem rechte und det sij uß
wieder:
Vor Saul waren sij gar gut,
Aber vor David waren sij zemale
nit gut.
Dan was niemans gut ist,
Dasselbe auch mir nit gut ist:
4620 Das ist das als Aristotules spricht
In syme buche das Etike genant
ist.
Aber were David gewest als du
bist,
So groß als er sijther wart,
Und hette dann die wappen nider
gelaicht,
4625 So mochtes du wol an yn han
gedaicht,
An yme exempel zu nemen
4620. Aristoteles, De moribus 10,5. Das
Original hält sich enger an Aristoteles:
Quar ce qui eat bon a mulon,
Si n’est pas bon a estalon.
h folgt unserer. Übersetzung.
4622. gewest übergeschr.
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104
Trotz aller Warnungen legt der Pilger die Rüstung wirklich nieder.
Und auch zu dun als er eben.
Aber er hait nit also getaen
[;43 r ] Noch dich also zu dun gelernet
han;
4680 Dan da er zu manne wart,
Zu allen kriegen er wol ge-
wappent wart:
Is was keinre der gedencken
dorste
Das er ungewappent in kriege
kommen dorste;
Dann were er also dar in
kommen,
4635 Er were nit lebende wieder heim
kommen.
Die gewappent er alletzijt lieb
hatte,
Und von der zijt das er sich
entwapent hatte
Von den wappen Saul, ander
wappen er drug,
Da mit er Golyam dot slug:
4640 Die waren yme gefuglich
Und auch dar na faste beqweme-
lich.
Weres du als er was, ein kint,
So mochtes du dun als er det,
sint:
So liede ich wol daz du in diner
jungheit
4645 Nit hettes also grosse arbeit;
[143"] Aber du bist gros genug zu
dragen
Die wappen, woldes du nit ver-
tzagen
4631. wol übergeschr.
4633. körne übergeschr.
4649 ff. Orig.: et honte avoir devroies Se
porter les (tu) refusoies; h: so soltestu dich
Und woldes dich wol bewijsen;
So dorffestu nit schäme lyden
4650 Obe du ußslugest die wappen zu
dragen:
Das mochte dich nit ruwen in
keinen dagen.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich ge¬
sehen wol
Das ich an uch nit viel ge-
wynnen sal
Uch zu wieder sin und zu reden
4655 Odir uwer Sachen zu wieder¬
reden ;
Aber ich sage uch das ich muß
niderlegen
Das alles und kan des nit langer
geplegen.
Is ist nit ich dun is alles abe;
Dan da ist nutscht davon ich
freude habe:
4660 Sij hant mich alle sere gemüdi-
get,
Gedrucket und gelediget’
Da sloß ich die rincke uff,
[144 *■] Da mit giengen auch die wappen
uff;
Dar nach lachte ich nyder gurtel
und swert
4665 Und die tarsche, die was mir nit
gar wert.
Da sij mich gesach dun also,
Balde sij mich straffette und
sprach do:
‘Die wijle du dich entwappen
wilt
schämen die wapen versagen zu dragen: yß
mocht dich yemer me ruwS.
4658. ich.
vor 4666 auf geklebtes Bild (39) mit Nebenschrift rechts: Hie leget der weller die
wappE nieder vnd claget das er sij nit gedragE mag. Unter den nicdergelegten Waffen ist
hier auch ein Schild mit weißem Kreuz.
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Als er ihrer aber ledig ist, befäUt ihn Angst.
105
Und die Wappen alle niderlegen
wilt,
4670 Zum mynnesten du mich bijden
soldes
Das ich dir suchen wolde
Einen der so starg mochte sin
Der mochte gedragen die wappen
din;
Der sij uff sine achssel lüde
4675 Und dir die nach trüge,
[144 »] Uff das du sij mochtes bij dich
nemen
Wan sij dir eben qwemen.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich hatte
uch so sere
Ertzurnet das ich uch nit mere
4680 Solichs an gesuchen, aber yetzont
Bijden ich uch flehelich zu stont.’
‘Nu beide mir’, sprach sij, ‘ein¬
wenig !
Ich bringen dir eynen, obe ich
mag,
Der dir die wappen wol getragen
mag,
4685 Dir nach alletzijt nacht und dag.’
Da gieng Gots Gnade von mir
hien,
Ich weiß nit wol wo sij gieng
hien;
Und ich beleih da alleyne
Bis das ich mich gantz ent-
wappent gemeine.
4690 Den krag det ich abe, daz
pantzer uß,
Den helme abe, daz beingewant
auch uß,
Und behielt nit mee dan den sack
Und auch mynen pilgerin stab.
[145 *-] Da ich mich also entwappent
sach,
4695 Da was gar groß myn ungemach.
‘Guder milder Got’, sprach ich,
‘was sal ich dun,
Das ich so viel arbeit han dun
dun
Gods Gnade, myne meisterynne,
Mynre guden schaffenerynne ?
4700 Nun hatte sij mich reyneclich
Bereidt und wol adelich:
Als einen graffen sij mich ge-
wappent hatte
Odir einen hertzogen, dar an nit
viel gebrost hette.
Aber wieder ire underwisongen
4705 Und ire milde underrichtongen
[145”] Han ich alles nidergelacht und
ußgetaen
Und der zu male nicht behalden
han.
Lieber Got, war umb ich verlorn
han
Myne crafft, war han ich sij
getaen ?
4710 War umb bin ich nit me
krefftiger,
Me starcker, me harter und me
hafftiger,
Das ich mochte gehalden
Die wapen und sij behalden?
Sicher ich were viel desta besser
4715 Und hette mich Gods Gnade de-
lieber:
4671. dir üb. gestr. dich, vor wolde schwarz 4713. behalden üb. gestr. gelyden.
gestr. lassen.
vor 4694 auf geklebtes Bild (40) mit Nebenschrift rechts: Hie ist der weller gar er¬
schrocken. Er steht traurig da, die Linke am Auge, mit der Rechten auf den Stab gestützt.
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106
Do schafft Gottes Gnade wieder Hilfe.
Alle andern ertent mich de me
Und föchtent mich und hettent
mich desta lieber me.
Aber is dauget nit, dan ich
möchte icht
Die gelyden inn keinen weg nit
4720 Ich wil mich Gots Gnaden be-
felhen
Und alle zumale an sij laßen;
Ich meyne sij solle mir helffen
und mich nit lassen:
[146r] sij hait ytze der gelich getaen,
Dar umb ich der mer hoffen zu
ir han;
4725 Und mich zu machen wegefertig
Ist sij balde enweg gangen gelich
Yemans zu suchen und zu be-
gaden
Der mir die Wappen helffe
dragen.’
Als ich in dem wesen also was
4730 Und ich alleyne gedachte das,
Da sag ich Gots Gnade, die
braichte
Eine dierne die nit hatte
Kein äuge, als mich beduchte
das.
Aber da sij so nahe bij mich
waz kommen
[I46 f ] Und ich sij wol hatte gesehen,
4736 Hinden uff yrem nacke
Sij ir gesichte zu male da hatte;
4716. ertent üb. gestr. hettent
4718. (langet ü6. gestr. ist. icht aus nit.
4724. 12. schlägt de statt der vor.
4726. vor sij angefangener Buchstabe (b ?).
4729. dem aus der. wesen üb. gestr.
m&ssen.
4730. ich übergeschr.
Ir äugen sij gedecket hatte
Und sag vor sich zu male nit.
4740 Das was gar eine leyde geschieht,
Als mich duchte, und gar wider¬
machte,
Und das wonderte mich
Gruwelich, und ich wart sere ge-
denckicL
Als ich das also gedachte
4745 Und mich zu grossem wonder
brachte,
Gots Gnade rette zu mir und
sprach:
‘Nfi gesehen ich wol, nu gesehen
ich, ach,
Das du bist ein frommer rittere:
Da du salt stryden mere,
4750 Da hastu die wappen nider-
gelaicht
Und bist uberwonden aen slag.
[147 r ] Du must ein badt han dich zu
baden
Und ein weich bette dich dar uff
zu laden,
Einen artzet dich wieder zu
heylen
4755 Dine adern und dir die recht zu
deilen.’
#
‘Frauwe’, sprach ich, ‘des
sollent ir sin
Eine artzerynne und eine
sterckerynne;
4734. wz Übergeschr. Nach koffien ist
was schwarz gestr.
4735. sij übergeschr. gesehen aus be¬
sehen, dahinter das schwärt gestr.
4736. Vor Hinden ist sij gestr.
4737. Sij o. 12. zugeschr.
4743. sere übergeschr.
vor 4734 auf geklebtes Bild (41) mit Nebenschrift rechts: Godes gnade brlget dem
welle’ gedechteniß die wappg zu dragen. Eine Frau im blauen Kleide (Gedächtnis ) wird von
Gottes Gnade am Arme zu dem Pilger geführt.
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Sie bringt eine Frau herbei, die dem Pilger die Rüstung nachtragen soll.
107
Dan ich bin so müde werlich
Das ich die wappen sicherlich
4760 Zu male nit gedragen möchte
Wo ich nit me stercke haben
möchte.
Das ir nit übel betzalt werdent,
bijden ich uch,
Und das ir nit zurnent uch;
Dan ich noch groß hoffen zu uch
han
4765 Und zu uch einen gantzen ge-
truwen han.’
‘Nu’, sprach sij, ‘ich han dir
fonden
Diese dierne und her gewonnen
Uß einre gegen die ist ferre,
[747»] Dir zu helffen in dieser noit;
4770 Dan ich sehen wol, hulffe dut dir
not,
Das du qwemest balde zu böser
geschiet.
Diese dierne du mit dir füren
salt
Und dine wappen ir befelhen
salt;
So sal sie die mit dir dragen
4775 Uff das, wann is not wirt be-
gaden,
Als ich dir sagette, das du sij
findes bereidt
Und sij an dühest vor ander
cleit;
Dan hettestu sij nit alletzijt bij
dir
Und sie nit andedes zu noden
dir,
4780 So weres du balde dot und er-
slagen
Und braicht zu viel bösen dagen.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘von dem
gesien
Das ir mich hant laßen gesien,
Wolde ich gerne wissen den
namen,
4785 War umb daz is also ist getaen.
[748'-] Es ist eine verstalte sache
Gheen mir und ungewonliche,
Und ich meynte sicherliche,
Als ich das hatte von uch ver¬
standen,
4790 Das ir mir brengen soldet von
andern landen
Einen knecht starck und lichte,
Der mir viel lichte
Sollte sere helffen dragen;
Dan der dierne helffe nit kan
bejagen
4795 Me dann ein büttgin helffen
dragen:
Die dierne mochte nummer mee
Keine wappen gedragen noch ge-
liden ee.’
‘Da von’, sprach sij, ‘wil ich
dir sagen
4759. sicherlich hint. gestr. guteclich.
nach 4764 der zweitfolgende Vers schon be¬
gonnen: Nu sprach sij; dann diese Worte durch¬
strichen u. die zweite Hälfte der Zeile mit einem
Striche ausgefüUt. neben der Zeile links a. R. v.ü
4769. noit hint. gestr. sere.
4770. dut üb. gestr. ich. not aus niet.
4771. Statt Das liest h Oder. balde hint.
du gestr. und vor zu übergeschr.
4772. mit dir übergeschr.
4773. befelhen üb. gestr. geben.
4774. dir üb. gestr. ir.
4775. is und wirt übergeschr., letzteres üb.
gestr. is. begaden aus begadet.
[4785.] Kustode unten auf Bl. 147": Es ist
eine y’stalte.
4793. vor sere gestr. helffen.
4795. die ersten Buchstaben von büttgin
auf Rasur.
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108
Von der herbeigeholten Frau (Gedächtnis).
Und auch kürtz gnüg antwerten
dar an:
4800 Diese dierne ist bekant
Und mit yrem rechten namen
genant
Gedechtenisse, die nutschit ver-
nymmet
[Wö®] Von zu körnender zijt und nit
gesicht;
Aber von der alden zijt kan sij
wol
4805 Und vergangen Sachen gereden
wol.
Na der vergangen zijt und da
hinden
Mag man ir äugen und gesichte
finden.
Es ist nit eine verwonderte
sache,
Als du wenest, odir verstalte
sache,
4810 Sonder ist eine sache die not¬
dürftig ist
Allen den die da hant den list,
Die sich wollent zu vorsichtikeit
machen
In guder konst und guden Sachen.
Sy weren lange sere verarmet,
4815 Die schuler, hetten sij die schüler
nit bewarnet
Und hütte sij yn nit ir anheben,
Das sij wisseut und gelernet
haben;
Dan die gekaufte sache ist
wenig wert
Wo man sij na dem kaufe nit
heldet wert
4820 Also das sij die äugen da hinden
hait,
[149 r] Dar umb sij hait der huderynne
stat
Und ist eine schatzhelderynne
der künste
Und der wißheit große günste.
Und dar nach saltu wissen
4825 Das alle synne und wyssen
Hüdet sij und dreyt die mit ir
Und hait die an allen enden bij
ir;
Und dustu sij huden und dragen
Und die Wappen also mit dir
dragen,
4830 So wirt sij is dun
Und dar inn keinen wiederstant
dun.
Sij ist also starg die zu dragen
Als sij mechtig ist die zu huden
zu ewigen dagen.
Und nit versmahe das,
4835 Als du vor haist gesaget bas
Und sij hast gehalden vor eine
dierne an
Die nit dan ein büttgin solde
dran;
[149’] Ee saltu dich selbs versmahen,
Wann du na dir selbs woldes
fragen;
4840 Dan das du nit magst gedragen,
Das dreit sij wol und ist nit
überladen
4799. gnüg übergeschr.
4803. zijt vnd üb. gestr. sache.
4808. nit übergeschr.
4812. sich üb. gestr. da. zu übergeschr.
4815. Die schuler üb. gestr. die schuler.
I. mit h hette ? auch das zweite die schüler
Übergeschr., dabei schüler etwas verwischt.
4822. schätz üb. gestr. stat
4823. der üb. gestr. von.
4837. üb. dem b in büttgin Tintenfleck,
desfuilb noch einmal ein b übergeschr.
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Nachdem ihr die Rüstung auf geladen, geht der Pilger Moses um sein Brot an. 109
Und dut ir auch nit we.
Es were irrongen und schänden
viel me
Und wurde din auch viel ge¬
spottet me
4845 Dan das ein knecht sij gedragen
hette
Der starg und krefftig gewest
hette;
Und also vordechteclich
Sij herbraicht han ich
Uff das, wann sij die wappen
hait
4850 Geladen und gedragen hait,
Das du dich auch zu dragen ver¬
suchest
I
Odir aber davon große schände
lydest.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘dwijle
is also ist,
[ 15 ° r ] Sage ich zu uch nit und wider¬
sprechen icht
4855 Konde ich nit wol:
Nu sient alle uffgehaben wol
Die wappen und uff sij geladen
zu mal;
So han ich gedacht vor zu gan,
So wirt sij mir nachgan.’
4860 Da hüben ich und sij die uff
Und luden sij Gedechteniße uff,
Und die nam sij gewilliclich,
Als das auch was not gelich.
Da sij waren also uffgeladen,
4865 Gots Gnade von yren gnaden
Rette zu mir gar sußeclich
[150»] Mit den Worten und sprach mil-
declich:
‘Nun’, sprach sij, ‘bistu bereydt
Zu gan in die hübsche stat breit.
4870 Du hast Gedechteniß, dine drege-
rynne,
Die dir nachgan sal von hynnen;
Die sal dragen die wappen din
Dich zu wappen wan is zijt sal
sin.
Du haist den sack und den stab,
4875 Hubscher dan yeman hait ge¬
habt;
Von allen stucken weres du wol
ußgeracht,
Hettestu Moyses brot bij dir ge¬
habt.
Gang und nym des, du hast sin
laubes,
Wie wol du des nit verdienet
habes,
4880 Und hüde dich wol das du des
Das du dun salt, nit ubertredes,
Als du haist gesehen daz man
dun sal,
\l'>l r ] Und das auch da bij erkant wol!’
Aida gieng ich zu Moysen
4885 Und hiesch yme sins brodes mir
geben.
Das was des uffhabes den er gab
Den pilgerin und erleubet hait:
Er gab mir is, und ich nam das
Und lachte in mynen sack das.
4843. Es were üb. gestr. So wirt. vnd 4844. wurde übergeschr. me nach viel
schände übergeschr. gestr. u. a. d. Schl, gesetzt.
vor 4860 Büd (42) mit Nebenschrift rechts: gotts gnade vnd der pilgerin ladent
gedechtenisse [verschrieben: gededechtenisse] die wappB uff.
nach 4889 Bild (43) mit Nebenschrift rechts: Hie fordert der pilgerin des uffhabes an
Moysen. Moses erscheint hier nicht mit dem Bischofshut, sondern gehörnt. Mit der Rechten
bietet er dem Pilger das Brot dar, in der Linken hält er ein Brotkörbchen.
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110
Gotte» Gnade mH von nun an unsichtbar um den Pilger »ein.
4890 Dar nach ich mich zu Gots
Gnade wante
Und yr yres gudes sere danckete
Und bat sij das sij mich nit
laßen wolde
Odir auch von mir nit scheiden
wolte
Und das sij in mynen noeden mir
4895 Nit wolde ferre sin von mir;
[151*] Dann, als sij sagete, wiste ich
wol
Das ich aen sij nit gedun odir
schaffen sol.
‘Sicher’, sprach sij, ‘gewerlich,
Aen mich schaffest du nit sicher¬
lich
4900 Und weres gar balde uberwonden,
Hettest du nit hude an mir fon-
den;
Und dust wißlich das du forderst
Solichs das dir dann not ist.
Und umb das die begeronge din
4905 Mich nit düncket unredelich sin,
Dar umb bin ich in willen zu
gan mit dir
Uff dis male und nit scheiden
von dir,
Ich werde dan ertzornet von dir.’
[ir> 2 r] ‘Frauwe’, sprach ich, ‘grossen
danck!
4910 Nu han ich genug aen wanck.’
‘Nu verstant’, sprach sij, ‘wie
Ich willen han mit dir zu gan
hie:
Is sint ettliche die hant getruwen
In ire frunde und auch dar zu
hoffen
4915 Also groß daz sij des genug ent-
geldent;
Dan sij gedenckent daz sij sij
behalden wollent
Und uberhaben werdent durch
sij zu stunt
Obe sij eynich übel gedaen hant
odir dunt:
Also das du dich dar uff nit
fydest
4920 Zu male an mich odir dar an
stur es t,
Uff das du nit übel duhest
In fidonge daz du von mir nit
uberhaben siest
Von dyme gesichte odir den
äugen din
Wil ich nit angesehen sin.
4925 Ich han einen stein, der ist dar
zu geachtet
Das er die lüde, wan ich wil,
unsichtlich machet
Durch den verdrucken ich mich
Vor dinen äugen und verbergen
mich,
Also daz du wenest ich sij bij
dir,
4930 So bin ich anderswo ferre von
dir
[152’'] Uff eime andern wege von dir
gekert;
Und das ist wann so du dich
verkert
Haist und anders dust dan du
billich salt;
Wann du nit fragest balt
4935 Den weg da du hin gaen salt,
Und wann du den guden weg
lessest
Und den bösen weg ußgest,
Also das du wol wyseclich
nach 4898 Bild (44) mit Nebenschrift rechts: der pilgeryn dancket gnaden gotts.
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Der Pilger beschließt den 1. Teil seiner Traumerzählung.
111
Dich versynnest an zu gan itze
gelich;
4940 Dan ich ytze mit dem steine
arbeiden wil
Und mich des gheen dir ge¬
brachen wil,
Und itze an scheiden ich mich
Von dinen angen und dyme ge¬
sichte.’
Also balde sij das hatte gesagt,
4945 Sag ich sij nit me, da waz mir
lachen versagt;
Myn hertze des sere trarig was,
Es knnde aber dar zu geduu nit
baß.
[153 r] Doch mynen weg zu gan,
Als ich den angeslagen han,
4950 Wil ich nit underwegen lassen;
Dan ich wil mich yetz dar an
laßen.
Zu Gedechtenisse sprach ich daz
sij qweme
Und myne wappen mit ir neme
Und die brechte mit ir
4955 Und der keins vergesse mir.
Siecher sij det yme also,
Sij bracht sij alle und ließ keins
do,
Und des was große not viel;
[153»J Dann dar nach fant ich hinde-
ronge so viel:
4960 Were ich nit mit wappen bewart
gewest,
So were ich dicke dot gewest;
Nit das ich sij alle male an
dede
Zu mynen noeden odir daz ich
sij neme;
Dann dicke durch myne trakeit
4965 Leyde ich manichen schoß und
leit
Die ich nit gelieden hette
Der mich wol gewappent hette.
Nun han ich gesaget aen hin-
derwan
Ein deile des draumes den ich
getreumet han;
4970 Das uberige wil ich uch ertzelen
lan
Her nach so ich die müße han,
Und ir werdent daz lieber hören
Wann ir einwenig gerüwet
weren.
Aen underlaß alles verdrüßet,
4975 Schon weder und auch so is
gusset.
[*54 r ] Ein ander male komment her
wieder,
Wollent ir is vort hören sieder;
Da tuschen bedencken ich mich
Recht zu sagen waz gedreümette
ich.
Hie hait das erste buch ein ende Und hebet sich das zweite an
am ende.
Oben auf Bl. 153 r , üb. dem Bilde, sind die Frauwe sprach ich grossen danck
beiden ersten Verse von Bl. 152, welches zum Na han ich genug ane wanck.
Nachholen eines vergessenen Passus eingelegt 4949. vor han gestr. gehabt.
wurde, gestrichen: 4959. so übergeschr.
vor 4948 auf geklebtes Büd ( 45) mit Nebenschrift rechts: Hie geet der pilgery hynweg
ynd gedechtenisse die yme syne wappen dreit. rechts oben über dem Bilde xlv. Gedächtnis
hält den voranschreitenden Pilger mit einer an das rechte Bein gebundenen Leine.
unter der Unterschrift des 1. Buches angefangenes Bild, nur Federumrisse: Der Pilger
steht mit erhobenen Händen vor Gottes Gnade.
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112
Neue Erlebnisse des Pilgers: Ein Bauer (Grobes Verständnis) tritt ihm entgegen.
4980 Nach dem das ich uch vor ge-
saget han
Von dem das ich sag und ge-
dreumet han,
Ander wonder, die ich sijther
sach,
Als ich daz zum ersten verjach,
Uch wil ich verkünden und er-
tzelen,
[154*] Dan is were nit billich zuver-
helen.
4986 Als ich allerdinge gestalt was
Mynen weg zu gan und bereit
was,
Ich fieng an sere zu gedencken
War umb is were das ich aen
wencken
4990 Die wappen nit gedragen mochte
Und das ich so große krafft nit
han mochte
Als dann die dierne hatte
Die sij mir nach gedragen hatte.
‘Nu bin ich’, sprach ich, ‘ein
man
4995 Der da ist eyme kemppen glich
getaen,
Und weiß mich nit bresthafft sin,
Sonder an allen mynen gliedern
gesont sin,
Und bin gestalt zu dragen nu
Die dirne und ire bürden dar zu.
5000 Wo kommet daz her das ich so
fellig bin
Und von krafft so unmechtig bin
Das ich das daz ich sij han ge-
sien dragen,
Eine stonde nit mag gedragen?
Das ist eine große schände mir
Das sij me stercke hait dan ich
an mir.’
Also als ich gedachte das
Und in gedencken gienge vorbaß.
Ein großer gebure ungestalt,
Gedreet und wiederstalt,
5010 Der einen hagedornen stab
Drug (als ein böse knab
Schein er sin und ein böse pilge¬
rin),
Der begegent mir in dem wege
myn.
‘Was ist dis’, sprach er, ‘war sal
ich gan,
[755*] Dieser pilgerin war wilt er gan?
5016 Er ist nu wol bereidt,
Als yn duncket, und gestalt,
Aber er muß mir is lassen balt
Und myner fragen antwerten.’
5020 Da ich yn also gehörte reden,
Gröblich wart ich mich erferen;
Dan ich wände das er mich an-
lauffen solde
Und des auch nit langer beiden
wolde.
Doch gar zuchtenclich
5025 Rette ich zu yme und demütenc-
lich:
5008. Einen großen Hs. (auch h). Unser
Übersetzer hat v. 5013 zuerst wahrscheinlich
Begegenete ich oder ähnl. schreiben wollen im
Anschluß an das Orig. (Un grant yillain ...
Ai encontre).
5010. hagedornen üb. gestr. wackolder.
5014. ich versehentlich für er; Orig.: on
ira ce pelerin, Diex, ou ira?
5015. wilt gleich üb. gestr. sal geschr.
vor 5006 auf geklebtes Bild (46) mit Nebenschrift rechts: grob v'stenteniase hindert
vnd heldet den pilgeryfi vff. Ein Bauer (Grobes Verständnis) mit einer gelben Kapuze um den
Kopf und einem Knittel in der Hand.
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Indes kommt Rechtes Verständnis dem Pilger zu Hilfe .
113
‘Herresprach ich, ‘ich bijden
uch
Das ir mir nit schaden und mich
hindernt noch
An mynem wege und gange;
Dan ich myne biedefarte ferre
gange,
ö030 Und einwenig hinderongen
Moch mir großen unstaden
brengen.’
[i56 r ] ‘Sicher’, sprach er, ‘die irronge
Kommet von dinre uberwenonge.
Wo kommet is dir her, das dich
Got hfitte,
5035 Und war umb bistu von uber-
müte
Das du tarst ubertreden die ge-
setze
Die der konnig nu hait wollen
setzen ?
Es ist lang das der konnig ver-
bodt
Das keinre sacke dragen solt
5040 Und dar zu auch keinen stab;
Und du wieder sin ordenonge
Durch dine dorhette uberwenonge
Eins und auch das ander
Zu dragen haist understanden.
5045 Wo kommet is dir odir wie ge-
darstu her
Kommen, wie bistu so kune?
Übel queme du her, übel kom-
mestu von hynnen,
Und ist böse daz du sij haist
herbraicht mit dinen synnen.
[ /ö6 *l Besser were du hettes dich vor
bedaicht:
5050 Noch nye in allen dinen dagen
Hast du nye großer dorheit be-
jagen.’
Da ich die worte also verstunt,
Me dann vor ich erschrocken
stünt;
Dan ich wiste ein antwert nit
5055 Und konde yme auch geant-
werten nit.
Ich hette einen vorsprechen ge¬
wonnen
Hette ich einen finden können;
Dan ich sin wol hette bedorfft:
Ich hette yn gesucht wo ich
hette gemocht.
5060 Doch da ich also gedachte
Wie ich dannen kommen mochte,
Hub ich die äugen uff und sach
kommen
Das das ich lange gern hette
vernommen:
Das was frauwe Recht Verstente-
niße, die wijse,
5065 Die man wol kennet an yrer
wijse;
[157*] Dann sij nit saget is sij dan ge-
ordeniret,
Wol gestalt und gepürrieret.
Andermale hatte ich sij gesehen
me,
Dar umb erkante ich sij desta ee.
5070 Ich was gar frohe da ich sij
sach;
Dann ich sach das durch sij
groß ungemach
Dem gebure geschee und wurde
von ir begrienen
5034. is «. her ubergeschr.; n. hätte ist liehe Fassung folgte dem Orig.: Et pour quoi
her gestr. es et tex et quiex.
5035. von vbermüte üb. gestr. der vnd; da- 5042. vor Durch gestr. durch.
hinter der zu streichen vergessen. Die Ursprung- 5048. mit ding synng zugeschr.
5051. Hast üb. gestr. mochte».
Deutsche Texte des Mittelalter*. XXV. g
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114 Rechtes Verst. tritt Grobem Verst. entgegen und weist einen Brief von Gnade vor.
Der mich so hart hatte an-
gegrienen,
Als er auch zum lesten wart,
5075 Und bijden uch das ir versteent
wie daz geschach!
Recht Verstenteniße gieng
strag bij yn
Und sprach: ‘gehöre, wie ist dyn
synn,
So dich Got hüde, war zu dienest
du
[IM*] Und schynest so wünderlich sin
du?
5080 Bistu kremer odir falckener
Odir der die hie hyn geent, ein
spyer ?
Wie heißest du und wo hastu
gehauwen
Dinen stab, da mit du haist ge-
drauwen,
Odir wo hastu yn genommen sijt?
5085 Dann is ist keyn gut stab nit,
Der da sie bequemelich
Eyme biedermanne odir erlich.’
Aida hait der gebure
Genommen uff syme stabe eine
sture
5090 Und sprach: ‘sint ir meygerynue
Odir eine nuwe ersücherynne ?
Laßent sehen uwer befelhonge!
So erfaren ich zum mynnesten
uwer name
Und obe ir habent so große
macht
5095 Als ir mir daz hant vorgelacht;
Dan were ich des nit sicher,
So gebe ich uch keine antwert
sicher.’
[JoS*-] Da stieß Recht Verstentenisse
yre hant
Durch ein loch inn yren busem
zu hant
5100 Und hait dar uß eine buhße
braichte,
Dar uß sij einen brieff laichte;
Und da hait sij zu yme also ge¬
sagt:
‘Sicher ich sal dich myne macht
Gar balde laßen sehen und hören.
5105 Lese da, so magstu mynen namen
hören
Und myne macht, wer ich bin,
War umb ich her kommen bin!’
‘Sicher’, sprach er, ‘ich bin kein
schuler nit,
Ich kann in uwern biedern
nicht:
[758*] Also ir wollent, also lesent,
5111 Dann ich achten sij wenig, das
wissent! ’
‘Lieber herre’, sprach sij, ‘iß ist
nit yederman
Der uwern synne wolle han;
Sij sint von viel luden gut ge¬
achtet,
5115 Lieb gehabt und wol bedrachtet;
Nit de mynre mössent ir sij
hören,
Myn schuler wollen mich dan
alle nit erhören.
Uß argenwaen wil ich uch
brengen
Und was macht ich han, uch
Vorbringen.
5120 Komme her, schuler’, sprach sij
zu mir,
vor 5076 Bild (47) mit Nebenschrift rechts: Hechte v’atenteniaae Redet mit grobe
Vstentenisse.
vor 5098 Bild (48) mit Nebenschrift rechts: Rechte v’atenteniMe gibt brieffe grobe
v’stentenisse.
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Gnade läßt Grobes Verst. zur Niederlegung seines Stabes auffordem.
115
‘Und duhe den brieff uß den fel-
den mir
Und lese vor diesem knaben,
Der wenet daz er macht solle
haben!
So er die hie höret lesen,
5125 Wil Got, er sal mir antwert
geben.’
1*59 r ] Da nam ich die und sij da laß,
Da von dem gehöre nit wol was
Genughafft, dan er alles grom-
mete
Und auch das kynne wegette;
5130 Zu ieclichen wort das ich laß,
Er sine zende beiß zu sammen
baß.
Von dem brieffe wollent ir hören,
So mogent ir den inhalt also
hören :
‘Gots Gnade, durch die sich
regieren
5135 Sollen alle konnige und guber-
nyeren,
An Recht Verstenteniße, die uns
lieb ist
Und in allen guden Sachen be¬
wert ist,
Unsern grüß und daz wir uch
entbieden
[ 7 p ] Begern eine gantze ußrichtonge!
5140 Wir han verstanden nuwelicli,
Das uns nit gut duncket odir
hofelich,
Das ein übel smackender gebäre,
Kromp, unbeqweme und süre,
Der sich dut erkennen
5145 Und mit syme namen Grob Ver¬
stenteniße nennen,
Hait sich gemacht ein spier der
Straßen
Und störer der pilgerin in alle
maßen,
Und wilt yn ir stebe nemen
Und ire secke abenemen,
5150 Sij zu erferen mit drauwe Worten
Und mit erdachtenen Worten;
Und umb daz er desta me ge¬
fallen sij.
So hait er entlehent da bij
Umb hoffart einen bösen wunder¬
lichen stab,
5155 Der “ versteynonge ” den namen
hab:
[i 60 r]D er selbe uns in unserme mät
Ubeler gefallet dan der gebäre
dät:
Umb weliche Sache wir dir ent¬
bieden
Und dir auch da mit gebieden
5160 Das du geest in die art
Und warnest den selben coquart
Das er den stab nider wolle
legen
Und das uberige laßen under-
wegen.
Und obe er sich icht dar wieder
stellen wolte
5165 Und dir nit gehorsam sin wolte,
So saltu yme eyn gefueglich ziel
setzen
Und yme dann einen gelegen dag
setzen
5127. dem aus der. 5167. zu Anf. So saltu gestr. Vnd u. dau
5166 zvoischengeschr. übergeschr.
vor 5126 auf geklebtes Bild (49) mit Nebenschrift rechts: grobe v’stentenisae höret die
brieffe die Bechte v’stenteniase bracht hait. Der Pilger liest Grobem Verständnis den Brief
ror, Rechtes Verständnis steht hinter ihm.
8 *
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116
Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
Zu den dedingen des gerichtes,
Und salt yme dez vergessen
nychts.
5170 Des geben wir dir gantze macht
Und befelhonge in unser acht.
Geben in unserm jare, das ieder-
man
Dusent drijhondert und xxxj
nennen kan.’
Da das alles gelesen was,
[160*] So horent wie Recht Verstente-
niße das
5176 Yren brieff wieder gehalten det
Und dar nach zu dem gebure
gesprochen hette
Und sagette yme diese wort:
‘Nu hant ir, lieber herre, gehört
5180 Myne macht und war umb ich
bin kommen her.
> Wollent ir nu mir'antwerten mer
Von dem daz ich uch gefraget
han?’
Da sprach der gebure: ‘wer sint
ir dann ? ’ —
‘Wer ich sij? so mir sant Ger¬
man,
5185 Han ich uch nit gehören lan
Das man ytze hie gelesen hait?
Gedacht ir icht an uwer liebe
Odir daz uch bürg odir thorn zu
machen geliebe ? ’ —
[16D] ‘Jch han wol, so mir sant Symon,
gehört
5169 ewischengeschr.
5187. Die Hs. hat unser; aber Orig, (vos)
und h (uwer) erweisen den Fehler.
[5188.] Kustode unten auf Bl. 160*: Ich
han wol so mir sant.
5190 Das ir sint Recht Verstentenisse
genant wort;
Aber umb das is ist ein ver-
mereter name,
Dar umb ich auch gefraget han
Wer ir syent, und daz mit gudem
recht.’
‘Vermeret name, so mir sant
Rupprecht’,
5195 Sprach Recht Verstenteniß, ‘wo
hant ir daz fonden?’ —
‘In der mülen da ich mich han
fonden.
Da irrent ir felscheclich
Und stelent den luden ir körn
boßlich.’
‘Lieber herre’, sprach sij, ‘nu
horent baß
5200 Zweie deine wort und verstent
das!
Ubelsprechen ist nit kunheit:
Ir redent nit als der wijse deit
In solicher mülen hant ir vil-
lichte das
Mas gesehen das also genant was
5205 Rechtikeit, das auch dar umb ge-
scheen was
Sin ungerechtikeit da mit zu ver¬
bergen ;
Dar umb was is nit Recht Ver-
stenteniße genant,
Sonder is ist zu bedrog und drü-
gerie gewant;
5194. sant Rupprecht statt Saint Benoit des
Orig, (in h der Zwischenruf ganz fehlend).
5195. verstenteniß verbessert aus vereten-
stSteniß.
vor 5189 auf geklebtes Bild (50) mit Nebenschrift rechts: grobe v’stentenme Redet
wider Rechte v’atenteniase.
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Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
117
Dan tuschen dem namen und
dem rechten wesen
5210 Mag wol groß underscheit wesen.
Es ist ein ding Gelich Verstente-
niße han
Und daz ander nit dan den
namen han.
Mit myme namen sich decken
Mag einre und sinen unrait da
mit decken.
5215 Diese sache ist gescheen zu
massen
Dicke und viel in manichen
gassen:
Das, der nit hübsch ist, sich
zieret
Und der böse ist, sich einfeldich
formieret.
[162 r] Alle schänden dunt gerne das
5220 Und deckent sich dicke da mit
debas,
Mit eyme namen der wieder die
dugent ist,
Umb das sij den luden debas ge¬
fallen ist;
Und ist doch dar umb die dogent
nit desta böser
Noch umb eynen halme desta
snöder,
5225 Sonder es ist ein Zeichen daz sij
gut ist,
Wann die undugent da mit ge-
cleidet und getzieret ist,
Also das du mit mynen namen
Daz mas gut machen woldes und
geliehen;
Dar umb bin ich nit vermeret,
5230 Aber ich sal des me geeret
Und auch gewirdiget sin
Von den die von gudem ver-
stenteniße sin.’
‘Was ist dis’, sprach er, ‘daz
Got walt!
Hant ir den spiele stab umbe-
gewant,
5235 Das ir dez wollent gelobet sin
[ 162 *] Des ein ander gescholden müste
sin?
Rente ich nit fliegen in der
milch,
So were myn rede nach uwerme
sagen unbillich.
Ir dorffent nit wenen,
5240 Wann ich hören honde odir
katzen nennen,
Das das kuwe odir ochssen sin,
Sonder is muß eine katze odir
hont sin.
An yrem namen kennen ich sij
wol,
Dan yre namen und sij eins sin
sol;
5245 Und obe ir Gelich Verstenteniße
sint genant,
So sage ich das ir also sint be-
kant;
Und wo gelich daz meß stylet
das körn,
5214. Vnrait üb. schwarz geslr. Vnflat.
5223. nit gleich übergeschr.
5225. ein aus eine.
5226. gecleidet aus gecl&det. vnd ge¬
tzieret übergeschr.
5230. vor me schwarz gestr. sin.
5233. Initiale schwarz mit roter Füllung.
got aus golt.
5235. dez übergeschr.
5241. vor kuwe schwarz gestr. eine.
5244. yre aus yrö.
5247. dz meß übergeschr.; vgl. 5203 ff.;
Orig.: Raison, h: gerechtikeit
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118
Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
So sage ich daz is von uch ist
veretolen.
Und das konde uch das wasser
nit
5250 Das die mule umbedrybet, abe
geweschen nit.
Durch uwer manigfeldige ver-
stalte worte,
Die ir so wol hant gerümet
dorte,
[163') Und dar umb zumale nit wenent
Das ir mich daz anders verstan
dun konnent!’
5255 Da zu male mit underlachen
Glich Verstenteniße mit schympe
verfachen
Sprach: ‘nu gesehen ich wol
Das ir sint von kunst gelert wol
Und das ir mit uwerme geferte,
5260 Daz ir vornement hohe und
herte,
Konnent wol hübsche exempel
brengen
Subtileclich und die nit ver¬
engen.
Wer uch die pantze ettwas
großer,
So schfnent ir viele desta besser.’
5265 ‘0’, sprach er, ‘spottent ir myn?’
‘Daz dun ich’, sprach Verstente¬
niße, ‘und laßen daz sin
Und wil uwer spotten noch mee,
Bis das mir wol entstee
Uwer name als uch ist der
myne;
5270 Und wissent das ir nit hant
V 63 ’] Keine ere da mit den zu nennen
mir;
Ich weis nit waz ir habent den
zu verewigen geen mir.’
‘Ere’, sprach er, ‘was sagent ir?
Die unere die hant ir.
5275 Mynen namen ir in uwern bie¬
dern hant,
Und nu erste dar nach gefraget
hant?
Ir glichent dem der uff sime esel
ridet
Und yn auch süchen rydet
Ich weiß nit was das bet&det,
5280 Nit dan einen spot is bedudet.’
‘Ha’, sprach sij, ‘sint ir der
Der in myne brieffe gestalt ist
her?
Den namen wiste ich da inne
wol,
Aber ich kante uch nit wol.
5285 Ich hatte eine meynonge von
myme name,
Die ist nit als myn gedenckonge
qwame;
Dann mit myme namen mag sich
verhelen
Ein diep der da geet Stelen;
5248. ich ror is u. v’lorn vnd vor ver-
stolen gestr.
5249. uch übergeschr.
5251. v’stalte übergeschr.
5253. Zu dem ßr uns pleonastischen und
vgl. d. Wortverz.
5256. verfachen = verfangen?
5258. sint üb. gestr. hant.
5260 zwischengeschr.
5263. die aus der. pantze üb. gestr. buch.
5271 aus Keine ere mit ir au b... den
hant Ist nit nur zu zu ergänzen? Orig.: con-
celer, h: uerhelen.
5272 zwischengeschr. was statt weis
(weiß h) Hs.
5275. vor bled’n gestr. bed’n mit über¬
geschr. 1 nach dem b.
5276. nu üb. gestr. ir.
5278. auch üb. gestr. alzu.
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Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
119
Und dar umb meynte ich auch
also von uch,
[164 r ] Umb das ich noch nit gelernet
hatte genuch
5291 Das ir und Grob Verstentenisse
Eins sint mit eyme glichenisse.
Aber ich sehen nu und bin ge-
meit
#
Das ir zweye eins sint aen un-
derscheit:
5295 Uwer exemple mich des under-
wijset hant
Und uwer rede, die ir so subtile
geredt hant;
Durch uwer rede eygentlich
Sint ir Grob Verstenteniße, daz
weiß ich.
Dar wieder mogent ir numme
gereden nit
5300 Das ir nu also genant sijt;
Dann ir sint is durch erfindonge
Und aen alle underscheidonge.
Dar umb vertzijhe ich uch die
grobekeit
Die ir mir hant getaen durch
uwer bitterkeit;
5305 Dan ir wantent, das sehen ich
wol,
Das is were mit mir als is mit
uch sin sol.
IJW "1 Grobekeit hait is uch gelernet;
Dann ir sint grob, als das er-
kennent
Yederman, und unverstentlich
eben:
5310 Dar umb ist uch der name also
gegeben.’
Mit den Worten was der gebüre
Troffen inn syn hertze s&re.
5300. na (statt nan = newan, Orig.: seu-
lement) üb. gestr. nit.
Er sagte nuscht, dann er nit
konde,
Dann die zende zerbeis er in
dem monde.
5315 Aber Glich Verstentenisse ließ
nit abe,
Sonder sij sang ein hart liet dem
knaben.
‘Nu’, sprach sij, ‘die wijle ich
weiß
Dinen namen, so ist mir nit heiß
Nach dem uberigen zu fragen
mer;
5320 Dann is ist in mynen brieffen
dar
Das du ein spier bist der wege
Und storer der pilgerin alle
wege:
Du wilt yn yre stebe nemen
Und yn ire secke auch dar zu
nemen.
[165 r ] War umb dustu das uff dine
sele
5326 Wieder alle myner frauwen
willen ? ’
‘Umb’, sprach er, ‘daz sij daz
ewangilie,
Das ich hören in unserme dorff
zelen,
Ubergeent und das nit haldent
5330 Und sij des boßlich waldent.
Da ist iederman verboden,
Als mir daz wol ist verkündet
worden,
Das ussen sins huses nieman sal
dragen
Odir gan mit sacke odir mit sta¬
ben;
5335 Also wan ich sij die zu dagen
5327. vgl. Luc. 9,3.
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120
Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
Wieder des konniges verbot
sehen dragen,
Und umb die gesetze zu halden,
Wolde ich gerne mit arbeit dar
zu walden
Das ich sij die dede abelegen.’
5340 ‘0’, sprach Gelich Verstente-
niße, ‘es ist anders gewegen;
Das verbodt geschach, daz ist
lange zijt,
[I6ö*] Aber is ist sere geändert sijt
Und uff den wiedersynne gestalt.
Es ist wol wäre das is verboden
was,
5345 Aber is wart wider geboden und
geändert das,
Und dar nach is auch wieder er-
leubet was.
Und was beqwemeliche sache da
bij,
Dar umb auch veranderonge
qwam dar by.
Es ist dem konnige kyne unere
nit
5350 Obe in sinen gesetzen umb sache
anderonge geschiet.
Die sache dar umb das verändert
wart,
Wiltu sij wissen, sij wirt dir
kürtz gesaget:
Wer am ende sins weges ist,
Dem ist nit not daz er pilgerin
ist,
5355 Und wann einre nit pilgerin
were,
5345 aus Aber is ist sere geändert sijt.
5346. auch u. erleubet übsrgeschr., letzteres
üb. gestr. gelobt.
5349 aus Es ist des koniges vnere nit.
I. keyne?
5354. nit übergeschr.
Sacks und stabs yme nit fast not
were.
Jhesus, der konnig, ist das ende
Da alle gude pilgerin sollen
wenden;
[ 766 '-] das ende von dem gudem
wege
5360 Und von der follenkommen biede-
farte.
An die stat und an das ende uff
der ferte
Waren kommen die pilgerin
durch sin senden
Und auch durch sinen rüff be¬
hende,
Da er yn verbodt daz sij nit
drügent
5365 Stab odir sack und lechten sij
nyder.
Er were rieh und mechtig genüg
Yn zu geben yren gefüg
Alles des das sij bedörfftent
Und des keinen bresten hettent.
5370 Zum andern male wolde er,
Da er sij schickete predigen
her,
Das yre zughorer fundent yn
Yre lebetzucht und die gebent
y® »
Dann ein yeclich arbeider begert
5375 Sins lones und ist dez wol
wert;
[ 166 <-] Und ieclichem er so viel det,
Wann er wiederwante, daz er yn
nit clagen det.
5361. vff der ferte zugeschr.
5363. behende zugeschr.
5370 ff. vgl. Luc. 10, 7.
5374. üb. dem ersten Teil von yeclich
Flecken.
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Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
121
Er sprach: “Hait uch gebrasten
icht,
Als ich uch han her geschicket
5380 Aen sacke hie zu predigen
Und das Godes wort zu verkün¬
digen?”
Und da antwerte sij yme:
“Sicherlich, herre, neyn is,
Genug han wir gehabt
5385 Und uns nutscht gebrosten hait!”
Dis ist die sache war umb da
was
Den heiligen apposteln verboden
das
Das sij keinen sacke drügent
Und sich des Stabes auch nit
krüdent.
5390 Aber dar nach da er einwenig
solde gen
Und durch die föchte des dodes
gen,
[167 r ] Da er sach das er von yn schiet
Der irs weges ein ende geriet,
Da wolde er yn das gesetze
andern,
5395 Als ein milder süßer konnig ver¬
ändern,
Und saget yn daz sij wieder-
nement
Yre secke und anhiengent.
5378. icht aus nit.
5378 ff. vgl. Luc. 22,35 ff. — Durch Über¬
gehen zweier Verse des Orig, hat Übers, die
Stelle tn Unordnung gebracht. Orig. (5457 ff.):
Dont ln as qn’il lenr demanda
Une foia, quant bon lui sembla:
“Vous a il, dist il, rien failli,
Quant envoies vous ai ainsie ..
In unserer Hs. fehlen v. 5378 die oben nach h
eingesetzten Worte Er sprach, u. 5379 liest sie
er ... hait statt ich ... han. Das er v. 5379
zwänge uns, 5378-81 als eine Frage des Dichters
an die Apostel aufzufassen, auf die er diese
aber Christo (5382: yme) antworten ließe!
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“Der nit ein klein seckel hait”,
Sprach er, “der neme sinen rech¬
ten sack.”
5400 Als er daz lutterlich
Gesaget hait uffenberlich:
“Das ist dar umb daz ir sint
Uwer weges zu ende kommen
sint,
Ich hatte uch verboden daz ir
nit hettent
5405 Keinen sack und auch nit drü-
gent;
Yetzont, die wile ich mich von
uch
Muß scheiden und muß laßen uch,
So wil ich das ir wieder nement
[i67o} Als ir das vor gehabt liant;
5410 Dan ich weiß wol, wann ir hant
Von mir das gesehen verlorn,
Das ir des sackes bedürffent wol
Und dez Stabes, das ir uch dar
an stürent;
Dann ir pilgerin syn müssent
5415 Und uch wieder uff mynen weg
legen müssent:
Mir anders nach gefolgen
Enkondent ir nit odir zu mir
kommen.
Auch so findent ir nieman,
Wan ich von uch kommen dann,
5387. das aus was.
5390. ein wenig verschrieben für enweg ?
5398. Orig.: Qoi a point de sachet; unser
Übersetzer hat das point mißverstanden und h
ist ihm gefolgt.
5409. hant vor gehabt zu tilgen vergessen
u. a. Schl, zugeschr.
5411. hant nach verlorn gestr.
5412. wol zugeschr.
5418. dez übergeschr.
5414 aus Pilgerin müssent ir syn.
5415 aus Vnd nch wiederlegen vff den
weg myn.
5416. gefolgen aus za folgen.
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122
Disputation zwischen Rechtem und Grobem Verständnis.
5420 Der uch so gerne gudes dühe
Odir uch von hertzen wisen dühe.
Zu uwerme sacke haldent uch,
Bis das ich wiederkomme zu uch!
Nu nements alles, ich erleubens
uch
5425 Umb die notdurfft die ich gesien
an uch!”
[768 p ] Also das hie geoffenet ist
Und auch die Sache benüglich ist
Von sacke und stabe zu dragen,
Dar umb saltn dich nit under¬
nemen
5430 Die zu hindern die sie hant
Und sij dragent war sij gant:
Sij hant Urlaub umb die sache
die da ist,
Bis das yeclicher kommen ist
An sins weges ein ende
5435 Und wo sine biedefarte wende.’
‘Was ist dis’, sprach der swere
gebur,
‘Wollent ir mir hude piffen für?
Und wollent ir is halden vor
eine mere,
Das ewangilie, als obe is gelogen
were?
5440 Ir sagent is sij wiedertaen
Das Got geordent hatte und ge-
taen;
Were das nu also,
So solde is auch vor alle sin
also;
[768"] Von dem buche were ordenunge
abe,
5445 So solde is ußgetaen sin und ge-
kratzet abe.’
‘Nit also’, sprach Glich Versten-
teniße, ‘is ist recht
Das man der vergangen zijt ge-
dencke recht,
Wie man hait getaen, wie man
hait gesait,
War umb das was und waz dar
an lag,
5450 War umb das verändert wart
Und war umb des andern ge¬
dacht wart;
Und dar umb so ist nit verkert
Das ewangelie odir gefelschet,
Sonder is ist den wol verständi¬
gen
5455 Lieplicher und wol gefelliger.
So me blumen in der wiesen ist,
So das pletze desta lieplicher ist,
Und so ir gestalt fremder ist,
So man sij zu sehen me be-
gerende ist’
[769 r ] Da rugette der gebure zu hant
5461 Uff sinre groben und krommen
hant
‘Was ist dis’, er da sprach,
‘Wolt ir mich zu eime kinde
machen
Odir wollet'ir mich vertzaubern?
5465 Was ich sage, das wollet ir ver¬
ändern :
Falscheit nennent ir gutheit,
Und Schönheit nennent ir
falscheit
Das von dem konige verboden
was,
So sagent ir is were geboden das,
5470 Das ewangelie zu verkeren
Myt verkerten Worten und zu
falschen sere;
Ir sint nit dann eine segerynne
Der lute und verwenerynne.
5436. Initiale schwarz mit roter Ausfüllung. 5445. gekratiet auf Rasur.
5444. odenunge. 5467. vor falscheit gestr. fas.
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swischen Rechtem und Grobem Verständnis.
123
Lassent mich noch drij maent
beliben,
5475 So achte ich nit uwer dat odir
dryben.
In myme Vorsätze ich mich hal-
den
[ 160 *] Wil und uch der uwern zumale
nit gleuben.’ —
‘Zum aller mynnesten saltu
abedun
Und nyderlegen dinen groben
stab grüne;
5480 Dan du weist wol das Gots
Gnade geboden hait
Und solichs auch bescheiden
hait!’ —
‘Gots Gnaden, was mag ir das
Geschaden odir sij mögen das?
Auch ist mir is not
5485 Das ich mich dran störe in not,
Wan ich des han zu dun;
Und mich da mit zu beschirmen
dun
Und fochten desta mynre alles
ubele
Und achten de mynre alle lüde,
5490 Und duncket mich daz man mich
viel desta me
Föchte und myn erschrecke me;
Dann wo ich yn niderlechte,
Vor einen großen dor und
coquart man mich achte.’
[170'] 1 0’, sprach Glich Verstentenisse,
‘du sagest nit wol:
5495 Dir ist not das du dich anders
bedencken solt
Gots Gnade gewynnet yn num-
mer liep
Der solichen stab zu dragen hait
lieb,
Er gefiele ir noch nye wol,
Sij hasset yn me dan geiße das
messer hassen sol:
5500 Also wo du yn nit niderlechtes,
Mit wijßheit du dich nit wol be-
dechtes.’
‘0’, sprach der gebure, ‘wie
• dorecht
Sint ir so ir diese wort redet!
Irrette sij der stab nit,
5505 War umb mochte der ir misse-
fallen icht?’
‘Ich sagen dir’, sprach Gelich
Verstenteniße da,
‘Dir gröblich von dem stabe da;
Dan ich sehen wol daz kein
ander spise begert
Din grober hals noch heldet
wert.
5510 Hettes du einen frunt lieb
[170 «>J Dem einre dede widerdrieß
Und dede yme arges viel,
Das dich das nit irret viel,
Wie wol das is dir nit wol ge¬
fiele!
5515 Gods Gnade, die alle lüde lieb
hait
Und von yederman gerne ere
hait,
Und wann ir dar in geschiet
missefal
Odir man sij dar an hindern
sal,
Wie wol sij das nit vaste irret,
5520 Und is ir doch myssefeilet.
Der stab ist figent der
5495. anders aus an dis. 5507. von üb. gestr. mit.
5497. Der aus dem. 5510. lieb zugeschr.
5504. das zweite r in Irrette übergeschr. 5511. widerdrieß üb. gestr. als ein vnfrunt.
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124
Rechtet Verständnis hat Grobes Verständnis überwunden.
Die sij zu frunden gerne hatte
gehabt her
Und noch haben wil.
Were er nit, is qwemen zu ir
viel
5525 Der juden und bekertent sich,
Und alle ketzer bedechtent sich,
Die ire irrongen liessent
[17l r ] Und sich dar nach besserten.
Durch yn Nabel und Pharaon
5580 Qwament zu schänden da von;
Dan sij sich so hart dar an
stürtent,
Und yren dot sij da mit erwur-
bent.
Were er nit, so regnierte über
alle
Gehorsamkeit und gebudde auch
über alle:
5535 Yeclicher dede was er solde,
Und zu male nit ungehorsam sin
wolde;
Were er nit, von dem groben
synne
Er demütigete sich und neigete
sinen synne.
Du selber der bist
5540 Der Grob Verstenteniße genant
ist:
Störtest du dich nit also hart an
yn,
Gleubtest yme nit und liessest
yn sin
Und besserst dich einwenig baß,
5522. g’ne u. gehabt übergeschr. Vor her
ist biß gestr.
5523. vor Vnd gestr. gehabt.
5527. Die üb. gestr. vnd.
Das du yn niderlechtest, ich
riede dir das,
[171') Und das du dich dar an numme
hieldes
5546 Und yn nit bij dir behieldes.’
‘Ach Got’, sprach er, ‘wie
wenig achten ich
Die worte die da sint solich!
Ich wil uch nutscht underdennig
sin
5550 Und den stab auch nit lassen
syn;
Ich wil mich dar an halden and
da mit leben,
Wollent odir enwollent, daz
wissent eben.’
‘Nu’, sprach Glich Verstentenisse,
‘sehen ich wol
Das ich numme mit dir reden sol,
5555 Sonder ich sal dich laden
An gerichte zu dem jüngsten
dage:
Ich laden dich dar aen lenger
beiden.
Komme dar, du salt nieman vor
dich dar leiden!’
[172') Da kerte Glich Verstenteniße
sich umb zu mir
5560 Bij mich und sprach da zu mir:
‘Gang’, sprach sij, ‘frischeclich,
Du salt vor Grob Verstenteniße
nit forten dich!
Nutschit rede, gib yme kein ant-
wert!
5560. Durch ein kleines Loch im Blatt m-
folge von Rasur auf der Rückseite ist ac von
sprach verloren gegangen.
nach 5558 Bild (51) mit Unterschrift: gliche v’stentenisse hat vberwonden grobe
v’stentenisse. Sie stehen beide vor dem Pilger , der die Rechte erhoben
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Rechte* Verständnis geleitet den Pilger sicher vor Grobem Verständnis hinweg. 125
Dann Salmon hait gelert
5565 Das man ein wort nit antwerten
sol
Dem den man gesicht odir findet
dorheit fol.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘dar nach
Salmon auch viel anders sprach;
Dan er sprach: man sal yme
antwert geben
5570 Und yn siner schäme underwijsen
eben.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagest
waer,
Aber du salt verstan und wissen
zwar
Das ich das wort verhalden hatte
Yme zu antwerten wan is zijt
hatte;
5575 Davon han ich daz myne getaen,
[172*] Wie wol das ich myne arbeit
han
Verlorn; dan er sich dar an nit
hat gekert
Und auch zu male nit gebessert.
Als balde in einen anebufi gienge
5580 Eine weiche feder, die der wint
ufffienge,
Als myne worte inn ynn,
Noch gebent yme keinen synn
Und brechtent auch keinen nutz;
Er ist harter dann eine want
5585 Und harter dan ein dyamant.
Was er zum ersten in sich
nymmet,
Umb keine sache man yme daz
benymmet,
Also das ich zu solichem gebure
nit reden
Enmag odir icht gewerben.
5590 Gang enweg wieder sinen gefug
Und laß yn grommen genug,
Sinen zäum wegen und sinen
kynne
[mr] Und yn uff syme stabe vaste
grynen!’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘uch
dancken ich
5595 Das ir also hant gelernet mich;
Aber ich sagen uch siecherlich,
Das ich solde gaen frischeclich,
Das darre ich vor dem gebure
nit dun
Wo ir mir nit wollent geleide
dun.
5600 Da bijden ich uch daz ir mit mir
koment
Und mit mir yn vorkomment;
Dan ich auch mit uch zu reden
han
Und wil uch auch fragen dann
Ettwas das mir not ist
5605 Und zu mynre Sachen gehörig
ist.’
Da nam sij mich mit der hant
aen beiden
Mich vor dem gebure hin zu
leyden
Und wisete mich uff den weg
myn,
[173»] Da von ich frölich muste sin.
5610 Der gebure beleih da grommende
An syme stabe und grynende;
Von syme uffhalden achte ich
nit:
Des Gelich Verstenteniße faste
lachte sijt.
5564. Proverb. 26, 4/5.
5577. hint. an Rasur, die das 5560 Anm. er¬
wähnte Loch im Blatt verursacht hat. nit fehlt.
[5592.] Kustode unten auf Bl. 172*: vnd
yn vff syme.
5609. frölich üb. gestr. selig.
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126 Der Pilger fragt Rechtes Verständnis, weshalb ihm die Rüstung tu schwer sei.
Da ich gesag das ich also
entgangen was
5615 Und ferre vor yn gangen was,
Da hub ich an Glich Verstente-
niße zn fragen
Da von ir mich vor hant hören
sagen:
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich bin
gewest und noch bin
An grossen gedencken in dem
synne myn
5620 War umb ich die wappen nit
gdragen mag,
[i74r] Sij gehalden odir gelyden mag,
Und ich sehen eyne dierne
Die sij dreget gerne
Und 1ydet mit yrer list;
5625 Das mir eine grosse schände ist,
Wann ich anderthalb stargker
Dan sij sin solde aen arges,
Hette ich icht hertzen in mir.
Dar umb bijden ich uch das ir
5630 Mich bescheiden wollent das
War umb nu geschee das;
Dann das zu wissen ist myn
begir.’
Da antwerte Glich Verstente-
niße mir:
‘Was ist dis’, sprach sij, ‘da?
5635 Hastu nit wol gesehen da
Das huß Gottes Gnaden?
fJ74 p ] Das was wol beraden;
Es ist nit lang das du is gesehe
Und du auch viel mit ir gehe.
5640 Wie bistu so dorecht gewest
Das du sij nit haist gefraget des?
Doch dar umb meynen ich nit
Das eyniche sache ycht
Dich dar an gehindert habe
5645 Das du nit moges vernommen
haben
Daz du begerest zu wissen.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich dun
uch zu wissen
Das ich yrer rede viel han
vergessen:
Mir gedencket nicht so wol als
das
5650 Da sij sprach daz ich einwenig
zu dicke was.
Und obe ich mich mager mechte
Odir mir hartikeit an lechte,
Arg möchte man mich nennen,
[175«-] Und auch konde ich nit wol
gebrengen
5655 Myne wappen noch nit gedragen
so wol
Als obe ich dicke und starck
wesen sol.
Soliche Sachen erferrent mich,
Dan sij nit sint gewonlich.
An Gots Gnade in warheit
5660 Han ich des gefraget nyet;
Dan ich sere forchte
Das ich ir eynichen figent
machen mochte
5620. War vmb übergeschr. das g (statt 5646. tu Änf. gestr. das.
ge) vor dragen nachträgl. eugefugt. 5654. gebrengg tugeschr.
5626. stargker aus so starg. 5655. noch übergeschr.
5627. Vor sin ist ich schwäre gestr. arges 5656. wesen sol aus we\
aus arg. 5662. mache übergeschr. mochte aus
5643. vor ycht schwarz gestr. dich. machte.
vor 5618 aufgeklebtes Bild (52) mit Nebenschrift rechts: der pilgerynne Rette zu
geliche v’stentenisse.
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Rechtes Verständnis schiebt das auf einen Feind, den er beständig mit sich führe. 127
Odir das ich gheen ir missedette.
So bijden ich uch das ir mich
wollent lernen
5665 Des und mich das verstaen dün
gerne.’
‘Weist du’, sprach sij, ‘wer du
bist,
Obe du alleyne odir selbander
sijst,
Obe du niemans me habest dan
dich allein
Zu erneren und vermomparn
gemein?’
5670 Da sprach ich gar erferet zu ir:
[775*] ‘ Frauwe, siecher is ist mir
Das ich niemans dan mich zu
hanthaben habe
Und auch an nieman anders zu
gedencken habe.
Ich bin gelich alleyne, daz sehent
ir wol;
5675 War umb ir das fragent, weiß
ich nit wol.’
‘Nu lerne’, sprach sij, ‘und
verstaut
Und höre flißlich zu zu hant;
Dan anders ich dir sagen wil
Und ander Sache dich lernen
vieL
5680 Du solt wissen das du den
spisest
Der din grosser vigent ist;
Von dir ist er alle dage gespiset,
Gedrencket, geschuet und
gecleidet.
Es ist keine speise so adelich,
5685 So kostbar noch so lustelich,
Du wolies sij bereidt haben,
Waz dich das gekostet habe.
5666. Initiale schwarz mit roter Füüung.
5667. selbander üb. gestr. zweifeldig.
[776'lEr wart gegeben zu dienen dir,
Und sin knecht bist du worden
schier.
5690 Mit dem lickholtze wiltu yn
schuwen
Und mit den edeln kleidern yn
vernuwen,
Yn zieren mit kleynot,
Mit tafeln und mit messern,
Mit smalen gurtein beslagen
5695 Und mit seckelen, mit bockein
übertragen,
Mit syden snüren allerleye,
Rot, grüne und manicherleye;
Allewege sanfft spengein
Wilt du yn und legen
5700 Alle nacht so gar weich
Und yme gemache an dun aen
leich.
Einen dag wermtest du yme daz
bat,
Den andern ist yme die bade-
stobe warm gemacht;
Du strelest und bleichest yn,
[776*] Du spendeist und streichelst yn;
5706 Du suchest yme freude und
verdrag,
So du magst, nacht und dag.
Als er ist, hastu yn getzogen
Und bist mit yme bekümmert und
betrogen
5710 Me dan eine frauwe mit yrem
kinde,
Das sij seuget und zuhet lynde.
Es ist lang daz du angehaben
haist,
Und sijther nie da von gelaßen
haist:
Spreche ich sehs und drißig jare,
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5702. bat ( oder bad ?) aus bedde (bette ?).
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128
Von dem Feind, den der Pilger mit sich führt (der Leib).
5715 Ich geleube daz ich wenig miß-
spreche zware.
Und wie wol du yme nach syme
willen
Gedienet haist mit so großer
stillen
Und yn also hien hast braicht,
So saltu wissen das is ist gedacht
5720 Das er dich verredt also und
bedrüget
Und dich zu übel brenget und
zöget.
[177*] Es ist der der dich dine wappen
Nit dragen lesset odir ly den;
Es ist der alletzijt wieder dich
möß stryden:
5725 Wann du wol wilt dün,
So kanstu is vor yme nit gedun.’
‘Frauwe’, sprach ich,
‘Ich han sere verwondert mich
Von dem das ir mir hant gesagt
hie.
5730 Und wiste ich nit das ir ye
So große synne in uch hettent
Oder so rechte große wißheit
hettent,
Ich wente is werent draume
Odir is were ein ungelaube;
5735 Aber ich weiß in uch gudes so
viel
Das ir nit liegent zu keinem ziel.
Da bijdden ich uch das ir mir
sagent hie
Wer der böse verreder sie.
[177 •} Wie ist sin forme, wie ist sin
gestalt,
5740 Wo wart er geborn, wie ist er
genant ?
5719. is übergeschr.
5721. vnd zöget eugeschr.
5724. müfl übergeschr.
5732. Oder üb. gestr. vnd nit.
Uff das ich yn erkennen möge
Und yme leids genug an gedun
möge.
Dan obe ich yn lebende entlie-
dette,
So were ich nit genug gerochen
da mitte.’
5745 ‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagest
waer,
Und dar zu saltu wissen zwar:
Weres du nit, so were is nütschit
mit yme
Und were eine kleine sache von
yme.
Nyemans yn ansehen möchte
5750 Der yn erte odir sich mit yme
kruden möchte;
Dan is ist eine sache der fulikeit
Und eine gestalt gemacht von
unreynikeit,
Ein gemechtze von zeher erden
Und ein schuwesal der werden.
5755 Durch sich mag is sich nit
bewegen
Noch gearbeiden odir sich ge-
regen;
[irö'-JDann es ist unmechtig und ane
crafft,
Unreine, blint und wiedermacht.
Es ist ein worin frech und
wünderlich.
5760 Der geborn wart in der worme
ertrich;
Ein worin in yme selber
wormende
Und die wurme in yme spisende;
Ein worin der an dem lesten
wirt
5761. fulikeit Am*, gestr. selekeit (?).
5753. zeher übergeschr.
5757. Vor Es ist Dan a. R. tugeschr.
5759. frech üb. gestr. I ... ch.
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Von den schlechten Eigenschaften des Leibes.
129
Der wurme spise und fule wirt;
5765 Und wie wol er ist also gestalt
Und von wesen manigfalt,
So dustu yn doch bij dich
kommen
Und an dyme bette bij dir lygen
Und suchest alles daz yme gut
ist,
5770 Als dir daz vor gesaget ist.
Und sagen dir noch me waz is
ist:
So er gessen hait und folle ist,
So dregestu yn sinen buch zu
leren
In die heymeliche kammern
[17S*] Odir auch uff das feit.
5776 Dar umb han ich is vor ertzelt.
Nü sich obe du yme must dinst-
bar sin
Größlich und undertenig sijn!
Und von dem allen weiß er dir
keinen dang,
5780 Sonder erhebet sich me gheen dir
aen wang,
Und me ubeler er dir düt:
Also ist er von bösem müt.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘war
umb ir
Nit sagent sinen namen mir?
5785 Dan furderlich wolde ich mich
rechen
Und yn gaen dot erstechen.’
‘0’, sprach Recht Verstentenisse
da,
‘Den Urlaub hastu nit also
Yn zu doeden, aber du haist
Urlaub wol
5767. doch übergeschr.
5776. is übergeschr.
5777. Nü sich obe üb. gestr. das.
5782. bösem aus böser, müt hint. schwarz
gestr. dait.
Deutsche Text« d«3 Mittelalters. XXV.
5790 Yn zu straffen und dar nach zu
slahen wol,
Yme liden und arbeit uff zu
slahen
[179'] Und yn dicke dun fasten
Und sich legen in busse rasten.
Aen das kanstu mit yme nit
uberkommen
5795 Zu keinre zijt aen dinen
frommen;
Du kanst dich anders nit
gerechen
Odir auch von yme gebrechen.
Als du das vor langer zijt
gesehen haist,
Obe du anders recht verstanden
haist,
5800 Büsse ist syne meisterynne
Und alleine sine kestigerynne:
Es ist die die rechte straffonge
nymmet
Wann so die rechte zijt kommet;
Und wann is recht und billich
ist,
5805 So straffet sij yn mit rechter
list.
Und sij straffet yn recht
Mit yren rüden als einen guden
knecht,
Der sal sij sin nu vort me.
[779»] Und das salt du begern me
5810 Und auch baß wollen und
werben;
Dan sinen dot saltu nit werben,
Dan er ist dir gegeben
Das du yn salt zum leben
Füren und auch brengen
5789. doeden aus dreden (?).
5790. wol eugeschr.
5795. aen = ane, 4 an, zu’.
5808. sij] Sinn u. Orig, verlangen er; so
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130
Der Leib ist jedoch nicht eins mit der Person.
5815 Und yn zu gnaden drengen:
Das ist der lip und daz fleisch
din,
Anders kann is nit genant sin.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘waz
sagent ir?
Han ich gedreumet odir dreument
ir?
5820 Myn lip und myn fleisch nennent
ir
Anders dan mich, und doch
sehent ir
Das ich alleine bin bij uch
Und ist niemans me dan ir und
ich.
Ich weiß nit was is bedüte
gelich,
5825 Obe is bedrügenisse sij
[iso r ] Odir wie is da mit gestalt sie.’
‘Nein’, sprach Glich Verstente-
niße, ‘nit also!
Uß myme monde is nie kommen
also
Kein bedrug odir erdachte mere
5830 Noch icht das ein draum were.
Nu sage mir uff die truwe du
Got schuldig bist
Werest du inn einer gewist
Da du alletzijt wollust hettes,
Wol zessen, weich bette und wiße
ducher hettes
5835 Freude, rüwe und guden lust,
Allen dinen willen nacht und dag
umb sust,
Woldes du auch da beliben
wanen ? ’
‘Ja’, sprach ich, ‘siecher aen
waen! ’
‘Ja’, sprach sij, ‘waz hastu ge¬
sagt?
5824. Ich aus Is.
5840 So woldes du dine bidefarte ver¬
lassen
Und dinen weg zumale under-
wegen laßen?’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘des dede
ich nit,
[iso»] Alletzijt ginge ich hinden nach.’
‘In zijt?’ sprach sij, ‘unseliger!
5845 Er ist in dieser werlt nit das er
In zijt ytze mochte kommen,
Wie balde er zu lauffen mochte
kommen.
Is sij das du wol in zijt
Nach dinre wollust und dinre
guden zijt
5850 Mochtes gelich dar gaen
Durch nodigen und arbeit han,
Frage ich dich obe du dich auch
uff den weg
Machen woldes zu gan enweg
Als lange du soliche freude
fondes
5855 Und auch soliche wollust hettes?’
‘Ach frauwe’, sprach ich, ‘ach
frauwe,
Dar zu antwerten kan ich nit
genau we;
Dan ich weiß wol daz ich belibe
gerne
Und daz ich auch enweg gienge
gerne.’
5860 ‘So hastu’, sprach sij, ‘zwifaldi-
gen willen
[rsj'-jund auch zwivaldige gedencke in
dinen willen.
Der eine wil gaen, der ander be¬
liben,
Einre rügen, der ander arbeyden;
Das einre wilt, daz wil der ander
nit lyden.
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Der Leib ist nicht eins mit der Person , d. h. mit der Seele.
131
5865 Einre wieder den andern ist zu
allen zijden.’
‘Franwe’, sprach ich, ‘siecherlich,
Als ir sagent, das fuelen ich.’
‘Dar umb’, sprach sij, ‘bistu nit
alleine,
Aber dn und din lip sint zwey
gemeyne;
5870 Dan zwey wollen sint nit von
einem man,
Dan sij sint zwey, das weiß
yederman.’
‘Franwe’, sprach ich, ‘nu bijde
ich uch umb den synne
Das ir mir sagent wer ich
bynne:
Dwijle das ich myn lip nit byn,
5875 So sagent mir wannen ich bin!
Ich wurde nummer gerügig
Wo das nit wiste ich.’
\i8i ']‘Ha’, sprach sij, ‘was hastu ge-
lert?
Du kanst nit vil des du hast ge-
lert,
5880 Als mich duncket: besser ist er¬
kennen sich
Dan wesen grave, konnig odir
keiser rieh
Odir können alle kunste
Noch haben der werlt gut und
gunste.
Aber dwijle dn das nit gelernet
haist,
5885 Das zu fragen du dich recht be¬
dacht haist;
Da von wil ich dir sagen kurtz
genug
Ettliche sache die ich versteen
mit gefug:
5895. dir üb. gestr. dar.
5908. gylennüle aus gilenuille.
5910. so schon zugcschr.
Der beslossen lip, davon ich ge-
redt han
Und in viel stucken so ußge-
scheiden von,
5890 Du bist nach Gotte entworffen
Und sin bilde und gemachet
worden.
Von nichte er dich machte und
geschuff
Yme gelich und zirckelt dich dar
uff:
Kein edeler masse er dir geben
mochte
5895 Noch gestalt dir an gedrücken
mochte.
[I 82 r] Er machte dich lütter und schon
gesehende,
Lichter viel dan fogel fliegende,
Undötlich und nummer zu sterben
Und zu beliben aen ende zu
nemen.
5900 Wiltu dich wol besehen und er¬
kennen,
Also das du nit ubels habes ge-
taen,
Dan dime adel nit geliehen mag
Hymel, erde noch das mere,
Fogel noch ander creature here,
5905 Ußgenommen nature der engel
schon.
Got ist din vatter und du sin
son:
Nit wene das du siest son
Thomas von Gylenville;
Dan er gewan nie dochter noch
son
5910 Der were von solichem wesen so
schon
Odir von so edeler gebürt,
5911. edeler gebürt verändert aus edelem
wesen.
9*
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132
Vom Verhältnis zioischen Leib und Seele.
Noch nummer wij yme geborn
wijrt.
Din lip, der din figent ist,
[ 182 *] Der selbe dir von yme worden
ist;
5915 Von yme wart er dir da,
Als Nature das ordent da.
Es ist recht das der bäum drage
Soliche frucht als Nature yme
geben habe.
Gelich als der dorne nit mag
5920 Figen gedragen keinen dag,
Also mag auch der irdenische lyp
Nit gedragen in keiner zijt
Keine frucht dan snoede und
üppig,
Unreyne und gebrechelich,
5925 Fulende und stinckende ertrich.
Aber solichs bistu nyet;
Dan din kommen wesen hastu
nyet
Von eyme dötlichen mentschen;
dan is ist kommen
Und von Gotte dyme vatter her
abe kommen.
5930 Got gemachte nie mit siner
handt
In der werlt dan zweye men¬
tschen zu hant;
U Ä?r ] Den zweien er befalh zü machen
Die andern nach yrem geliehen
zu machen;
Aber der seien wissen
5935 Hait er yme behalden mit rech¬
tem wissen.
Er wolde daz sij alle wurden ge¬
macht von yme
Und das niemans sich des krudte
mit yme;
5912 zwischengeschr. von statt wij h.
5927. wesen iibergeschr.
Er gap dir den geist den du
haist,
Und hait dir in den lip getan
daz du da inne hast.
5940 Er det dich dar an da in zu
wanen
Ettliche stucke und dich zu be-
weren
Und zu wissen obe du dugent-
lich
Woldes sin und da bij ritterlich;
Obe du den lyp woldes uber-
wynden
5945 Odir obe du dich liesses yme
dinstlich finden.
Strit mit yme zu aller zijt du
haist
Wo du yme nit gibst den über¬
last;
Mit klapperie sieht er dich
nyder,
[183*] Uberwindet dich und fehet dich
sieder.
5950 Under yme heit er dich, wo du
yme geleubes.
Wo du yn mit crefften nit er-
deubes.
Nummer mag er über dich macht
gehan
Wo du nit wilt willen dar zu
han:
Du bist Sampson, er ist Dalida;
5955 Du haist die stercke da er keine
enhait da.
Er kan nit machen dan klaffen
Und dich dinen figenden schaffen;
Er sal dich wol bynden, obe du
wilt,
Und dir scheren din hare getzilt;
5932. befalh üb. gestr. gerette.
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Vom Verhältnis zwischen Leib und Seele.
133
5960 Und din heymelikeit, wan er die
weiß,
Verkondet er den ertzeten heiß:
Das ist die frantschafft die er zu
dir hait,
Und die truwe und gelaube die
er hait.
Nu luge obe du dich yme wolles
ergeben
5965 Und aen streiche slahen yme
leben,
[is* r ] Wiltu bedrogen werden
Als Sampson und vor einen dore
gehalden werden.’
Ich sprach: ‘frauwe, ich hören
wonder,
Ich slaffen odir dreumen be¬
sonder !
5970 Einen geist nennent ir mich,
Und in mynen lip gestoßen bin
ich.
Wie sagent ir daz ich lütter ge¬
sellende was,
Und gesehen wieder dis noch
das?
Und von myme libe, der wol ge¬
sicht hie,
5975 Hant ir gesaget das er blint sie,
Und viel ander große wonder zu
hören,
Die mir sint flöhe in den oren.
Da wil ich uch bijden daz ir
mich wisent
Me lutterlicher und mich lerent;
5980 Dan ich is nit wol gefordem
kan
Umb die große hinderonge die
ich han.’
[784"] Da hub Gelich Verstenteniße
wieder an:
‘Nu höre’, sprach sij, ‘und ver-
stant eben dran!
Wanne die sonne verborgen ist
5985 Under einen wölken und gestoßen
ist
Umb den mittag, das man sij nit
gesicht,
Und man sij mag gesehen nicht,
So frage ich dich in finer liebe
Wo von man den dag kiese.’
5990 ‘Er kommet’, sprach ich, ‘als be-
duncket mich,
Von der sonne, wie wol sij be¬
decket sich,
Das sij ir licht dut durch gaen
Durch die wölken und her nyder-
gan.’
‘Wie’, sprach Gelich Verstente¬
niße, ‘mag das gesin
5995 Daz man durch den wölken mag
daz licht gesien?’
‘Also’, sprechen ich, ‘wann man
das sicht
Durch ein glas und daz ver¬
nemen
Odir als man mag gesehen
[/Sä'-] Und das fure durch eine lanterne
spehen.’
6000 ‘Sicher’, hait Gelich Verstente¬
niße geantwert,
‘Das du gesaget haist, hastu das
auch verstanden?
Durch die sonne saltu verstaen
Die sele die du magst in dime
dötlichen lybe han.
Der lip ist als ein wolcken
5997. I. vemiint? so h; Orig.: apercoit. 5999. Vnd o. K. eugeschr.
[5998.] Kustode unten auf Bl. 184•: das 6003. dötliche übergeschr.
fure durch eine lttt’ne.
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134
Vom Verhältnis stoischen Leib und Seele.
6005 Odir eine lanteme, verrauchet
donckel,
Dar durch, wie is geschieht,
Man den glast und licht gesicht.
Die sele in dem libe ist breit;
Ir licht sij dar durch spreydt
6010 Und dut wenen die dorechte lüde
Das das geluchte alle
Von dem wölken falle
Da mit die sele ist bedecket.
Were aber der wolke davon ent-
plecket,
6015 So hette die sele so dar gesichte
[185*] Das sij von uffgange bis under-
gange hette ir gesichte;
Sij gesehe und erkente nach ge-
schichte
Yren schepper und hette yn liep
Und dede auch das yme were
liep.
6020 Die äugen des lybes nit äugen
sint;
Dan sij als andern finstern sint,
Dar durch die sele gibt
Dem libe daz er hait das usser-
liche licht.
Dar umb du nit wenen salt
6025 Das die sele der äugen bedorffe
balt,
Der äugen odir der finstern icht;
Dan sij hait vor und hinden ir
gesicht.
Aen finstern lyplich
Gesicht sij ir gut geistlich,
6030 Und sij gesehe is ettwan baß
Hette der lip der äugen nit nmb
das.
Thobias was eine zijt blint
[186 r ] An dem libe und waz doch sint
An der seien nit geblendet;
6035 Dan an syme sone wart geendet
Sine lere und wart er gewijset
Wie er sich halden solte, under-
wiset
Und welichen weg er halden
solte.
Er hette is yn nit mögen ge-
lernen
6040 Hette er is von der seien nit ge¬
sehen.
Die sele gesag und erkante
Lutterlich was er yme sagte und
nante.
So ich sagen daz du lütter solle«
sehen,
Das wil ich noch bas beweren
eben
6045 Das du gesist und der lyp nit;
Dann er innen und ussen ist
blint.
Er gesehe nummer nicht
Sehe er nit durch din licht
Und als ich dir han gesagt von
gesehen,
[186*] Also sage ich dir auch von dime
gehören
6051 Und sust von allen dinen synnen.
Beide ussen und innen;
Dan is sint nit dan werggetzng,
Dar durch er von dir zuget
6016. hette ir gesichte zugeschr. «. dafür 6037. vnd’wiset sugeschr.
der folgende Vers gestr.: Der sonnen hette ir 6044. eben zugeschr.
gesichte. 6045. Das aus dan.
6017. nach geschichte zugeschr. 6047. vor gesehe gestr. s.
6026. icht auf Rasur. 6054. er war ursprüngl. geschr., wurde aber
6032. Thobias üb. gestr. Thomas. gestr. u. durch übergeschr. sij ersetzt Dieses ist
6033. vor sint gestr. nit. jedoch wieder getilgt u. das alte er danebengeschr.
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Vom Verhältnis zwischen Leib und Seele.
135
6055 Das er hait; dan er nit hört noch
sicht,
Is sij dan durch dich alleine, icht.
Und ich sagen dir strack dar:
Nemest du sin nit eben war
Und yn nit hart hieldes,
6060 Als einen huffen mistes du yn
fieles,
Und gerurte sich auch nit me.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘nu
fragen ich uch
Und auch dar zu bijden uch:
Wie sol ich das verstaen
6065 Das die sele muß den lip dran,
Die innen ist und er ussen?
Mich duncket bas gedragen sin
[187*] Das das innewendig muß sin,
Und duncket mich bas sin ein
dreger
6070 Das ussen ist, und ein helder;
Dan der dreit der da heldet
Und dreget das daz er inheldet.’
‘Nu verstant’, sprach sij, ‘ein¬
wenig !
Din rock und din kleit
6075 Heldet dich und bist du dynne.
Du werest nit wol by synne
Wo du sprechest das sij dich
trügen
Odir dich in eynigen weg hiel-
den.’
Ich sprach: ‘frauwe, ist das
also?’
6080 ‘Ja zwaer’, sprach sij do,
‘Ich sagens dir mit underscheit:
Die sele dreget und ist gedragen.
Sij dreit zum ersten, la dir
sagen,
6062. fragen üb. gestr. sage.
6072. dz übergeschr.
Den lip und er sij durch zu falle,
6085 Umb das sij yme zu male
[187 •] Ir dugent nit deilet und gibt.
Hastu ye kein schiff gesien icht
In eime wasser gesehen füren
odir swymmen?
Dar an saltu bijtzeichen nym-
men
6090 Obe sij aen dich möge missedun
Wo du nit dar zu woldes dun.
Als dut auch der in dem schiffe
ist
Und das fueret und auch von
yme gefurt ist:
Das schiff fuerte yn nit
6095 Wo er das schiff fuerte nit
Dine sele ist also eine fuererynne
Dins libes und eine regiererynne:
Sij yn füret, sij yn dreget
Und also fürende sich selber
dreget.
6100 Der lip dreit sij nach sinem
willen,
Und dar nach sij dar zu dut
yren willen;
Der lip sij nit mochte gedragen
Wo sij den lip nit wolde dragen.
[/W] Und dar umb saltu dich mügen
6105 Den lip so rechte zu regieren
Dwijle du inne yme bist, und
salt füren
Das du an einen guden staden
Yn nach dem dode mögest be-
gaden.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘sicher¬
lich
6110 Ich geleube das uwer worte
wisseclich
6080. vor apch gestr. frauwe.
6090. sij] l. er ? (H.).
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136
Hechtes Verständnis nimmt zur Probe dem Pilger seinen Leib.
Nit notdurfftig werent
Obe is uch umb mynen willen zn
dun were
Das ir mich von myme schiffe
nement
Und von dem libe mich dedent;
6115 Das ir mich wisetent den ver¬
stauen,
Den blynden und veralten,
Der mir so viel ubels hait ge-
taen,
So dicke ir sagent, nnd zn mani-
chem mal,
Und mag sich des noch nit erlan,
6120 Uff das ich möge befynden
Das ir sagent, und das finden;
[ 288 »] Nit also das ich icht föchte,
Das ir mir sagent, das nit viel
dochte,
Aber ich verstaen nit sicherlich
6125 Uwer worte lutterlich.
Woldent ir mich einwenig lernen,
So wolde ich is verstaen gar
gerne.’
Da sprach Glich Verstenteniße
zn dem mal:
‘Zware ich geleuben rechte wol
6130 Das du mich wenig verstest;
weistu war umb?
Daz dut der lip der dar vor ist
und dar vor macht
Ein groß hindernisse dag und
nacht.
Anders kann er nit me gedun
Dan alletzijt wieder dich dun.
6135 Aber umb daz du des haist be¬
wert,
Du salt des, obe ich mag, sin
gewert:
Ich wil dir yn nemen, obe ich
kann,
Aber du must auch mit arbeit
han,
Mit mir auch mitliden han;
6140 Dan ich gar wenig da dede
[289 »■] Wo ich von dir nit helffe hette.
Doch mustu yn wiedernemen
Und yn wieder bij dich nemen;
Dan myne macht reichet nit so
ferre
6145 Das ich yn von dir gescheide
ferre
Odir möge keine lange zijt;
Dannoch is yme harte lijt
Eine wijle sich von dannen zu
scheiden.
Des höret dem dode zu zu leiden,
6150 Der dicke kommet so man nit
nach yme schicket,
Und sich hart dar inn stricket
Nu nym da und ich hie
Und verstant nit da noch hie!’
[289»] Da lachte Gelich Verstenteniße
handt an mich
6155 Und in yre gewalt lachte ich
mich:
Sij zoch und ich stieß,
Ich det so viel, sij also det auch
(ich daz sij mich hieß)
Das der ungeschaffen niderlag
6111. Nit] l. Mir mit h ?; Orig.: Je croy 6157. also übergeschr. vor auch gestr.
que vostre parlement Me seroit mont necessaire. vnd. dz sij mich hieß zugeschr.
nach 6153 aufgeklebtes Bild (53) mit Nebenschrift rechts: glich v’stentenisse nymet
dem pilger? die aele vß dem libe. Der Pilger liegt auf dem Rücken , die Seele kommt in
Gestalt eines Knableins aus seinem Munde.
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Der Pilger befreit von seinem Leibe.
137
Von mir und ich sin entladen
wart.
6160 In den lufft hohe ich gefurt
wart,
Mich dachte wol ich flftge
Und das mich keine swere zöge;
Nach mynem willen über alle
ich gienge
Uff und nider, wo ich wolde, ge-
rynge.
6165 Mich dachte das in der werlde
nftscht
Vor mir verborgen odir verholen
were Ätscht;
Ich was frohe grossenclich,
Mich verdroß nit me dan das ich
Muste herbergen und beliben;
6170 Dan wenig oder nütschit ich sag
Dan hinderonge an myine wege.
[loor] jch sag wol das is waer was,
Alles das Gelich Verstenteniße
mir gesagt hait:
Ich sag mynen lip wol, der was
mist,
6175 Und daz man yn achte vor
nüscht;
Ich sag wol das er alletzijt be¬
leih
An einre stat so man yn nit
dannen hub.
Uff der erden er gestrecket lag
Und das er wieder horte noch
sag;
6180 Sine geberde bewijset hait
Das er keine krafft in yme hait.
Ich gieng umb und umb yn sere
Zu erfaren obe er entslaeffen
were;
Den puls greif! ich yme:
6185 Fahß, adern odir puls an yme
Noch ahtem enfant ich zu male
nicht;
Ich gesag wol das er was nicht.
Phy uff yn und uff sin wesen!
Ich mochte numme bij yme
wesen!
[/so«-] Da ich das alles hatte bedacht,
6191 Gelich Verstenteniße mich an ge-
lachet hait.
‘Hie ist’, sprach sij, ‘das systu
wol,
Din vigent: nu kenne yn wol!
Eis ist der der dich dine wappen
6195 Nit dragen lesset odir lyden,
Der mit klaffen dich niderslet
Und dich uberwinden get,
Der dich hindert hohe zu stigen
Zu dyme schepper und zu fliegen:
6200 Ich han sin dir genug vor ge-
saget,
Da mit dir wol genügen mag.
Du must wieder inn yn gaen,
Wieder uffladen und yn by dir
han
Und in dragen in dinem wege,
6205 In diner ferte über brücke und
stege.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘myne
meynonge
[n>i r ] Was und auch myne begeronge
Das ich mich wappette mit den
wappen
Und das ich also einwenig gienge
stappen
6210 Eine wijle zu versuchen
Obe ich sij also mochte ge-
ruchen;
Dan mich duncket siecherlich
Das sij ytze nuscht wigent ge¬
lich.’
6185. vor Fahß gestr. an.
6187. Ich aus Is.
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138
Rechtes Verständnis gibt dem Füger den Leib zurück.
‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagest
war.
6215 Sij wigent wenig, daz wisse vor¬
war!
Aber du salt auch wissen da bij:
Wo du also andedes sij,
So hettestu kein verdienen noch
Ion.
Du salt sij andun, so du bij
dich hast genommen
6220 Und angetaen den blynden und
stommen.
Er sal sine burde wol dragen.
Dan er an dem guden wilt deil
haben;
Dan du am lesten kein gut
macht han
[U)l’] Er wolle auch sin deile dar an
han.
6225 Nu hebe yn uff und nym yn
wieder
Und dan stelle dich zu wappen
wider! ’
Da sij mir das hatte gesaget,
Balde ich mich han umb gewant
Den lip wieder uff zu heben da;
6230 Alle die stercke die ich hatte da,
Und das gut des ich mich er-
frauwette ee,
In eime blicke was alles ver¬
borgen als ee
Vor mir und verholen
Under dem drüben wölken,
6235 Durch den nyemans gesehen wol
kan.
[192 r] D en wölken den ich so sere ge¬
ll asset hatte
Vor und wenig geachtet hatte,
Fing ich an wieder liep zu han.
Zu bedrachten und zu gedencken
dran
6240 Das ich mich mit yme vereynete
Und sinen willen dete.
Aber da ich dar nach befant
Das ich also würde bedrogen zu
hant,
Zu schrien und zu weynen
6245 Hub ich an und zu sufftzen
Und sprach: ‘ha Got, waz sal
ich dun,
Welichem sol ich sinen willen
dun?’
Da sprach Gelich Verstente-
niße: ‘was ist dir?
War umb hastu untrost bij mir?
6250 Schrien höret den frauwen zu,
Den mannen is nit gehört zu.’
Da sprach ich: ‘ich schrien dar
umb:
Dann itze in dieser stonde,
[ 192 r ] Ee ich wieder uffgehube
6255 Den armen lyp und uff mich ge-
luede,
Da was ich so gar starcke aen
wenen
Das ich so viel wolte dun als
zwenen.
Ich über die wölken Hoch
Hoher dann reiger odir kranch
ie geflog;
6232. als ee zugeschr. 6258. floch zugeschr., davor folch zu streichen
vergessen.
vor 6227 auf geklebtes Bild (54) mit Nebenschrift rechts: glich v’stentenisse gibt dem
pilgery die sele wieder in den lip. Der Püger steht wieder auf seinen Stab gestutzt vor
Rechtem Verständnis.
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Im Anschluß daran weitere Belehrung über Leib und Seele.
139
6260 Ich sag und verstunt
Und nit wiederwertikeit enfant.
Nu ist das spiel also umbge-
want
Das ich mynen wiederwert fon-
den han wider.
Der lip drucket mich und siet
mich nyder
6265 Und heit mich under yme uber-
wonden syder;
Ich han nit krafft da mit ich
yme wiederstan
Möge odir wieder yn gedun;
Myn wollen ich gantz verlorn
han,
Ich weiß nit war ichs han ge-
taen;
6270 Jtfine sterckede ist nit me dan
des ist
[I93r\ Der lebende in die erde begraben
ist
Als ein affe der gehefftet ist
An ein ploch und gebonden ist,
Der nit uffgestigen mag
6275 Er falle dan balde wieder abe,
Also ist mir der lip ein ploch
swere
Und eine zange, die da heldet
sere.
Er siet mich nider so ich wil
fliegen,
Und zuhet mich wieder so ich
wil stigen.
6280 Dar umb wart mir, als mich
duncket, gesagt,
Das ich vor zijden in der schrifft
gesehen han gehabt,
Das der lip, der vergenglich ist,
Sere fule und swere ist
6263. wider eugesehr.
6270. Eine; Orig.: ma force.
Die sele zu beladen und zu
drucken,
6285 Die yn in kestionge wilt drucken.
Also bin ich unden gelacht, *
Also gehalden und zu dinste
braicht;
[193•] Dar umb is nit wonder ist aen
8pot
Obe ich sprechen schriende: “ach
Got! ”
6290 Dan ich bin gar untröstlich.
Und gar sere ungemüdich.’
Da sprach Gelich Verstente-
niße: ‘nu magstu wol
gesehen han
Das ich dir nicht gelogen han
Das der lip din wiederwert ist
6295 An allem guden das dir zu
dunde ist.’
‘Sicher’, sprach ich, ‘das ist also,
Mit uwern gnaden han ichs ge¬
sehen do.
Aber sagent mir noch ein wort:
War umb ist er starcker dan ich
wordt ?
6300 Odir war umb ich nit also starg
bin als er
Odir ich mag werden: das ist nit
gute mere.’
‘Me starcker’, sprach sij, ‘ist er
nit,
Aber du kanst yn uberwinden nit
In syme lande, als du in dem
dynen
[J94 r ] Dedes, so du da weres;
6306 Dan ieder ist starcker uff siner
misten
Und macht sich scharff uff dem
sinen mit lysten.
6281. vgl Sapient. 9,15.
6304. syme aus Syme.
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140
Weitere Belehrung über Leib und Seele.
Er ist hie in syme lande,
Und uff sine miste hait er lange
6310 Synen mist nu faste gelaicht;
Dar umb ist er wieder dich viel
starg,
Me scharffer und hat me großer
arg.
Aber fondes du yn anderswa,
In dyme lande, viel starcker dan
da
6315 Weres, und konde dir nit wieder-
staen
Noch auch wieder dich gedun;
Nyt das ich is dar umb sage
Und dich da inne mit dorheit
belade
Das du yn nit solles matten
6320 Odir auch zu male undertretten;
Dan wiltu, uff sine misten,
[!&*• ] Und das du in dem schachzabel
icht wistes,
So mochtestu zu yme sprechen
schach und mat:
So viel wieders er dir nit det.
6325 Wenig zu essen, wenig zu
drincken,
Wenig rügen und sere in arbeit
zu syncken,
Straffongen und siege viel,
Beden und ersufftzen spiel,
Die Zeichen der bussen,
6330 Haldent yn zu recht dun müssen:
Die dunt dich yn uberwynden,
Er wolle odir enwolle, und yn
mit grosseren bynden.
Wann er dan also wirt ge-
bücket
Under dich und gedrücket,
6335 Dan macht du dich wol wappen
Mit den wappen. la mich dir
recht sagen:
Du kanst nit ander hinderonge
haben
Als da von das er zu feysset ist.
Zu viel redende und zu viel ge-
spiset ist;
[195 »•] Und das was das dir sagette
6341 Gots Gnade, da sij mit dir rede
hatte.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘siecher¬
lich
Yetze erste versteen das ich.
Aber ich verstunt sin nit da
6345 Als sij mit mir rette vom übe
da.
Ich waende das er und ich
Eins weren sicherlich.
Aber is ist nit also.
Durch uch han ich die warheit
erfonden do:
6350 Nach dem ich uch han gefraget,
Dar nach hant ir mir auch ge-
saget’
‘Sicher’, sprach sie, ‘die war¬
heit
Were dir gewest durch sij bereit,
Hettes du is an sij begert;
6355 Dan ich han is alles von ir ge-
lert.
Ich konde nutscht were sij nit,
Und were auch an mir nit:
[195*] Was ich dir sagen, das ist durch
sij.
Obe ich sprechen daz din lip din
vigent sij,
6360 Das soltu her nach wol befinden:
So du einen guden weg wilt gan
und finden,
6319. uit fehlt, steht aber in h.
6332. Orig.: a grant honneur, h: mit
großen eren.
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Der Pilger dankt Rechtem Verständnis für seine Belehrung.
141
Das wirt er dir weren
Und dich dun einen andern weg
keren.
Und obe er dich ettwan lesset
gan
6365 Den weg den du salt und wilt
gan,
So sage ich dir das du yn trege
Findest und in slefferigem wege.
Er wilt lange rügen
Und sich wenden mit fügen.
6370 Zu essen wan du yn haist ge¬
setzt,
Spade und ungerne er sich hait
entsatzt.
Alles wilt er dun gemechelich,
Das er dich mache hinderlich.
Sine zijt kan er wol bestellen,
6375 Wann er dich wilt mit reden
feilen,
1^1 Und so du dich nit hudes,
. Bedrogen du dich dan findes.
Aber das ich dir raden getruwe-
lich
Das du dich uff dinre huden
sicherlich
6380 Haides und dich uff yn nit fydest
Noch uff sin wesen nit verlassest.
Anders dustu yme sin wollen.
Dar umb magstu wissen mit
füllen
Das du yn sterckes wieder dicli
6385 Und yme lyhest flißeclich
Den getzug da mit er dich
krieget
Und von dem rechten wege
brenget.
Als, obe du mich wol verstanden
haist,
6369. Orig.: Et sur l’antre coste tourner.
6407. n. ich gestr. ic mit Ansatz zum h.
werde zugeschr.
Das du yn wol erkennen magst,
6390 Du magst wol gesehen daz is
der ist
Der din dotlich figent ist,
Der dich dine Wappen nit lesset
dragen
Odir sij dich auch nit lesset
lyden.’
[ 106 ”] ‘Frauwe’, sprach ich, ‘großen
danck!
6395 Ich sehen wol das is also ist aen
- wanck.
Minen lip hant ir wol under-
scheiden
Von mir und clerlich gescheiden
Wie er mir allen dag wieder ist
In allem guden das mir zu dunde
ist;
6400 Also das ich uch wol erkennen
Wyse und das ich bedurft ge-
wynnen
Uwer allen dag, das ich wol
wolde
Das ir den weg auch soldet
Mit mir zu der stat da ich hien
sal;
6405 Dan ich geleube das mir wol
Manich hinderonge kommen
werde,
Die ich in myme wege finden
werde,
Durch böse wege, die ich noch
nit han können finden.
Dar umb werent ir bij mir,
6410 So brechtent ir großen trost mir,
Also das ich uch bijde umb
mynen frommen
[107 r] D as i r m it willen wollent mit
mir kommen.’
[6411.] Kustode unten auf Bl 196*: Das
ir mit willen wollet.
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142 Nachdem Rechtes Verständnis sich verabschiedet, setzt der Pilger seinen Weg fort.
‘Gots Gnade ist’, sprach sij, ‘bij
dir,
Da mit saltu laßen genügen dir.
6415 Du gewynnest nummer bij dem
leben din
Geselleschafft die dir so nutzelich
möge sin;
Nit das ich mich wolle entschul¬
digen
Das ich mit dir nit wolle geen:
Ich geen die wijle du is wilt
han;
6420 Aber ich sagen dir daz du wirst
han ettwan
Thuschen uns zwein drube wöl¬
ken
Odir ander fuchtikeit uff ge-
wolken
Odir aber nebel odir rauch,
Dar umb ich dir verborgen bin
auch.
6425 Eine wijle kumerlich
Du mych siest, die ander finster-
lich,
Ettwan wieder dis noch das.
Du mich nit siehst klein noch
groß,
Und auch ettwan lutterlich
[197’] Sihstu mich und uffenclich.
6431 Nach dem du den weg heldest,
Dar nach du mich auch findest;
Aber doch, bedarfft du myn,
So wil ich nahe bij dir sin,
6435 Und suche mich umb dich!
Dan suchestu mich flißeclich,
Du findest mich bereitlich.
6414 gleich exoischengeschr.
6418. geen aus gaen.
Nu gang alles vor dich,
Is were dir anders hinderlich;
6440 Nym guden weg und gleube nit
Dem libe: er dut dir kein truwe
nit!’
Da danckete ich ir sere
Der woledait die sij mir mere
Hatte getaen und bewijset,
6445 Und sij mich vort gaen wijset.
Da fieng ich aber an zu gaen
[J98'-]Und wolde da kein beliben han:
Dicke fant ich daz sij mir sagt,
Und vernam waz sij mich glernet
hait
6450 Ich föchte das ich sie nit sehe
me
Wo ich dar zu nit arbeitte me.
Der wolke verhelete sij mir da,
Das det der lip, den ich hatte da.
Nu behude mich Got vor hinder-
niße!
6455 Dan ich kan wieder weg noch •
wise
Da hien ich siecher möge gaen
In die stat dar ich willen han.
Ich dencke wol daz ich zu
schaffen gewynne;
Dan wan ich mynen wiederwert
finde,
6460 Den den ich süße ertzogen han,
So wil ich mich duncken laen
Das er mir me wiederdrieß solle
dun
Dan der den ich nie me gesehen
han.
[198 *] Als ich alles also gieng
6422. vff gleich übergeschr.
6452. sij fehlt.
vor 6464 auf geklebtes Bild (55) mit Nebenschrift rechts: Hie hat der pilgerin zwene
wege vnd weiß nit wellichö er sol gan. Links steht der Pilger. Rechts sind die Wege als
zwei breite weiße Streifen auf grüner Flüche gemalt.
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An emem Scheideweg sitzt links eine Magd, rechts ein Altbüßer.
143
6465 Und in großen gedencken gieng,
Einen weg sag ich der sich
zweiete
Und in zwene wege sich deylte:
Nit das si verre von ein weren,
Dachte mich, und nit zemale un-
gelich werent,
6470 Einre von dem andern; aber
tuschen den zwein
Sag ich eine wunderliche hecke,
Die mich duchte sich gar ferre
strecken.
Da inne wuß aller hande viel,
Holtz dorne, dar an dorne viel,
6475 Gar dicke dar in gemenget
I m r ] Und hertlich dar tuschen ge-
drenget.
Der ein weg uff die rechte handt,
Der ander gieng uff die lincke
handt:
Es schein gar nahe ein weg sin,
6480 Were die hecke da tuschen nit
gesin.
VfL die lincke hant waz ge¬
sessen
Uff einer Stegen eine jungfrauwe
vermessen
Von adel und hatte sich geleynet
da
Und eine handt under yren seß
gelacht da
6474. das zweite dorne üb. gestr. k...ppe.
6478. vor handt, das zugeschr. ist, ein ver¬
wischtet handt oder hant.
6479. Es üb. gestr. Ein’.
6481. Uvff.
6485 Und einen hentschoe in der
andern handt,
Da mit sij die zijt verwante;
Umb yren finger sij den swang
Und yn umb und umbe wante.
[799 r ] An yrer geberde sag ich wol
6490 Das sij was ydelkeit vol,
Das ir wenig was umb spynnen
Odir ander arbeit zu gewynnen.
Uff die rechte handt sag ich
sitzen
Einen altbüsser und wieder-
macher
6495 Alder socken und alder kleyder,
Die er wiedermachte leyder.
Noch verwondert ich mich me
Daz ich gesag da noch me:
Das er hatte gemacht wieder,
6500 Zerreiß er zu male wider.
Das sach ich da auch:
[ 200 r] Mi c h duchte wol is were ein
gauch,
Und das er in yme nit viel
synnes hette.
Ich achte sin nit, dar umb ich
dorheit synne hette,
6505 Als ich des dar nach wart gewar.
Doch tradt ich bij yn dar
Und rette yme zum ersten zu
Und sprach: ‘lieber frunt, sage
mir nu,
6484. handt aus hant. yrg seß üb. gestr.
sich.
6485. handt wieder aus hant.
6493. handt aus hant.
6504. synne hette üb. gestr. was.
vor 6481 aufgeklebtes Büd (56) mit Nebenschrift rechts: flie ist die mussige maget.
Eine Frau auf einer Treppe, in der Rechten einen Handschuh haltend etc. Darstellung genau
nach Beschreibung.
vor 6493 Bild (57) mit Nebenschrift rechts: der pilgeryn fraget vnmüsse wellicher
weg der beste sij zu gan. Situation wie auf Bild 55. Geschäftigkeit in Gestalt eines Schuh-
nnd Kleiderflickers hockt rechts unten in der Ecke.
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144
Der Altbüßer (Geschäftigkeit) lädt den Pilger auf seine Seite ein.
Welicher weg ist der beste?
6510 Ich sehen zwene vor mynen
äugen glesten:
Ich bin nit me hie her gangen:
Wijse mich welichen ich solle
verfangen!’ —
‘Wo wilt du gelich siecht hin
gan?’
Ich sprach: ‘ich wil über mere
gan
6515 Gheen Jherusalem, in die stat,
Da die magt einen bischoff ge-
born hait.’ —
‘Komme gelich zu mir her inn;
Dan ich uff dem rechten wege
gesessen bin.
[ 200 <>] Durch mich der weg der un-
bekentlicheit
6520 Anhebet und dar nach rechte
geit
Es ist der weg da du mast hin
gaen
In die stat die du wilt han,
Und die da liget über mere.’ —
‘Ich wolde gerne wissen obe is
war were
6525 Das du mir nu haist gesagt;
Dan din werck mich underwiset
hait
Das du haist kleynen synne.
Das macht dins werckes schyn;
Dan ich sehen das du ein alt-
busser bist
6530 Und das din hantwerck snoede
ist;
6512. weliche über wo geschr., das zu
streichen vergessen ist. w. ich gestr. hinn.
v’fangen üb. gestr. gaen.
6532. is wider übergeschr.
6536. das e in arme zu einer Schleife
herauf gezogen u. ein kleines e über geschr.
6538. I. myne ? (R.).
Und gesehen daz du dicke ent-
machest
Das du gemacht haist, und is
widermachest:
Das en ist nit gar großer synne.
Du sagst mir dan sache war umb
daz muße sin;
[201*] Da antwerte er mir mit liste:
6536 ‘Abe myn hantwerck arme ist.
Dar umb sal man mich nit schei¬
den
Noch mynre dorheit melden.
Es en ist nit iederman
6540 Der gülden cronen smyeden kan,
Odir das er möge golt wechseln.
Einre hait eins und muß daz
ander laßen;
Weren sij alle von eins hant-
wercks maßen,
Gar übel sij sich erneren moch¬
ten r
6545 Und auch nit zemal wol endöchte.
Und sagen dir wol: daz hant¬
werck daz arm ist,
Bedarff man wol zu aller frist.
Und ist dicke me daz man sin
bedarff
Dan daz rieh, daz groß ist odir
scharf!.
6550 Das eine wirt mit dem andern
uffgehalten,
Gehanthabet, geregieret und be¬
halten.
[ 20 i v ] Es enist keins das böse sij
Wann getruwekeit da bij sij,
6541. golt aus gelt.
6543. eins hantwercka maßen aus einem
hantwercke.
6545 ewischengeschr.
6547. man übergeschr.
6549. das zweite dz übergeschr.
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Der Pilger erkundigt sich nach seinem Namen und seiner Herkunft.
145
Is schadet nit, wie is sij,
6555 Daz der man echt nit müssig sij.
Es ist besser getruwe hantwerck
Dan von des konniges hoffe
müssig werck.
Obe ich zerryßen und wieder¬
machen
Und das dün umb rechte Sachen,
6560 Das ich nit müssig sij,
Ich meyne das ich dar umb nit
zu scheiden sij;
Dan hette ich ander sache zu
dun,
Da mit muste ich mich bekom-
mern nün
Und das nit wieder zerryssen
6565 Das ich hette gemacht, oder daz
wieder zu machen.
Du sist wol daz ich nit hette
anders zu machen
Wo ich myn werck nit zerbreche
Und das wieder mechte:
[5tt2 r ] Da mit solte dir wol genügen,
6570 Woldes du dich anders mit
myn re liebe vortfügen.’
‘Frunt’, sprach ich, ‘wer bist
du
Und wo her kommen bist du?
Wo ist dir der gedanck her
kommen ?
Du haist mir getaen nie keinen
frommen
6575 Noch magst gedun, als ich in
myme gedancke han:
Wie solde ich dich lieb gehan?
So solde man mich wol einen dor
nennen
6655. acht.
6563. nün zugeschr.
6565. oder dz übergeschr.
Deutsch# Texte des Mittelalters. XXV.
Solde ich dich in liebe erkennen,
Kente ich dich anders nit.
6580 So sehen ich doch an dir anders
nit
Dan dorheit, unkunst und kein
wißheit nit,
Das du me achtest die die arbeit
hant,
Dan die müssig gent und gut
leben hant;
Der me achtet die arbeydenden
6585 Dan die müssig genden.
[505»] ich weiß nit wer dich daz geleret
habe
Odir wer dich das dun sagen
habe;
Dan hette ich icht mit rügen,
Were besser dann sere arbeyden
zu unfügen;
6590 Es ist besser sich müssig dragen
Dan is sij hacken odir graben.
Also lange du uff dem wieder-.
synne bist,
So lange du auch vor einen dor
gehalden bist.’
‘0’, sprach er, ‘lieber milder
frunt,
6595 Du kennest mich nit, als mich
dunckt,
Und kennest wenig Müssikeit
Und ir große sorglicheit
Ich fragen dich nu, antwerte mir
baß!
Umb was sache odir war umb
ist das
6600 Das wiße isen das lütter gefeget
ist,
6570. myme.
6582. das r in arbeit gleich übergeschr.
6589. zu vnfügen zugeschr.
10
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146
Schon ist der Pilger bereit, Geschäftigkeit tu folgen.
Und lichter stahel der gelutert
ist,
Verrostet und wirt hesselich
[203»-]Und sine schonede nit beheldet
gelich?’
‘Ist das also’, han ich yme ge-
saget,
6605 ‘Daz du mir dan haist vorgelacht,
So han ich unrecht dich zu
straffen me;
Dan mit den Worten haist du
mich uberwonden ee.’
‘Sicher’, sprach er, ‘es ist also;
Dan gelich als daz isen balde
rostig wirt
6610 Da mit man nit arbeit odir
wirckt,
Also dut der müssige man
Der nutscht dut odir dun kan:
Der ist balde verrostet in Sun¬
den
Mit laster und bösen funden;
6615 Aber wann er sich wilt be-
kommern
Mit arbeit und sich dar in üben
ummer,
Das hudet yn vor sunden
Und vor manichew» bösen roste
und fänden,
[.?(«»] Das er desta mynre beflecket
wirt
6620 Und vaste mynre rostig wirt
Das ist yme eins fegens wert
Und eynre fylen und des fylers
wert.’
‘Ich bijden dich’, sprach ich,
‘daz du mir sages
Wo du diese wort geschoppet
habes,
6625 Dinen namen und wer du bist,
auch;
Dan mich sere wondert auch
Des das du mir so wol geantwert
haist;
Dann ich waende fast
Das du werest ein dorheit man.’—
6630 ‘Gots Gnade (dan ich nit han),
Die du nit sihst, hat mit dir
geredt
Und hait mir das in myn ore
geredt
Alles das ich mich beraden han
und geredt.
Du salt dir is nit lassen wonder
sin;
6685 Du salt wissen das ich der bin
[204 r] Der den luden hait brot geben,
Aen den nit hette mögen lange
leben
Alle Adams gesiechte were lange
hongers dot
Und hette gelieden grosse not;
6640 Noes arcke were auch nutschit
Ich bin der der da dut alletzijt
utschit,
Und dun die zijt verdrijben,
Kurtz vergaen aen verdrieß
lijden;
Der dar umb alle mentsche ge-
born ist
6645 Umb den scharffen dot der von
dem appel kommen ist
Ich bin mit myme rechten namen
genant
6601. gelutert üb. gestr. b- 6622. eynre aus eyne. vnd übergeschr.
6616. Vmer eugeschr. 6633. vor vnd gestr. g.
6618. roste vnd übergeschr.; malchen in 6642. verdrijben aus verdrieben.
malcbem zu ändern vergessen.
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Da mischt sich sein Leib ein und rät zur Magd auf der linken Seite zu gehen. 147
Arbeit und Unmüssikeit bekant:
Doch nenne mich welichs du wilt
Under den zweien, is mir geliche
gilt
6650 Durch mich gent die da wollent
gaen
Inn die stat da du von
[ 2 (H*\ Zum ersten mit mir geredt haist.
Nu duhe daz du in dyme synne
haist!
Gang durch mich odir anderswo
hin;
6655 Nu hnde dich wol und nym den
weg din
Das du dich nit duhest vor einen
dor halden,
Umb das du möchtest den
argesten weg behalden!’
Da er mir also hatte gesagt
wer er was,
Der altbüsser, und wie sin name
was,
6660 Da dachte ich daz ich sinen weg
wolde gaen
Und den andern weg wolde laen.
Aber zu stont hub an myn
krommer lip
Mit mir zu reden in stridt,
Fieng an und sprach zu mir:
6665 ‘Was gest du, dore, also ge-
dencken dir?
Gleubest du dem coquart und
dore?
Nit gleube yme, sonder gang en
weg vore!
Es ist nit dan ein umbdryber
[205'] Der lüde und umbleyder.
6670 Gang und rede mit der magt
Die eine handt under dem sesse
hait,
Und frage sij den weg zu gaen,
Als du diesen haist getaen!
Villicht gibt sij dir solichen
bescheit
6675 Das du des weges zur rechten
handt bedarfft nit,
Sonder gest den zu der lyncken.’
‘0’, sprach ich, ‘ich laß mir
dich nit wincken;
Ich kennen dich wol, ich wil is
nit dun;
Dan solde ich nach dinem willen
dun,
6680 Balde gienge ich einen bösen
weg.’
‘Sage ich dir dan waer’, sprach
er,
‘Gleubest du dan mir, waz ist dan
der mere?’
‘Ja’, sprach ich, ‘so geleube ich
dir.’
Er sprach: ‘der weg naher mir
6685 Ist nit ferre von dem andern da;
[205 •] Es ist als eins nit dan daz die
hecke
Da tuschen ist ein dorenhecke.
Hecke ist nit eine mure zynne-
lette,
Thorn odir bürg dar in zu be-
sliessen mitte;
6651. da hier übergeschr. u. zu Beginn des
folgenden Verses gestr.
6655 übergeschr. ub. gestr. Vers: Nym dinen
weg vnd hude wol dich.
6657. behalden] be übergeschr.
6666. vor coqaart gestr. C_(?).
6667. vore zugeschr.
6671. handt aus hant. sesse üb. gestr.
arme.
6675. handt aus hant.
6686. nach hecke gestr. da.
6687. ein übergeschr.
6689. mitte zugeschr.
10 *
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148 Nur eine Hecke trenne die beiden Wege. Der Pilger tritt darauf an die Magd heran.
6690 Es ist keine hecke, man mag da
durch slieffen
An ettlichen enden odir sie uff
ryssen,
Odir zum mynnesten man möge
da durch gaen.
Als obe du nit recht gangen
weres
Odir von dime rechten wege
kommen weres,
6695 Balde genug mochtes du durch
die hecke kommen
Und uff den andern weg wieder
kommen
Aen alle wieder sprechen.
Dar umb, wiltu myne rede
versten,
So mag is dich nit sere gekrüden
6700 Das du gest mit der hübschen
reden,
Die da sitzet uff dem huffen
steyne;
Dann sij ist alleyne.’
‘Wol an’, sprach ich, ‘wir wollen
dar gaen!
Ich sehen wol das ich nit frieden
mochte han
6705 Wo ich nit etlicher maßen
gleubte dir;
Dar umb gang vor, so geen ich
mit dir!'
Da quam ich zu der maget bas
Die an dem ende des andern
weges saß:
Ich sagete ir mynen grüß mit
müt.
6710 Sij sprach: ‘Got grüße dich, frunt
gfttP
‘Jungfrauwe’, sprach ich, ‘bij
myme eide,
Ir brechtent mich wol von leyde
Woltent ir mich den weg wysen,
Obe ir den wissent in eynicher
wijsen.’ —
6715 ‘An dem wege kanstu nit gefelen
Wilt du dich an mir nit helen
[206 •] Und wilt durch mich hyen gaen;
Dan ich die porten innehan
Und bin eine portenerynne
6720 An manichem hübschen wege und
huderynne.
Ich füren die lüde in den grünen
walt,
Beyde jungen und auch alt,
Nüsse brechen und vyoletten
Und auch zu wilen die ketten.
6725 Ich furen sij an lustliche stadt,
Da man frolich ist und freude
hait;
Da dun ich sij hören singen
lieder,
Sprüche, gedichte und gewyder
Und dar zu manichen süßen don
6730 Von harppen und ander seiten-
spil schon,
Von orgeln und andenn gedöne,
Davon die rede wurde zu lang
und zu schöne,
6691. vff ryssen aus schwarz gestr. vffgetaen.
6700. vor du gestr. g. reden vor mit
gestr. u. a. Schl, zugcachr.
6706. gang vor übergeschr.
6708. saß üb. schwarz gestr. was.
6709. mit mät zugeschr.
6727. singen übergeschr.
vor 6707 Bild (58) mit Nebenschrift rechts: Da Bette der pilgery zu Mussikeit links
neben dem Bilde lviij.
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Die Magd (Mäßigkeit) berichtet verlockend von ihrem Wege.
149
[207 r] ]) er is alles wolde ertzelen,
So solde man dar an nicht ver-
helen.
6735 Da dun ich sij arbeit hören,
Gauckel spiele bij andern doren;
Da sehen sij das bredespiel
Und auch schachzabel spiel,
Die kegel und den nunden stein
6740 Mit wurffein und ander spiel
gemein
Und viel ander trufferien.
Wiltu dar gan daz zu gesiehen,
Durch mich mustu dar gan.
Nu luge obe du wolies dar gan:
6745 Den rait mustu bij dir han.’
‘Ha’, sprach ich, ‘ach amich!
Ich han rait, aber mich gelanget
nit
Zu beraden daz wieder den ist
Der mich zu kriegen bereit ist:
[207’] Er ist ein vorsprecher worden.
6751 Ich bin wol bedrogen worden
, Zu der zijt da ich mit yme eins
wart
Yme gulte zu geben zu der selben
fart,
Mich da mide zu kriegen
6755 Und auch baß zu bedriegen;
Dan allen dag wilt er die gulte
han,
Gestern, hude, und lat mich nit
dar von,
Und wann ichs yme geben, so
verbirget er die.
Ich weiß nit obe mir recht von
yme geschie
6735. arbeit] Orig.: laboure M, balonrs
sonst.
6745 korr. aus Dan dinen Rait du bij dir
must han. du vor bij bei der Korrektur eu
streichen vergessen.
6746. Ha klein üb. großem, einen Absatz
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6760 Odir abe ich werde gerochen hie.’
‘War umb’, sprach sij, ‘sagest
du das?
Du bist verdoret, und sehen doch
nit das
Er dir nit habe geben guden rait
Das er dich zu mir gefüret hait.’
6765 ‘Sicher’, sprach ich, ‘das wolde
ich wol,
Aber ein crutze ich machen sol;
[208 >■] Dan is were das erste mal
Das er mir ye geriede wol.’
‘Nu sage mir’, sprach sie, ‘wie
6770 Hait er dir geraden? und lug nit
hie!
Mit was Worten hait er dich
Zu mir her dun kommen gelicli?
So wil ich dir auch sagen hie
Obe der rat gut und gewerlich
sie.’ —
6775 ‘Er hait mir gesaget ich mochte
nit
Lengen minen weg und auch
irren nit
Sere, gienge ich zu uch reden,
So mochte ich balde wiedertreden
Und wieder kommen uff mynen
weg
6780 Aen wiederrede und dan gan en-
weg.
Soliche worte hant mich zu uch
braicht,
Got gebe das is wol sij gerächt!’
‘Nu’, sprach sij, ‘magst du wol
gesien
[208 *] Das er dich nit wil bedriegen.
bezeichnendem R, das nicht getilgt ist, wahrend
die übrigen Buchstaben des anschließenden Wortes
(Raidt) gestr. sind.
6748. den üb. gestr. mich.
6749. Der üb. gestr. vnd.
6761. Initiale schwarz mit roter Füllung.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
I
150
Müßigkeit berichtet von ihrem Wege.
6785 Umb dich wilt er lyden han,
Dich zu erneren und uffrecht zu
han.
Wann so er redt von durch geen
Durch die hecke, mit dir zu
geen,
So magstu sehen daz er suchet
nit
6790 Sinen lust und auch sinen wollust
nit,
Sonder ist eyniche arbeit da,
Die wirt er alleine liden und du
nit alda.
Er wirt da mit berftret
Mit den dornen und beblftdet
6795 Gleube yme des sicherlich!
Du kanst dar an verlieren nicht.
Komme durch mich: is ist ein
weg din!
Du bist nit der erste pilgerin
Der zu andern zijden da her
gangen ist:
6800 Der weg alzumal wol getreden
ist!’
[209 r] ‘Frauwe’, sprach ich, ‘sit das
ir wollent
Das ich durch uch ghee, und daz
also lobent,
So sagent mir die gelegenheit
Von uch und wie uwer name
steit!
6805 Dasselbe ich gerne wissen wolde
Ee ich uwern weg gaen solde.’
‘Hie von’, sprach sij, ‘mochte
dir nit
Groß ungemach gescheen nit;
Dan durch mich sint viel ge¬
gangen
6810 Die dar nach zu fragen nit hatten
gros verlangen;
Ich gefiele yn auch so wol
Das sij mich nit frageten war
dis noch daz sol.
Aber doch dwijle du wilt wissen
Das, so saltu vorware wissen
6815 Das ich der hoffart eine bin,
Die zu zijden hait gestalt hien
Frauwe Trägheit, die du her
nach
Sehen wirst, und auch wirt dir
zu ir gach.
[209»] Ire dochter bin ich und genant
6820 Mfissikeit die weiche bekant
Ich han lieber myn hentschoe an
zu dun,
Mich zu strelen und hübsch an
zu dun,
Mich in eyme Spiegel zu besehen
Dan daz ich ander arbeit wolle
plegen.
6825 Mir dreument firetage und
sondage,
Das ich desta mynre swerde
drage,
Erdachte Sachen und meren zu
sagen
Und die lüde zu wenen das ich
war sagen
So ich ertzelen lugen und meren.
6830 Bücher lesen und sagen erdachte
meren.
Ich bin dins lybes frundynne:
Du slaeffes odir waches mit
synne,
Ich huden yn, daz er kein arbeit
habe
[6800.] Kustode unten auf Dl. 208»: Franwe 6818. wirt dir zu ir gach «5. gestr. fynden.
spch ich sijt das. 6828. vor lüde schwarz gestr. z.
6808. vor Groß gestr. kein.
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Der Pilger betritt den Weg der Mäßigkeit.
151
Und zu kratzen an den henden
habe.
6835 Ich gebe yme dicke scheppel von
grünem krude
[2ior] Und dun yn gesehen zu siner
hude,
Obe sij hübsch und wol gestalt
sie
Und wol gecleydet und geschuwet
sie.
Ettwan dun ich yme suren
wahssen an den henden,
6840 Das er die muß graben und
wenden,
Sie zu stechen und uß zu graben,
Zu arbeyden und keinen samen
zu dragen.
Nu siech was du dun wollest,
Was du gedenckst, was rads du
liest!
6845 Wiltu dich durch mich leyden,
So sage is aen langer beyden!
Hebe dich uff und gang uff den
weg
Und stoß dine kleyder an dinen
gurtel recht!’
Da sie mir daz gesagte, zu
stunt sprach ich:
6850 ‘Die wijle myn lip uch ist frunt-
lich,
Hettent ir yn dan getruwelich
lieb icht,
So soldent ir yn bedriegen nit;
1210*] Dann ir wissent, were er den
rechten weg geflogen,
Das er sere were bedrogen;
6855 Dann durch die hecke snelleclich
Müste er gaen scherffeclich.
Mit syme kosten machte ich
solich loch
Das ich mynen weg wiederfunde
doch:
Ich clagette wenig obe er ge-
dornet
6860 Were odir sere gestechet.’
‘Gang’, sprach sij, ‘und rede nit
me!
Er selber hait erwelet ee
Den weg; er kan mich nit ge-
schelden
Noch von felscher liebe gemelden.’
6865 Da gienge ich durch Müssikeit
Und in yren weg ich mich bereit;
Des andern weges achte ich nit
Und vergaß des altzumale.
Den andern in dorheit nam ich
zu wale,
6870 Is mag kume sin er sie mir der
argeste.
[2ii r ] Ich bin geirret, daz weiß ich nit
faste,
Ich wil is balde genug ersehen.
Nu gebe Got das ich also möge
geen
Und die bösen wege also schuwen
6875 Das ich bynnen kurtzer zijt,
Ee ich des boesen weges zu ende
komme nit,
Uff den andern weg kommen
möge
Und durch die hecke gaen möge!
Da ich nu gieng also
6880 Und die hecke ließ uff der sijtten
do,
6851. lieb icht hmt. gestr. ist
vor 6879 Bild (59) mit Nebenschrift rechts: gottes gnade vnd der pilgeryn vnd die
hecke tbuschen yne zweyen. links neben dem Bilde lix.
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152 Plötzlich ertönt von der andern Seite warnend die Stimme von Gottes Gnade.
Eine stymme horte ich uff die
ander sijtte,
Die zu mir rieff sijt.
Sij sprach: ‘cockart, was dust du,
[.an*] War gestu, war wilt du?
6885 War umb haist du gelaubt des
rades
Der glytterssen lugenerynne
Müssikeit, der klapperynne?
Den rat den sij dir geben dut,
Brenget dich zu armüt;
6890 Sij fftret dich glich in den dot,
Wie wol der weg dich hat bracht
in not.
In kurtzer frist hat sij dich be-
drogen
Und von der dugent getzogen;
Sant Bernhart sprach sij nit an,
6895 Da er sij erkante und gieng sij
an.
Sij ist me hinderlich den pilgerin
Dan der hare möge den h&nckeln
sin.
Ich gleube wol du solles is balde
erfaren
Und sij wol erkennen daz du
bist verfarn,
6900 Wo du nit balde geest her über
[ 212 r] Und laß den weg der da get da
über.’
Da wart ich zu male sere
erfert
Und bin altzumale zu dode er¬
schrecket;
Dann der da rette, gesag ich nit,
6905 Und wer das were, wiste ich nit.
Doch so antwerte ich
Und sprach: ‘bescheide mich!
Was odir wer sint yr
Die odir das da redet zu mir?
6910 Ich werde recht nummer frohe
Wiste ich nit wer nu were do.’
Das da hatte geredt, daz ant¬
werte mir lftde sere:
‘Du soldes wol wissen wer ich
were;
Dan ich han dir viel gudes ge-
taen,
6915 Woldes du is icht behalden han.
Ich bin die die dich furte in myn
huß,
Und drug dir myn kleynot her uß
[ 212 »] Und ließ is dich sehen und det
dir ein deil bekant:
Gots Gnade bin ich genant.’
6920 Da ich is horte, da sprach ich
zu ir:
‘Zarte frauwe, sijt daz daz sint
ir,
Ich dancken uch; daz sal ich dun.
Sijt das ir zu mir hant reden
dun.
Ich han lange guden willen gehat
6925 Mit uch zu reden von diesem
phat,
Uch zu fragen waz da mechte
hie
Die hecke die da ist gewahssen
hie;
Und bijden uch das ir mich des
underwijsent
Der warheit und mich wijsent,
6883. was dust aus war gest.
6884. hier War gestu aus was dustu da.
6888. I. Der?
6894. vgl. Bemardus, De consideratione 2,13
(Migne, Patr. lat. CLXXX1I, col. 756).
6899. Hinter sij ist dar vor also schwarz
gestr. u. dafa r <*• Schl, ds du bist v’f&rn rv-
gefügt.
6901. h: laßest.
6912. lüde übergeschr.
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Aufklärung über die Hecke. Jenseits derselben erscheint Rechtes Verständnis. 153
6930 Und dar nach na myme vermögen
Durch zu gaen dun ich myn
mögen.
Hait myn lip da zu lyden,
Ich gedencken des wol zu ver-
myden:
Er ist dar in myn rat gewesen,
[• 2i3 r ] Es krudet mich nyt obe yme
davon liden werde.’
6936 ‘Sicher’, sprach sij, ‘ee solde ich
Durchgaen, were gehertzet ich;
Dann so du vorter wirst gaen,
So must du die hecke ie dicker
han.’
6940 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘des bin ich
froe,
Desta me wirt er gestochen also,
Der lip, der mich hat wollen
verraden
Und mir hait uff diese sijte zu
gaen geraden.’
‘Nu verstant’, sprach Gots
Gnade, ‘waz is ist,
6945 Die hecke die da tuschen ist
Tuschen den zweien wegen: daz
die hecke zu gehören sol
Der frauwen die du gesehe wol
Den Siegel dragen und die rüden
Und den besem dragen tuschen
den zenen.
6950 Bfisse ist sij genant sere
In hiemel, erde und in dem mere.
\213 »] Sij hat die hecke geheiget da
Umb den willen daz die den weg
da
Uff der sijtten gent, daz sij da
her über nit kommen
6955 Sij haben dan vor davon arbeit
genommen.
Sij hait sij auch dar umb geheget
da
Das sij neme besem und rüden da
Und auch style in ire Siegel zu
machen,
So dicke ir das not dut zu yren
Sachen;
6960 Dan sij hait des an viel enden
zu dun,
Umb die Sünder bösen willen zu
laßen dun.
Die hecke an diesem ende
Ist nit faste dicke, da wende,
Das rade ich, balde her durch zu
gende;
6965 Dan du magst balde finden
Ettliche sache die dich mochte
hindern
Und dich nit lesset durch gaen:
Das sal dich nit gar fremde han.’
[214'] Da flenge ich an zu gesehen
6970 Her und dar und zu gedencken,
Zu wissen obe ich gesehen mochte
Ein loch, dar durch ich gaen
mochte.
Aber in dem gesehen uff jhene
sijtte sach ich
Recht Verstenteniße, das won-
derte mich;
6975 Ich kante sij wol an yrem an-
gesichte und wijse.
6933. Orig.: je m’en pense bien a aonffrir; 6952. geheiget üb. gestr. gesatzt.
h: ich gedencken michz wol zu verdragen. 6953. dz übergeschr.
6936 f. h hat, dem Orig, entsprechend: e
soltestu ... werestu icht geh.
vor 6969 Bild (60) mit Nebenschrift rechts: Da Rette glich v’stentenisse zu dem
weller. links neben dem Bilde lx.
*
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154 Von Rechtem Verständnis angetrieben sucht der Pilger ein Loch in der Hecke.
Ich sprach: ‘owe, frauwe die
wyse,
Hant ir mich uff dieser sijtte
gelaßen ?
Dann ich waende daz ir zu aller
maßen
Bij mir uff myme fuße sin soldent
6980 Und mich in keyner zijt laßen
woldent.’
[214 »] Sij sprach: ‘is stet an mir nit an
min blieben,
Du haist mich zu erste gemyeden.
Weres du uff dieser sijtte her
kommen,
So hettest du mich doch bij dir
funden.
6985 Nit wene das ich wolle gaen
Den weg da von ich schaden
han!
Ich wil mich uff dem guden wege
halden,
Da die guden pilgerin hien gent
wallen.
Komme dar und geleube Gots
Gnaden;
6990 Dann sij hait dir gar wol ge¬
raden
Das aller beste, und byst ein
dore
Wo du volgest den weg uff die
sijte vor.’
Da sij mir daz hatte gesagt,
Fing ich an zu gedencken me
dan ich vor hatte gedacht
6995 Und gesehen wo die mynste dicke
Were und das kleyneste gesticke
An der hecken und daz mynneste
stechen;
[ 2 iör] Dann mich durte daz sich zur¬
brechen
Solde der lyp me dann ich:
7000 Das erbarmete me dann is solde,
mich.
Nu wolle mich Got behftden
Durch sine große gfttten;
Dann ich bin boesem marcket
nahe.
So lange der fogel sich mag regen
7005 Her und dar und sich bewegen,
So kommet is gar dicke
Das er inn einen stricke
Swerlich gefangen ist,
Der yme in sinen weg gelacht
ist,
7010 Odir von eyme andern fogel ge-
dodet.
Er ist ein dore daz er so er
mag, nit enubet;
Dann wann er wilt, so mag er
dun nit,
Da von yme dicke leyde beschiet
[.215»] Nu wil ich uch sagen wie is
mir gieng,
7015 Davon is mir größlich mysse-
gieng.
Als ich also in gedencken was
Und in der hecken suchte loch,
daz mir baß,
6979. sin soldent hint. gestr. werent. 6982. gemyeden üb. gestr. gelaßen.
6980. vor laßen gestr. nit. 7011. dz er hint. dore übergeschr. u. hint.
6981. an min blieben üb. gestr. in solich mag gestr. vbet üb. gestr. dut
m aasen (?). 7013 sugeschr.
unter 7013 Büd (61) mit Nebenschrifl rechts: dracheit heldet den weller. links neben
dem Bilde fign’e lxi. In der Rechten schwingt ein altes Weib (Trägheit) ein Beil, mit der Linken
hält sie den Pilger an einem um sein rechtes Bein geschlungenen Seile fest.
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Dabei verstrickt er sich in Seüe, die ein altes Weib (Trägheit) auf den Weg gelegt. 155
In myme wege seile und stricke
lag,
Die ich wol fulete und nit gesag
7020 Das ich dar inne verstricket was
Snelle und mit den fftßen ge-
hemmet was;
Das mich wonderte sere
Und erschrecke mich am hertzen
mere.
Zu Gelich Verstenteniße zu reden
ließ ich sin,
7025 Und da bynnen waz Gots Gnade
mir uß dem synne.
Nach der hecken gedacht ich nit
Zu suchen sluff odir loche nit;
Genug zu dun und zu gedencken
Hatte ich wie ich solde lencken
7030 Die knoden von den seylen
Und die rechte zu deylen
[ 2 i 6 r] Und zu entstricken
Und sij uff knuppen zum glichen;
Danne ich konde sij nit zer¬
brechen
7035 Und wiste mich nit wie rechen;
Dann ich nit als starg als
Sampson was.
Ein altwip, daz hesselich und
ungestalt waz,
Kromp und ungeschaffen,
Sag ich, die wolde klaffen,
7040 Und ich hatte ir vor nit gesehen:
Die quam mir nachgeen
Und sag sie die seyle han
Mit einre handt begriffen han.
Da ich mich wante und sij
ersach,
7045 Mee dan vor ich erschrag;
Dann ich sag sie gar sere ver-
stalt
Und von wustikeit gar ungestalt,
Unfledig, swartz, snode und gele,
Der sij hette gesien dantzen
snelle.
{ 216 '] Eine metzigeraxs sie drug,
7051 Da mit man die swine dot slug;
Dar zu drug sie bewonden
Ein fardel seyle zu hauff ge-
bonden:
An yrem halse drug sie die.
7055 Da ich sie also sach hie
Und nam war yrer geberde,
Da waende ich nit anders dan
sij were
Eine otterfengerynne
Odir aber eine wolffefengerynne.
7060 Solich fardel han ich an den
wolfffengem gesien,
Die des konniges waren odir ir
mochten syn,
Und auch bij den otterfengem:
Die drugen solich fardel gern.
‘Was ist dis’, sprach ich, ‘du
stinckendes altwip,
7065 Das du mir also nachgest uff
mynen lyp?
Wer bistu odir mit was rechte
7018. lag aus lagen.
7019. wol fulete üb. gestr. nit gesag u. nit
gesag üb. gestr. fulete wol.
7023. I. erschreckte?
7025. wz vor gots übergeschr. m. ». gnade
gestr.
7033. Nach uff ist zu schwärt gestr. zum
glichen zugeschr.
7049 in der vorliegenden Verbindung ganz
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unglücklich und höchstens tu erklären: Unfledig
etc. erscheinend einem, der sie hätte tanzen sehen.
Orig. (7062/63): Laide chose fust en sale
Qui li v8ist yenir dancier.
h: ... gel, sye quam dort her springen vnd
dantzC.
7051. dot übergeschr.
7064. Initiale schwarz mit roter Fällung.
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156
Alles Wehren gegen Trägheit häft dem Pilger nicht*.
Hinderst du hie mich armen
knechte ?
[217 r ) Ir soldent nit also kommen
Aen reden odir uch hustens an¬
genommen.
7070 Is schinet wol das ir nie kommen
sint
Von guden enden odir ußgangen
sint.
Fluch hynnen und laß mich,
Duhe abe dinen strick umb mich
Und von mynen füßen abe!
7075 Dan ich nit blafuß odir falcke
Byn und auch keynen han
Odir auch keynen sperwer dran
Noch ander fogel ziere,
Das fogeiern zu gehöre
7080 Mich also mit stricken zu bynden.’
Das aldewip begonde antwert
fynden:
‘So mir myn heubt’, sprach sij do,
‘Du kommest nit von hynnen
also;
Übel bist du her kommen, übel
muß es dir ergaen.
7085 Stinckende altwip hastu mich
genant:
[217*] Alt bin ich, du haist mich aber
myssenant
Dar an das du stinckende haist
gesprochen;
Ich stincken nit und laß is nit
ungerochen.
Ich bin an viel hübschen enden
gewest
7090 In winter und sommers glest,
Gelegen in des keysers kammer,
7069. Hinter hustens ist han su ergänzen.
7075. Nach falcke ( verändert in falcke)
ist des Reims wegen habe zvgeschr., das jedoch
nicht gehalten werden kann.
Des konniges und ander herren
samment,
Geslaffen in vorhengen der
bischöffen,
Epten, prelaten und in geist¬
lichen höfen,
7095 Das ich nie me stinckende wart
Noch in keinre zijt also genant
wart.
Wo kommet is dir her, wie ge-
dorste du
Also reden daz du nu
In myme stricke gefangen bist,
7100 Gehindert und dar inne ver¬
stricket bist?
Ich meynen das du sere scharff
werest
Und gar boßlich mit mir retdest,
Werest du nit gefallen.
[ 2 i 8 r ] Und dar umb, die wijle ich dich
halden,
7105 Ich geleube ich solle mich wol
an dir rechen
Und dich noch also zerbrechen
Und dich noch brengen an die
stat
Das ich dich dun gleuben an
mynen got’
‘Alt wip’, sprach ich, ‘wer sint
ir,
7110 Die das hertze so sere hait zu
mir?
Ir sollent uwern namen sagen,
Dwijle ir mir also wollent
drauwen! ’
‘Sicher’, sprach sij, ‘ich wil is
wol,
7094. in übergeschr.
7098. daz aus da.
7106 zwischcngtschr.
7107. Vnd üb. gestr. ich wil.
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Trägheit erklärt, teer sie ist und teoeu sie dient.
157
Das ich dir nit verhelen sol
7115 Myn name, wer ich bin und war
zu ich dienen welle.
Frauwe bin ich des metzelers uß
der helle,
Die yme bringet mit seylen fyne,
Als obe is alles werent swyne,
Die pilgerin die ich hindern mag
7120 Und sij mit den f&ßen binden
mag.
Ich han ir zu zijden viel dar
bracht,
Aen die ich noch wol dar
brengen mag,
[ 2 iQ>] Under den du must der erste sin,
Wo du mir nit entgest uß den
banden myn.
7125 Und dar umb bin ich kommen
dich zu binden)
Dich heimlich an za kommen und
zu finden;
Ich were wol anders kommen
Hette ich nit vernommen
Das ich myn arbeit solde ver-
lorn han;
7130 Dan du wolde uff die ander sijte
gaen.
Ich bin das aide wip
Das bij den kinden in yrem bette
lygt
Und sij dut uff die ander sijtte
wenden
Und sij nit leßet gerne uffsten
odir sich wenden.
7135 Ich bin geborn sie zu wigen,
Das sij slaffen und swigen;
Die yne yre äugen zu dut,
Das sij nit sehen das lichte gut.
Ich bin die die ane hacken
7140 In dem garten dut disteln uß-
racken,
[2i9r] Qwecken und nesseln erheben
Und al unkrut aen samen sehen.
Dicke und viel is mir gescheen
ist:
Das balde zu dun bereit gewest
ist,
7145 Bis uff den andern dag ich das
vertzog,
Da mide ich das bedrog
Und det is dar nach zu male nit.
Der zukunfftigen zijt beiden ich
gerne sijt,
Dar umb durch mich dicke ge¬
scheen ist
7150 Das manig gut werck versumet
worden ist.
Ich heißen Drakeit, die süchtige,
Die hynckende und krempige,
Die lame und die müde,
Die versmeltzen, die erfrorne
hüde,
7155 Und wiltu mich anders nennen,
So magstu Trurikeit wol er¬
kennen ;
Dann waz ich sehen, daz ver-
drußet mich.
Als der mulenstein der ydel get,
dun ich,
[2i9 f ] Der nit zu malen hat und von
yme gibt staub und mele;
7160 Also zurbrechen ich mich viel
und snel:
Durch verdrieß ich is alles bre¬
chen,
Da mit ich mich sere rechen.
7136. swigen üb. gestr. nit schrien.
7138. m bebte das e a. Schl, eugeschr.
7142. alynkrnt
7152. Vor krempige ist die gestr.
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158
Von der Ausrüstung der Trägheit mit Beil und Seilen.
Mir gefellet nutschit wol
Is sij dan nach mynem willen
gemacht wol.
7165 Und umb das mich also verdrußet
das,
So dragen ich diese myne axs.
Verdroß von gudem heißet sie:
Sij ist swere als ein groß blie,
Sij kloppet und erslecht die lüde.
7170 Es ist die axs eigenclich
Da mit ich zu zijden gewerlich
Helyam under dem weckolder
slug dot
Und ich yn braicht in dodes not :
Were der nit gewest der hoch
gehangen wart,
7175 Durch den er zweie male er¬
wecket wart»
Umb die macht die er hatte sere»
[ 220 r ] Er mir also nit entgangen were’
Mit der axs slahen ich dot
Die gelerten in der kirchen und
brengen sij in not;
7180 Also besweret und gebliet ma¬
chen ich sij,
Solde man sie verkeuffen als blij,
So mochte man sie mit gewichte
verkeuffen.
Ir einre wigette so viel als ander
drij;
Ich sparen keynen, wer der sij,
7185 Ich slahen sij dot, wann ich sij
also finden hie.
Diese stricke und die seyle hie,
Da mit du gebonden bist hie,
Sint gemacht also gar starck:
Zuhes du sere, sij halden hart,
7190 Wann sie enbrechent nit balde;
Dann sij sint nu gar veraldet
Eis sint nit seyle von Lichtem
dal,
Sonder sij sint gemacht zu Swar-
tzen dal;
[ 220 *] Sij sint gelich swartz und ge-
swertzet
7195 Und uß mynem buche geertzet
Wiltu wissen wie sij heißent alle:
Die eine versumeniß man nennen
sal,
Die ander verlessikeit genant,
Die dritte lassikeit ist bekanL
7200 Sie sint weiche und lichts geferte,
Fluckig und gestanden herte;
Also han ich sij gemacht wol zu
verstricken
Und gar wol zu verwicken
Und dun die lüde zu hindern
7205 Und ir kleit doch nit zerryssen.
Sage ich waer, so weistu is wol;
Dann durch sij zwo ich dich
halden sal.
Die ich an myme halse han
Und also dar an gebonden dra¬
gen,
7210 Des ich uff dis male wil geswigen
[ 22 ir] Und die zum andern male dir wil
lyhen;
Da inne du dich in tzijt fynden
salt
Verstricket und auch wol fuelen
salt.
Nit me ich dir sagen wil,
7215 Umb daz ich mich dar zu stellen
und stercken wil
7164. vor gemacht angefangenes w schwarz 7198. swartzen dal üb. gestr. haldB sm&L
gestr. [7210.] Kustode unten auf Bl. 220•: Ynd
7172. vor slug gestr. dot die zum and’n. hier n. vnd schwarz gestr. dir.
7185. hie zugeschr. 7212. in tzijt übergcschr.
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Trägheit schlägt den Pilger mit dem Beüe nieder.
159
Dich da myde zu seylen
Und zu hindern aen feylen.
Das seyle vertzwifelonge ist ge¬
nant:
Das ist das da Judas an gehan¬
gen wart,
7220 Da er den konnig Jhesus ver-
raden hatte.
Es ist das seil des henckers von
der hellen,
Das da mit er sleuffet und
hencket
An sinen galgen die er also er¬
kennet.
Ich dragen is affter lande;
7225 Dan is der hencker mir befolhen
hat mit schände,
Uff das, obe ich einen dore fynde,
Das ich yme daz umb den hals
bynde,
Das ich yn fure und sleuffe
[221*] Und yme eine böse woche an
streuffe.
7230 Nu siech abe dich an ein gut
ende
Dich gefurt hant des dodes
wynde
Und obe dir wol gedienet hait
Müssikeit, die dir gesaget hait
Das sie myn dochter sij!
7235 Hie zu sij dich hait dun kom¬
men:
Du must hie sterben, wo ich nit
stirbe.’
Da das altwip also hatte ge-
redt
Mit großem versmahen sprach ich
wieder:
7240 ‘Rostig altwip, mich duncket
sieder
Das uwer bekenteniße nicht wert
sij.
Laßent mich gen, dan ir hant
mich gehindert hie
Und bin von uch gehindert wor¬
den!’
Da hait sij die axs her vor ge-
tzogen,
7245 Uff die achsel sij mich slug
So sere das sie mich nider slug.
[222 r ] Hette ich myn pantzer gehabt,
Das were mir uff die zijt wol be¬
haget;
Dann der streiche der mir wart,
7250 Was dotlich, hette ich nit gehabt
Da selbs in myme hudt
Der schonen salbeyen gut,
Die der konig hatte gemacht:
Das ist die salbe geystliche,
7255 Die nit machet den mentschen
dotlich.
Der hatte mir in mynen sacke
getaen
Gots Gnade, da ich sij genommen
han;
Sij wyste wol das ich y r be¬
dürfen wurde,
[222'] Dar umb hatte sij mir sie uffge-
laden zu burde.
7260 ‘0 we’, sprach ich, da ich mich
sach
Also in großem ungemach,
‘Gnade’, sprach ich, ‘konnig Jhe¬
sus!
Von yrem hantwercke und ge-
prediget,
7258. yn bedorfften.
oben auf Bl. 222r Bild (62) mit Nebenschrift rechts: dracheit wilt den weüer doden.
links neben dem Bilde lxij. Trägheit schlägt den Pilger mit dem Beil auf die Schulter.
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160 An seinem Stab richtet sich der Pilger auf, aber Trägheit läßt ihn nicht entkommen.
Das alt wip hait mich dot gesla-
gen sus
Und mich ermordet mit der axs.
7265 Han ich nieman bij uch nahe,
So han ich kein beliben nahe.
Helffent mir und komment zu
helfe mir
Und werffent mich uß diesem
leide viel!’
Als ich mich also clagette
7270 Und mich beclagende also nider-
lachte,
Da lachte das altwip ir bnrden
nyeder
[223 r \ Und wolde, daz mir nit wol ge¬
fiele sieder,
Die seyle dem hencker uff dun,
Mir die umb den hals zu dun.
7275 ‘Wenes du’, sprach sij, ‘mir ent¬
wichen
Mit dyme clagen odir mit dyme
schryen ?
Des henckers seyle wil ich dir
wynden
Umb den hals und is wol byn-
den;
Dar nach werden ich sleufferynne
7280 Din und auch henckerynne,
Und die daet sal wol loben
Der hencker und yme wol hofen.’
Da ich horte solich drauwe
Worte
Und sag die botschafft und borte,
7285 An mynen stab ich da gedachte
Und mir daz böse hertze wieder¬
brachte.
Mit beyden henden ich den greift
und hielt
Und behalff mich da mit so viel
[223*] Das ich wieder uff qwam
7290 Und mich uffrachte und uff die
fuße qwam.
Zu der hecken wolde ich fliehen,
Aber das altwip mir nach zn
ziehen
Was nit drege noch entslaffen;
Sij qwam mir nach mit irer axs
7295 Und hielt mich in dem stricke
* baß,
Davon ich noch nit gelediget
was.
‘Beide, beide!’ hait sij da ge¬
sprochen,
‘Du kommest nit also enweg, ich
sij dan gerochen!
Is hilffet dich nit also enweg
stessen:
7800 Du must die hecke vergessen;
[224 r] Zu myner axs und mynen seilen
Mustu dich zu male lan verey-
nen.’
Also sij mich wiedertzoch
Mit der axs und jagete mich
doch
7305 Mit den stricken, die ich nach
mir zoch
Und auch einßdeils an mir
drug.
7283. hint. drauwe Rasur (n getilgt?). 7299. stessen] vgl. Glossar.
7284. borte = burde.
" vor 7269 Bild (63) mit Ntbenschrifl rechts: Hie liget der weller den dracheit hait
geslagen. Gottes Gnade steht neben ihm. links neben dem Bilde lxiij.
nach 7294 Btld (64) mit Nebenschrift rechts: Der weller finget vnd dracheit die jaget
yne. links neben dem Bilde lxiiij.
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Da erscheinen noch zwei andere alte Weiber, das eine auf dem Rücken des andern. 161
Ich was großlich trurig, gar
grosseclicli,
Ich föchte dar zu gar sere mich
Das sij mit des falschen Judas
seyle
7310 Mich nit brechte zu großem un-
heyle
Und mir das umb mynen hals nit
lechte
Und mich in kommer brechte.
Doch umb das ich mit alle
lr gantz wolde wol gefallen,
7315 Das seyle sij da lachte
Uff yren hals und sich bedachte
Und erließe mich des;
Die ander sij bij sich stieß
[224*] Und ließ yr ein deile auch hen-
cken
7320 Und nebent ir sleuffen und sen-
cken
Und sprach, wie wenig ich mich
zuche zu der hecken,
So wolde sie die seyle wieder¬
strecken.
Das det sij auch als sij is sagete,
Und hielt das sij mir zu gesaget
hatte:
7325 Alle male so ich geen wolde
Zu der hecken und mich dar
keren solde,
Mit drauwen erschreckete sij
mich
Und wegete die axs über mich;
Die seyle sij nam und zoch mich
7330 Von der hecken vaste her abe.
7331. Also.
Als ich also gieng mich strecken
Und mich femete von der hecken,
Als mich das altwip det gan
Wo sij mich dan hien wolde han,
7335 Uff eime halse eins hesselichen
dales,
\22ür] j)er dieff, ungeschaffen und vin-
sterniße vol was,
Zweie ander aldewibe hesselich
Sag ich, die warent wonderlich.
Die qwarnen gelich her zu mir:
7340 Eine drug die ander uff dem
halse gheen mir,
Und die die da gedragen was,
So große, so dicke und geswollen
was
Das ire groeße was Übermasse;
Dan sij von nature nit also was,
7345 Als ire gestalt bewijsete das.
Uff yrem halse drug sij einen
stab,
An yrer stirne sij ein spitz horne
hadt,
[225 'J Da mit sij sich wol scharff
macht.
In irer hant hatte sij ein ander
horn
7350 Und in yrem sacke einen bla߬
balg vorn,
Und was auch bewonden
Und in einem wißem mantel ge-
wonden.
Sij hatte an zwene sporn
Mit langen kregen vil gespitzet
vorn.
vor 7339 Bild (65) mit Nebenschrift rechts : Hoffart, scharffekeit, vppige ere, Rümonge,
vngehoreamkeit, wideratellonge, v’steynonge, glissenerie vnd klapperie. ein altes Weib auf
dem Rücken eines andern. Erster es hat in der Rechten einen Stab, in der Linken ein Horn
(sonstige Einzelheiten der Beschreibung außer den Sporen nicht dargestellt). Die Trägerin hält
ihm einen Spiegel vor. links neben dem Bilde lxv.
DaoUohe Tat« de« XXV. 11
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162 Erschreckt ruß der Pilger Qottcs Gnade an. die ihn jedoch an die beiden Weiber verweist.
7355 Es scheine wol daz sij meiste-
rynne was
Uber die die sij dragen was;
Sij det die gan war sij wölde;
Eynen großen Spiegel sij ir hal-
den solde,
Da inne sij sich besach,
7360 Yre gestalt und angesicht sij
sach.
Da ich die zweie aide wiber
also gesach,
‘Was ist dis, Gnade Got?’ ich
selber sprach,
‘In diesem lande ist nit dan aide
wybe
Hie und da an myme lybe!
[226 r \ Ich weiß nit obe ich sij in der
frauwen lant,
7366 Da die frauwen dan die erbe¬
schafft hant.
Werde ich durch sij gedodet,
Were mir besser daz man mich
dot geborn hette;
So were ich doch viel leydiger
me
7370 Dan were ich in dotlichem kriege
erslagen ee!’
Da qwam eine stymme zu mir,
Die was von Gots Gnade, also
was mir;
Die sprach da zu mir uberludt:
•Missetrosten ist dir nit nutze
hüte.
7375 Mit den alden 'wyben must du
strit han
Odir must dich ungestrieden
fahen laen.
Du bist yn in yre lant gegangen;
Is kommet keinre drin er wirt
angangen
Von yn und gecrieget uß,
7380 Er sij zu pherde odir zu fuß.
Umb zwo odir drij nit erschrick:
[226 '\ Du findest her nach andern ge¬
nug,
Die dich werdent hart halden.
Und sagen dir wol: wiltu dich
nit bas gehabten
7385 Odir das du nit bist gewapent
odir anders angetan,
Sy werdent is grob mit dir an-
fahen,
So wol du dich nit gehuden
magst.’
Da sprach ich: ‘ich bijden uch
hie
Das ir mir sagent wer sint die
7390 Die ich sehen gelich kommen her.
Die mich hant erschrecket so
sere!’
Sij sprach: ‘wanne du sij nahe
sijst,
Sy werdent dich wol fragen wer
du bist.
Als die die dich fueret
7395 Mit den seylen und umbfueret.
Dir hait gesaget wer sij Ist,
Also werdent sij auch dun ge-
wist
Und sagent is dir aen liegen
[227 r ] Wer sij sint, und aen driegen
7400 Und wer sij dar zu geordent hait
Odir wer is yn geboden hait.’
Als ich also horchte
Der stymme, die ich über mir
horte,
Die aide die das hom hatte
7405 Und uff der andern zu ryden
hatte,
Kam zu mir gelich stechende,
Uff der andern sporn slahende.
Ir hom sij nam und bließ da
Und sprach zu mir: ‘beide myn
da!
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Zuerst gibt sich das auf dein andern reitende Weib (Hoffart) zu erkennen.
163
7410 Du bist übel her kommen, sicher
balde
Odir mit eyme slage bistu dot
balde!’
‘Wer sint ir?’, sprach ich zu ir,
‘Wem sal ich also sichern? daz
sagent mir!
Wiste ich uwern namen nit,
7415 So engesicherte ich uch nummer
nit.’
\227>] ‘Ich wil dichs lernen’, sprach sij,
‘Wisse das ich bin die
Die da genant ist
Die aldeste under den alden ist.
7420 Es ist keine so alt als ich bin:
Ich rüme mich des und leucke
nit sin.
Ee die werlet gemacht wurde
Und ee der hymmel vollenbracht
wurde,
In dem nyste hiemels wart ich
gehecket,
7425 Entphangen und erqwicket
Und dar zu auch geborn
Und von vielen ußerkorn.
Ein fogel, was Lucifer genant,
Der mich da heckete al zu hant.
7430 Da wart so böse heckonge nye
Von keime fogel gehecket hie;
Dann so balde ich ingesloßen
wart
i'^IUnd das ich das vernam und ge¬
sagt
Myn fader bließ so gar hart
7435 Mit diesem blaßbalge, den ich bij
mir han,
Das er yn von dem hohen nyste
her abe
Det fallen in der hellen grabe.
Er was vor ein wißer fogel,
Schon luchtende und edel;
7440 Er luchte schöner und gut
Dann die sonne zu hohem mit-
tage dut.
Er ist aber ytze worden swartz,
Unfledig smackende me dan beche
odir hartz,
Viel hesselicher dann der dot,
7445 Dar umb bringet er viel yn not.
Er ist ein fischer uff dem mere,
Der fogel und diere fenger.
Her nach wirdestu is wol ge¬
sehen,
Wan du wirdest uff dem mere-
gen.
[228»JNu sage ich dir, da ich yn also
hatte
7451 Uß dem nyste geworffen und
verstoßen hatte,
Mit yme viel ich her abe
Und beleih auch nit me in des
hymmels habe.
Ich qwam uff das ertrich,
7455 Das da was gemachet nuwelich;
Da sach ich, das gefiele mir nit
wol,
Ein werg da mit man stygen sol
Hohe wider zu dem nyste,
Davon ich gefallen was mit liste
7460 Und davon ich mynen vatter
hatte dun bürtzen
Und in abgrunt der hellen stür-
tzen.
Da ich sach daz er nit zurnete
über mich,
Uff stunt dar nach gedachte ich
Obe ich yn mochte aen beyden
7465 Den mentschen auch also verley-
den,
Und das ich yn mochte gehindern
7431. keime aus keinre.
11 *
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164
Hoffart berichtet von ihren Taten und ihrem Wesen.
[ 220 >\ Das er nit mochte stigen odir
klymmen.
Als ich gedachte, also det ich:
Ich qwam zu yme, mynen bla߬
balg nam ich,
7470 Ich bliese yme in synen gedanck
Und machte yme sinen buche
groß und lanck,
Das yn duchte das,
Mochte er geessen der frucht die
yme verboden was t
So wüste er dan böse und gut,
7475 Als Got sin oberster dut,
Und were auch aller konste vol.
Da mit bedrog ich yn wol;
Dar umb wart er gedrieben uß
Dem paradise und gestoßen druß;
7480 Sin vorteil er alda hait verlorn
Uff zu stigen zu dem niste ent-
born.
Da ich die zwoe dorheit hatte
gedan,
In der zijt da ich die milch zende
hatte
[^»"lUnd noch die jugent an mir
hatte,
7485 Gedacht ich das ich noch wolde
dun
Böses genug, der ich viel getaen
han
Und dun allen dag und noch dun
wil.
Ich machen und driben die krie¬
ge aen ziel
Und dun die herren uff erden
7490 Under sich uneyns werden;
Zweyedracht und versmehonge,
Einre dem andern Widersagonge,
7479. das stoß in gestoßen uuf Jiasur
(Ursprung], gedrieben).
Und sich an zu kommen mit
bösem willen
Uberludt und uberstyllen,
7495 Des bin ich frauwe und anfue-
rerynne,
Heubtfrauwe und meisterynne
Von allen anslegen und ryden
allen,
Da man sicht uffen banner unge-
falden,
Da da sint helme und hüben,
7500 Helme gedecke und gefuderten
kleider nnwe.
\ 2 W >■} Mit golde beslagen und mit
Silber
Und mit ander Zierde viel.
Nuwerongen machent sich durch
mich;
Ich machen ir me dan der konnig
rieh.
7505 Ich machen kogeln mit sijden be¬
stochen
Und einßdeils mit golde gebro¬
chen,
Hüde, hufen und große rantzen,
Krentze, dünne sleiger mit langen
swentzen
Und auch uffgesetzet mit großen
locken;
7510 Enge rocke, die die sijtten drü¬
cken,
Armen mit hangenden lappen
Und zyppen an großen kappen
Und an eime wißen underrocke
rode ermel
Und am halse brüsten wiß als ein
hermel;
7515 Kleider kürtze und ettwan lang.
7504. vor Ich rotes I.
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Hoffart berichtet von ihren Taten und ihrem Wesen.
165
Lederhosen kleine und enge mit
bedräng
Odir so groß daz man dry macht
dar uß;
Smale gürtel lang biß uff den fuß,
Da mit sich der hinckende zieret,
7520 Der schele, der hoberechte, der
ungeformieret:
Solichs mache ich umb daz ich
wil
Das mich ieclicher besehe vyel
Und das ich vor iederman habe
den pris
Und das mir nyemans sij gelich;
7525 Dan mit myme gelich odir ge¬
sellen
Mag ich mich keyne zijt gehei¬
len,
Und mir solde balde myn hertze
brechen
Das ein ander sich mir solde ge¬
lich rechen.
Was ich sagen, das wil ich hant-
haben,
7530 18 sij gut odir böse, nit laßen
abe;
Und wolde auch noede wieder¬
sprechen
Solichs ich dan böses zu unrecht
rette.
Ich wil nyemans der mich
straeffe,
[vj/'j Keinen meister der mich zu un-
derwijsen schaffen
7535 Odir der mich wolle leren
Odir underwijsen mere;
Dann als das gryndige diere
Hasset die scherre schiere
Und das grynte heubt den strel,
7532. I Swelichs?
7540 Also hasse ich lere snel
Odir auch radt und underwi-
songe.
Eins andern synn ich vor nicht
achten don;
Mich duncket das der myn besser
• •
Sl]
Und das ich me wisse dan ander
drij,
7545 Und das niemans me wol duhe
dan ich:
Das bedüncket alles mich.
Ist iemans der mynner weiß dan
ich,
Den selben balde versmahen ich;
Ich sprechen zu stunt daz is
nicht sij
7550 Odir aber das er ein esel sij.
[231*] Höre ich einen der mich lobet
icht,
So dun ich als obe ichs horte
nicht,
Odir ich sprechen zu yme: “du
spottes myn,
Also sal nit zu yme gesaget sin;
7555 Ich weiß das ich nit also gut
bin
Als ir dann ytze von mir sagende
syn:
Mynen gebresten weiß ich wol
und sehen,
Ich kann nicht, das mag ich
jehen.”
Und weistu war umb ich sagen
das
7560 Und war umb ich mich also de¬
mütige baß?
Nit wene das ich is dar umb
sage
7554. Statt yme erwartet man mir oder
iemen; h: du soltest nit also sagen.
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166
Hoffart berichtet von ihren Taten und ihrem Wesen.
Das man mir antwerte und
widersage:
“Ir sagent waer, ir konnent
nicht;
Dann ir uch selber wol kennent
villicht.”
7565 Und spreche man also zu mir,
Von kommer breche das hertze
mir;
Von dem swerte das ich gesmie-
det hette,
[ 232 rj Balde ich den dot genommen
hette.
Ich sage is dar umb das be-
stediget
7570 Werde myn lop und desta me
gesaget
Und daz man spreche: “frauwe,
mit uwerm laube,
Ich enhan des keynen glaube;
Is ist keinre noch keine die da
konde
Gedun als ir gedun kondent.
7575 Uwer synn ist sunderlich zu
loben und zu prisen
Und gelichet gar wol den wijsen:
Das sage ich uch aen allen spot
Und aen schymp, so mir Got”
Und wann ich hören soliche
loberie
7580 Und soliche rümen klapperie,
Von freuden mir daz hertze
springet
Und sich frauwet und nach freu¬
den ringet,
Und werden da mit groß und
b reit,
Und ist myn wandel gar aen leit.
7585 Ich muß desta wyder stat han,
[ 232 *] Großem sessel und breyder
bancke han,
Alleine sytzen als eine furstynne,
Vorgaen als eine hertzogynne,
Mit viel luden sin umbfangen
7590 Von ferrem, daz mich sij n it be¬
drängen ;
Dann ich gar balde zornig würde
Wo ich von yemans gedrucket
würde.
Und bin gruwelich als der leo-
part,
Und über ort ist myn gesichte
starg.
7595 Mit undergesichte besehen ich die
lüde,
Und mit scharffikeit streck ich
den hals gheen die lüde;
Die augebraen hebe ich uff und
das kynne
Und machen da mit ein radt als
die lererynne.
Mit den achssein gaen ich wagen
7600 Und mit dem halse gan auch
ragen;
Alle myn gelieder dun ich sich
regen
Und alle myne adern sich be¬
wegen.
[233 > \ ln mir ist nit me dan wint und
rauch;
7598. Die Stelle ist schon «'« den meisten
Hss. des Orig, (darunter auch M) verderbt,
welche lesen: en faisant roe de lion statt roe
de paon, tcie 3 Hss. richtig haben. Als Über¬
setzung von lion hätte man erwarten sollen
lewynne, womit aber eben auch nichts anzu¬
fangen ist. Was mag sich der Übersetzer bei
lererynne gedacht haben ? Ob das ein Schreib¬
fehler für lewynne ist? h überträgt frei: alfi
were ich eyn konig vnder den lewen.
[7602.] Kustode unten auf Bl. 232•: In
mir ist me dan wint (wint korr. aus rauch).
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Hoffart gibt Auskunft über ihr Horn vor der Stirn und ihre Ausrüstung.
167
Da bin ich als eine uffgeblasen
blase auch,
7605 Die nit dann gesmag in ir hait,
So man sie brichet odir uffge-
bonden hait.
Durch myne bleonge und groeße
Kann ich nit gesehen myne füße;
Ungefelle werde ich nit ge wäre
noch befinden nit
7610 Eynigen gebrechen der an mir
sij icht.
Ander lüde gebrechen sehen ich
wol,
Aber irs gudes ich nit sehen sol;
Und dar umb ich bin spötterynne
Ander lüde und gylerynne;
7615 Keine söliche man nit fynden
konde,
Die künde soliche spottige funde.
Von alder ich gekronet bin
Und geheißen eine konnygynne.
Aber da Ysayas mich gesach,
r ] Balde er mir die kröne brach:
7621 Er was leydig das ich sie drug
Und das man mich konnigynne
nante dar zu.
Ich heißen Hoffart, die ge¬
schickte,
Ein wonderlich dier gehornete,
7625 Die die lüde zu stoßen ich ge¬
nommen hau
Ein horn und mitten in myner
stirne stau.
Es ist ein horn, ist scharffikeit
7601. Vor auch ist ist gestr.
7605. gesmag üb. gestr., aber besserem
geatang ( ()rig.: punaise, h: wüst gesmag).
in aus inn.
7606. das b in nffgebonden auf Rasur.
7609. zu Anf. noch gestr.
7619. Jsaias 28,1.
7625. ich übergeschr.
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Genant und bitterkeit;
Ein horn von eyme einhorn,
7630 Das ist so scharff als is mag sin
gebom.
Myn horn ist scharffer dan der
nege bor
Des zymmermans odir ein ander
horn;
In der weit ist keine so scharffe
spitze,
Sij sie gehertet odir geslyffen
spitze,
7635 Die des mentschen hertz mochte
durchgaen
Odir da durch kommen aen
wiederstaen,
[234 r ] Hulffe dis horne nit dar zu
Und das is mechte den weg dar
zu.
Ich machen den weg an der
spitzen,
7640 An den swerten und den senssen
Und an allem andern gesmyede
Die gemacht sint die lüde zu
doden mide.
Ich stoßen zur rechten und zur
lyncken
Und schuwen nit gyr noch fyn-
cken,
7645 Noch schuler odir paffen,
Und laßen das dar zu klaffen.
Ich stoßen da mit scherffeclich
Me dan ein wilder faer frechec-
lich.
7626. vnd übergeschr.
7631. Myn horn üb. gestr. Es.
7633. scharffe übergeschr.
7634. spitze zugeschr.
7642. vor mide gleich schwarz gestr. da.
7648. wilder faer frecheclich üb. gestr. groß
dier wildeclich.
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Y'om Blasebalg der Hoffart (Eitelkeit).
Und wissent das: die da sint
7650 Und nach vermögen von yren
sunden gereyniget sint,
Die stoßen ich faste harter
Und da mit auch viel scharfer.
Mit mir drage ich blaßbalg,
[•234*1 Sporn, horn und auch stab balt
7655 Und han einen mantel an,
Das man mich hübsch sal sehen
an.
Myn blaßbalg üppige ere ist ge¬
nant,
Er ist gemacht das kolen da mit
werden entbrant.
Die dore die geswertzet sint
7660 Von mynen Sünden und ver¬
blichen sint,
Dun wenen das sij lüchtende
sient
Und vor andern die besten sient.
Hette blaßbalg in siner smytten
gehabt
Nabugodonosor, der da hait ge¬
sagt
[235 r ] Das er Babilonie gestiftet hette
gehabt
7666 Mit siner stercke und Schönheit,
Die foncken die er uß dreyp,
Bewijsetent wol und scharf
Das er inn yme hatte hart
7670 Der kolen eine große klatte,
Die da waren gemacht mit
werg getzüge.
Als der wynt wirffet abe mit ge-
büge
Die frucht von bäumen und siet
sij abe,
Also dut der wint von diesem
blaßbalge :
7675 Alle dugent sieht er abe balde.
Er bleset alles nyeder waz er
triffet,
Kein güds vor yme nit belifet;
Er siet die hohen fogel uß yren
nysten abe
Und nymmet yn ire spise abe;
7680 Er dut sij verlieren durch yre
•dörheit
[235*] Den uff halt yres lebens und lebe-
licheit.
Hastu nie by dinen dagen
Von dem raben hören sagen
Der hatte in sinem monde einen
kese,
7685 Zu dem der fuhß sprach mit dem
geblese:
7650. Vnd übergeschr.
7654. balt zugeschr.
7656. sal übergeschr.
7658. werden übergeschr.
7663 ff. Im Orig., dem h folgt, lautet die
Stelle: Ce souflet en sa forge avoit
Nabugodonosor qui disoit etc.
Unser Übersetzer hat aus diesem Hauptsatz,
indem er Ce als Se las oder verstand, einen
Vordersatz gemacht, zu dem nur v. 7667 ff. (Die
foncken etc.) den Hauptsatz bilden können.
7664 ff. vgl. Dan. 4,27.
7665. gestifftet üb. gestr. erhaben, gehabt
zugeschr.
7667. dreyp hint. gestr. warff.
7669. hart zugeschr.
7670. klatte = glete ‘ Glätte, Glanz ' Y
Orig.: avivement
7672. mit geböge zugeschr.
7674. blaß übergeschr.
7678. vß yre nyste übergeschr.
7681. licheit üb. gestr. zncht.
7685. dem vor geblese übergeschr.
mich 7658 Bild (00) mit Nebenschrift rechts: vppige Ere. ein Blasebalg.
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Vom Blasebulg der Hoffart.
169
“O rabe, das dich Got hüde,
Ich bijt dich, sienge mir ein liet
durch dine güde!
Dan mir sere zu gehören liebt
schon
Den rechten süßen don
7690 Von dinre glissenden kelen,
Der besser ist dan seytengedone
sonder helen.
Ich hören sij lieber dan den done
Von orgeln odir psalterien;
Versage mirs nit, des bijden ich
dich;
7695 Dann dar umb bin her kommen
ich.”
Da der rabe vernam solichen
wint
[äh»»-] Und solich hart blasen befynt,
Den kese moechte er nit me ge-
halden,
Sonder er ließ yn balde fallen
7700 Und fleng an zu singen aen
beyden,
Als der das hertze hait vol
freyden;
Dann er waende das der fohs
In ernst hette gesaget das.
Neyn, yme was umb das singen
nit;
7705 Dann umb den kese rette er
sijt.
Er nam yn und yn enweg drüg,
Also bedrog er den raben clug.
Durch dis exemple luterlich
Magstu wol verstaen clerlich
'7io Das der wint von dem blaßbalge
7687. durch dine güde zugeschr.
7688. schon sugeschr.
7690. Nach kelen ist schon gestr.
7691. sonder helen zugeschr.
7696. rabe übergeschr.
Der den geäderten gemacht ist
balde,
Besser ist geswiegen lange
Dann das sij also mit bedränge
[■£36»] Müsten das yre niderlegen.
7715 Das ist so viel gesprochen: wann
ich gesehen
An yemans dogent odir die
spehen,
Das er die inn yme habe
Odir das er ettlich gelucke habe,
Uff das ich umb eynen ziehe
7720 Und yn wol bedriege,
Und das ich yme nemen sinen
nünten stein,
So blase ich yn mit dem winde
gemein
Und blasen uff das er hait,
Das er das verluret und nider-
lait.
7725 Den wint von dem balge konden
nit leschen
Kein mülle, polver odir eschen
Und soldent sin auch nit er-
beyden;
Dann yn geschee von yme gar
leyde.
Das ist der dötliche mentsche,
davon gesagt ist,
7730 Der da esche und rauch ist
[237>■] Und mulle. wann daz geblasen
ist,
Mit kleinen winde nider ge-
worffen ist,
Balde gestalt in zurteylonge
Nider gelacht in verlieronge.
7704. Neyn übergeschr.
7705. zu Änf. er'enwolde gestr. vmb u.
rette er sijt übergeschr., letzteres üb. gestr. nit.
7707. clng üb. gestr. mit fug.
7721. nünten übergeschr.
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170
Vom Blasebalg der Hoffart.
7735 Der balg dut erschreyen
Trompen, piffen, schalmeyen,
Das sint die die lere sint in yn
Des gnden und keinen synne
liant in yn.
Den blase ich solichen wynt inn.
7740 Dem der sine sele fyn
Wil dem dnfel zu gaste machen.
Noch wil ich dir sagen von me
' Sachen:
Welicher der licht in sinem
busem hait,
Ich yme daz ußblasen mit diesem
balg.
7745 Iß sij körn odir sprie
Odir icht das wert odir nit wert
sie,
Ich bewijsens zu blasen das körn:
\237 v \ ist is sprie, die hebe ich entborn,
Aber were es körn, das dede is
nit
7750 Umb mynen balg noch umb daz
blasen nit.
Durch den balg kan ich wol
ziehen wint
In mich und den behalden sint;
Dann wann mir yemans get
blasen
In die oren odir in die nasen
7755 Und mich bit winde beweget,
Daz man sprychet ich sij hübsch
gereget,
f
7745. vor sij, das übergeschr., gestr. Iß, r er-
bessert aus Ist, hinter sij gestr. is. Eins der
beiden Pronomina mußte stehen bleiben.
7750. nit üb. gestr. my.
7756. sprychet aus sprechet, gereget aus
geoeget (?).
7760. ein über-, n&rae zugeschr.
7764. dz übergeschr.
7770. spehen zugeschr.
7772. vnd u. blint übergeschr.
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Odir das ich hübsch kleider
habe,
Das ich edel sij und groß macht
habe,
Wijse, züchtig odir ersamme,
7760 Gut odir ein weydelich namme.
Den wint neme ich in mich
Und gebe yme stat in mynem
buche:
Ich werde davon dicke, als du
gestehst
Ich han dis me gesagt so verre.
daz du is wijstes.
[■£W r JDer wint dut mich ein radt
machen
7766 Als der pawe in sinen Sachen:
Er dut mich uff erheben
Mynen zagel und erheben,
Uff das man möge sehen
7770 Myne schände und schäme
spehen,
Und das ich mit der Sache
Den mit gesehenden henden und
augent blint mache.
Die mynen swantz vor nit hant
gesehen.
Ich geleuben bas und iren
Worten swerlich
7775 Dann den mynen, davon ich
sichtenclich
Mich sehen mit dem winde ge-
blehet.;
7772 ff. Ich vermag in die Stelle keinen
Sinn tu bringen. Das völlig mißverstandene
Orig. ( 7775—78) lautet:
Ans non voians • c • iex Argus
Qui sont en ma qnene espandns
Miex croi et a lenr jngement
Qn’ans miens dont me voi clerement
h: Also ernnwe ich hunderfelge sach die an
mynen zagel gehangen sint Ich gleiben baz
an ire vrteile dan an die myne ...
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Vom großen Horn der Hoffart (Ruhmredigkeit).
171
Und würde ich davon nit also
geleret,
Balde so würde ich spalden
Odir aen spalden zu dem dode
fallen.
[238*] Und dar nmb an dem blasen¬
den ende
7781 Han ich ein sonder horn behende,
Da durch ich den wint den ich
im libe han,
Ußdribe und laßen ußgaen.
Das horn sal heißen rümonge
7785 Odir aber des buchs ein leronge.
Es ist das dar durch ich erferren
Alle diere die in dem lande
weren;
Da mit ich sij dun uffheben wil
Ire heubt, so ichs hart blasen
wil.
7790 Ich blase da mit manichen uff-
fang
[£?.9r]Und han doch in felde odir
boesche nit gefang;
Dann ich rümen mich dicke des
Des ich nit han dis noch ges,
Und sagen ich habe dun durch-
gaen
7795 Den ich in myme synne nie ge¬
sehen noch gekant han.
Ich sprechen mit großem ge¬
brechte
Das ich sij von großem gesiechte,
Von hoher und edeler gebürt,
Von hohen husern und habe viel
gudes gefurt;
7800 Und das ich wol könne machen
dis und das,
Und das der kounig mich er¬
kenne bas,
Und viel me andern blasens,
Das nit anders ist dan lügen
lösens;
Und die dore wenent is sij also,
7805 Die nit verstent odir wissent wie
noch wo.
Ich blase auch mit wann ich ge¬
fangen han
[239 *] Odir etwas nach mynem willen
getan han,
Das der arbeit wert möge sin;
Umb das ich des geeret wolle
sin,
7810 Nummer wolde ich das verhelen
Und des nit verewigen umb
sterben.
Als das hun das da hat gelacht,
Yederman han ichs balde ge¬
sagt:
“Gack gack gack gack gack!”
han ich gejehen,
7815 “Hant ir gehört und hant ir ge¬
sehen
Wie ich han gesagt, wie ich han
getaen ?
Was sagent ir, han ich wol ge¬
taen?
Duncket uch das ich eigenclich
Habe getaen und subtilenclich ?
7820 Wenent ir das ein ander do
Der odir die hetten ettwas getan
also ? ”
Wann ich ein wenig studieren wil
\2iü r } Und nach einre Sachen gedencken
7787. dem übergeschr. onqnea en pense. kant üb. gestr. dacht.
7795. Den aus der; Orig.: Ce que n’o 7820. I. a. ai do?
vor 7780 Büd (67) mit Nebenschrifi rechts: Rümonge. ein großes Horn, links neben
dem Bilde lxyij.
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Original from
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172
Vom großen Horn der Hoffart.
So föchte ich nit daz is yemans
konde
7825 Dann ich odir baß gemachen
konde.
Von diesem hom get achtem
gros;
Dan is wirt geblasen von eyme
buche, ist gros.
Truriger ist der is bleset unge-
storet,
Dan der der is nit hait gehöret;
7830 Doch nit nach allem blasen
Wolde ich also geen losen;
Dann ein solich cokart,
Der von klaffen ist verhart,
Wolde das man yn alletzijt hörte
reden
7835 Und das keinre me solde dar zu
reden;
Dann er wolde alletzijt daz man
sine dedinge
Von yme horte und entfienge.
Er gelichet dem honde der nit
me kan
[ 240 "] Dann von yme einen andern
bellen an.
7840 Ein solich cokart und blesere,
Der mit syme wynde sich rinnet
sere,
Sprichet das er wol könne und
verstee
Was die lüde mögen gesagen ee.
Er brichet yn ire wort abe
7845 Und verachtet is alles vor dorheit
habe;
Er antwert allen aen fragen
Und dut sin urteyl bagen.
7838 f lauten im Orig.: Le cucu semble
qai ch&nter Ne set fore de li et gangler. M
liest statt cucu: cuen; durch dieses cuen (= chien)
ist unsere sinnlose Übersetzung veranlaßt.
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Er arguiert alleine und besl&ßet
Und solichs yn dicke verdrüßet,
7850 Der da spreche: “das dfiche ist
der farwe nit”,
So were er balde bereit zum strit
Zu scheiden und zu grommen
Als ein weder das wil kommen;
Balde dede er das ertrich bieben
[241 •■] Und vor dem donre erschuden.
7856 Der mentscke kann wol schänden
scheiden
Und die vaste gemeren,
Loben dugent, büssen und gude
dait,
Wie wol er is wenig in syme
libe hait.
7860 Er hait nutschit dan blasonge
und wynt
Und das die lüde yme zu zu
lugen stent.
Das hom machet boesen jager.
Dann da von kommet seiden gut
f enger:
Mit syme blasen verjaget er sij
alle
7865 Und dut als die atzel balde,
Die alle vögele beschriet
Und lesset keinen by ir nysten
Und dribet sij ußer irer gewysten
Und machet daz sij die fogel
hassen:
7870 Das kan sij mit yrem gecksen
geschaffen.
[ 241 "] Also get jederman von yme und
fluget
Wann er höret von dem gecksen
daz geruchte;
7848. das t in arguiert auf Rasur.
7864. er aus es.
7872. in geckflE das 8 nachträgl. eingefügt.
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Von den Sporen der Hoffart (Ungehorsam und Widersetzlichkeit).
Keinre wilt sich by yn nisten
odir setzen
Umb sin klaffen und sin gecktzen.
7875 Das horn ist nit Rolans horn,
Das er bliese als er solde sin ge¬
storben ;
Es ist nit von ochssen horn ge¬
macht
Und ist lang das es wart nuwe
gemacht:
Es wart gemacht da ich wart
geboro,
7880 Und wart mir zu hantgifft ge-
korn.
So lange ich leben, laße ich es
nit
Und laßen is zu blasen nit;
Durch es mag man mich alletzijt
erkennen,
Obe man wilt, und auch wol ge-
nennen.
[ 242 r ] Von den sporn ich dir sagen,
7886 Durch die bin ich erkant wan ich
sij dragen.
Sij bewijsent das ich hübsche
zelder
Manich male und dicke riden
ger;
Dan ich wolde ungern zu fuße
gaen,
7890 Wo ich nit alletzijt phert bij
mir han.
Hinden uff zu werffen und kommer
zu machen
Und myn phert hindersich gan
machen,
Myne ferssen des faste frihe sint.
17 ,°»
Ich sage dir wie sy beide genant
sint:
7895 Die eine heyßet ungehorsamkeit,
Die ander wiederstellikeit.
[242*] Die erste det Adam an
Da er die verboden frucht essen
began;
Er mochte sij angerüren nit
7900 Wolde er hindersich gaen nit;
Er mochte auch nit hindersich
gan
Er enhette dann vor den sporn
an.
Der weg was nit sere gegangen;
Dann Eva hatte den gangen
7905 Und nach yre er auch gienge,
Davon sij und er vaste böses ent-
fi engen.
Übels davon geschag und noch
geschiet.
Der sporn sij des beschiet
Und machte sij des sere küne
7910 Und brachte sij zu dem dode
schöne.
In boeser stunde wart er edel-
man,
Das er umb essen det die sporn
an;
Und in böser stunde wart yme
zelder,
[243 *] £) a umb sinen willen det die
sporn an er;
7915 Dan were der zelder nit gewest,
Der von siner rechten hant ist
gebildet gewest,
So hette er den sporn nit an ge¬
tan
7878. er. 7912. det die üb. gestr. hatte.
vor 7885 Bild (68) mit Nebcnschriß rechts: vngeliorsamkeit vnd widerstellonge. ein
großer Sporn, links neben dem Bilde lxviij.
t
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174
Vom Stab der Hoffart (Hartnäckigkeit).
Und hette sich auch des essens
erlan.
Den andern sporn det an konnig
Pharaon
7920 Zu zijden da der oberste konnig
schon
Mit siner macht und mit siner
handt
Wolde füren daz folk uß syme
landt
Und is furen durch das rode mer.
Da wolde konnig Pharaon sere
7925 Wieder einen der starcker waz
dan er,
Wolde er dryben mit sporn sere.
Da er das also anefieng,
Yme daz zu großem leide er-
gieng:
Zu leste er so sere hinden uff-
sprang
7930 Und wolde dem konnige dun
wiederstant
[243*] Das er in dem roden mere beleih.
Manicher wenet den andern an¬
kommen
Der sich mit syme streiche dut
ersfommen.
Man sprichet er sij nit faste
wijse odir starg
7935 Der sich stellet wieder eine
spitze hart;
Wer yme aber sal zu kommen,
Aen hoffart mag yme nit sin be¬
nommen,
Uff sinen sporn er sich fydet,
Das er zu leste das leben dar
umb gibet.
7940 Nu wil ich dir me sagen von
dem stabe
Den ich vor einen pilgerin stab
habe.
Ich sturen mich dran und halde
mich
[244 r ] Wann yemans wil wiedertriben
mich
Und mich yemans wilt feilen
7945 Mit synen predigen und Worten
hellen,
So beschirmen ich und beschude
mich mit
Wann yemans mynen willen nit
Dun wilt odir ist wieder mich
Odir wieder geiich wilt ankom¬
men mich
7950 Und mir myne bürden wil nemen.
Ich verbieden da mit schände and
sunden:
Es enhait keinre so nuwe noch
so alden
Der sich uberwonden möge geben
balde
So ich yme wil helffen eben.
7955 Es ist der stab den da hatte in
siner hant
Grob Verstenteniße, der gebüre,
als du sehe zuhant,
Da Recht Verstenteniße mit ym
rette.
7921. handt aus hant.
7922. dz folk übergeschr. landt aus lant.
7933. erftrömen.
7936. h hat statt Wer besseres Waz.
7951. verbieden] Orig.: J’en deffent vice«
et pechiez. Unser Ubersetter hat das deffenl
mißverstanden; h richtig: jch beschirmen.
7953. balde tugeschr.
7957. Da recht aneinander geschr., aber
durch Längsstrich getrennt
vor 7940 Bild (69) mit Nebenschrift rechts: verhertonge. in einer Hand ein Knoten¬
stock. link8 neben dem Bride liix.
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Vom weißen Mantel der Hoffart (Gleißnerei).
175
Verhertonge er sich genant hette,
[244 *] Als dir das vor ertzelet ist.
7960 Es ist der dar an Saul sich stu-
rete sere,
Dar um yn Samuel straffete sere
Von der nähme die er brachte
Von Amalech und behalden hatte.
Es ist ein stab vor den kuwe
hierten.
7965 Den man nit kan biegen als
gerten;
Dann er ist hart und geestiget,
Gewonden und gefestiget.
In dem walde zu Egipten yn fant
Myn fader, der mir yn brachte
zu hant;
7970 In böser stunde wart er funden
Der hie mit wirt befonden.
Ich slage und striche mit begir
Der buren hertzen zu herten
zwir;
Ich dun mich hassen von der
mentschen kint
7975 Die von gudem verstenteniße sint.
[tiiö r \ Ich dun fliehen und driben uß
Gotes Gnade an allen enden uß,
Umb zu legen und an hencken
den strick
Von Trakeit, bas uff zu halden
mit
7980 Die die ich mag nach mynem
willen.
Nu sich obe du nach dinem
willen
Nun solles schrien fast,
Dwijle du mich also nii fonden
haist!
Nu wil ich dich balde wijsen
7985 Das spiele nach myner wysen,
Da mide ich nu spielen kann.
Aber ee ich dir me sagen dan
ich gesagt han,
Wil ich dir sagen von myme
kleide,
Davon manichem geschiet gar
leyde.
[245*] Dieser mantel, da mit ich ge-
cleydet bin,
7991 Als du gesiehst, und getzieret
fyn,
Es ist lange zijt das er mir ge¬
macht wart
Da mit zu decken myn missedat
hart
Und myn gebrechen da mit zu
becleiden
7971. h im Anschluß an das Orig.: dem
der mit geslagen wirt.
[7975.] Kustode unten auf Bl. 244»: ich
dan fliehe vnd.
Nach 7977 sind (absichtlich ?) 5 Verse des
Orig, übergangen, so daß die Verbindung nun¬
mehr etwas gewaltsam wird, h übersetzt die
fehlenden Verse: vnd verstriecken die wieder
kern wollen za der hecken der büßen, vf daz
sie geyrren mögen. Ich geben in me gnugange
der sunden vf daz ich sie verstrieck vnd in
an dun möge die strieg drackeit, die do kan
wol ufhalden die die mynen willen dnnt.
7979. Von gestr. u. vnd übergeschr., aber
ersteres ist beizubehalten.
7980. mag fehlt; oder ist wil im Anschluß
an das Orig, vorzuziehen trote des nachfolgen¬
den willen ? Orig.: Ceus que je vneil a mon
plaisir.
7983. nti auf Rasur.
cor 7990 Bild (70) mit Nebenschrift rechts: glissenerige. ein Mantel wie er im Text
beschrieben, links neben dem Bilde lxx.
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176
Vom weißen Mantel der Hoffart.
7995 Und myn undait zu verbergen.
Als der sne der wiß ist,
Und machet ussen hübsch ein
rauchloch daz innen swartz ist,
Odir als gemeltze erluchtet ein
grabe
Ussen und innen ist vol stincken-
der habe,
8000 Also kleidet dieser mantel mich
[246'] Und bedudet das ich sij suberlich
Und das ich sij eine gude sache.
Were icA aber uß dem dache
Und das ich entdecket und byn-
nen besehen were,
8005 Von niemans ich geeret were.
Hastu ye keinen gauckeler ge-
sien,
Der mit dem hfttgin dribet daz
spiel sin,
Das er hait uff die erde gesatzt
nieder,
Und dut die lüde verstaen wyder
8010 Das ettwas dar under sij
Und ist zum dicken male nicht
dar bij?
Also macht du wol verstaen
Wie ich diesen mantel an han
Und ussen bin getzieret wol.
8015 Und der mich bynnen besehe wol,
Er spreche: “blase her inne! hie
ist nicht.”
[246 v ] Ein fogel hait solich geschieht:
Der selbe ist ein struße genant;
Der gibt die bedutonge zu hant
8020 Von dem mantel den ich han,
und von mir.
Flügel und federn hait er umb
sich viel
Und mag doch nit fliegen an ein
ziel
Und kann auch zu berge ge¬
diehen nit.
Eynre der yn erkente nit,
8025 Mochte wenen das er solde
fliegen.
Als die lüde wenent mit driegen
Das ich ein fogel sij
Der oben her abe kommen sie,
Und das ich geistliche sache sij,
8030 Und das ich zu hymmel solle
fliehen,
Und belibe doch uff der erden
mit driegen,
Und da han ich mynen lost.
Ich mag nit fliehen und kan nit
fliegen umb sust,
Mantel und flugel han ich umb
sust
8035 Glissenerie han ich diesen mantel
Vor zijden lange genanten:
Er ist gefudert mit filhßhuden
Die lenge und breite geen den
luden
Und ist ussen geweben und ge¬
schaffen
8040 Uß wisser wollen von schaffen.
Ich drage yn dicke in daz mu-
nistere
Und dun yn an wann ich Got
wil bijden sere.
Und slagen yn umb wann ich
förten
7996. der sne der üb. gestr. die nus die 8004. bynne üb. gestr. wol.
vssen. 8030. Vnd das aneinander geschr., aber
7997. machet etc. bis Seid. üb. gestr. bynnen durch Längsstrich getrennt.
g... and fule ist. 8040. wisser übergeschr. von üb. gestr
8003. is. wissen.
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Vom weißen Mantel der Hoffart.
177
Das ich von yemands werde ge¬
störten
#
8045 Odir verstossen von myme stade
und wirdikeit,
Da mit ich eine wijle bin gewest
bereit.
Ich dun als der fuhs det
Der sich dot an den weg geleget
het,
Urab daz der karren umb ge-
worffen wurde
[247 «•] Und daz yme der heringe auch
würde.
8051 Durch den mantel bin ich dicke
gewest
In großem stade und hohen eren
gewest,
Als eine effynne hohe gestiegen
Und als eyne gödynne angesehen.
8055 Effynne ich bin und affen sij
sint
Die mit dem mantel an getan
sint:
Dann er dut dun und wiederdun
Anderwercke dann er kann ge-
dun;
Also ist er nit dann ein dant
8060 Der die lüde dut kaffen zu hant.
Der glißener affe was,
Der sich ussen angetan hatte
umb das
Das er schyene gut sin,
Und det daz uff den widersynne
8065 Daz er gerecht und wol fastende
were,
[248 r ] Zwirnent fastende in der wochen,
Als er sagette, und das er nit
were
Als der uffenbare sundere,
Der Got bewijsete sine clage.
8070 Der affe der sich zu zijden hatte
gemacht
Ein schumecher, yn betzeichent
hait;
Dann er undernam sich des hant-
wercks so viel
Das er yme selber die kele
Abesneyt; dar umb ist dorheit
daz man sich annymmet
8075 Sache die man nit gelert hait und
yme nit entzymmet.
Der mantel ist nit alleine myn
Odir mir allein gemacht; dan er
ist auch gesin
Der andern alden wibe alle:
Sij entlehent yn zu ringe umb
alle,
8080 Das sij sien desta schöner ge-
tzieret.
Drakeit sich da mit stellet uff
hubscheit,
[248»] Und ich stellen mich da mit zu
demütikeit.
Der ander yecliche auch also
Bedecket ire snödikeit also.
8085 So sij me da mit gecleidet und
gedecket ist,
So sij starcker und mynner ge-
bruchet ist.
Balde genug wil ich yn dir dun
an
Und dir den dun versuchen an;
Und dar nach, obe ich die müsse
han,
8090 So wil ich mit dir mynen willen
han.’
8060. baffen aus koffen (?). 8080. das h in schöner gleich übergeschr.
8075. yme übergeschr. 8087. dir übergeschr.
D.uUcb« Text« d« MlttaUlten. XXV. 12
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178 Auf Befragen nennt auch die Trägerin der Hoffart ihren Namen (Schmeichelei).
Da Hoffart mir hatte ertzalt
also
Von yrem wesen, doch waz mir
noch so
Das ich gerne hette gewist
[ 249 >■] \v er die ander were gewest
8095 Die sij drug und hielt.
‘Altwip’, sprach ich, ‘wer sint ir,
Daz ir dragent Hoffart her zu
mir
Und haldent sij uff uch, so böses
diere,
Daz ist gesessen uff uwerm heubt
schiere ?
8100 Ich meyne das ir nit zumale gut
sient
Odir das ir nit zu male nutscht
wert sient,
Das ir sij also uff uch dragent.’
Da antwerte mir sij:
‘Die wijle du wissen wilt wer
ich sij,
8105 Ich wil dirs sagen aen beyden
frij.
Das du sagest wol wann du
sprichest also
Daz aen mich klaffen nit en-
gelde, daz ist also:
Ich bin die dorheit aide, die iec-
lichem saget
Daz schoneste daz er dan gerne
höret;
8110 Die understet zu behalden
[249 "]Die hem mit feder lesen balde:
Ich lesen sij yn abe, das sij nit
hant.
Ich loben sij so sie recht odir
unrecht hant,
Yn zu dienen mit wol gefallen:
8115 Ich sagen nit das yn möge ubel-
gefallen,
Dann ich han wol gelernet lie¬
gen.
Zu den doren sprechen ich daz
sij wijse sien,
Den gesonden das sij sient siech,
Den tregen sij sien snel genug,
8120 Und den scharffen sij sien milde
gnug.
Unglich platz kann ich wol ge-
strecken
Und mit hüben grintheubt decken
Und kann auch mit smere wol
smeren
Das böse radt das da karret
sere,
8125 Das is dar nach noch ludet me
Und das is boeser ist dann ee.
[ 2 :jO r ] In der fürsten hoffen bin ich wol
kommen .
Zu allerztijt und wol entphangen
mit wilkommen:
Es enist kein spieleresse odir
spielman
8130 Der me freude machen kann
Dan ich; aber is sint alles döre
Die mir wollen zu gehören;
Dan ich bedriegen sij mit myner
piffen.
Ich kann als die Serene in dem
mere slyffen,
8135 Die mit yrem süßen syngen
8105. frij zugeschr. 8121. strecken üb. gestr. schicken.
8107. Orig.: Bien diz, quant diz, sans moi 8124. sere zugeschr .
flater, Que rien ne vail. 8128. mit wilkömen zugeschr.
_i
vor 8091 Platz für ein Büd. Die Nebenschrift rechts ist schon angebracht: hoffart
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Weshalb Schmeichelei Hoffart einen Spiegel (Beifall) vorhält.
179
Die lüde wol kann bij sich
bringen.
Die mynen gesanck wollent
hören,
Die dun ich dicke verdören,
Das sie erdrincken und in arbeit
kommen.
8140 Myn name ist Smeichelongen,
Nifftel bin ich Verrederigen,
Die edelste dochter der Fal-
scherien,
[ 250 ”] Die spiserynne der Boßheit
Und stifften manich leyt.
8145 Alle die aide wijbe die du ge-
siest
Odir die du dann vor gesehen
best,
Von mynen brüsten sint sij ge-
seuget,
Ertzogen unde gespiset;
Wie wol das ich ir aller ainme
bin,
8150 Durch myne boßheit ich doch bin
Der Hoffart sunderliche spise¬
rynne
Und auch yre uffhelderynne.
Ich dragen sij und halden,
Als du gesiest, und sij behalden.
8155 Were ich nit, sij viel balde:
Das sij nit kann zu fuße gan,
Dar umb so muß ich sij dran.’
‘Nu sagent mir’, sprach ich,
‘war zu
[ 25 1<-] Dienet der Spiegel den ich sehen
nu?’
8160 ‘Hastu nie gehört’, sprach sij,
‘sagen
Von dem einhorne und sime
jagen,
Wie das es in eyme Spiegel ver¬
löret
Alle sine wildekeyt, die es hait
geleret,
Und wie stille das es stat
8165 So is sin heubt da inne gesehen
hait?’ —
‘Ich han wol davon hören sagen.’
Sij sprach: ‘Hoffart wil ich yme
gelich sagen;
Ich wil das mit rechte dun:
Dann solde sij sich nit dicke
spiegeln dun,
8170 Sie stieß yeclichen al umb
Und dede nutschit umb keyne
liebe.
Dann wann sie sich wol hait be-
siehen
Und ir angesicht wol besehen,
So wirt sij viel gütig angesehen
8175 Und wirt milder gheen dem
[251”] Der den Spiegel heldet eben.
Der Spiegel ist zuhellonge
Zu dem daz man saget, aen
mishellonge;
Dann wann der hoffertige icht
saget,
8180 So wilt er daz man spreche: “ir
hant wol gesaget,
Ir sagent waer, es ist also,
Ich bin gut Spiegel, besehent uch
do!”
Aber sehe es den Spiegel nit,
Sine wildikeit ließ es nit;
8185 Balde hette sij daz gehörnte
heubt uffgehaben in zorn
Und balde gestossen als das eyn-
horn.
Und umb das ich des über sie
8163. es aus er. das zweite e in geleret
übergeschr.
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180
Plötzlich kommt ein altes Weib gekrochen , mit zwei andern auf dem Rücken.
Und auch nit gestoßen sie,
So drage ich den Spiegel und
allez das erleuben
8190 Das ich dann hören odir gesehen.
Ich bin zu half der hohen worte:
Zu jederman durch myn dorhete
[252r] Antwerte ich und sagen waz ich
hören sagen,
Wie wol das is solle helffen odir
schaden.’
8195 Da mich also mit reden hielt
Smeichelonge und mich die rede
befielt,
Ein ander altwip dar zu qwam,
Davon ich großen schrecken am
hertzen nam.
Zwo gleven hatte sij angeslahen
8200 In yren zweien äugen also ge-
dragen.
Uff der erden gieng sij mit fieren,
Als der slange sich get zieren;
Sij so mager und drocken ivas
[252*] Das fleisch noch blut an ir nit
was.
8205 Alle ire geleiche und auch ir
fahs
Schienent bloß sin als ein glas.
Uff yr und yrem rucke sassen
Zweie ander aldewip, die usser-
massen
Auch so fochtsam warent,
8210 Zu viel hesselich und erschrock-
lich gebaren.
Die eine hatte sich verstalt
Mit eyme antlitz, was gemalt,
Und sich dar hinder verborgen,
8191. halt Hs. ( auch h).
Das man ire gestalt und formen
8215 Nit mochte gesehen.
Einen spitzen stab hatte sij in
der rechten hant.
Und eine büsse in der lyncken
hant
Hieldt sij bij ir,
Aber den spitzen stab verbarg
sij hinder ir.
[253 *■] Die ander aide hielt in irer hant
8221 Einen spieß, der wol was zu hant
Mit lüde oren gefudert durch,
Die da mit waren gestochen
durch.
Das eine ende hielt sij gheen mir.
8225 Daz ander tuschen iren zenden
hielt sij is
Und da bij ein rot bein bludig:
Als ein nagender hont qwam sij
bij mich.
Das isen an der gleven waz
sinckelecht
Mit eyme krappen da tuschen
recht;
8230 Daz was gemacht die pilgerin zu
durchstechen
Und mit dem krappen wieder bij
sich rechen.
Die aide machte sich da mit gar
breit:
Groß lyden müße ir werden
bereit!
Da ich die aldewibe wol hatte
gesehen
8235 Und ire gestalt und wandel be¬
sehen,
8228. sinckelecht] das 1 zu Anfang hier
völlig einem i gleichend.
vor 8195 Bild (71) mit Nebenschrift rechts: v’gonnonge, v’rederige, abebiechonge
vnd zonge. vor dem Pilger drei alte Weiber: eins am Boden liegend, auf seinem Rücken zwei
andere, alle Einzelheiten der Beschreibung im Bilde nicht wiedei gegeben; von den beiden
Lanzen in den Augen des ersten Weibes z. B. ist nichts zu sehen.
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Das Weib, das die andern trägt, nennt zuerst seinen Namen (Neid).
181
[2ö3 r ] Ich gedachte das ich wissen
wolde,
Obe ich mochte, wie ich yec-
lichen nennen solde.
‘Altwip’, sprach ich zu der
ersten,
Die die ander drug mit lesten,
8240 ‘Sagent mir war zu ir sollent,
Und uwern namen, obe ir
wollent!
Groß leyt und gros schrecken ir
mir dunt,
Yr und die ander aldewibe zu
aller stont.’
Da antwerte sij mir und sprach:
8246 ‘Hastn nu so groß ungemach,
Das ist nit wonder; dann gar
balde
Wil ich dich zu dem dode schal-
den.
Ich bin Haß und Nidt, die zu
hellet
Hoffart, zu der sich gesellet
8250 Der Sathanas, des dochter ich
bin.
' In der werlde ist kein bürg noch
stat so fin
Da inne ich nit gedodet habe
l*5J r ] Maniche frauwe, man und knabe.
Ich bin das dier daz da hait ge¬
dodet
8255 Zu zijden Joseph, davon sprach
Jacob
Das wilde dier hette yn ver-
slonden:
Er sagte waer, es wart erfon-
den.
Ich bin das aller wildeste dier,
8237. yeclichB j l. yecliche?
8255. Gen. 37,33.
8267. swerde aus swerge.
Des sich niemans mag frauwen
schier
8260 Noch keinen phenning dar umb
geben.
Von großer bitterkeit ich leben:
Ich wurde nummerme frolich
Solde süße spise essen ich.
Anderlude magerheit spiset mich,
8265 Anderlude zorn erfrauwet mich,
Eins andern leit locket mich,
Eins andern swerde seuget mich:
Hette ich solicher spise genüg,
So were ich balde groß und
feisset gnüg.
[254 r ] Aber umb daz mir solichs nit
werden mag
8271 Und mir nach myme willen nit
gedigen mag,
Dar umb bin ich mager und also
verdorret,
Also bleiche und ungeferwet.
Eins andern glucke dodet mich,
8275 Machet mich mager und ver¬
bleichet mich;
Ander lüde gut rayn blut isset
Und als ein egel das uß suhet.
Ich gleube wol, were ich in dem
paradise,
Das ich von leide stürbe nach
myner wise,
8280 Das gut das da ist, döte mich.
Dann ich suß nit gesterben mag;
Wann der dot mir gelobet hait
Und mir auch da mit versprochen
hait
Das ich nit ersterben kann odir
mag,
8285 Und daz ich nit vergaen vor
8270. in dem großen verschnörkelten A von
Aber ein kleines rotes a.
8280. da üb. gestr. hie.
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182 Aus den Augen des Neids ragen zwei Lanzen hervor (Zorn und Schadenfreude).
Die werlet sij dann vergangen
vor;
[~55 r ] Und dannoch gleube ich nit
Das ich solle verlieren das leben
icht.
Der dot hait mir das geredt;
8290 Dann er sich durch mich in die
werlt det.
Durch mich ist er dar kommen
und ingangen
Und regniert durch mich, und
noch lange
Wirt er regnieren also.
Ich bin die hübsche slengynne,
8295 Die aller boßheit ist nachberynne,
Die hasset alle lüde die wol
dunt,
Und yn nach myme vermögen
kein gnt dun.
Es ist nicht das ich lieb möge
han,
In hiemel, in erde noch in meres
bann.
8300 Ich dun Götlicher Liebe großes
leyt,
Ich kriegen den heiligen geist.
Mit den zweien gleven die du
sichst
Und uß mynen äugen ghen ge-
sihst,
Yeclichen kriege ich mit macht:
[■2,3.5 Die ein zorn, die ander freude
bracht
8306 Und ist auch also genant,
Freude von ander lüde wider-
wertikeit bekant.
Mit der ersten sterckete sich
Saul
8300. götlicher übergeschr.
8301. vor den gestr. wider.
Da er David wolde han geslan.
8310 Umb das er die harppe hatte ge¬
slan;
Grossen nit und zorn er hatte
umb das
Das er nit vor David me geeret
was.
Mit der andern wart dem kon-
nige Jhesus
In sine sijtte gestochen und nff-
getan:
8315 Yme det weeher an allen waen
Der spot den die Juden hattent,
me
Dann die gleve yme dede wee
Die Longinus yme in die sijtte
stieß,
Davon er blut und wasser ließ.
8320 Die gleven sint verwurtzelt
Dieff in myn hertze und ge-
stricket;
[2.')6 r ] Aber durch myn äugen hant sij
yren ußgang,
Ich schine ein diere mit hörnen
lang,
Und mich dun vergifft ußwerffen
8325 Durch myne äugen zu vergiff-
tigen
Myne nachbur mit myme ange¬
sehen
Und auch yme nit zu lassen,
An zehenden odir in felde deil
zu lassen.
Myn äugen sint äugen von basi-
liscus,
8330 Die dödent wen sie aneblickent
sus,
Odir die nahe bij mir wanent,
8330. SU8 zugeschr.
8331. wanent aus wonent.
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Die vordere der beiden Reiterinnen (Verräterei) trägt ein gemaltes Antlitz.
183
Die sint dot so balde ich sij be-
schawen
Odir so balde ich sij angesehen.
Desglichen und ander dun ich
viel genüge,
8335 Als myn döchter dir sagen sollen
mit füge,
Wiltu sij dar nach fragen;
Sij mogents dir bas gesagen,
Die ryden uff myme rucken;
[256 r ] Dann ich bin die sich muß
bücken,
8340 Und von yn keine rüge han:
Die sagent dir wol davon.
Wann du sij wirst förschen und
fragen
Wer sij sint, und auch gehören
Was sij dir sagent, magstu wol
wissen
8345 Wer ich dann sie, mit gantzem
wissen.
Ich sagen dir aen allen vertzog:
Du mast sij gerne fragen aen
gebot.’ —
‘Wer bist du, die erste, die da
sitzet vor
Uff Ny dt, die so scharff vor
8350 Hie zu mir hait geredt,
Das du din gestalt und gesichte
Also haist verdecket mit dem ge¬
malten angesichte,
Die da dreget bühsse und salbeye
Und messer getzogen verborgen
allerleye ?
8355 Von dir mag ich nit gudes ge-
dencken
[257 r] Wiltu mir nit anders mit Worten
sencken.’
Da antwerte sij mir mit synn:
‘Wiste yederman wer ich bin,
Keinre keme nit bij mich
8360 Noch zu mir geliebete sich.
Ich bin eine ußrichterynne
Und auch eine follenbrengerynne
Des willen myner mutter Nidt;
Dan dar umb sij enkan jeder-
man nyt
8365 Genodigen als sij gerne wolde
dann,
Sij hait mich zu zijden in die
schule getan
Und bat mich das ich wolde leren
mit wyllen
Falscheit und üppiger boßheit
vyele,
Da durch ich yre böse begirde
und lößheit ußrechte
8370 Und daz auch also follenbrechte
Daz ich mich nit werte sere.
Nu sage ich dir daz in eine
schule gieng ich ee,
Und da inne fant ich
8332. bescbawenen Hs., aus bewanen, indem
scha ü bergeschr. und a in e verwandelt wurde,
während an tu streichen gewesen wäre.
8335- Als üb. gestr. dz. dichter aus
doechter.
8348. Initiale schwarz m. roter Füllung.
8353. das h in bühsse übergeschr.
[8355.] Kustode unten auf Bl. 256 •: wiltu
mir nit and’s.
8361. a. R. links ein Doppelstrich (=).
8364. Vor jedermS ist nit gestr. u. dahinter
njt tugefügt.
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8365. das a in dann aus anderni Buch¬
staben korr.
8366. getan hinter zijden zu streichen ver¬
gessen u. a. Schl, zugeschr.
8368. das r in üppiger übergeschr. vyele
zugeschr.
8369. Da u. ich zugefügt. vßrechte zu¬
geschr.
8370 f. zugeschr . u. dafür gestr.: Entschul-
digette ich mich nit sere.
8372. ee zugeschr.
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184
Vom gemalten Antlitz der Verräterei.
Mynen vader, der da inne meister
was sicherlich
[ 557 »] Und auch myne swester lernte
ußmessen
8376 Wie mentschen fleische roe zu
essen,
Als du mich dann gesihst an
diesem beine essen.
Da er mich sach, er sprach:
“dochter, komme her!
Ich sehen wol din beger:
8380 Das du gerne ettwas von mir '
hettes
Und von mir gerne lertes
Ettwas, das du die lüde be-
drieges:
Ich wil des din lerer sin
Und des auch zu male frohe sin.”
8385 Da sloß myn vader uff eine kiste
Und nam da uß, da er wiste,
Diese buhsse und dis gemalte
angesicht
Und gab mir auch zu hantgifft
Dies messer, das ich verborgen
drage
8390 Und verholen bij mir habe.
“Dochter”, sprach er, “wer da
wilt bedriegen
[558 r ] Fogel aen liegen,
Der sal die boppen nit in die
erbeiß setzen
Odir auch in den hanff garten
setzen;
8395 Dann wo sij schuwesal da inne
gesehent,
Balde aen beyden sij dannen
fliegent.
Dar umb, min dochter, rade ich
dir:
Wiltu jemans ankommen mit
begir,
So daug is nit das du ghen yme
icht
8400 Schuwesal maches mit dime
hesselichen angesicht,
Die alle gesicht machet verker-
lich,
Ungestalt, finster und hesselich;
Dann du verlurest dar an
Die arbeit die du lechtest dran.
8405 Aber sich gebürt, liebe dochter
werde,
Das du habest subtile geberde
Und du yme gut glicheniß
dfihest
Und hübsche geberde under
äugen vor fügest
[558»] Und duhest als der scorpion,
8410 Der mit smeichelonge dut schon
Zum ersten gut glichniß und
guden müt
Und stiebet mit dem swantze da
hynden daz blüt
Als er stiebet da hinden,
Da wirt sich truwe fynden,
8415 Und umb das du das auch also
moges dün
Aen feien und auch konnes
gedün,
Messer, buhsse und salbe
8374. sicherlich zugeschr.
8375. vflmessen hint. gestr. das.
8376. Wie üb. gestr. vnd. röe. I. fl. si roe ?
8377. mich iibergeschr.
8405. werde zugesrhr.
8410. schon zugeschr.
8411. gut üb. gestr. schon.
8412. dz blüt zugeschr.
8413 zwischengeschr.; v. 8413 f. fehlen im
Orig, und in h.
8415. also iibergeschr.
8417. das h in buhsse wieder iibergeschr.
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Offen führt sie eine Salbenbüchse bei sich, verborgen aber ein Messer.
185
Und gemalte antlitz ich dir gebe
balde.
Das ist getzug der dar za ge¬
höret,
8420 Da durch ettwie viel sint ver-
döret
Joab, da er Amasam dot slüg,
Und Abner behalff sich da myde
genüg;
Jndas was nit zu male dar one
Da er verkaufte den konnig
Jhesus schone;
8425 Triphon und auch ander viel
Hant nit gefelet des zu haben
viel.
[259 >■] Ich rade dir is, dochter, zu dra-
gen,
Dinre mutter da mit zu brengen
staden,
Yre zu helfen zu follenbrengen
8430 Das sij alleine nit kan follen¬
brengen.
Mit der salbe saltu salben die
Die du mit dem messer wilt
slahen hie,
Und mit dem felschen gemalten
gesichte
Saltu decken din angesychte.
8435 Das ist so viel zu mercken:
Dine gedencke saltu mit falscheit
decken
Und salt dich ussen lassen ge-
sien
Anders dann dü innen moges ge-
sin.
Dann soltu mit reden fin
8440 Smerende und auch weich sin:
Es ist die salbe da mit sint
Die konnige und prelaten dicke
gesalbet sint
Es ist kein herre odir greffe me
[559«•] Er wolle da mit sin gesalbet me:
8445 Sij wollent alletzijt das man yn
solle sagen
Sachen davon sij keynen verdrieß
haben.
Also, dochter, frischelich
Saltu sij salben redelich
Mit der süßen salben, so du sij
magst han,
8450 Und nach dem smeren saltu sij
slaen
Also das sij des keine büsse
mögen han!”
Nu sage ich dir: Da er mir
also hatte gesagt,
Myn vatter uß der schulen tradt.
Uff myne müder bin ich da ge¬
sessen,
8455 Als du gesihst, in dieser massen.
Ich bin meisterynne, duncket
mich wol;
Was ich gelernet han, das kan
ich wol:
Ich kan myn gemalte gesune wol
verstellen
8422. da gleich übergeschr. sage ich dir. Von dem nicht ausgezeichneten N
8423. one aus ane. ist infolge zu starken Beschneidens der größte
8424. schone üb. gestr. vane. Teil verloren gegangen. er üb. gestr. sij.
8426. an des ( undeutl .) korr. hint. gesagt gestr. spch sij geringe.
8427. vor dragen angefangenes s schwarz 8453 übergeschr. als Ersatz für den gestr.
gestr. Vers: Da ich vfl der schulen gienge (dem Orig.
8438. dti aus din(?). folgend, von h übernommen).
8452. Vor Da, dessen D als Abschnitts- 8454. da übergeschr.
initiale gestaltet ist, wurde a. R. zugefügt Nu
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186
Von dem betrügerischen Wirken der Verräterei.
Und mich zu allen bösen Sachen
wol gestellen
8460 Mit der büssen und der salben
[sßO'-jUnd lachen mit den zenen hal¬
ber.
Ich kann wol bissen aen bellen
Und myn gestalt einfeltig stellen,
Uff eine sijtte krauwen und
smeren
8465 Und die ander stechen und
slahen sere.
Ich bin der slange der sich
heldet
Under dem krude und nit meldet
Bis das yemans bij mich kommen
ist
Und nyder gelacht odir gesessen
ist,
8470 Das ich yn dann döde in kurtzer
frist.
Sehen ich mich ussen getzieret
icht,
Mich zu sehen kennen ich mich
nicht.
Man kennet die lüde nit an dem
kleide
Noch den wine an in dem becher
in zu leiden.
8475 Maniche wyde ist dicke wol ge-
laubet
Und auch gar wol gecleidet
Die doch bynnen zu male hole ist
[2W»]0dir bynnen vol wurme ist.
Ich bin eine wurmessige wide,
8459. mich übergeschr.
8462. bellen üb. gestr. erschrecken.
8463. stellen üb. gestr. entblecken.
8465. die üb. gestr. mit der.
8469. gesessen üb. gestr. gestossen.
8471 f. Das mißverstandene Orig. (8453/4)
lautet: Se dehors paree me rois,
Pour ce, voir, pas ne me connois.
8480 Ein bret gar balde gespalden in
zyde.
Er ist verlorn der sich an mich
sturet,
Und wie wol das sich niemans
an mich sture,
So kan mir doch niemans ent-
gaen
Noch keinre vor mir hüde han.
8485 Stercke von luden odir viel lüde
Noch yre synne prisen odir
achten ich nit
So viel als umb ein stuppe ge¬
schieht.
Wann ich myn gemalte antlitz
vor han
Und han ein falsch lachen ge-
taen,
8490 So sint sij alle verdorben und
bedrogen
Und alle an myne gnade ge¬
bogen.
Ich bin Verrederige, die da hait
getaen
Dicke und vil manichen bösen
zog getan han.
Ich han des nünden steins nie
getzielt
\2Gi r ] Noch des schachzabels nie ge¬
spielt,
8496 Ich neme dannoch mit myner
konst
Welichen stein zu dem ich hatte
gonst.
h richtig: Abe da mich gesiest vn$l obe ge-
zieret, so kennestu doch myn nit.
8474. in vor za übergeschr.
8475. wyde aus wide.
8482. wie üb. schwärt gestr. sij.
8484. vor aus von.
8486. ich schwärt gestr. u. sij übergeschr.,
jedoch ersteres wieder cintusetsen (so auch h).
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Schon will sie den Pilger nieder schlagen, als sich ihre Schicester (Ehrabschneidung) einmischt. 187
Es enist kein rach odir konig
hyr,
Wann ich wil, ich ziehen yn zu
mir.
8500 Und umb das dins lebens lange
hat verdroßen mich,
So hait myn müder Nydt be¬
scheiden mich,
Und ist lang daz sij mich badt
Und mjT hait geboden und gesait
Das ich dich zu mir ziehe ane
not,
8505 Das ich dich zu ir brenge dot,
Also das ich ytze über dich
schrien mort.
Das sage ich dir als über sant
Niclas,
Der die schuler wieder det uff-
stan umb das:
Du kanst mir uß myner hant nit
entgan,
8510 Das ich dir wol gesagen kan.’
Da sij nu also nahe bij mich
kam
Und wolde mich dot han geslaen,
[ 26 it] Die ander die bij yr saß,
Lachte sij an und sprach das:
8515 ‘Swester, nit sient also ylende!
Ich bide dich, lyde das er lebe
So lange biß er mynen namen
weiß:
So wollen wir yme beide machen
heiß.
Von leyde und zorn ich stürbe
8500. lange hat übergeschr. v’droßen aus
v’drußet mich hint. schwarz gestr. dich.
8501 f. zugeschr. statt des gestr. Verses: Ei
iat lang das myn müder nit.
8503. Vnd zugeschr.
8504. not hint. gestr. bait.
8505. zn übergeschr.
8508 bezieht sich auf die bekannte Legende
8520 Das er von dir allein verdürbe
Und das ich yme nit als leide
dede als du.’ —
‘Ich sagen dir, ich wil wol bei¬
den nu;
Dann ich bijden dich ernstlich
Das du sere wolies zauwen dich.
8525 Ich wil das wir die ere haben
Und yme viel unere balde getaen
haben.’
Da was die paltenerynne fro-
lich,
Die groß liden bestee kurtzlich,
Und lachte mich an spottende
8530 Und an dem beyne also nagende.
[^'■j'Wie bistu so gedorstig’, sij
sprach,
‘Das du einen stab hast her
bracht?
Stebe siecht und kromp hassen
ich
Und die an dem ende sint
spitzich;
8535 Ich han sij nit lieb die sij dra-
gen;
Aber wann is mir eben ist,
So spotten ich ir hinden mit
lvsten
Und bissen sij, wie wol myn
swester
Yn vor zu gut glicheniße dut,
8540 Das wiedermachen ich in mynem
mut.
Und umb das du haist einen stab,
von der Auferweckung dreier von einem gott¬
losen Wirt getöteten und den Gästen als Speise
Vorgesetzten Knaben durch den hl. Nikolaus.
8526. Vnd u. balde zugeschr.
8534. das ich in spitzich zugeschr.
8536. ist vor eben schwarz gestr. u. dahinter
zugeschr.
8537. lysten aus listen.
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188
Ehrabschneidung droht den Pilger bei lebendigem Leibe zu verzehren.
Wie wol er nit kromme ende
hab,
Und auch umb daz Nidt, myn
müder,
Dich nye lieb gewan noch dynen
vader,
8545 So mustu mir yn hie lassen.
Du bist übel her kommen in
dieser maßen:
Ich wil dich zu hant lebende
essen.
[ 262 *] Bis uff das bein wil ich dich
veressen
Und dir die hüt vom rucke abe
ziehen.
8550 Du gesehe alle dine tage nye
Under den fleisch bencken keinen
hont
Der so gerne esse rohe fleische
zestont
Also ich dun; der mont mir blu-
dig ist
Als dem wolffe in manicher frist
8555 Der schaeffe in der stygen er¬
würget hait
Und sinen güm da mit gesmeret
hait.
Des raben gesiechte ich bin
Der in der hellen hait daz nist
sin.
Mir liebet Schelmen zu essen:
8560 So sij me smackent, so ich sij
lieber essen.
Ich geesse nummer guden montfol
8544. Dich u. noch zugeschr.
8548. bein zugeschr.
8549. vom rucke üb. gestr. alle.
8552. rohe üb. gestr. das. zestont üb.
gestr. rohe.
8555. Der üb. gestr. Die (?).
8500. ich übergeschr.
8501. eines der beiden ersteti e in geesse
übergeschr.
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Da ich die bösen mochte haben
wol;
Und hette ich viel eppel zu
hüdden,
Der enwolde ich nummer ver¬
suchen
[263 r] Ee ich eine fulekeit
8566 Dar an gesehe odir unreynikeit.
Aber wann ich fulekeit dar an
gesehe,
So bisse ich von stunt dar inn
ghee;
Balde wolde ich das versüchen
8570 Das zu kuwen und zu riechen.
Es ist myne spise, es ist myn
leben
Gelich als Ny dt, myner mutter,
eben.’
Da sij mir das ertzalte also,
Wie wol ich was gar unfrohe,
8575 Einwenig begonde ich under-
lachen.
‘Altwip, ir werent gut’, han ich
gesprochen,
‘Myn eppel zu erlesen und zu
hüden.
Woldent ir uch des gehüden
Das ir mich byssent nit,
8580 Der fulen wil ich uch geben
genug eyne zijt
Und der unreynen auch uwern
gefug.
[263*] Und hant ir der da mit nit
_gnüg,_
8562. die üb. gestr . den.
8575. vor begonde schwarz gestr. sij. ich
übergeschr.
8576. han übergeschr. gesprochen aus sprach.
8577. am 4. Buchstaben in erlesen karr.
8580. eyne zijt zugeschr.
8582. der übergeschr. nit genug vor da
mit gestr. u. dahinter nit gnüg zugefugt.
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Ehrabschneidung erzählt von ihren Werken.
189
So weiß ich wol wo viel un-
reynes lit,
Dez ich geben eyne zijt.
8585 Ich wil uch wol dez ee finden
genüg
Ee ir mich also begrynent mit
ungefug.’
Zu stunt sij yre worte wider be¬
griffen hait
Und also zu mir gesaget hait:
‘Ich darff nit zu male ferre gaen
8590 Wil ich unreynikeit genüg han.
In mynem monde han ich den
getzug
Da mit ist gemacht der smyde
getzug;
Und were in der werlde kein,
Tuschen mynen zenden machte
ich ein,
8595 Als myn vader mich das geleret
hait
Und myn suster das auch be¬
griffen hait.’
‘Ich geleube wol’, sprach ich,
‘ hettestu
Materie da von du
Mochtes gemachen icht,
[ 264 r]j) a fettes balde genug gesmyedt;
8601 Aber aen materie kann niemans
smyeden,
Wie wol das er wol könne
smyeden.
Ein smyedt aen isen und stahel
8584 zwischengeschr. hint. ich 2 oder
3 Worte gestr., deren letztes uch gelautet zu
haben scheint und dann besser stehen geblieben
wäre.
8585. uch unter gestr. uch, über welches
zunächst ein nachher wieder getilgtes dir dez
geschrieben war. dez hint. wol übergeschr.
8586. ir üb. d. Z. hint. gestr. das, das zu¬
erst üb. getilgtes ir geschr. war.
8594. machte üb. gestr. mache.
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Kann nit gemachen axs odir
hahel.’
8605 ‘Materie’, sprach sij, ‘finde ich
genüg;
Dann alles gut daz du finden
macht mit füg,
Ich wol in böses gekeren kan
Und mit falscheit underscheiden
kan.
Ich kann wol wyne zu wasser
machen
8610 Und driackel zu vergißt machen;
Ich kann die guden appel ver¬
derben
Und biderbe lüde sere balde ver-
meren,
Und dar nach als rohe fleisch
Ich sij verslynden und essen
heiß.’
8615 ‘Wie heissest du?’ sprach ich
zu ir. —
‘Abesnydongen, das sage ich dir;
[264 »] ich bin die abesnydet und abe-
bisset
Den luden ere und gut und sich
flißet
Sij zu verdrücken und zu ver¬
derben,
8620 Das sij dünne und zu nichte
werden,
Das ich myne mütter da mit
möge spisen,
Die faste siech ist in yrer wijsen.
8606. du üb. gestr. ich. macht mit füg
üb. gestr. mag.
8607. kan üb. gestr. mag.
8608. kan zugeschr.
8609. machen üb. gestr. leyden. zwischen
8609 «. 8610 gestr.: Vnd win zu wasser machen.
8612. balde übergeschr.
8615. Initiale schwarz mit roter Füllung.
8619. das zweite zu übergeschr.
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190
Ihre spitze Zunge dient Ehrabschneidung als Spieß.
Ich bin yre spyserynne
Und yre meister kochynne.
8625 Ich dienen yr mit gefuderten
oren,
Die da steckent und henckent an
myner gleven vorn
Durch myne gleve mit dem
spitzen isen
Gelich in eins kleinen spisses
wisen.
Myne zonge ich myne gleve
heiße,
8630 Umb das sij snydt scharf! won-
den heiß:
Sij stichet und siet me scherffec-
lich
Dann keine gleve odir snyde
sicherlich
Odir kein phile mit wieder¬
hacken,
[265 r] wie hart er vom bogen werde
geschossen.
8635 Es sint die oren der die da hö¬
ren t
Das ich sagen, das sij gehorent.
Alle die da gerne horent
Myn sagen, yre oren sij dar
kerent
In myne gleve myner mutter zu
dienen,
8640 Die sij sehent so sere siech
ligen.’
‘War umb hait er krapen?’,
sprach ich.
Sij antwerte mir und beschiede
mich:
‘Wann ich ein ore also durch
stochen han
Mit myner gleven und gehefftet
han
8645 Und is nach mynem willen ge-
fasset han,
So belibe ich hangen dran
Und slahen mynen krappen dar
an.
Ich Stelen lieber eime sinen gut-
ten name
Dann kein diep ie keinen schätz
genamme.’
8650 Da sprach ich: ‘so bistu eine
diebynne?
[565»] Dann ein gut wort ist besser
dan goldes mynne
Odir dann richtom möge gesyn.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagst
waer recht,
Aber Salrnon hait dich das gelert
8655 Das du mir haist myne worte
verkert :
Ich bin eine diebynne ertzuget
Und von allen guden Worten
zuget.
Kein schöner ding in diesem
lande
Kann ich nit gestelen aen
schände;
8660 Dann ich keine keronge davon
dun:
Dann ich keronge node dun
wolde
Umb schände die ich davon
haben solde.
8629 f. rechts a. R. in der Schrift der Korrek- gleven hie gespitzet siehest, daz sint die oren...
turen zonge. 8653. du sagst waer recht üb. gestr. is
Nach 8634 fehlen 4 Verse des Orig. (8609 mag war sin.
—12), die in h Übersetzung gefunden haben: 8657. zuget] entwiset h; im Orig, ent-
so moget sie nyt so groß, noch so sorclich spricht nichts.
wonden gemachen. Die oren die du in dießer 8661. keronge üb. gestr. sij.
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Die beiden Schwestern fallen vereint über den Pilger her.
191
Auch wann Hoffart des gewar
würde,
Nummer sij myn frunt würde.’
8665 ‘Was dustu’, sprach ich zu ir,
‘Wanne du das ore das hat ge¬
höret zu dir,
Also haist gekrappet
[•266'-] Und sinen guden namen becloppet
Und ettlichen biderben man da
mit beraubet haist?’
8670 ‘Sicher’, sprach sij da, ‘du ge¬
höret haist,
Da han ich dir davon gesagt die
mere
Und das in vergifft verkert sere
Und auch da mit gespiset gar
sere
Myn müder.’ da sprach ich:
8675 ‘Zwaer is duncket mich
Das ich in diesem jare nit habe
gesien
Böser diere dann du macht gesin.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘ich gleube
dir wol.
Ich bin böser dan die helle sin
sol;
8680 Dan den mage die helle gescha-
den nit
Die in yrem beslosse sint nit
Odir die da sint eins heiligen
lebens.
Dann were sant Johans in der
helle eben,
So geschee yme doch kein leyt:
8685 Durch sine große heilikeyt
[2G6»] Schede gebe yme der heilige
geist.
Aber ich sagen dir das ich die
ußwesenden
Als wol irren als die geenwerti-
gen.
Es krudet mich nit mere
8690 Myne gleve zu werffen über mere
Als uff eine myle odir zwoe.
Ich sagen dir auch da bij genode:
Ich schedigen die eins heiligen
lebens sint,
Als wol als die des nit ensint.
8695 Were sant Johans noch uff erden,
Noch muste yme myn gleve wer¬
den.
In dem hymmel auch, obe ich
wolde,
Ich yn auch wol treffen solde.
Zu andern malen han ich me
versucht
8700 Ettliche andern und die auch da
gesucht,
Geslagen und noch slagen wil,
Und nit langer ich beyden wil
Dich zu slahen und zu fallen
dun.’
[267r] Da antwerte Verederye yr:
8705 ‘Swester, beide, so wollen wir
Is mit ein ander dun!
Slag yn uff eine sijtte, so wil ich
yn smeren
Und yn uff die ander sijtte sla¬
gen sere:
Also mag er uns nit engaen
8666. Wane üb. gestr. Daa. zu über-
geschr.
8687. Das vor ußwesenden eingesetzte die
war schon üb er geschr., wurde aber, nachdem
am 2. u. 3. Buchstaben korr. war (dy...?),
wieder durchstrichen.
8692. genode aus genoe.
8700. vnd Übergeschr. gesucht hint.
gestr. sint.
8708. nach yn gestr. dun. das lag in
slagen auf Rasur .
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192
Zuerst gelte es ihn vom ‘Pferd’ zu werfen, auf dem er sitze.
8710 Er müße dan einen guden artzet
han.’
‘Es ist mir lieb’, sprach sij,
‘Aber ich bijden dich daz vor
geschie
Das wir yn von syme sadel
stürtzen
Und das wir yme den weg
kürtzen,
8715 Das er nit me könne geryden
Und solichen hoenmut gemyden.’
Da ich die worte hatte gehört,
Da wart ich gedencken und er¬
schrecket vort;
Dann ich waende nit das ich
hette
8720 Ein phert, und dar an nit ge¬
dacht hette.
[267*] ‘Wie’, sprach ich zu Verrederi-
gen,
‘Han ich ein phert? Abebreche-
rige,
War umb hait sij das gesagt?
Weistu is, so wolles mir daz
sagen!’
8725 Sij sprach: ‘Recht Verstenteniße
hait mich gelert
Und sagete mir, da ich mit ir
redt,
Das der zu pherde gestiegen sij
Dem ein gut wort gegeben sij.
Das phert sal vier fuße han,
Dann hette is nit me dann eynen,
Zwene odir drye,
So müste is vast hincken da bij.
Des were keinre wol geeret
8735 Der were uff daz phert gesessen
recht.
[ 268 *] Der eine fuß an dem pherde ist
Daz an eyme mentschen nit böses
ist,
Do an er vermeronge fülle.
Der ander ist der gelegenheit
8740 Das er nit sij in verbüntlicheit.
Der dritte ist das er elich ge-
born sij,
Der vierte das er nit rasende sij
Odir ungeberikeit habe da bij
Odir gehabt habe bij syme leben:
8745 Das sint die viere füße eben
Den die getzügniße sollent geben.
Und umb das du bist uff gesessen
[2GS’]Uff das phert und haist vergessen
Mit myner suster vor zu reden,
8750 So hait sij dich abe geworfen
zur erden,
Und ich sal yr helffer werden.’
Da rieff sij yrer swester balde
wieder
Und sprach: ‘swester, sage mir
sieder,
An welichem ende sollen wir yn
zu erste angriffen?’
8755 Sij sprach: ‘kanst du das liet
begriffen
Das Israhel von Dan sang:
8730 Als ieclicher das in wissen mag
han;
8710. gudS übergeschr. 8756 ff. vgl. Genesis 49,17.
8735. Du. 8756. Statt Dan, das der Übers, nicht ver-
8741. Amt. elich ein wegradiertes, jedoch standen hat (vgl. auch das Dann statt Dan im
noch schwach durchschimmemdes sij. folg. Vers), liest die Hs. (auch h): Adam!
vor 8736 Bild (72) mit Nebenschrift rechts: gude wort, ledikeit, Elicheit, gesuntheit
[verschrieben: gesmytheit]. über dem Bilde in der Schrift der Korrekturen: Eyn gut wort /
ledickeit / Elicheit / gesäntheit ein weißes Pferd.
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An den Angriffen der Schicestern beteiligt sich auch ihre Mutter Neid,
193
Da» werde eine slange in dem
wege?
Ich bin Sorastes, die gehornete,
Und Dan, der slange gedrehete,
8760 Der nyt get den rechten weg
Und bisset die lüde hinderwert.
Gelich heymlich wil ich gan
Und wil hynden bissen an
Die horn des pherdes daz er hait,
8765 Also meyne ich daz er felegetrat:
[269 r ] Das ist zu wissen das er an dem
ende
Myn zu male nit war neme.
Ich wil yn bissen heymelich
Und yn machen hynderlich;
8770 Dan ließ ich yn myn gewar wer¬
den
Und das ich yn uffenberlich
bissen solde,
So mochte is mir gar balde
Mit synera beslagen fuße eins
geben
Under myn äugen und mich
treffen eben.
8775 Die horne sint unfüeleber
Und werdent nit balde gewar sere
Das myne zene sij hinden bissen,
Bis das er sich wirt hinden
niderlaßen,
Das er sich nit möge wider uff-
geheben,
8780 Und das das phert wirt hincken
eben.’
Da antwerte Yerrederye:
*Wol an balde, machen wir uns
balde hyn bye!
[269 »] is gefellet mir wol daz du also
haist uß gelacht
Jacobs sage und das geglosieret.’
8785 Da warff Abebrechonge uff mich
Yre gleve und verwonte mich
Und lieff da vorter zu mir
Mit uffenem monde, als hette sij
yr
Synne gantz verlorn.
8790 Und myn phert greiff sij mit
dem horn
Und sparete mich nit mit
syncken,
Und mit yren zenden machte sij
myn phert hincken.
Mit den zenden sij mich auch
greiff und bewisete wol
Das sij der slangen gesiechte sin
sal,
8795 Und warff mich her abe: das det
mir we.
[270 r ] Aber dar umb enwiste ich nit:
Gelich zu mir kam gegangen
Nydt,
Mit yren zweien gleven stach sij
mich,
8757. Dann.
8765. fallegetrat Hs.; in h bloßes falle.
[8765.] Kustode unten auf Bl. 268*: Dz
ist za wissen dz.
8766. zwei hint. dem zweiten das üb. d. Z.
zugeschr. Worte, deren erstes vielleicht er gelautet
hat , wieder durchstrichen; man erwartet is (so h)
wie auch 8765, aber entsprechend dem yn in den
folgenden Versen (dazwischen freilich 8772: is)
mußte er eingesetzt werden .
8781. das letzte e in yerrederye auf Rasur.
8782. hyn übergeschr. hint. bye gestr. yn.
8788. yr hier zugeschr. u. zu Anf. des folg .
Verses yre gestr .
nach 8796 Bild (73) mit Neben - bzw. Unterschrift: Da wart der weller geslagen von
nyde, von v’hertonge, von v’rederien, von abebrechonge vnd von den and’n dufelynnS. Der
Pilger ist unter den Angriffen der Frauen zusammengebrochen.
Deutoohe Toste dea Mittetaltor«. XXV. 13
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194
Der Pilger hält seinen Stab hoch, sieht plötzlich aber noch ein neues Weib.
Und in mynen lip sing sij mich.
8800 Verrederige sümete nit sich;
Dann als lange als ir swester
mich beyß
Und mir an den sijtten nagette
heiß,
Ire salbe sij hielt
Und uff eyne sijtte mich salbete
da mit;
8805 In die ander sytte sij mir stieß
ir messer
Und auch da bij yren süechel.
Das aide wip auch mit dem
großen stabe,
Sie ließen von mir nit abe;
Mit yrem getzuge qwamen sij
bij mich
8810 Und sprachen ich solde geben
gefangen mich:
‘Du 8ist wol das du nit mast
entgaen! ’
Da hüben sij mich an zu stoßen
und zu slaen
[270'] Und dadent mir lydens genug an.
Da ich sach daz ich also be¬
kümmert was
8815 Und so gar ungetrost was,
Da ließ ich nit abe zu fragen.
Ich hette wol mögen schrien und
sagen!
Trahekeit hatte ziel sich zu
pynigen
Und auch mich zu hindern;
8820 Dann ich was in allen weg ge¬
hindert
Und mochte mich in keynen
wege geregen.
Doch ich mynen stab hielt
Uffricht und was mir entfallen
nit
Und hatte dar an groß hoffen
8825 Das ich noch da mit solde ent-
loffen,
Mochte ich wieder uffkommen
sin.
[271'] Als ich in solichem wesen was
Und her und dar umb mich ge-
sach,
Von eyme reche ich kommen
sach
8830 Ein ander altwip hub an zu
lauffen.
‘Haldent yn wol, haldent yn
wol!
Sprach sij zu den andern, ‘ich
auch kommen saL
Sehent das er uch nit entrynne
Mit symbe stabe, den er zu
nemen begynne!”
8835 Das aide wip was sere verstellet.
Mit spitzen priemen umbheldet,
Ruch umb und umb als eyn ygel.
Sij hatte umb gehangen ein
sensse dar bie.
*
[271 -] Und yn yren henden zwene
wacken wys
8840 Hatte sij, als mich duchte, mit
flyß.
Das füre uß yrem gesichte
sprang;
8802. mir « 6 . gestr. mich. 8834. za nemB begynne üb. gettr. njmet
8804. da übergeschr. 8837. Ruch übergeschr.
8810. aprachEich durch Längsstrich getrennt. 8838. vmb ü&. gestr. an.
vor 8827 Bild (74) mit Nebenschrift rechts: Nit Berure mich, *om, T’amehonge, driegen
vnd doit8lag vnd haß. altes Weib mit Sense, 2 großen Feuersteinen und Säge (nach Be¬
schreibung).
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Das Weib (Zorn) ist ausgerüstet mit Sense, Feuersteinen und Säge.
195
Das sij unsinnig were, waz myn
gedang.
In yrem monde hatte sij eine
s ege:
Ich wiste nit was sij da mit
dede,
8845 Ich hette sij dann vor gefraget.
‘Altwip’, sprach ich, da sij
mir nahet,
‘War umb hastu solich geberde?
Odir war umb dreystu solich ge-
werde ?
Wie ist din name? nit lug mir!
8850 Ich wolte is gerne wissen von
dir;
Wie wol ich genug zu lyden han,
So saltu mir is doch san.’
Da slug sij die wacken zu sam-
men,
Das sij det die flammen
8855 Mir under myn äugen slagen.
‘Sicher’, sprach sij, ‘ich sal dich
balde dun verstan
[27 2 *] Was hantwercks ich wol machen
kan,
Und dir mynen namen nit ver-
swigen:
Ich bin die aide ygelynne,
8860 Die übel gestrelete ketzerynne
Und auch die übel gelikette nü,
Die dochter des ygels herü,
Der sich umb dugent machet
ruwe.
Mit synen spitzen er mich ge-
wapent hait,
8854. vor det gestr. mir.
8859. ygelynne zugeschr. hint. gestr. ketzerige.
8860. ketzerynne zugeschr.
8861. nü zugeschr.
8863. vmb üb. gestr. nn.
8884. vor sage gestr. s... (?)•
8865 Umb daz man vor mir föchte
hait
Und auch umb daz, obe yemans
qweme nahe bij mich,
Das er in die spitzen steche sich.
Rache ich süchen und wil sij han
Von allen den die ich wissen
kan;
8870 Die mir icht hant getaen odir
wieder mich
Geredt hant, an den reche ich
mich,
Odir die ir handt gheen mir hant
uffgehaben,
Den sal ich is nit verdragen.
[272”] Ich bin stechende und hessyg,
8875 Unlydig und unverdregelich,
Viel scharffer dann hagedorne,
Spitzer und krommer dan krossel-
dorne.
Der sinen garten wol besließen
wolde
Mit hecken die subtile sin solde,
8880 Der dede mich dar; dan keine
hecke
Nit konde gedun das ich dete.
Ich heißen “Nit rure mich!”;
Dan balde han verkeret ich
Eine siechte sage in eynen
krommen worm,
8885 Das dun ich umb ein klein ocke-
saldorn,
Und dun eynen Sprung,
Wan ich gestochen bin genug
Von dem des frunt ich vor was.
8885. Ich habe durch eingefugtes dun eine
Heilung der Stelle versucht; dem Orig, würde
man am nächsten kommen durch Streichen von
Das ich (Qui ai tantost carmen en ve Mue
a petite achoison).
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196
Von dm beiden Feuersteinen des Zorns (Verschmähung und Anfechtung).
Ich machen uß den luden ölen
has
8890 Zu schönem mitdage und nit ge¬
sellende
[273 r ] Und die blinden zu dieren,
Das sij vertzagen schiere.
Ich dienen mit essig und versaiß
Und auch mit grünem krude
naß;
8895 Ich geben des den coleriken
Lieber dan den fleckmatiken.
Ich machen mit den mentschen
in dem firmamente
Als viel wonders als in der
werlte;
Ich dun uffstaen die wynde
8900 Und machen donner fynden
Und uffstan allerleye lyden
Und an gutem verstenteniße
zwifeln.
Ich heißen Zorn, die verkerte,
Die kredynne, die vergifftigete,
8905 Die begryenen müder von den
honden,
In der keine sußikeit ist fonden,
Viel scharffer dan alle distelen,
x Sicherer dan blafuß in syme
nyste.
[273»] Ich bin ramnus, der berg uß dem
daz fure springet,
8910 Wie wenig das yemans mich an
springet:
Es mag so wenig wider mich
wynt regen,
So muß ich hitze odir rauch
geben,
8889. has zugeschr.
8902. an übergeschr.
8908 gänzlich abweichend vom Orig. (Et
plus sure que absintium), aber von h über¬
nommen.
Ußstoßen myne stacheln und
slagen
Und die flamme dun ußslahen.
8915 Hette ich grünen holtzes genug,
Balde wolde ich machen füres
genüg.
Der eine wacke versmehonge ist
genant,
Der ander krieg auch bekant:
Daz sint die zwene wacken da
mitte
8920 Sich die dorheiten dicke bekom¬
mernt mit.
Es sint die die die zwo frauwen
hattent bij yn
Die qwamen zu konnig Salmon
und frageten yn,
Das er yn wolde urteyl geben
Weliche solde han das kint mit
dem leben.
8925 Mit den wacken ich zu zijden
gesmiedet han
[274r] Die sege die ich in mynem
monde han.
Da was der hammer den man
nennet krieg,
Und versmehonge den anebuß
lieg.
Ungedolt waz das isen, ir geselle,
8930 Das da geholet wart in der helle.
So man is me siet, so is mynner
dünne wirt;
So man is ine hitzet, so is harter
wirt
Zu zijden machte ich is zenen
subtilenclich,
8909. eu ramnus vgl. Judices 9, 14115.
d’ berg übergeschr.
8928. deu war ursprünglich richtig geschr.,
wurde aber (ohne Rücksicht auf das lieg) »«•
der verwandelt.
8933. aenen üb. gestr. weich.
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Von der Säge des Zorns (Haß).
197
Nu höre und verstant wie det
ich!
8935 Frauwe Gerechtikeit, die fyle-
rynne
Mit der dugende krafft und smye-
dynne,
Hat eine fyle, die ist genant
Straffonge und vielen wol be-
kant.
Das ist die fyle die ussen fylet
8940 Sunde und zu den wurtzeln
ylet;
Sij mag nit lyden rost odir un-
reynikeit
Sij wolle es durchfylen, daz is
schone sij bereit.
[ 274 *] Und nmb das sij mich zu zijden
filen wolde
Und mich zu male dannen dun
wolde,
8945 Mit myme roste det ich ir großen
widerstant
Und mit dem bösen isen davon
ich vor sagt.
Da sij mich waende von dannen
fylen,
Da machte sij viel zende an dem
bösen isen,
Davon han ich die sege gemacht,
als du sist.
8950 Die zende sint groß als dem
honde der da bisset.
Die sege hasse ist genant,
Da mit wart geteilet und zer-
trant
Die eynionge der bruderlicheit
8936. Mit der dogende üb. gestr. mit yrer.
8937. Mit einre fylen Hs., ohne Verbum im
Satze! l)as wieder mißverstandene Original
hat A nne lime = hat eine Feile, h: verkant
wie frauwe gericht ... hatte eyn fyle.
Und die verbindonge der ver-
eynikeit.
8955 Tuschen Jacob und Esau
Hastu die figure gesehen nü.
Ich sneidt sij und machte sij un¬
eins
Und schickte sij beide ferre von
ein.
Also han ich ettwie vielen me
getaen,
[ 275 r ] Davon zu lange were viel zu
san.
8961 Mit den zenden drage ich die
sege,
Uff das, obe ich myn patter
noster sage,
Das is da mit werde versnieden
Und das ich von Got dem vatter
werde verschieden.
8965 Dann wann ich bijde daz er sich
erbarme
Uber mich und auch vergebe mir
armen
Myne missedat, als ich vergeben,
Und ich des nicht vergeben,
So weiß ich daz ich bijden wie¬
der mich
8970 Und daz zu mir die sege keren
ich.
An der sege han ich gar lutzel
Eren, lobes odir nutzes;
Dann der sij heldet und ir
meister ist
Uber den der dar under ist,
8975 Das ist der da unden ist in der
grüben
8945. Mit myme roste üb. gestr. vnd ich ir.
ich ir hint. det übergeschr.
8946. Vnd zugeschr.
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198 Von der Sense des Zorns (Totschlag). Gedächtnis bietet dem Füger die Rüstung an.
Da wonet Sathanas mit sinen
büben.
[27ö*] Ich dencken du is versuchen
solles,
Also das du der segen meister
beliben moges,
Und dar nach so wil ich dich
gürten
8980 Mit der senssen die ich umb han.
Es ist die die ich den mordern
umb gürten,
So ich sij machen zu mynen
rittern.
Barabas hatte sij zu zijden umb
gegürt,
Da er gefangen wart und in den
kerker gefurt.
8985 Dödonge ist ir recht name
Odir dotslag, daz ist gar untzame.
Es ist die die da hauwet und
snidet uß
Das leben und den geist zu dem
libe uß,
Die da mit sich smertent
8990 Zu zijden die richter, da sij die
heiligen dotent.
Ein wildes dier und nit mentsche
Ist der der da dreit soliche sensse.
Die sensse macht yn wylde
\276 r \ Und dut yn nähme suchen an
manichem gefilde.
8995 Soliche diere sorglich sint
Den die in dem lande wandeln
sint.
8980. vmb üb. gestr. vor.
8984. er aus ich.
8989. smertent] l. snüertent? (R.).
Der konnig sölde dar nach jagen
viel schiere
Dan nach hirtzen, swynen odir
wilden dieren.
Und umb das du bist ein pil¬
gerin,
9000 So han ich mich gemacht in den
weg din.
Ich wil dir die sensse umb gür¬
ten
Odir aber dir din leben vaste
kürtzen.’
Als ich also in dem wesen was
Und nit anders dann des dodes
beidende waz,
9005 Gedechteniße sag ich nahe bij
mir,
[276’] Die sprach: ‘nu sage mir,
War umb dustu die wappen nit
an?
Du kanst dich nit entschuldigen
da van;
Dan ich bin alles nahe bij dir,
9010 Und sij würden dir alletzijt wol
von mir.
Sij sint bereidt wan du sij wilt
han gehabt.
Als Gots Gnade dir dan vor hait
gesagt
Gesiech, sij sint dine die,
Und besiech das du nit hie
9015 Din bette wolies machen lange;
Dan du machtest dir selber
schawrfe
9016. Die letzten Buchstaben ron schände
sind durch das erwähnte Loch im Blatte ver¬
loren gegangen .
vor 9003 Bild (75) mit Nebenschrift rechts: dracheit, gedech teiliß vnd der pilgerin.
Gedächtnis mit der Rüstung geht voran, hinter ihr der Pilger, den Trägheit am Seile festhält.
Am Oberkörper der letzteren scheint so stark radiert zu sein , diß schließlich ein großes Loch
im Blatte entstanden ist.
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Aber Trägheit läßt ihn die Rüstung ausschlagen.
199
Wo du langer woldes beyden
Und dich nit da mit kleyden.
Es ist dir schände daz du so
lange hast gebeyt
9020 Und haist da mit keinen nutz
bejeyt.
Hettestu sij lange angetan ge¬
ll at,
So werest du nit kommen in der
aide wibe phat
[*77'-]Odir in yre hant worden ge-
liebert
Und werest auch von yn nit
worden gehindert,
9025 Nydergeslagen und uberwonden,
Und weres vor dich gangen zu
aller stonden.’
Da ich gesag daz mich also
straffen wart
Myne magt und mich bekallete
hart,
Da wart ich leidig und am her- ^
tzen gar swere
9030 Und gedachte: wo du also ligest
mere?
Ich greif! da an mynen stab,
Und also erfert ich mich uffracht
Fuleclich; dan ich waz kräng
Und hatte gelegen lang.
9035 Ich wolde die wappen myn
Han angetan, mochte is gewest
sin.
Und ich konde is nit getun vor
unmüßen;
Dann Drackheit begonde sich
vor mich füßen
Und sprach mir zu mit drauwen,
[277’] Kerne ich bij die wappen, sij
wolde mich hauwen
9041 Mit yrer axs und mich da mit
slan.
Ich föchte sij und ließ da van
Und ungewapent als vor heleib,
Muede, bekümmert: daz was mir
leit.
9045 Nu wolle mich Got vort me
behuden;
Dan ich han kein vermögen und
mag gar übel.
Ich han nicht dar uff ich mich
fyden mag
Dan ich stürete mich an mynen
stab.
Myn sack bringet mir wenig
staden
9050 Mit dem brode daz ich dar in uff
mich laden:
Zu myme bedorffe darre ich is
nit an rüren,
Als ich uff diese sijtte der
hecken bin verirret und müde.
Wo ich des also esse,
Gots Gnade des nit vergesse
9055 Und wolde is nit han vor gut:
Bij dem guden brode han ich
hongerigen müt.
[278 r ] Ich han Müssikeit gelaubt, sij
hat mich bedrogen
Am ersten, wann sij hait mir ge¬
logen ;
Durch sij bin ich verdorben,
9060 Durch sij bin ich geliebert wor¬
den
Den alden dyebynnen
9027. das n von straffen auf Rasur. 9052. Als ich a. R. zugeschr. u. hint. bin
9048. ich aus mynen. stürete mich gleich gestr. ich.
üb. d. Z. eingesetzt für gestr. stab dar. mynen
u. stab auf Rasur.
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200 Der Pilger beschließt den 2. Teil seiner Erzählung. Dann folgen neue Abenteuer.
Und der pilgerin spiherynnen;
In yren handen muß ich sterben,
Wo ich von Gots Gnaden nit
gelöset werden.
9065 Als ich also gieng diechten
In myme gedancke und siechten
In myme zäume kauwen,
Einen dal vol verhauwen
Waldes ich sag und ein gefilde
9070 Erschrocklicb, ungestalt und
wilde
Vor mir, da raftste ich durch
gaen,
Wolde ich anders vorbaß gan.
Des ich gar sere erschrack an;
[278*] Dann in dem walde mag man
balde verlorn han
9075 Sinen weg; dann viel irrongen da
inne sint
Den pilgeryn die da inne allein
wandeln sint
Diebe, morder, wilde diere
Sint da inne behalden schiere
Und viel Sachen die verstellet
sint
9080 Und dicke da inne fonden worden
sint.
Soliche Sache als ich da fant,
Hie vahet an
[279*] Nu horent, myn lieben lüde,
Myn abentüren und was sij be-
dude:
9100 Ich bin nit wol kommen und
übel umb geleit
In dem verhauwen dale davon
ich han geseit.
Da ich durch gieng, sage ich uefc
zu hant
Aber ee ich uch davon sage me.
Und das uch nit verdriessen
möge ee,
9085 So wil ich uch geben ein rede-
lich ziel,
Da bynnen muß ich gedencken
viel.
Morne, gefellet is uch wol, so
kommet wider,
So werdent ir hören wider
Das ander deile und sient ge¬
fristet.
[279 r ] Dann wil ich uch sagen waz mir
gebristet,
9091 Kommers und jamers genug.
Ich meyne es solle uch beduren
genug,
Und yeclichs neme sins selbs
war;
Dann an eins andern ungefal
9095 Ein ieclichs sinen Spiegel haben
sal.
Hie mit hait das zweite buch ein
ende:
Got uns sine gnade sende!
daz dritte buch.
Also ich abe gieng in den dieffen
dal
Und abesteig in einen großen fal,
Ein altwip von einre andern ge¬
stalt
9105 Und ein ander wandel usser-
maßen alt
9003. ich üb. gc$tr. ist. 906G. siechten = hd. stiftende.
9064. gots vor gnade übergrschr. u. da - •
hinter gestr.
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Hinabgestiegen in ein tiefes Tal stößt der Tilger gleich wieder auf ein altes Weib. 201
Die ich vor nit hatte gesehen,
Sach ich, die sich hatte gelacht
in mynen wegen.
[280 r ] yerstalt was sij wunderlich,
Und da mit duchte auch mich
9110 Das ich sehe sicherlich
Das sij mir hatte gerächt
Als yrem wiltfange mit macht
Und das sij mich anlauffen wolde.
Kein mentsche solich dier nye
gesehen solde:
9115 Ich sag kein so wildes diere nye
In keynen Sachen dort noch hie,
Noch in dem propheten Daniel
Odir auch inn Ezechiel,
Noch in dem buche der heyme-
licheit,
9120 Das man nennet Apocalipsen ge-
meit,
Sag ich nye hesselicher dier,
Hinckende, gedreget, und den
hoher schier
Hatte sij und drug an.
Ein alt wammesch hatte sij an,
[ 280 »] Einen sag gehangen an yren
hals,
9126 Und schein wol was sij da mit
det, als
Sij lerte yn nit, sonder stieß
alles dar in.
Dar zu halff yre gar sere
Yre zonge, die sij mere
9130 Und me dan halp hatte her uß
getzogen;
Da mit stieß sij yn aen bogen.
Aber sij was ußsetzig und ge-
breet
Und auch da mit gar vermeret.
Sehs hende hatte sij und mit
zwene stumppen,
9135 An zweien henden griffen klaen
und krappen,
Der was eine an yr hinden,
Als obe man sij solde bynden.
In der ander eynen hende
Hatte sij eine fyle, als obe sij
zende
9140 Da mit fylen und machen solde,
[ 281 '] Und eine wage, da mit sij wi-
gette
Des hiemels zierckel und die
sonne wigete
Sij zu kauffe zu stellen.
In einer hant sij eine schussel
drug
9145 Und einen sacke zu brode dar zu.
In der funfften hatte sij einen
krapen
Und uff dem heubte einen
boppen,
Der sij det yre äugen nider
slaen
Und det sij vor sich sehen zu
gaen.
9130. Vnd a. R. sugeschr. 9138. hende vor eyne schwarz gestr. u.
9134. mit iibergeschr.; ist und zu streichen ? dahinter zugeschr.
stumppen aus stappen (?). [9140.] Kustode unten auf Bl. 280 »: vnd
9135. vnd übergeschr. eine wage.
9148. Det.
nach 9107 Bild (76) mit Unterschrift: gridikeit, Raup, dieberige, wucher, dorheide
geberde, glissenerige, driegerie, fremede gedechtenisse, v’sweronge, eigenschafft des phennyges.
links neben dem Bilde figu’e ohne Zahl. Altes Weib mit 6 Winden etc. (nach Beschreibung)
vor dem Pilger.
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202 Das Weib (Habgier) fordert den Pilger auf, seines Ooites Mahomet Mann tu werden.
9150 Die sehste hant hatte sij ge-
stossen
Under yre lincke hüffe, da sij
ane hanck;
Ettwann sij die uffdranck
Und hub sij bis an yre zonge
Und rürte sij da mit nit lange.
9155 Da ich das aide wip so hesse-
lich gesag
Und das ich bij sij den dag
Müste durchgaen, da erschrack
ich faste;
[28i*]Dan ich was algereide müde sere
und fast
Verdrieß zu haben, als ich han
gesagt.
9160 ‘Ha Got!’ sprach ich, ‘was ich
nu dun mag?
Ich bin dot wo das hesselige dier
Mich hindert in diesem dale
schier.
Is hait so viel hende, ich fochten
sere,
Ergriffet is mich, das ych yme
nit enghee.
9165 Rait mir, lieber Herre Jhesus,
Odir ich bin verlorn alsus!’
In dem stade sag ich
Zu mir her kommen daz alde-
wip;
Mich zu anfertigen sprach sij zu
mir:
9170 ‘So mir Mahommet, geleube mir,
Ich han din lange gebeidet hie.
Nu must du mirs halden alhie,
Odir aber du must hie sterben
Und bij mir alhie verderben.
[ 282 '] Lege nider sack und stab
9176 Und duhe dinen glauben ab
Und wird Mahommet, myns gots.
man!
Er ist der durch den ich bin ge¬
lobet,
Wijse genant, ußerwelt und ge-
eret;
9180 Es ist der aen den nyemans icht
Uff erden ist geachtet nicht.
Durch yn wirt geeret
Manich groß dore und wirt wijse
genant,
Wie wol er ein dore ist bekant
9185 Du must yme undertenig wesen
und sin,
Yme zu dienen saltu bereit sin;
Dar nach wil ich dich snelleclich
Dun sterben und snödenclich.’
Da das aide wip die worte
also anfieng,
9190 Zu lachen gelangete mich zemal
nit
Aber ich wolde gerne gewist han
Yren namen mit waer san.
[ 282 ’]* Altwip’, sprach ich, ‘sage mir
nu
Dinen namen und wer bist du,
9195 War zu dienestu auch,
Von welichem gesiechte, von
welicher gebürt
Du bist und war umb her gefurt,
Von welichem lande und war zu,
aen spot,
Wer da ist din appegot,
9200 Dem du wilt das ich diene,
Der mir we dühe und übel lone!
Es ist nit billich das ich mar-
moset,
9158. algereide aus aldereide. vor sere 9190. zemal vor nit übergeschr., dahinter
gestr. v. viel gestr.
9187. snelleclich hint. gestr. sch ... lieh. 9198. das v in Von aus w.
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Von einer Erhöhung zeigt es ihm eine Kirche und daneben ein Schachspiel.
203
Der daub ist und kein äuge het,
Ich yme diene odir huldeschaff
duhe:
9205 Myn gesiechte ist zu edel dar zu.
Und obe is also ist daz ich yme
dienen muß
Umb föchte daz ich hie sterben
muß,
So sage ich dir das ich doch wil
wissen
Vor waer wer er ist,
[263 r ] Als ich auch wil wissen wer du
bist, die aide.
9211 Nu sage uff und antwerte mir
wol balde!’
Da antwerte daz aide wip mir:
‘Sijt das du wissen wilt von mir
Wer ich sij, balde genug wil ich
dirs sagen;
9215 Ich wil aber vor mit dir bejagen
Und dich mynre dücke under-
wijsen
Und myn spiel da bij wijsen,
Uff das du mir desta bas ge-
leubes.
Komme mir nach, da du mich
siehes,
9220 Und schrie sere: “ach i jo!”
Du wirst nu fast gehören schrien
also
Und ein ende großes lydens vol
Mit schrienden ingeworffen Wor¬
ten
Und mit klegelichen Worten.
9225 Es mag keinre gesehen, er schrie
balde:
“Ach, owe der grossen gewalde!’”
[283«-] Da det sij mich uff einen gra¬
ben stigen,
Das aide wip, und umb mich ge-
sien.
In eyme siechten ein hübsch
monster viel
9230 Was gebüwet bij ein schachzabel
spiel.
Da waren klein und groß,
Under den sach ich die roch,
Die ritter und den konnig,
Die driebent großen ungefug.
9235 Ir ieclicher hatte gegurtet sin
swert,
Das duchte mich zu male ver-
kert;
Dann ich hatte zu andern zyden
ee
In dem schachzabel gespielet me
[284»-]Und hatte nie me gesien
9240 Die also gestalt mochten sien.
Ire geberde was gar wilde;
Dann sij giengen zu des monsters
bilde
Und woldent das niderwerffen.
Der konnig gieng zu dem ersten
9245 Und wolde daz fullemint under-
graben
Mit eins bischoffs stabe;
Dar uß machte er ein hauwe
und spade.
Das spitz ende was die spade
Und das kromme ende die
hauwe.
9250 ‘Was ist dis?’ sprach ich, ‘owe!’
9223. ingeworffen Worten Übers, von inter- 9231. I. klein stein u. gr. ? (R).
jection. 9236. hinter mich schwarz gestr. nit.
9229. Orig.: En une plaine.
ror9231 Büd (77) mit Nebenschrift rechts: Die kirche bij dem schachztibelspiele. links
eine zweitürmige Kirche, rechts ein Schachbrett.
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204 Auf Geheiß der Habgier untergraben die Schachfigure>i das Fundament der Kirche.
Da ich das also gesach,
Zu ir ich da sprach:
‘Was sehen ich? ich bin sere er-
feret:
Ist dis draum odir also vermeret,
9255 Odir sint is driegerien?
[■284*] ist das das gesehen
Davon du mir hast gesagt?
Ja sicher, es ist davon ich han
gesait:
Es ist ach und we bit eynander,
9260 Die zwene infeile bij einander,
Da inne nit ist dan übel ge¬
fallen.’
Das aldewip sprach zu mir da:
‘Sicherlich, es ist das ich dir han
gesagt.
Siech da den konnig von dem
schachzabel
9265 Und sine rach und ritter aber;
Die hant alle yre gesatzete stat
In dem spiele, wo ieclicher hin
gat
Und war ieclicher geordenieret
ist.
Ieclicher hette genug mit siner
gulte da er heym ist,
9270 Were ich nit, aen vorter zu
suchen
Ander gut; aber ich mag is nit
gelyden
Daz sij genug haben aen vorter
griffen.
[ 285 '] Dar umb ich sij zu dem munster
schicken,
9258. h läßt hiermit das alte Weib schon
antworten (Ja sicher, sprach sye, is ist da
von ...), wie man bei dem ich han gesait auch
erwartet. Aber dann passen v. 9262 ff. (so auch
in h) doch nicht mehr! Orig. (9197/8):
Ce est, a certes, voireinent
(C’est) heu et ve conjoinctement.
Das bij yrem schachzabel ist er-
qwicket,
9275 Da inne faste zu fuedern,
Zu nemen, zu stelen an yren
güdern.
Dem konnige, der die monster
stifften sal,
Sij beschirmen und regieren sal,
Han ich geben getzug eren vol,
9280 Das er da mit gebur arbeit dun
sol,
Das ist eins bischoffes stab,
Das er dar uß hauwe und spade
gemachet hab.
Bischoffs stab ist erelich,
Aber dem konnige ist streffelich
9285 Zu graben mit dem hauwel
Und dem fondement zu under-
graben sere
Die sine altern gestifftet hant
Und ander edel hem mit ge-
buwet hant.
Gebure er wirt wann er machet
hauwel
[.285*] Und auch da mit get hauwen
9291 Von dem stabe der da kromp
wirt,
Da mit die heilige kirche uffge-
halden wirt.
Gebur ist auch worden der ge-
hornete,
Das er sinen stab, der also ge-
krommete
9295 Und da mit sine kirche gehant-
habet ist
Vidieicht empfiehlt es sich, 9258 ich han in du
hast zu ändern. Oder könnte der Pilger mit
diesen Worten auf sein owe! (9250) zurück¬
weisen ?
9266. das tz in gesatzete üb. gestr. g(?).
9286. /. deu ?
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Der König voran, ihm nach die Türme und Bauern.
205
Und von des wegen er faste ge-
eret ist,
Dem gibt der eine schuppe dar
uß macht
Und hauwe, das er da mit ent¬
macht
Sine kirche und hat geworfen
nider,
9300 Umb das sij stet bij dem schach-
zabel syder.
Der eine ist gebure und der
ander noch me,
Aber ich sage nit welicher sij
me.
Der konnig heit hauwel und
schuppe und grebet,
Da mit die heilige kirche ist
verderbet;
9305 Und gibt yme der gehornete den
getzug dar zu,
Wann er yme sinen zehenden
gibt odir verlihet dar zu;
[ 286 r] sine krücke und sinen stab er
yme verlihet
So er yme die kirche ubergibet.
Davon hait zu zyden gesagt me
9310 Jheremias, und er sere schree;
Wan er gesach daz man unreyni-
keit
Bij die kirche drug odir leyt,
Odir das man dar nach grübe
Das die kirche verlor yre gäbe,
9315 Ire zehenden und yren behulff,
Odir daz ir nit wart zu recht
gehulff,
Da sprach er sich mit verwon-
dern
In yme und auch swerlich cla-
gende
Wie is queme daz jungfrauwe
und magt,
9320 Das die ist worden zinßhafftig:
“Were ist gewest also gedorstig
Der also hait getaen dis?”
Recht als obe er sagen wolde
Das schrien dar zu gehöret wol.
[585»] Nu schrie sere und mache groß
leit!
9326 Als ich dir dan vor han geseit,
Die kirche ist alle undergraben;
Is bristet wenig sij sie zumal
undergraben.
Sij zu stören leget yeclicher
handt zu,
9330 Die roch und vennen auch dar
zu,
Der gantze schachzabel dem
konnige folget nach;
Aber was sij dunt, daz dunt sij
durch mich auch.
Ich heißen sij dun daz sij dunde
sint;
Dann sij lange myne Schüler ge¬
west sint.
9335 Scharffikeit hait wieder roch
noch konnige
Sij sien mir dann alle under-
tenige.
Sij studieren alle in myner
konst
Spade und früe durch mynen
gonst.
Wiltu mir des nit wol geleuben,
9340 Jheremias bewijset is in sinen
sehs deylen.’
Sere erferet sprach ich zu yr:
‘Unlidig machest du mich so du
nit sagest mir
9310. Lament. Jerem. 1,1. 9334. das le in schüler auf Rasur.
9332. auch sugeschr. 9340. Proph. Jerem. 6,13.
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206
Habgier gibt nähere Aufklärung über ihre Natur.
[287 r ] Wer du sijst; dan ich dich nit
sehen in solicher acht
Das du habest eyniche grosse
macht.
9345 Du bist armelich gecleydet
Und nit wol bereydet,
Widermachte, gedreget und hobe¬
recht,
Wider naturen willen geborn
und verkeret,
Als ich gleuben und vor han ge¬
dacht.
9350 Wie mastu das nu han gesagt?
Wie mochte ich herschafft und
macht han
Uber konnig und grefen, ich
were dann
Und müste yre frauwe sin,
Die selbeu die nu geborn sin
9355 Von der nature und edelich ge¬
born?
Dar umb han ich sij usser-
kom.’ —
‘Und ich wil dir sagen daz ich
bin die
Die das gelucke eindeil hait
hie,
Und ich fügen den luden glucke
zu
9360 Wann ich wil, und machen mich
dar zu
[287'>'\ Wol gefellig wann ich is dun
wil,
Lieblich und zu willen viel;
Wann ich bin liep gehabt und is
mir gefellet wol,
Me dann ich heissen, ist getaen
wol
9365 Ich glucken graffen und her-
tzogen,
Konnigen, fürsten und frouwen;
Ir en ist keins aen allen spot,
Sij müssen alle dun myn gebot
Ich bin Besachis dochter
9370 .ipemen, bij der
Sich hait gesetzet der konnig
Der da lachete nit
Ich lächte ime dann vor,
Und trurig ist wann ich yme nit
gen vor,
9375 Und der auch da bij lydet wol
Das ich yme sine kröne
Abe duhe und er mir sij gebe
schone.
Also findest du das beschrieben
In dem zweyten buche Esdre
eben.
[588 r ]Der konnig hatte zu zyden eine
frundynne,
9381 Die lange zijt bij yme inue
Und in siner geselleschafft was,
Und das sij yme so sere lieb was
Das er ir gab allen sinen schätz,
9385 Zu deylen den armen kindern
bas
Und auch den geistlichen lüden.
Frywillig was sij genant
Und was vor zijden wol bekant;
Die die der konnig sere lieb
hatte,
9390 Und sij sine ere warb, wo sij
mochte;
9351 ff. Man erwartet Wie mochtest da ...
du weres ... müstes ... hast du sij; so auch h.
9364. Orig.: Plus tost ce que Commande
est fait.
9369. besathis.
9370. Apemen n. Orig.; vnd pemens Hs.,
permens h.
9379. vielmehr III. Esdr. 4,29—31.
9381. inne eugeschr.
9385. bas eugeschr.
9390. ere noch einmal übergeschr. üb. un¬
deutliches ere.
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Sie erzählt, wie sie Könige und Fürsten beglückt.
207
Des Schatzes des konniges gab
sij so viel
Das dem konnige davon wart
eren viel;
Und erwarb ere und pris da mit
Und was doch sin schätz de
kleiner nit,
9395 Sonder er was vil me
Und wart ye grosser ee.
Als das körn das da geseget ist,
[28S»]Me nutzes bringet dan das uff
dem spicher ist,
Also ist das gut daz gegeben
wirt,
9400 Viel besser dann das beslossen
wirt
Nu sage ich dir, da ich die
also gesag,
Das der konnig von ir also ge-
eret wart,
Ich bedachte mich wie is zu dun
dochte
Daz ich yme solichs in allen weg
abetziehen mochte:
9405 Ich det yme also als ich ge¬
dachte.
In des konniges kammer ich
mich machte;
Ich det so viel mit myner konst
fyn
Das der portener mich ließ dar
in.
Bij des konniges bette gieng ich,
9410 Sine frundynne bij yme fant ich.
Ich stale yme den undertzug,
Uß der kammer ich den drug,
Mit eyme slussel ich sij in ge-
fengniß lachte,
9399. das z in daz verschnörkelt, aus
anderm Buchstaben korr.
9411. h: jch stale ym syn frundin.
Da sij noch ist und beliben muß
in achte.
9415 Dar nach gieng ich in des
konnigs bette
[289 r ] Und lachte mich in die kammer
herte.
Ich wonde ich solde sine frun¬
dynne sin,
Mich duchte nit daz is mochte
sin.
Ich verdorte yn und bedrog
9420 Und was sine schatzhelderynne
genog.
Ich huden yme allen sinen
schätz,
Alle sin Silber und sinen golt
satz.
Er wenet ich duhe yme ere,
Ich dun yme aber groß unere;
9425 Das dun ich yme so lange ich
leben,
Bis das er mich dut sine frun¬
dynne werden.
Keine vermereter frundynne
mochte er nit han,
Und kerte er alles sin gut dar
an.
Wiltu wissen myne gebürt,
9430 Wannen ich bin, und mynen
namen kurtz,
Du salt wissen das ich geborn
bin
In dem hellischen bruche und
dar uß kommen bin.
[289 *] Der Sathanas hat mich da ge¬
born
Und von dannen biß her ußer-
korn
9417. Man erwartet Er wonde (wände); so
auch h.
9429. Initiale schwarz m. roter Ausfüllung.
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208
Bei ihren Ausführungen nennt Habgier jetzt auch ihren Namen.
9435 In die werlet, da ich bin ge-
tzogen:
Da komme ich her uß geflogen.
Ettliche nennent mich Begyre-
keit,
Etliche andern mich nennent
Gridikeit.
Begyrikeit bin ich genant
9440 Umb das ich eins andern guds
begern zu hant.
Gridikeit heisse ich auch
Umb das ich myn gut zu ge-
nauwe hüden auch.
Nenne mich also, obe du wilt,
Und sal dich nit wondern viel
9445 Das du mich sijhst also zurryssen,
Übel gecleidet und verbüssen!
Du salt wissen daz ich mit dem
myme mir
Nummer kein gut dun selber mir,
Umb daz mich des duret so sere.
[ÄW»-]Ich j ian tiefer genug an zu dun
mere,
9451 Aber ich ließe sij ee verfulen
Und die wurme essen mit yren
mulen
Das ich odir ein ander da mit
werde erfrauwet.
Ich hette guder frunde genug
9455 Mochte ich gedeylen mit gefug
Das myne, das mir zu nychte
dienet.
Da mit geliche ich dem honde
der da grinet
Und der uff eyner mysten liget:
Wann yn yemans an rüret,
9460 So billet er yn an mit schrien,
Wie wol er nit isset an bryen.
Ich han hende genug zu nemen,
Aber ich enhan keyne zu geben.
Die hende die gabent, sint ge-
hauwen abe,
9465 Und von yren Stumpen getaen
abe;
Du sijhst das ich nit dan die
stumpe han.
Er ist ein dore der mir gäbe
fordert an.
[290 p ] Ich suchen nit me dan zu huffen
phennige,
Es ist myn hantwerck und myn
ampt enwenig.
9470 Sehs hende han ich zu krapeln
In sehs wege und mit zu
stechein,
Umb die in mynen sack zu
stossen,
Mynen sack zu füllen und mich
zu laden,
Uff das, obe ich falle nyder,
9475 Das ich nit möge uffgestaen
wyder.
So ich me han, so ich me han
wil;
Nit zu erfüllen ist myn wille;
Myn gedencke und myn be-
gerden
Mogent nit erfüllet werden.
9480 Ich bin der grosse goffer von
dem mer,
Der is in nymmet alles und nit
wirffet wider,
Der alles innymmet und ver-
slyndet
Und nit widergibt odir ußget.
Ich laden und besweren mich
9485 Mit dem metal der so sere wiget,
glich;
9464. hint. sint gestr. ab (begonnenes abe). 9481. das r in Der üb. unterpunkticrtem s.
in übergeschr.
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Habgier hat sechs Hände. Von der ersten Hand (Raub).
209
[291 r] Das ist von golde ein ploch, das
ich
Danne hencken an mich,
Das man mir raffe bij das rechte.
Ich glichen dem affen der das
ploch füret
9490 Und das tynset und hüdet:
Also hüden ich myn ploch;
Aber is hudet mich viel baß
noch,
Das ich nit hohe uffstige und
ghee,
Und zuget mich nyder und wiget
me.
9495 An Judas, der dinen konnig ver-
riedt,
Ich yme zu zijden daz ploch ane-
hieng;
In sine budel und in sine secke
Lachte ich so viel der ploecke
Das er von hohe her abe nider
viel:
9500 Schemelich det ich yn umb fallen
Und in die dieffen helle fallen.
Nu wil ich dir sagen von
mynen henden,
Da mit ich den metal zu samen
brengen
[297 *] Und erkratzen, als ich dir han
gesait.
9505 Böser hende nie kein man ge¬
sehen hait,
Als ich meyne, noch könne fyn-
den:
Das saltu zu hant balde genug
befinden.
Die erste, die gewappent ist,
9495. An üb. gestr. von(?).
9512. weyde üb. gestr. wytde(?).
9520. Zu sont vgl. Weinhold * §411.
DtnUche TtzU das Mittelalters. XXV.
Griffen clae sij genant ist,
9510 Raub, (1er sich edel machet
Und sprichet in sinen Sachen
Er muße sine weyde süchen
Und nemen wo er is findet, aen
röchen,
Es sij yme alles wiltfang;
9515 Dar umb gheet er manichen
ganck
In die boesche und anderswo
hien
Zu berauben die arme pilgerin
Und sij dot slaen uff den wegen.
“Ich han”, spricht sij, “nagel die
sint kromp;
9520 Ich bin edel, dar umb mir nit
sont
Nyemans versagen daz ich wil
han.
[292r] Der das nit endede,
Zu stunt ich der name neme,
Wo ich die fonde und bij mochte
sin.
9525 Wer dar umb zürnet, es ist alles
myn.”
Also bringet sij sich hin und
furet
Und dut viel ubels unverduret.
Es ist die hant des hocks, die da
zucket
Die hunckeln und sij begriffet
und plucket.
9530 Sij nymmet karrich und phert
Und allen andern wert,
Alle proveancen die die lüde
hant gemacht
Vor sich zu bruchen, und geacht.
9521. vor dz gestr. ich.
9528. die hant eingefugt n. Orig. u. h.
9529. vnd placket eugeschr.
14
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210
Von der zweiten Uand der Habgier (Diebstahl).
Obe ein arman icht behalden
hait,
9535 Es sij ochsse, swin odir waz er
hait,
Das nymmet sij und achtet nit
Das der arme mentsch sinen
rock vergit
Und vor sine lebetzucht ver-
keuffet,
Odir wie sich daz vort verleuffet:
9540 Da fraget sij alles nit nach me,
[292*] Das nit dann ire wille follenghee.
Mit der handt ich snyden und
büssen,
Und mit dem snyden ich griffen
zu müssen;
Mit dem scheren und dem be-
snyden
9545 Schinden ichs alles und laßen nit
erkyden.
Ich dun als der froesche dut;
Dann wan er fuelet daz er in
sinen mont dut,
Und so lange er einen weichen
morsel dar an hat,
Als an einer fliegen er söget,
9550 In sich nymmet und plucket.
Die hant ist eine schynderynne
Der armen und pluckerynne.
Sij suchet daz haer uff der hüde,
Das sij desta me neme und füre
myde;
9555 Und wann sij also sint geschynt,
Die armen lüde, und verderbet
sint
Und yn das hertze ist ußgesogen,
Das yre zu male genommen und
abe getzogen,
[293 r ] Der da waente zu leben fynden,
9560 Den mochte man wol achten zu
den kynden,
Und det sich vor eynen dore
halden.
Also meyne ich dich auch zu
halden
Und von dir myne ußgeben
machen,
Din weich fleisch und blut uß-
sugen;
9565 Dann mustu leben nach myner
fugen.
Aber ee von den andern funff
henden
Sage ich dir, als ich dir vor ge¬
sagt han, behende.
Die ander handt, die ich dra-
gen hinden
An dem rucke und nit gerne
laßen befynden,
9570 Das ist die hant da mit ich
heymelich
Golt und Silber ziehen an mich,
Da mit ich ander lüde gut
ziehen zu mir,
Verborgen mit uffelicher begir.
Es ist die handt die den hals
strecken
9575 Dut und oren abe recken.
[293”] Snydebudel ist sij genant sere
Und diebstal die vermerete sere.
Es ist die hant dar zu ich nit
darff heischen
9553. aff] Orig.: soaz.
9558. Daa yre übergeschr.
[9558.] Kustode unten auf Bl. 292”: der
da waeute za.
9560. Den üb. gestr. die. den hint. zn
übergeschr.
9567. vor übergeschr.
9568. handt aus hant.
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Von der zweiten Hand der Habgier.
211
Einen hentschue, sij da mit zu
kleiden,
9580 Die sich nit lat sehen dan mit
der nacht
Und so der maen nit schynet in
der nacht.
Kromme nagel hait sij, als die
ander hait;
Dann sij krapet auch, so sij yre
zijt hait,
So viel odir me als die ander
dut;
9585 Dan sij so viel fordeils da mit
dut
Das yr zu ziehen nit kommet zu
bekentenisse so viel
Als der andern, davon kommet
leides viel.
Es sint nu viel der krepper
Umb den konnig und der nemer
9590 Und auch zücker; wurden sij be-
kant,
Sij würden absolviert vom
konnige zu hant.
Die lüde dunt yn gedencken nach
anderm gude,
Umb daz er des sinen nit mag
geniessen mit fuge.
I^lDie handt ist eine lochmache-
rynne
9595 Der hüser und entdeckerynne,
Der kisten eine brecherynne
Und der gülden eine nagerynne,
Eine widerstellerynne der
falschen sigel
Und der selben eine graberynne
da bij
9600 Und des geldes myssereicherynne
Und portenerynne, slegerynne.
9598- Eyne aus Eine.
Diese hant die doden beraubet
Und finstern und düren beslossen
heldet,
Bis das sij hait erkratzet
9605 Das sij wolde, und in gesacket.
Sij ist ußdregerynne
Des uberigen und ußgeberynne;
Ich sage dir das ich da mit an
mich ziehen
Das aller beste und das erkrapen,
aen liegen.
9610 Der hende halp sint nit ußge-
sondert
[294’] Die mit der nacht hant geplün¬
dert;
Falsche forster, die mit zu
hellent
Zu solicher dait und sich ge-
sellent;
Falsche knechte und lüde die un-
getruwelich
9615 Dienent und die da arbeitent
felschlich;
Müller die uberfullent yre maß
Und nement das aen underlaß;
Falsche snider und ander lüde
me,
Die von ander lüde gut nement
ee
9620 Und nement das so follenclich
Als obe is were ir eigen gelich:
Die handt selbs mochte sij
hencken,
Aber sij wollent sich nit dar
nach bedencken.
Zum lesten aen alle wencken
9625 So dun ich sij doch selber
hencken,
Als ich ettwie manichen man
9622. handt aus hant.
14*
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212
Von der dritten Hand der Habgier (Wucher).
Und viel andern gehangen han.’
[295r] ‘Wie’, sprach ich, ‘bist du eine
henckerynne ? ’
‘Ja ich, sicher!’, sprach die dü-
belynne.
9630 ‘Trahekeit’, sprach ich, ‘hat mir
gesagt
Das sij eine sij, das mir nit wol
behagt.’ —
‘Sij ist eine vor waer sicherlich,
Das rüret die sele alleine; aber
ich
Bin eine über sele und lip.’ —
9635 ‘Nu sage mir uff dinen lip:
Wer hieng den körper Judas,
Du oder sij? nit verhele mir
das!’ —
‘Ich sagen dir bij Got
Das wir alle beide aen spot
9640 Yme daz seil gemein andadent
und yn fiengent
Und yn mit gemeyner handt
hiengent.
Aber hette die handt geholffen
nit,
Trahekeit hette yn mögen nit
Nummer me uffgetzogen han;
9645 Dan der lip zu sere wigete dran,
[295*] Und das gehört ir nit zu;
Und dar umb zu aller erste nu
Det myn handt das er wart ge¬
hangen.
Dar umb laß dich nit dar nach
verlangen
9650 Und hüde dich vor solicher
handt!
Dann sij die hinderste hude inne-
hant;
Sij fahet die lüde subtilenclich.
Und dar nach wann sij wilt,
hencket sij die glich.
Von der handt die die fyle
heldt,
9655 Wil ich dir sagen; dann is mir
gefeit:
Es ist die handt da mit ich
hufein,
Übereinander legen und sammeln
Das ein ander erarbeidet hait
Und mit syme sweiße gekaufft
hait.
9660 Sij ist gemacht wider nature
sere;
Dann zu allen zijden dut sij nit
mere
Dann daz sij kupper und isen
verbirget sere
Ander armelude zu bedriegen.
[296 r ] Anderhende dunt is abenemen,
9665 Mit anrüren sij das benemen;
Aber die handt dut is zu nemen
Und wilt sich des zu mal nit
Schemen,
Is sij Naturen lieb odir leyt
Mit behendikeit und zauberige
sij das deit.
9670 Und mit konst sij das verwan¬
deln deit
Und machet dar uß phennige
viel.
Da mit dut sij was sij wil.
Und machet ein grosses mes;
Sij machet auch uß drien sehs.
9675 Sij leget haffern uff den spicher
Und beidet bis das er wirdet
dftre;
9028. Initiale schwarz mit roter Füllung. 9662. dz übergeschr.
9641. 42. handt aus hant. 9666. handt aus hant.
9654. 56. handt aus hant.
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Van der dritten Hand der Habgier .
213
So verkeuffet sij den zweyfaltig
Und nymmet betzalonge dryfaltig.
Sij heldet eine fyle da mit zu
fylen
9680 Ander gut und das zu stören;
Wenig und wenig sij das rüret
Und alles yetzu sere naget
(296'] Wann sij also wieder und vor
get.
Es ist nutschit das vor ir belibet;
9685 Dann sij is mit der rede zu ir
zuhet
Wucher ist sij genant;
Zu ir ist der weg genge und be-
kant
Von dem der sij also übet;
Dann wer sij sine zijt in den
alder übet,
9690 So ist is sine gewonheit.
Were is nit so groß von gewon-
heide,
Yederman hette sin die leyde.
Aber sij ist so gar gewonlich
genant
Das sij dem gemeynen mann ist
bekant:
9695 Es ist kein scholtheiße noch
meiger
Der dar wieder rede sere.’
‘Sage mir’, sprach ich, ‘von der
wagen
Da mit du so wigest mit bagen
Des hiemels kreiß und die sonne;
9700 Dan is ist eine Sache die mich
wondert! ’
[297»-]‘Lere’, sprach sij, ‘und verstant
wol mit,
Ich wil dir zu male liegen nit!
Gotts Gnade hat zu zijden gesagt
Umb den zierckel und dar an
gelacht
9705 Die sonne zu luchten iederman
fin
Und der werlde gemein zu sin.
Sij wolde daz yederman sij ge¬
mein hette
Und das ir nyemans bresten
hette.
Nu sage ich dir das mir daz
missefiel
9710 Umb mynen nutz, des ich dar an
nit hatte viel;
Dann ich sehen wol, hette ich nit
Zu etlichen malen die zijt
In myner handt und nach myner
gewalt
Und mich dar nach nit recht
gestalt,
9715 So mochte ich gar wenig ylen
Und mit myner fylen fylen.
Dar umb machte ich mich dar
bij eigenclich
Bij den zierckel und erwarp
gelich
(297'] Den zierckel und sonne, daz sij
weren myn
9720 Und das ich da were eine wige-
rynn
Und durch mynen ubermut ver-
keufferynne.
Ich verkeuffen sij mit dagen und
mit wochen,
Mit viertzehen dagen und vier-
wochen,
Mit maenden und mit gantzen
jaren;
9696. rede üb. gestr. sij. 9713. handt aus hant.
9703. gesagt = gesachet.
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214
Von der dritten Hand der Habgier.
9725 Das phont geben ich vor xx $
zware,
Den maent umb ix Schillinge
odir zehen
Und die woche umb iii Schillinge
odir zwene.
Dar nach das ieclicher wilt
nemen,
Dar nach ich is auch wigen und
geben.’
9730 ‘Nu sage mir’, sprach ich,
‘Als ich dich fragen, des bijden
ich dich,
Von dem holtzmanne der mir
verkauffte
Zu einer zijt'holtz in sinem
boesch und sagete:
“Das holtz ist din, gibestu mir
daz gelt bare,
9735 Umb xxx Schillinge; wiltu aber
betzalen zu jare,
So saltu is umb viertzig Schil¬
linge han”,
[298 r ] Das ich dar an möge wissen han
Obe der zierckel das wigete und
also verkeuffte.’
‘Davon’, sprach sij, ‘wil ich dir
die leuffte,
9740 Als ich davon me han gehört,
san:
Vor zijden die holtzlude ver¬
kauft hant
Yre holtz über fuß und sprachent
da:
“Wollent ir myn holtz han,
So viel sollet ir mir ietz geben
davan;
9745 Wollent ir aber beyden zu be¬
tzalen bis jaer,
9725. -xx- deniers Orig. I. zvjare? vgl.
9735 (K.).
So muß ichs dürer geben zwaer;
Dan dis jare wisse myn holtz
me
Und miste dan auch gelden me.”
Hait er dir das holtz also ver¬
kauft,
9750 So dincket mich das er die zijt
nit gewiget hait
Aber was das holtz abe und ge-
worffen nyder,
Gekirtzet und gehauwen syder,
So hait er dir die zijt ge wigen.
Von der Sachen die sich nit mag
gemeren
[258»] Noch groesser odir besser werden,
9756 Wann sij na der langen zijt ver¬
kauft ist,
Dan der zierckeZ sere gewiget
ist.
Aber wann eine sache von ir
selbs
Sich mag bessern und sich
bessert alles,
9760 So meynen und gleuben ich
Daz die besseronge sij gewiget
alleine gelich.’ —
‘Die holtzlude verkeuffent nit me
Das holtz das is uff dem stocke
stee,
Es muß vor langer zijt da lygen
9765 Das sij das verkeuffen und wigen,
Und machent is doch faste dhre
So sij nit betzalt werdent bare
hüre.’
Vort antwerte sij mir und
sprach:
‘Ich muß dir sagen was mir lach
9770 Uff dem hertzen, is gelde odir
nit gelde:
9757. ziercke.
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Von der vierten Hand der Habgier (Bettelei).
215
Wo die lioltzlude das holtz vor
nit hiewent
Odir das vor nit verkeufftent
[^'■]Ee die keuffer selbs zu yn
qwement,
Sere lange sij beyden müstent
9775 Ee sij yr holtz verkeuffen moch-
tent.
Die kaufflude, wann sij sehent
Das die holtzer nit gehauwen
werent,
So sprechen sij: “is wirt uns zu
lang,
Wir gen vort unsern gang!”
9780 Dar umb und umb ir beider nutz
Meyne ich is sij geordent alsus
Das man das holtz vor und ee
abe sal hauwen
Dann is die kaufflude solden be-
schauwen,
Und sij is deden recht stellen,
9785 Recht behauwen odir feilen.
Is was eine gude ordenonge
Und eine große furderonge
Die buweholtz haben woltent
Odir berreholtz bedurften soltent.
9790 Dar umb sollent die nit verlieren
[ 299 *] Die die andern da mit wollen
eren.
Obe sij is deden vor andern
hauwen,
Holtz das wol grosser were wor¬
den,
Ich gleuben wol, verkeufften sij
das im jare,
9795 Das sij dar an nit übel deden
zware,
Doch also das er nit gedencke
da bij
Eynichen bedrog odir driegerie;
Dan da mit so verkeuffte er
Den zierckel und wigete den.
9800 Und villichte etliche da mit
umbgant,
Aber sij das verdecket dont,
Umb das is gewonlich ist
Und das die gewonheit beweret
ist.
Nu verstant und lege is uß aen
nöse,
9805 Als du wilt, den text und glose!
Von der ander handt mit der
schusseln
Wil ich dich ander mer lassen
versten:
Diese handt ist genant lichte
dorheit
[300<■] Odir auch rechte fulheit.
9810 Ettliche sij nennent wynnebrot,
Wie wol sij baß gewönne ir
brot,
Und die die doch heisset durch
Got
Und wilt an keynen enden be-
tzalen
Was sij vertzert und dut holen,
9789. berreholtz üb. gestr. buweholtz (?).
L berneholtz? (R.).
9794. Nach dem Orig, gehört im jare viel¬
mehr zu dem Relativsatz V. 9793: Leur bois qui
mont fast amende dedens I an.
9806. 08. handt aus hant.
Nach 9811 sind 4 Verse des Orig. (9729
—32) wohl mit Absicht übergangen, die in h
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übersetzt sind. Sie lauten dort einschließlich
der 2 vorhergehenden Zeilen: Etlich nennet sie
winebrot vnd eyn deyle ißbroit. Is ist die die
snel antworten, vnd die sich duncket alß abe
sie nnst gewynne mocht in iren sack, vnd
die die doch heißet vmb gotez willen vnd wil
an keynen enden bez&llen ...
9812. heisset = heischet.
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216
Von der vierten Hand der Habgier.
9815 Und achtet nit wieder zu ver-
gelden
Das gut das ir dan wirt gegeben.
Mit der schusseln sij das heischet
Und ir leben da mit schemelich
verwüstet,
Wie wol sij das wol besserte
9820 Und sich mit yren henden ar-
bette.
Es ist die die sich büsset
Und die sich also verkluttert:
Sij kann nicht machen dan
placken
Und paltenerie von alten secken
9825 Und die zu phingesten dragen
Und sich bij den hecken kratzen
und nagen.
[300»] Sij füret mich uff die breide
wegen
Da hin die pilgerin zu gan plegen,
Da grosse hern hien sollen vor
rijden,
9830 Das sij yre almuse gheen mir nit
vermyden.
Uff das sij me bedure myn
Dan yn ir gut möge lieb gesin,
Und das sij mir desta lieber
geben,
Sij stellet mich uff ein viel
armer leben
9835 Und viel krancker dann ich bin,
Odir viel armer dann ich könne
gesin.
Und da mit wil ich dir sagen me
Daz sij mich mit konst verstellet
me
Henden und füßen vertzogen
9840 Und macht daz ich gan gebogen
Mit eyme stabe gar vaste domp
Und sprechen: “aen we, wie bin
ich so kromp!”
Und das ich dicke wurde ge-
sediget,
Und wo mir dann nit wurde ge¬
geben,
[30i»-] Das ich dan fluche heymlich odir
uberlute
9846 Den odir dem die mir nit gebent
hüte.
Die hant entlehent dicke
Als die edel lüde dunt dicke
So sij ire hentschoe ußziehent
9850 Und die geistlichen bij sich
ziehent;
So sij wollen da mit fulheit dri-
ben,
So streckent sij yre hende den
geistlichen dar
Und gebent yn doch nit viel
gaben zwar,
Dan sij heischent yn und spre-
chent:
9855 “Wilkomme, lieber herre, wo ist
daz ir mir brengent?
Brengent ir mir einen hudt?
Brengent ir nit myme fogel ein
hübe gut?
Ich muß ein langfissel dar zu
han;
Einen undergurtel sollet ir mir
geben,
9860 Der kommet mir zu eyme hals
bant eben!
Uwer kese muß ich auch ein deil
han,
Und des wil ich uch nit erlan,
[301 •] Und ir hant auch ein aide wisse
kappe,
9832. Dan Hübner, Das Hs. 9858. hint. ein gestr. ha.
9842. I auwe? Orig.: ha las (R).
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Von der fünften Hand der Habgier (Simonie).
217
Dar nach muß ich auch ge-
dencken und snappen;
9865 Ich muß davon einen underrock
machen
Myner kammermagt, die wirt
sin lachen.
Lyhent mir einen dag einen
dreger!
Ich muß auch haben ein phert
Mir zu ryden einen dag odir
zwene.
9870 Einen karrich sollent ir mir
auch lyhen,
Da mit ich myn holtz duhe
furen bij myn huß,
Uff das is nit belibe den winter
uß.
Auch muß ich myne felde dun
sehen
Odir myne wiesen dun mehen.
9875 Zu mynen felden sollet ir mir
lyhen
Zwene gude plüge odir dryge,
Das ich sij möge dun eren!
Ich wil sij uch dun wiederkeren
Bynnen viertzehen dagen odir
vier wochen,
9880 Da bynnen ist das körn be¬
rochen.”
[ 302 r] Also behelffent sij sich mit
myner handt
Und gelebent von eyme andern
zu hant
Das yre also da mit zu ersparen,
Ire seien da mit zuvergessen und
nit bewaren,
9885 Und hant doch suß genug follec-
lich
Und gedenckent da bij nutschit
gelich
Das die armenlude die den
clostern zu gehorent,
Nit anders haben dann is yn zu
gehöret.
So du wol hast gesehen, obe du
wilt,
9890 Wann yn das sij heischen, nit
enwirt,
Dann nement sij is nit vor gut;
Dan sij hant is vor gar groß
ungut
Und hassent dar umb die in dem
huse.
Nu besiech obe sij mich nit lieb
haben
9895 Die ich die schussel also dun
dragen:
Es ist eine nuwe wijse erdacht
Das die edeln in solicher wijse
und acht
Yre brot und vorteil also suchen
[■ 302 •] Und des adels nit me en riehen,
9900 Und ist so underdennig worden
Mir aldem wibe, die grae ist von
sorgen.’
‘Von der handt’, sprach ich,
‘mit dem krapen
Saltu mir gar einwenig sagen,
(Dan mir von dieser wol ge¬
nüget,)
9905 Wie is sich doch mit dieser
füget.’
Da antwerte sij mir und sprach:
‘Ich sagen dir als ich sach:
Die handt mit dem krapen ge-
fischet wart
9889. hint. So gestr. nemSt. 9895. Die üb. gettr. den.
9894. nit übergeschr. 9902. 08. handt aus hant.
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218
Von der fünften Hand der Habgier.
Zu zijden in der hellischen art.
9910 SymonMagus und Esy
Die hant mir bracht sy
Her und schencketen mir die;
Aber den krapen gab ir Symont
hie
Von sinre ersten figuren:
9915 Sins namen wilt yn nit duren,
Er machte sij des heubt-
raennynne.
[303 r] Als ein krape ist sij gesynnet,
Du weist wol: ist sij genant;
Si ist kromp als ein krappe be-
kant.
9920 Die krucke und das -f-
Bewisent das ich bin eptisse.
Aber is ist von einer swartzen
eptigen,
Da nyemans gut leben mag ge-
dyhen.
Under der knicken ist der Sy¬
mont;
9925 Dar umb wisse das die handt
Gar recht ist symonie genant.
Es ist eine handt die innfüret
Und auch treffelich berüret
In das huß Jhesu Crist
9930 Und mit falschen zappen manich
loch dar in bricht,
Schecher und diebe dar inn zu
gaen
Da durch und die duren besloßen
laen;
Und wann sij die dar in hait
gefurt
Und sij mit myme krappen hat
berurt,
[303 •] Da mit krappet sij yre gedaeL
9936 Pastore und hierten das sint die
Die da mit durchgant und dont
so viel hie
Das man sij solde billicher
heissen wolffe
Dan man sij scheffer odir pastore
nennen solde.
9940 Mit yren krappen sij mit gewalt
uß leckent
Gots Gnade und sij an den kra¬
pen steckent
Und brengent sij uß der konnig-
licheit
Des thrones umb gäbe der welt-
licheit
Eine stonde sint sij des keuffer,
9945 Die ander sint sij des wider ver-
keuffer;
Und umb gelt sij dicke die ver-
phendent
Gheen den die yn das gelt dar
umb verendent.
Gots Gnade ist des gar zornig;
Dann sij beduncket daz man sij
gar wenig
9950 Achte, wann sij also versatzt ist
Vor also wenig und gegeben ist.
Dar an hait sij kein genügen
[304*] Noch keinen guden willen dar zu
mit fugen
Das die die solich herlicheit von
ir hant,
9955 Das sij ire soliche smacheit an¬
getan hant.
Die handt mit dem krapen ist
solich
9910. vgl. IV. Reg. 5,20—27. Esy = Giezi. 9925. 27. handt aus hant.
9916. heubtmSneryne Hs., entweder ver- 9940. hint. uß gestr. 8.
schrieben statt heubtmennynne oder statt heubt-
meisterynne (heipte meisterin h).
i
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Was Habgier mit den Händen erworben, wirft sie in d. Sack, den sie am Halse trägt. 219
Das man käme findet yren ge-
lich.
Eine wile sij keuffet,
Die ander wijle sij das ver-
keuffet,
9960 Und wann sij keuffet, hat sij
einen name,
Und wann sij verkeuffet, einen
andern name.
Aber wen das verdrüsset,
Symonie sij alle beide beslüsset.
Sich bant der handt auch nicht
9965 Gebruchet in keinen weg icht
Die die sij messen dunt lesen,
Die gelt dar umb geloben und
geben.
Die phaffen sint auch dar in nit
ußgenommen
Die das gelt dar umb hant ge¬
nommen;
9970 Dann sij gelicbent dem falschen
Judas,
[304*] Der Jhesus umb gelt verkeuffen
was.
Da mit sage ich dir noch me
Das sij arger sint dan Judas ee:
Dan da er sach das er nit wol
hatte getan,
9975 Die phennige wolde er wider¬
geben han;
Aber sij dedent nummer me also.
Keine underwisonge der gerechti-
keit
Noch keine predige so wol uß-
geleit
9962. wen aus wer.
9964 f. Das Orig. (9869 f.) hat:
De tel main paa exent ne sont
Cens qui les messes ch&nter font.
Unser Übers . hat offenbar das exent miss¬
verstanden, u. h ist ihm gefolgt.
Mochte sij des underwijsen nye
9980 Noch konde sij zu dem ende
brengen hie
Das sij das gelt wolden geben .
wider.
Wiltu wissen sache war umb
syder,
So sage ich dir das vorwaer
Das der sacke den ich an myme
halse zwaer
9985 Habe, ist eine so subtile porte;
Dann was dar in geworffen wirt
von ort,
Das mag nit wider dar uß kom¬
men
Odir dar uß werden genommen.
[305 r ] Wann er gemacht ist
9990 Als ein sack zu fischen:
Er hait einen ingang
Und hait keinen ußgang.
Und dar umb ich dar in werffen
Alles das ich dan kan erwerben,
9995 Myne hende und alle die sy hant
Odir die umb mich entlehen gant.
Dar umb uß dem sacke kann nut-
schit kommen,
Es muß ee da inne fulen, zu
frommen.’
Da sij also hatte geredt und
gesagt
10000 Von der handt die so große sma-
cheit hait
Getaen Gotte, als mich beduncket,
Bat ich sij und sprach nach myme
geduncke
9988. Kustode unten auf Bl. 304 •: Er ist
gemacht als [!].
9993. ich üb. schwäre gestr. maß man.
10001. als üb. schwärt gestr. das.
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220
Von der sechsten Hand der Habgier (Betrug).
Das sij mir auch von der handt
hette gesagt
Die sij hatte uff yre lame hüffe
gelaicht.
10005 Sie sprach: ‘die ander handt
Die ist driegerie genant,
(305 '1 Hazart und auch bedrfig,
Des kann sij in allen Sachen ge¬
nüg.
Sij ist driegerie genant vor,
10010 Die sich nu in allen Sachen zuhet
vor
Die da sint eynfeltig und aen
boßheit
Odir zu keuffen sint nit gemeyt,
Von falschem gewichte, von fal¬
scher maße
Odir falsche wagen bruchent baß,
10015 Und dar nach das er keuffet odir
verkeuffet,
Yeclichs zweyfaltig wider ver-
leuffet.
Zu der grossen eien er wilt ge¬
messen han
So er sinen kauff hait getaen,
Und so sij wider verkaufft hait,
10020 Die kleine eie sij her vor gesucht
hait.
Gelich also dut sij auch
Mit der wage und dem gewichte
auch
Das sij dar inne leget und dut.
[306r] Sij wehsselt is alles in dem mut
10025 Nach dem sij uffsleget und nym-
met abe.
Ich meyne daz sij nie recht ge-
wihet habe.
Soliche Sachen dnt Got ver-
smahen,
In der Vorrede Salmons saltu dar
nach fragen.
Die handt ist eine streckerynne
10030 Der vorhenge und eine mache-
rynne:
Sij machet den düchern vorhenge
fin,
Uff das die farwe habe hübschen
schyn
Und die lüde me hubscher sin
Beduncke dan sij doch an ir
selber ist
10035 Und-sagen dir wol daz sij zu ma-
nicher frist
Phennewerde dut schinen hub¬
scher sin
Dan sij doch ummer mögen gesin,
Und dar nach, wann is also ge¬
kauft ist
Und man is in der lufft besieht,
is ander ist,
10040 So hait er ander duche daz der
farwe ist
Und bij viel nahe so gut nit ist
[306 *] Als das er vor besehen hette
Und villicht auch gekauft hette.
Die handt dut viel ubels hie,
10045 Sij dut auch bereiden hie
Ettwan die pherde die böse sint,
Das man wenet daz sij gut sint,
Den die sij wollen keuffen.
10003. 05. handt aus hant.
10015. Von hier an wechselt wiederholt er
und sij, indem bald an driegerie, bald an be¬
ding gedacht ist.
10016. Orig.: De chascun use doublement.
10019. hint. so gestr. Wörtchen ü. d. Z.
10026. gewihet = gewiget.
10028. Proverb. 20,10.
10033. die üb. gestr. den. luden m lüde
zu ändern vergessen.
10039. and’ aus and's, dahinter schwarz
gestr. geferwet.
10044. handt aus hant.
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Von der sechsten Hand der Habgier.
221
Zum andern male dut sij mit
grossen leuffen
10050 Erdacht und falscheit umb im
lande dragen
Und dut den einfeltigen viel
Sachen sagen,
Das yn ir gelt boßlich werde.
Die ander wijle nymmet sij in
der kirchen
Ein alt bilde und dreit daz vor
ander kirchen
10055 Und macht dem locher in sin
heubt,
Da mit sij die weit erdeubet
Und dut die phaffen gewynnen,
Und dut in die locher die sij ge¬
macht halt,
[ 307 r ] Oley, win odir wasser odir ander
rait.
10060 Wann das dan da durch dringet
Und ussen umb rynnet,
Das sal dann sweiß sin
Der das bilde switzet fin;
Und da mit solde daz bilde
Zeichen dün.
10065 Und umb das dem bilde werde
der rüm,
So gheen ich zu den narren die
dan blint,
Hinckende, lame odir suß siech
sint,
Und sagen yn wie daz bilde
Zeichen dühe,
Und bringen sij alle balde dar zu
10070 Das sij kommen vor das bilde
aen spot
Und sprechent zu yrae: “ach Got,
Du liebes bilde, hilft mir;
Dan ich getruwen wol dir!”
Des andern morgens stent sij uff
snelle
10075 Und sprechent dan balde: “ge¬
selle,
Ich bin wol kurtze genesen!”
[ 307 <>] Und mit solichem wesen
Dun ich die lüde versteen
Da sien ettliche Zeichen gescheen.
10080 Das ist nit wonder das sij dan
sint genesen;
Dann sij sint nit siech gewesen
Und hant nit dan eyn we gehabt,
Das hant sij den luden aber nit
gesagt.
Und sagent dan daz is wonder-
zeichen sij,
10085 Das habe das bilde getaen, und
da bij
So gewynnet aber der priestere
Und schetzet da mit die lüde
sere.
Viel ander boßheit hat getan
die handt
Und dut und wirt allen dag baß
bekant,
10090 Aber davon wil ich dir ytze nit
sagen me;
Dan ich han dir noch anders zu
sagen ee.’
‘Zum mynnesten’, sprach ich zu ir,
‘Ertzelest und sagest du mir,
Obe du wilt, war umb du hast
die handt
1308 >-] Uff diner hüffe, die da hincket
zu hant,
10050. vor dragen gestr. 1. 10088. hat getan üb. gestr. dont.
10063. I. Den? 10089. dut vnd übergeschr.
10082. eyn üb. gestr. myn. h: ai hant
keynS we noch sucht gehapt.
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222
Von der Zunge der Habgier (Meineid) und von ihrem Munde (Luge).
10096 Und war umb daz sij so dicke
kommet her vor
Und rüret dine ußsetzige zonge
entbor.’
Da antwerte sij mir und sprach:
‘Die zonge die mir dut ungemach,
10100 Versweronge ist sij genant
Und an viel enden wol erkant;
Und myn mont heißet erdachte
Sache
Da mit ich viel leydes mache.
Wann die zwoe Sachen bedrugniß
sint
10105 Und sij nydt dienstbar sint;
So kommet sij gerne zu yn,
Wann sij auch von eyme ge¬
siechte sin.
Durch sij ist liegen behafft:
Durch liegen ist gemacht
10110 Und auch myde erdacht
Versweronge und auch uff gerächt;
Dann versweronge mag nit gesin
[ 308 «■] Dede vordenckonge sij nit sin.
Dann erdencken und versweronge
10115 Mögen nit sin aen bedriegonge.
Is sint drie Sachen die eins sint,
Wie wol sij alle unrecht sint.
Dis ist die Sache dar umb ich die
handt
Uff die huffe legen altzu hant
10120 Und uffheben die zonge zu rüren
Und sij also dicke an zu beruren.’
‘Nu sage mir’, sprach ich, ‘wie
Nennest du dine zonge hie
Versweronge und dinen mont
lugerynne ? ’
10104. Orig.: A ces ij ci Tricherie familiäre
est et amie.
10105. nydt] h: nit; l. mir? Hübner.
10114. hint. Dann übergeschr., aber wieder
schwarz gestr. in. erdencken aus yordencken.
10115. Mögen aus mag.
10125 ‘Ich bin’, sprach sij, ‘worden inne
In dem wege myn,
Da ich dan her kommen bin,
Warheit und Gerechtikeit
Die waren alle beyde bereit
10130 Ir brot zu heischen im lande
[ 309 r] Und zu suchen aen schaende,
Und warent auch da bij arme
genüg;
Dan sij hattent keinen frunt zu
yrem gefüg
Noch auch noch nit hant,
10135 Duncket mich und ist mir bekant.
Da ich sij sach, da wolde ich
neben abe gan,
Umb das ich an yn nit mochte
han.
Zu leste ließ ich yren weg
Und stalte mich zu fliegen en-
weg:
10140 Uberfeit ich flog und ylt,
Keinen weg ich behielt,
An einen hülfen stieß ich mich,
Viel nider und lemete mich.
Noch bin ich nit genesen,
10145 Besorgen daz ich bij myme leben
nit gesont wese:
Ich bin lame, gedreget und
hinckende,
Den krommen dans muß ich sin
winckende.
Myne zonge und myn hüff
[ 309 »] Yren namen hant sij also uff
10150 Das ich sij lugenerye heyssen,
Da mit ich sij faste beyssen;
Doch sij mir notdurfft sin
10118. ich üb. gestr. dz. handt aus hant
10119. die aus der. legen aus liget.
vor altzu gestr. rnd sich.
10120. Vnd a. R. eugeschr.
10148. zonge üb. gestr. 1....
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Von der Zunge und dem Munde der Habgier.
223
Zu dem das ich zu dun bin.
Ich mynen sack desta balder
folle han
10155 Und wirt mir viel ee genügsam;
Dann gienge ich siecht und strag,
So würde mir nit so viel in
mynen sack:
Etlicher kommet bij mich der
von mir gienge
Und in mynen weg zumal nit
gienge.
10160 Nu sage ich dir das ich also
hinckende,
Also lyegende und stinckende
Bynnen so große hitze nit enhan,
So große bronst noch wermede
nit han
Noch so große begirde odir willen
ee:
10165 Ich begern dannoch noch viel me
Zu haben dann ich noch han;
[3W] Dar umb muß ich her uß ziehen
myn zonge
Gelich als wann da ist sere heiß
eime honde.
In des konniges hoff ich dann
gan,
10170 Wann ich die gesetze gehört han,
Und sprechen ich wolle vor-
" sprecherynne
Werden und eine dedegerynne.
Da dun ich dan einen eydt
Das ich keinem mentschen umb
lieb odir leit
10175 Anders dann mit dem rechten
Gut urteil wolle sprechen.
Aber wann ich wil, so bin ich
also subtil
Das ich hyncken wann ich wil;
Durch erdenckonge und lugenheit,
10180 Is sij recht odir unrecht, lieb
odir leit,
Mag ich nit laßen, ich muß myn
zonge ußziehen
So mir gelt werden sal und ich
daz sehen.
Und ich sagen dir waer
Das ich dan eben dun zwaer
[ 3 io*] Als die wage die ire zonge
hencket
10186 Uff eine sijtte und sich lencket
Da sich die swerde hin zuhet
Und dar nach die wage wiget.
Ich hencken da hien myn zonge
10190 Da dan ist die meiste wynnonge.
Da ziehen ich sij lieber hien
Da ich allermeiste geldes gesien.
Es ist mir dicke gescheen
Das ich ettliche zu mir han
kommen gesehen
10195 Mich bidende das ich yn helffen
solde
In yren Sachen und das beweren
wolde
Das sij recht hettent, und daz
ich das solde sweren
Und ir Sache frilich da mit er-
weren.
Weist du was ych yme da det?
10200 Sist sicher das ich also vor het:
Wann so ich gelt odir muntze
gesag,
Die ich mochte dun in mynen
sack,
[ 3 ii r ] Viel desta ee ich da sweren be-
gan
10187. vor swerde gestr. s m. anderer Buch¬
stabe.
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224
Von der Zunge der Habgier und von ihrem Buckel (Besäe).
Das sij in yren Sachen recht
solden han,
10205 Dar umb sij da dedingen soltent
Und das sij hart halden woltent,
Umb daz sie die sache lange ver-
tzuhent
Und nit mit so wenig von mir
kommen mochtent.
Das recht det ich balde verwan¬
deln sich,
10210 Zu Unrechte machte ich das ge-
lich,
Und wiste wol sicherlichen das
Das is altzumal. anders was.
Soliche masse zu sagen,
Zuverkeren und abe zu sagen
10215 Das unrecht zu rechte
Und das recht zu Unrechte,
Her bij zu ziehen umb dragher
In mynen sack anderlude gelt
her,
Bewijsent war umb myn zonge
10220 Ist genant versweronge.
[3ii;] Ich sagen dir das sij so loche¬
recht
Ist von sweren und sagen un¬
recht
Und von begirde des namen
Das sij so grossen willen hait zu
sameln
10225 Anderlude gut mit falschen
klafferigen
Und mit ungetruwen verswe-
rongen dabije.
Ich han so viel gelogen hude
und morn
10217. 1. und dragen her? Orig.: pour atraire
et pour faire aport a mon sachet autri argent.
10229. vor vff gestr. 1.
10234. nit streichen? Orig.: Nature se cou-
rouceroit
Und auch dar zu falsch gesworn
Und falsch geklaffet uff dieser
erden
10230 Das ich nummer me glaubt
werden.
Wo geschrieben recht und gesetze
sich wendent.
Gar wol man mich dar an er¬
kennet;
Dann es ist eine soliche zonge
Daz Nature sich dar umb nit
zürnet lange
10235 Obe ein man odir frauwe zu yme
zuhet
Isen odir ander ertz zu hant,
Als obe er zuhe mit eyner handt.
[3-/2'-]Dar an du wol gesehen macht
Das is Nature nit zu gehöret
hait
10240 Und das ich nit bin von yrem
gesiechte
Noch von yrem gemechtze rechte;
Und du wirst is noch bas ge¬
sehen
Wann du von myme hoher hast
hören jehen.’ —
‘Myne meynonge wil ich davon
sagen
10245 Der mir das wolde nach sagen,
Und das du dar nach vergessest
nit Mahommet,
Davon du dan vor haist geredt!’
‘Min hoher’, hait sij geantwert
da,
‘Ist der durch den hoberet sint
da
10237. handt aus h&nt.
10249. hoberet fehlt Hs., n. Orig, emgeßgt
mit h.
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Noch vom Buckel der Habgier .
225
10250 Die sich sollen schicken und
stellen
Nach ordenonge und rechter regel
leben sollen.
Es ist eine ubermessige sache
Die alle ding hoberet machet
Und hindert alles das da ist
recht,
[312 *] Odir machet kromp das dan ist
siecht.
10256 Du salt wissen das is die ist
Die da machet das der riche
glich ist
Dem kammeltier das nit mag
durch gan
Mit syme hoher durch kleine
düre an stan;
10260 Wann er in die weit ist nacket
kommen
Durch die dure die enge ist ver¬
nommen.
Solde er wieder dar durch keren
Und er hait sinen hoher vor ge-
meret,
So mag er wol wissen das,
10265 Ist der inganck nit grosser dan
er vor was,
Das er nit wol mag da durch
gan
Er habe dan sinen hoher vor
abegetan.
Ein mentsche der da get in
geistlicheit
Mit Worten odir ergebenheit
10270 Durch eine dure die enge ist,
Macht er yme dar nach hoher in
der frist
[313*•] Wieder an sich zu ziehen daz er
vor hat gelaßen,
10280. das s in sere auf Rasur.
Deutoobe Ttxte de« MitteUIten. XXV,
Odir dar uff er vertziegen hat,
nit zu laßen,
Durch des paradises düre,
10275 Die da enge ist, als du hast ge¬
sehen vur,
Kann er nit kommen umb den
dot
So lange er den hoher bij yme
hait.
Dieser hoher ist eigentschafft,
Die armut, yre ertzetynne,
10280 So sere fochtet das sij yr nit dar
beyden,
Uff das sij die nit wolle scheiden
Und sij zurspalden odir zur-
teylen:
Es ist nit eine sache zuverhelen.
Dann als eim heubt das grint
ist,
10285 Mit eyme guden strele nit sanfft
ist,
Also hait eigentschafft nit sorge
Das armut sij solle versorgen:
Sij hasset sij, als dun ich auch.
[313»] Dann als lange ich hoberet bin
auch,
10290 Die die da hoberet sint
Und in diesem closter beslossen
sint,
Sint alle myne neffen und myn
mage
Und me dan andern ich yn myne
frunde sage.
Bij yrer regeln sint sij hoberecht;
10295 Neben dem rechten wege sij gent
Kromp und achtent zu male nit
Uff keynen yren wyser
Odir auch yren straffer.
Her nach du is wol sehen wirst,
10289. hoberet aus hoberecht, ebenso im
folg. Vers.
15
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226 Der Gott der Habgier ist das Geld; zu dem soll sich auch der Pilger bekehren.
10300 So du auch myner liobereter
einer wirdst.
Das sal gescheen, obe ich kan,
balde;
Aber ich wil dir vor sagen ein
wort balde
Wer rayn herre und myn got ist:
Ich wenen das er auch der din
ist
10305 Odir wirt; nu hude dichs wol!
[ 3i4r] Dann is nu also sin sol.
Min herre und myn aptgot
Das ist der phennig aen spot,
Der von Silber odir golde ist,
10310 Da inne geslagen und gestalt ist
Die figure des hem vom lande.
Der ist ein got gemacht mit
hande;
Er wil dicke in malleten be¬
sessen sin
Und auch dicke wider dar uße
sin;
10315 Er wil dicke nidergelacht sin
Und auch dicke wider uffgehaben
sin.
Er wilt ligen in den kisten
Und in schrinen, in den gewisten
Und ettwie dicke sin verborgen
10320 Und begraben sin mit sorgen.
Er ist der got der da blendet die
Die yre äugen zu yme kerent
hie.
[314’] Er dut auch die dore
Yre äugen zu der erden keren,
10325 Der die lüde hofferecht machet
Als ich bin, und noch me ver¬
achtet ;
Der da hait verstellet mich
Und mich verraeret, als du ge-
sihst
Er hait mich auch gemacht heß-
lich und ungestalt,
10330 Doch so han ich mich so gar zu
yme getzalt
Und daz er myn lieber herre ist
und gefellet mir wol.
Das ich yn uff erden als got ane-
beden sol.
Es ist nutscht das ich machen
möge zwar,
Ich duhe is daz ich yn bij mich
ziehen möge vorwar
10335 Und innleyden in sin huß.
Zu zyden han ich gebraden uß
Einen uff den kolen
Umb das er mir mynen phennig
det holen
Und das er mir den hatte ge¬
nommen.
10340 Von siner liebe waz ich na von
mynen synnen kommen;
[315 r ] Ich han yn so lieb daz ich dar
umb dorheit bin
Und das ich umb yn verlieren
den rock myn.
Durch yn zu manichem unrede-
lichen spiel
Ich dicke gaen und dun des
viel,
10345 Zu wurffei spiel und dem nunden-
steyne,
Davon gan ich dicke nacket
heyme
Und auch uff der gassen bloß
Als ein obletter des lauffen dan
ist groß.
10309. golde aus gold. 10331. vnd übergeschr.
10313. in malleten übergeschr. 10334. yn übergeschr.
10314. wider dar vße üb. geslr. frolich. 10347. vor gassen schicar; gestr. graße.
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Erscheinen zweier anderer Weiber. Das erste (Leckerei) droht den Pilger zu würgen. 227
Und umb das ich yn also lieb
han,
10350 So wil ich das yme von dir sij
auch also getan
Und das du also duhest und yme
dienest
Und yme undertennig siest.
Nu besiech was du dun wollest!
Dan du vort vor mir keinen frie¬
den haben sollest.
10355 Bede yn an yetzont
Und ergib dich yme zu male zu
hant! ’
Als mich also sere bedräng
Gridikeit und mich faste twang
[315*] Yren falschen apgot an zu beden,
10360 Hinder mir horte ich her treden
Und ruffen mit luder stymmen
Und in eyme grossen grymmen:
‘Hare, gespiele! ist das der man
Den ich da gesehen han,
10365 Mit dem Gridikeit rede heldet
0
Und ym doch nit dut noch yn
feilet?
Gen wir dar und kommen yn an
Und dun yme schaden genug an!
Gridikeit, du haist yn zu lange
gesparet,
10370 Des wirstu vor dorheit ge¬
achtet.’ —
‘Siecher, du sagest waer, gespiele,
Nu machen wir is nit zu lang
viele,
Das er uns nit möge entgaen!
Uff dem pletze wollen wir yn dot
han.’
10375 Da ich die reden also gehörte,
[ 376 '-] viel me dann vor sij mich er-
förte:
Ich were gerne enweg geflogen
Hette ich nit gefocht das sij mir
weren nach getzogen.
Einwenig uff eine sijtte ich
mich kerte,
10380 Und neben mir sag ich kommen
herte
Ein groß altwip mit einre großen
nasen
Und grossen äugen da her wagen.
Die äugen waren gar ungestalt;
Einen grossen sack, der was alt
10385 Und an dem bodem gelöchert
und gerissen,
Und den hatte sij mit den zenden
gebissen
Und gieng mit dem her umb
mich
[376>-] Und det als obe sij mich wolde
würgen glich,
Und streckette gheen mir yre
liende
10390 Und swur da gar behende
Bij sant Joergen und bij yrem
halse
Sij wolde mich hencken mit
myme halse.
10363. Hare| Orig.: Haron. 10367. körnen aus körnet.
10365/1 zwischengeschr., statt dergestr. Verse: 10376. erf&rte aus erfert.
Vnd du yn mit reden heldest 10390. vor da schwarz gestr . mir.
Gridikeit duhe yme nutschit.
vor 10379 Bild (78) mit Nebenschrift rechts: leckerige ein böse stryffel. über dem
Bilde in der Schrift der Korrekturen: vnkuscheit, willen, gewaldige dait, hurtüm, befleckonge,
Eebrechonge, gluttenie, ein böse stucke. (Vgl . das folg. Bild.) altes Weib mit einem Sack im
Munde, der einem roten Trichter ähnlich rieht, vor dem Tilger.
15*
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228
Das zrceite Weib (Unkeuschheit) stößt dem Pilger einen Speer ins Auge.
Ein ander gesag ich kommen
nach mir
Die mich det ziedern me dan
zwir.
10395 Ein gemacht .antlitz gemalt
Von einer frauwen wol gestalt,
In der lyncken handt furte sij
das
Und vor sich halden sij is was.
Ein groß swin sij auch reit
\w] Und was auch hübsch genug be¬
reit,
10401 Aber ir cleydt was gar betreynet
Mit qwade und gehönet:
Dar umb sij yre gesichte und ge¬
stalt
Under yre kogel sij das verbarg
balt.
10405 Ein strale hatte sij, da mit sij
mich stach
Viel ee dann ich zu ir sprach.
Durch das äuge er ingieng, an
daz hertze er mir kam:
Groß ungemach ich davon nam
Das ich mynen heim da nit en-
hatte
10410 Und mich über den äugen nit ge-
wappenf hatte.
Dar nach slug sij mir an die
hende,
Da hatte ich myner hentschue
wol bedorfft aen ende,
[10399.] Kustode unten auf Bl. 316*: vnd
wz auch hübsch.
10404. balt zugeschr.
10410. mich m. ge in gewappeu übcrgcschr.;
letzteres in gewappeut zu ändern vergessen.
Das ich sij hette angetaen
Und auch bij mir behalden solt
han;
10415 Aber es ist waer das die lüde
sagent
[317*] Das der dor fortet nit me dan
wan man yn jaget.
Da ich gesag das ich also ver¬
wendet was
Und das ich noch nit gescheiden
was
Von der ersten, wie wol sij mir
nit gut glicheniß det.
10420 Dwijle ich mynen krag nit en-
liette,
Das sij mich mit dem halse ge¬
griffen hette.
Ich wiste nit was gedencken odir
dun:
Mir mochte ruffen keine helffe
dun
Noch auch schrien dar zu.
10425 ‘Unseliger’, sprach ich, ‘was
dustu nu?
Mir ist gar boßlich erlongen
Das ich ie bin her kommen;
Mir were besser das ich zum
ersten
Glaubt hette dem altbusser dan
am lesten.
10430 Nu hastu Gelich Verstenteniße
ertzurnet sere,
10417. in verwondet ein r vor dem t durch
Unterpunktieren getilgt.
vor 10393 Bild (79) mit Nebenschrift rechts: vnkuscheit, willen, geweldikeit, ander
vnkuscheit nud Eebrecbonge. über dem Bilde in der Schrift der Korrekturen: vnkuscheit, wille,
geweldige dait, hurtum, befleckonge etc. (Vgl. das vorige Bild.) Altes Weib auf einem Schweine,
in der Linken einen künstlichen Frauenkopf, in der liechten einen Speer, will den Pilger angreifen.
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Trotzdem unterläßt es dieser nicht, noch den Namen der Weiber zu erfragen.
229
Gots Gnade ist enweg gangen
ferre
Und bist brestenlialb diner hent-
schue an dinen henden
[3J8r] Sere verwondt, das mögen sij nit
gewenden,
Das du nit magst dinen stab ge-
dragen.
10435 Zum mynnesten soldest du fragen
Wer dann werent die
#
Die dir dis getann hant hie! —
Altwip’, sprach ich, ‘die den heß-
lichen sack
Dreit der keinen bodem hait
10440 Und den du dreist mit den
zenden,
Sage mir dinen namen aen
wenden,
Obe du mich also aen streich
fahen
Und also wolles dot slahen!’
Da antwerte mir sij:
10445 ‘Weistu was da sint Epicury?
Du salt wissen das ich bin yr
müder,
Wer doch nu sie yr vader.’
‘Wer sint’, sprach ich, ‘die Epi-
curye?’ —
‘Das ist ein gesiechte lüde die
[318*] Von eime löcherten sack machent
yren got,
10451 Die inn allen zijden yre gedencke
hant
Den zu füllen und zu leren
wieder.
Einen gantzen dag in einer
küchen sieder
Wolde er wol sitzen beliben ja,
10455 Das er ein klein spißgin mochte
braden da,
Das er machte ettwas charbonnee
Odir ettwas anders, daz er briet
. eyn eye.
Keinen andern lust hant sij nit
Wann essen und drincken zu
aller zijt;
10460 Vor wollust sij das schetzent
Und vor zijtverdrib sij es
nennent.’
‘Wie heissest du?’ sprach ich da
bij.
‘Leckerie’, sprach sij, ‘ich die
In mynen lochereten sack stoßen
so viel
10465 Das is da inne wirt smacken viel;
[3J9 r JIch sacken ettwan so viel dar
inn
Das zwene armanne odir dry
Wol fulletent yre secke da bij.
Wustes du recht den satz
10470 Und wie ich durch daz jaer dun
den gatz,
Castrimargie du mich nentest
Und mich eigenclich erkentest.’
‘Was ist’, sprach ich, ‘castri¬
margie ? ’
‘Das ist’, sprach sij, ‘mücherige
10475 Der guden morsel underdruckonge
Die von diesen guden kuchen
kommen.
Die guden morsel ich verdrucken
und erdrencken,
Das ir niemans möge gedencken
Wann ich sij in mynen sack han
gestecket
10480 Und recht wol dar inn gesecket.
10445. epicury aus epitury, ebenso 10448 10457. er briet eyn eye üb. gestr. yme
epicurye aus epiturye. g... gen were (?).
10453. vor küchen gestr. b ...
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230
Leckerei, die Mutier der Epikuräer, gibt Auskunft über ihr Aussehen:
Und sagen dir daz ich ettwan so
viel dar in han
Odir auch dar in han getaen
[319*] Das ich ir eindeil muste werffen
uß
Und auch stossen wieder uß.
10485 Ich machen nach mir eine sleiffe
Als der snecke, obe is were
seyffe.’
‘Fi! fi!sprach ich, ‘stiuckendes
altwip,
Sage mir davon me nit!
Es ist eine sache erschrocklich
10490 Und dar zu auch straffelich.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagest
waer,
Aber wann du wilt wissen vor¬
war,
So ist is billich das ich dir is
sage.
Obe man mir Leckerie sage
10495 Und wann ich zu viel essen odir
lecken,
Das kann ich nit gar wol ver¬
decken.
Ich bin die wulpynne uß dem ge-
struede,
Die alletzijt in den zenen wüdet;
[SSO'-] Das dut mich den kybel regen
10500 Und den mont uffdun und wegen.
Ich bin gyene, die is alles ver-
slindet,
Die yre nase in die kuchen
drynget
Durch die finstern da inne zu
smacken
Und zu suchen und zu locken,
10505 Als der hont nach dem wiltbrat
dut,
Welichs da sie die spise gut
Myn nase ist lang; ich stoßen sij
an alle ende,
Zu smacken ist sij gar behende.
Zu wissen ob ich finden möge
10510 Ettwas das in mynen sack zu
stossen döge.’
‘Sage mir’, sprach ich, ‘fulles
du dich icht
Mit lichter spise, die nit viel en-
güt,
Obe du von bonen odir brode
groß
Hast ie gemacht dinen buch
gros ?’
10515 ‘Wisse’, sprach sij, ‘in warheit
[320'] Das ich eben han gewonheit
Groß brot odir wiß in zu sacken
Als viel guder spisen zu lecken;
Eben als wol die grobekeit
10520 Als die gude spise mich lecken
deit.
Aber die lange nase myn
Wart mir von dem vader myn,
Das ich da mit solde fischen,
Zu smacken zu der leckerien uff-
tischen.’ —
10525 ‘Was dinges ist daz smacken?’ —
‘Das ist’, sprach sij, ‘da durch
alles das gen
Muß das ich slynden,
Dar bij ich myne lust finden.
Das ist myns sacks ingang
10487. stinckendes gleich übergeschr. über 10517. ob Groß verschr. statt Grop (A) ?
ein teilweise auf Rasur stehendes undeutliches vgl. v. 10519. Orig.: gros.
stinckendes. 10518. gnder übergeschr.
10491. sij aus ich. 10524. ufftischen zugeschr.
10504. I. lecken? (Hübner).
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über ihre lange Nase, ihre großen Augen und den Sack, den sie im Munde trägt. 231
10530 Der das dut mit rüren und in
getwang;
Und sagen dir daz er nit drier
finger lang ist,
[:?£*>-] Wann er recht gemessen ist.
Ich wolde wol das er langer
were
Und das er als eins krannichs
hals were,
10535 Und wolde wol daz er durch¬
gangen were
Alletzijt mit guden morsein die
feisset weren,
Und mit guten stucken wol ge-
sweisset,
Sij sien doch wie man sie
heisset;
Ich fragen nit dar nach mit waz
arbeit er geladen were,
10540 Der locherete sack, das er folle
were.
Aber sij sint me begirlich, myn
gesmack,
Ich und der ander wollen me in
den sack
Dan die begirde altzumale;
So viel als der slont mach ge-
smacken zumal,
10545 Das wollent die äugen yme geben
altzumal.
Die äugen viel unmesselicher sint
Dan der sacke und die lange
nase sint;
An keinen Sachen hant sij ge¬
nügen
f Mi'] So lange icht in den sack mag
mit fügen.
10550 Es ist eine sache die da kurtzet
Mir myn leben durch myn dor-
heit;
Es enist kein böser verreders
messer
Dan das uberentzige morsel.’
‘War umb’, sprach ich, ‘dustu
in
10555 Das morsel das so böse mag
gesin ? ’
‘Ich dragen’, sprach sij, ‘in
mynem monde
Eine so dotliche wonde,
Wann sij ein gut morsel rüret
Und ein anders dar nach nit
balde fulet,
10560 So dut sij als ir nit wol sij.
Eins nach dem andern wilt han
• •
sij
Als der slont aen uffhoren;
Sij fraget nit na myme nutze, obe
sij yn vertoeren,
Nit vorter dann an yren lust.’
[322*■] ‘Nu sage mir’, sprach ich,
‘umb sust:
10566 Wie ist nu genant
Die rüre davon du hast gesagt?’
‘Das ist’, sprach sij, ‘als ein saß-
schussel,
10532. er üb. gestr. du yn. ist hint. Die scheinbar Mes eux gelesenen, jedenfalls so
schwarz gestr. hettest. übersetzten Worte Mes iex haben die Verderbnis
10541 f. hint. myn gestr. sack. Der Sinn der Stelle veranlaßt. Die Übersetzung hätte
ist nicht klar, h: Aber sie sint me begirlich lauten müssen:
in myne gesmag (10542 f. fehlend), auch nicht Mine äugen sint groß, begirlich myn gesmack,
verständlich. Das Orig. (10397 f.) hat: Ein und der ander ...
Mes iex sont grans, ardant mon gout, 10568. als übergeschr. saßschussel Amt.
L’un et l’autre veulent de tout. gestr. salzfaß; Orig.: sauciere.
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232
Vom Wirken und Wandel der Leckerei.
Als ein nuwer böde der hait das
dr&ssel
10570 Und hat balde gesaget und er-
tzelet
Was das hertze hat ußerwelt
Bose striffel und böse nach-
berynne
Also nennent sij yre nach-
berynne,
Umb das sij gerne übel sprichet;
10575 Bose wort sij balde richtet
Wan so sie die gude morsel hait
angerurt
Und der guden wyne sij auch
hait versucht’ —
‘So get sij gegollen
Wan sij ander wyn versuchen
sollen ? ’
10580 ‘Wer ist sij dan?’ sprach sij da,
[322») ‘ Yren wollust nymmet sij da;
Durch sij bin ich ubermessig be-
kant,
Dar umb bin ich locherechte ge¬
nant.
Sij bringet mich zu uneren
10585 Und benymmet mir gut und eren:
Sij hait mir den bendel geben
Den du in myme sacke sijst
eben.
Die wyne laße ich abe in fassen
Und nemen der zu viel usser-
massen
10590 Das ich han weder synne noch
verstenteniße,
Und das ich myns lustes nit en-
weiße
10569. Als «. drüssel tugeschr. eine.
10570. Vnd hat zugeschr.
10577. auch übergeschr.
10585. mir üb. gestr. mich von.
Und mich nit kan gelegen an
myn bette.’ —
‘So bistu, als mich das beducht
hette,
Eine sache die keine regieronge
10595 An ir hait, keine maße odir
leronge ? ’
‘Es ist waer’, sprach sij, ‘wnstes
du recht
[323 r ] Mynen wandel und geberde
recht;
Dan so ich myne wine gefasset
han
Und myne wyne verslicket han,
10600 So wolde ich zu stunt gedihen
An Got und sante Marien
Und wolde yn übel sprechen
Und myn boßheit an yn rechen.
Und qweme Verstenteniße zu mir,
10605 Ich spreche balde: “fing hien
von mir!”
Qweme Gerichte odir Gerechti-
keit
Noch Wißheit odir Warheit,
Sij werent alle verstoeßen
Und versmahet mit yren genoßen.
loöio Nuchterkeit und Messikeit
Die hettent da nit dan großes
leit:
Ich wurde ir verspotten
Und dede sij ußdriben bij Gotte.
[323•] Und so mir der win ist kommen
in die horne,
10615 So bin ich scharff als das ein-
horne.
Dann wil ich yeclichen stoßen,
10586. bendel au« bender.
10591. Statt lustes hat h nach Orig, (meson)
besseres huß.
10596. recht hint. gestr. recht (?).
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Von den zwei Bäuchen der Leckerei (Trunkenheit und Essgier).
233
Den einen scheiden, den andern
mit Worten bossen;
Dem andern antwerten ich slym-
meclich,
Dem dritten auch gar grobeclich
10620 Mit viel windes als der zwene
buche hait.’
‘Wie’, sprach ich, ‘hastu zwene
buche ?’
‘Ja’, sprach sij, ‘der eine ist
drunckenheit genant
Und der ander essesack bekant,
Der allewege zu essen ist bereit
10625 Und zu fasten gar ungemeit.
Der erste so er gedruncken hait
Und der ander das vernommen
hait,
So sprichet er er wolle auch
essen;
[324 »•] Und wann der zu erst gessen
hait,
10630 So sprichet der ander: “mir ist
drinckens not!”
Und sagt balde: “ich wil is ver-
bieden,
Dann is mag mit eyme male nit
gesieden;
Es gilt auch zweie odir drue,
Ich laße is nit da bij uff myn
truwe.”
10635 Also wollent sij dem als nachgan
Das sij anhebent aen ende han.
Ieclicher wilt das hinderste
nemen,
Also mußen sij es zu ye dem
male wider anheben:
Als lange win in dem kruge ist,
10640 So hait er keine rüge in der
frist
10617. bosBen üb. gestr. straffen.
10666. vor vor wol übergeschr. u. dahinter
gestr.
Und dut mich auch reden mit
frauwe Venus,
Die neme ich dann zu mir alsus
Das sij desta gerner zu mir
kommet
Und dann nit so gern von mir
kommet.
[324 >•] Da ich hin gan, da get sij mit
mir;
10646 Dan sij gedencket das sij balde
bij yr
Den sij mit dem halse hait.
Ich meynen das is dich angait,
Dwijle du her kommen bist
10650 Und du mir der aller nehste bist.’
Da nam sij mich mit dem
halse
Mit beyden henden und sprach
also:
‘ Sijt das du keinen krag haist,
So wisse das du mich fast
10655 Scharffer und wunderlicher fin¬
dest
Ee du dich von mir entrindest.’
‘Ach Got!’, sprach ich, ‘owe,
owe!
Laß mich zu der reden ee
Die ich sehen hinder dir gan.
10660 Sij hait mich mit yrem phyle
gerurt an:
[325 r] ich bin übel dran und verlorn
Wo ich nit weiß wannen sij ist
geborn.’
Da sprach sij: ‘das stet an dir.
Ich wil wol das sij is sage dir.
10665 Aber du kommest nit also von
hynnen.
Ich wil din vor wol siecher sin,
Die wijle ich dich ytze gesien an
10667. gesien übergeschr.
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234
Auf Befragen des Pilgers gibt sich auch ünkeuschheit zu erkennen.
Und dich also nahe bij mir han.’
Aida ich da die fragette
10670 Die mich also geslagen hatte,
Und sprach zu ir: ‘wer bistu nu?
Dorlich ridest affter lande du
Uff eyme swine, als mich be-
duncket,
Und haist dich nötlich bewonden
10G75 Und under dine kogel gebonden.’
‘Sicher’, hait sij mir geantwert
da,
‘Ich bin die die nu dut da
[325*] Dine undertan wanen in den
bruchen
Als froesche und sich da inne
versluchen.
10680 Da ist inne manich stat wonder-
lich
Von reden und von gesichte ge-
lich
Und von yren geberden auch.
Ich bin Venus, davon du vor hast
gehört auch
Reden mit frauwe Leckeryen,
10685 Die dich an dyme halse leret
meisteryen.
Uß der werlet sij lange gestossen
hait
Kuscheit und die verdrieben hait.
Dye engel der swester sij was,
Die sint mir dar umb alle gehas
10690 Und gewonnen mich sijther nie
lieb;
Yre nasen stoppent sij so sij
mich sient,
Das sij doch vor eyme stincken-
den
[326r] Schelmen nummer endeden
Were dar in nit schänden viel.
10695 Uber alle ich Kuscheit verdriben
wil
Aen uffhoren sommer und winter.
Hette sij sich nit lange in geist-
licheit
Verborgen, ich hette ir getan
groß leit,
Ich hette sij geslagen dot;
10700 Aber ich finden die bürg so starg
vor not
Das ich ir da nicht kan getan:
Sij dut vor mir die düre zn dun
Und gucket alles uff die düre
Als obe sij spreche: “unselige,
belibe da füre!”
10705 Und kommet sij mit her uß,
Dar umb kan ich ir nit gescha-
den dar uß.’
‘Was hant dir getan’, sprach
ich, ‘die zwo
Den du wenig gudes gannest
also?’
‘Kuscheit’, sprach sij, ‘die wolde
nye
[326*] Geligen inn der kammer odir uff
dem bette
10711 Da ich dann lag und gerne
glegen hette.
Ich bin ir allewege gehaß gewest
Und auch da bij unwillig gewest
Und han sij gar versmahet,
10668. Vnd dich übergeschr.
10678. Dine] h: ir. bruchen'.
10680. stat übergeschr.
10705. I. nit? ( Hübner ); Orig. : se n’is 1
hors de l’uis.
10707. Initiale schwarz m. roter Füllung.
10712—16. Unser Übersetzer, tu dem h
stimmt, hat das Orig. (10562/66) nicht ver¬
standen:
Onq(ues) ne fu que ne li fasse
H&inense (et), abhominable,
Pour (ma) pueur intolerable.
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Unkeuschheit gibt sich zu erkennen.
235
10715 Umb den gerocli ich bij mir han
gehabt,
Den ich kume gelassen mag.
Kuscheit hasset mich auch nacht
und dag,
Und wann sij mich sicht, balde
spricht sij: “fy!”
Dar umb mag ich yr nit gesin by.
10720 Ich wolde lieber mynen mantel
lassen
Dann ich keine zijt solde bij yr
slaeffen:
Lieber wil ich mich ergeben in
die eptige
Dann das ich inn ire geselleschaft
sie.’
‘Wie’, sprach ich, ‘mag das waer
gesin
10725 Das die monniche die wiß, grae
odir swartz syn,
Haben Kuscheit entphangen,
[•?27 r JUnd das sij mit yn sij ingangen?’
‘Ja’, sprach sij, ‘sicherlich,
Aber is missefeilet mir gröblich.
10730 Da ist sij slefferynne
Und machet die bette als kam-
merynne.’
‘So hait sij’, sprach ich, ‘ein
ampt?’
‘Du haist waer’, sprach sij, ‘sij
ist getzamt,
Da hassen ich sij me und dun ir
zu leide viel,
10735 Me scharffer ich wieder sij sin
wil’
‘War umb’, sprach ich, ‘hastu
mich geslaen?’
10715. I ger. den ich?
10719. yr u. by zugeschr. u. hint. nit: bij
ir schwarz gestr .
10736. Initiale schwarz m. roter Füllung.
‘Wie’, sprach sij, ‘wenest du
dann,
Dij wijle ich so nahe bin bij dir,
Das du nit sollest fuelen von mir?
10740 So mir myn heubt, daz schon ge-
strelet ist,
Das doch von dir noch nit alles
versuchet ist!
Wann so ich ye bin yeraans an¬
kommen,
So bin ich so balde nit von yme
kommen.’
‘Bistu’, sprach ich, ‘so wol ge-
strelet
[327’] Als du sagest, und auch bereydet?
10746 Werestu also, des ich dann
gleuben wol,
So verbergestu dich vor mir nit
so wol.’
‘Nu verstant einwenig’, sprach
sij,
‘Es ist wol waer, were ich hübsch
da bij,
10750 So stoppete ich mich dann nit
also.
Dar umb wie wol ich gestrelet
bin also
Und mich einwenig zuchteklichen
stellen,
Das ich dar umb solle hübsch ge¬
heuchen sin:
Ich bin ein heßlich altwip,
glittechtig,
10755 Wüste, stynckende und slymech-
tig,
Me unreyner dann ich dürfte
sagen.
10741. doch üb. gestr. is.
10753. ich nach Orig., is Hs.
10756. vor ich Buchstabe ausradiert.
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236 Vom Schwein, auf dem Unkeuschheit reitet, u. vom gemailten Antlitz, das sie sich vorhält.
Und steet yetze nit zu sagen,
Ich stoppen mich, das man mich
nit gesiehe;
Wie wol ich doch ettlicher maßen
hübsch sie,
10760 So achte ich nit obe man mich
nit sehe
An enden da man nit wol gesehe.
[328r] ich gaen kromme wege und
winckel
Und suchen gedencken mit
syncken.
Ich gesehen nit einen schich zu
mittem dage
10765 Und han arbeit genug die ich
drage;
Ich stellen mich dicke inn mysse-
falle,
Das myr myn wille einwenig ge¬
falle.
Wustes du recht wie manig mal
Und was wege ich dicke gaen sal,
10770 Ich gleube wol is solde sere
wondern dich,
Und das ich selber nit solde
achten mich.
Ich ryden ein böses phert,
Und wo der weg ist gar unwert
Und da er aller böseste ist
10775 Odir da allermeiste unreynikeit
ist,
Da leget is sich nider von na-
turen,
Und ich kann yme das nit ver-
turen.
Das phert ist myn wille, der mich
dreit
[328*] Und auch alletzijt da bij ist be¬
reit
10780 Als ein swin sich zu legen nyder
Da das qwat ist, und sich nit rey-
nigen wider.
Es ist gestalt als ein swin stat
Das das mule uff der erden hait.
Da es liget, da leget es mich
hien,
10785 Und me in unsuber stede dan die
reine sien.
Durch es bin ich also gesolichet
Und in dem qwade entreynet.
Durch es bin ich also uffenclich,
Noch unsuberer bin ich heyme-
lich.
10790 Dar umb drage ich ein gemalt
gesichte,
Das ich da mit decke myn heß-
lich geschichte.
Das gemalete gesicht heißet
spotterie;
Wanne ich werden alt da bie
Und das ich bin entferwet
10795 Odir auch werden gerontzelet,
[329r] Glissen ich mich machen da mit
wieder nature
Und verstellen da mit myne
figure.
So machen ich mir eine heyme-
liche kammer
Vor alle die den weg hien gant,
10800 Einen rechten myst an eyme
eckehuse,
Das ieclicher wer da kommet,
nach siner wijse
Mache sine unreynikeit’
10757. Orig.: Ponr ce qu’il n’est pas a di re. [10795.] Kustode unten auf Bl 328*:
10763. Orig.: Et quier mucailles et cornes. glissen ich mich da.
10786. is. 10796. machs eugeschr.
10791. geschichte hint. geslr. gesichte. % 10800. das i in Einen in das E hineingeschr.
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Nachdem Unkeuschheit geendet, fallen die Weiber vereint über den Pilger her. 237
‘Fy, fy!’ sprach ich, ‘du bist mir
erleit,
Dine geberde und auch dich:
10805 Nu erkennen und gesehen ich,
Wer mit dir sal reden,
Das ist nit me dann ein ver-
meren.’
‘Sicher’, hait sij geantwert da,
‘Hettestu gesehen da
10810 Den getzug den ich dran
Und under myme rocke verborgen
han,
Were ich nit verirret sere,
Du achtest mich mynner dan
gestern mere
[329*] Und hettest desta mynner rede
mit mir.’
10815 ‘Zeuge mir die’, sprach ich zu ir,
‘Und wie sij heißent, sage mir!’
‘Das eine’, sprach sij, ‘heißet ge-
weldikeit,
Das ander der unkuscheit mit
sime gesiechte deit,
Das dritte der jungfrauwen ent-
blumonge,
10820 Das vierde mit eins andern wibe
umb gan;
Von den andern das ist nit zu
sagen,
Dar umb laß dir da mit genügen.
Nu verstant sij recht, obe du
wilt,
Und wisse das sij sorglichen sint!
10825 Du salt sie yetz nit gesehen;
Dan ich sij uffelich nit laßen
sehen
Und sij nit wijsen umb ire ge¬
stalt
Wiedermachet und heßlich ver-
stalt;
Und doch konnent da mit treffen
wol
4
10830 Ettliche wann sij müsse dar zu
haben sal.
[330r] jch slahen dich mit wo du nit
fliehest
Und balder dan Tigris enweg
geest;
Aber die wile dich Leckerie be-
heldet,
Din fliehen enfochte ich nit.
10835 Von mir sal tu das han,
Odir du must das leben hie lan
Und salt fürbaß numme gaen.’
Da stach mich das aide wip
Mit eyme strale an daz hertze,
daz ich fiele uff mynen lip.
10840 Leckerye halff ir gar sere dar zu,
Mit dem halse sij mich nidertzog;
Gridikeit und die andern alle
10807. nit übergeschr.
10829 f. Man erwartet ... kann ich da mit
. . . wann ich muse haben sal. Das Orig.
(10677/8) hat auch richtig:
Et tontevoies bien ferir
En sai ancuns, qnant ai laisir.
h liest: vd doch so könnet etlich wol da mit
slagg so sie müßig sint.
10830. habe sal aus hant.
10831. mit aus nit
10832. trigris fälscht. Hs. Tigris nach
Orig., h hat den Vergleich m. dem pfeilschnell
dahinfließenden Tigris offenbar nicht verstanden
u. deshalb den Vers fortgelassen.
10839. strale üb. gestr. phile.
vor 10838 Bild (80) mit Nebenschrift rechts: Wie leckerie, trakeit vnd verhertonge
(üb. gestr. versteynonge) den pilgerin anköment über dem Bild in der Schrift der Korrekturen,
aber rot durchstrichen wie glntenie (rot verbessert in leckerie) trakeit vnd v’steynonge den
pillgeryn anköment. der Pilger stoischen den 3 Frauen am Boden liegend.
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238
Seines Stabes beraubt bricht der Pilger in Klagen aus.
Bewijsetent nit daz sij siech
weren alle:
Ye eine nach der andern mich
slug
[330*] Mit yren wappen, die sij dann
drug.
10846 Da wart mir myn stab genom¬
men,
Aber myn sack wart mir nit
entnommen.
An dem versynnen gedachte ich
wol,
Obe sij mich zu dode hetten ge-
slagen zumal.
10850 Da ich also bekommert was,
Nidergefallen, gewondet und ge-
slagen in daz gras
Und ich mynen stab hatte ver-
lorn,
Da mit ich plag uff zu stan ent-
bom,
Nie kein man wart, als ich
wenen,
10855 So gar erstöret, das ist aen feien.
‘Ach’, sprach ich, ‘was dustü?
Unseliger, truriger, war gestu
nu?
Nu bistu kommen an das ende
din!
War umb wurde du ye pilgerin?
10860 War umb hastu ie keinen stab
genommen
Und bist des in diesem lande
abekommen ?
Is were dir besser du werest un-
geborn
[33 1 *] Odir aber du werest dot gebom.
Wer sal dir ummerme geheißen,
10865 Dir geraden odir dich besien?
Du haist durch din dorheit ver-
lorn
Gots Gnade, dine gude frundynne
ußerkorn!
Ach Busse, Busse!
War umb hait ye myn unmüße
10870 So großen widerstant getaen
Durch die dorn hecke zu gaen?
Yetz werest du mir süße und
lieplich, '
Hette ich so verre von dir nit
gemachet mich
Und das ich dir nit were so
ferre
10875 Odir du mir auch so fromde
were.
Dine rüden und dine leren,
Din stechen und din dorne
Werent mir yetzo ein salben
Zu myme Unfälle allenthalben.
10880 Ach wappen der ritterschaffte,
Ich solde uch schone machen mit
meisterschafft
Als lange ich solde geleben,
Mohte ich langer geleben!
Mit uch was ich eins gecleidet
10885 Und gar lieplich wol bereidet.
Aber ach, ich unseliger hatte uch
nit lange
An getan und muste uch mit
bedränge
Gar kurtz ußdun und nider
legen!
10848. Orig.: A reconvrer bien (i) pensoient;
h, durch unsere Ubers, beeinflusst: Mich dez zu
erholn gedachte ich wol.
10873. Hette ich aus hettestu. dir aus
mir. mich üb. gestr. dich.
10874. werre.
10878. yetzo aus yetze. eine mit unter
punktiertem Schluß-e.
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Auf einmal hört er jedoch aus einer Wolke die reitende Stimme von Gottes Gnade. 239
Davon ist mir sijt viel ubels ge-
schegen,
10890 Und yetzont aen uberdrag
So bin ich uff den dot geslag.
Ach sacramente der heiligen
kirchen!
Ich föchte das ich uwer nit viel
me enrieche;
Ich föchte daz ich uch umb suß
entphangen habe,
10895 Die wijle ich nu verlorn habe
Mynen stab, durch den ich mich
uffracht
Wann daz ich dan nider gefallen
was.
Ach Jherusalem, die stat
[ 332 r] D ar umb man mich uffgewecket
hait
10900 Zu dir zu gan, wie sol gheen dir
ich
Entschuldigen und verantwerten
mich?
Ich hatte dir geredt, da is mir
wol gieng
Und da ich mynen weg anefieng,
Das ich wolde gan zu dir, da ich
dich sach
10905 In dem schonen Spiegel vor mym
ungemach.
Nu bin ich von den alden wiben
uffgehalden,
Nu bin ich geslagen und zur-
spalden.
In einre bösen stunde ich ver¬
irret bin,
Ich fochten das ich dich nummer-
me solle gesien.
10910 Als ich mich also klagete
Und myne Verlust ertzalete,
[332’] Da sag ich vor mir einen wölken
Nit hohe uff zu den wölken;
Von dem mittendage er quam.
10915 Davon ich eine stymme vernam,
Die hinderte sich über mir
Und beleih eine wijle bij mir.
Aber ich nit sere dar uff enachte
Umb die smertzen die ich hatte.
10920 Ich was dot wol halber
Und hatte wenig lebens in dem
andern halben.
Nu verstant, das uch Got wolle
behüden,
Wie ungerne Gots Gnade sich
scheidet von lüden
Den sij andermale geholffen hait,
10925 Wann is yn missegangen hait,
Und wie gerne sij yn auch hilffet
Wann not sij dan begriffet!
Uß dem wölken her abe qwam
Eine stymme, von der ich ver¬
nam,
[333r] Die sprach zu mir also:
10931 ‘Wol uff, unseliger zage, und
syst fro!
Du haist zu viel lange gelegen,
Du haist nit gewere, aber dir ist
helffe not;
Du bist ein böser ritter als dot!
10935 Ich han dir dinen stab wider¬
bracht
10889. geschegen üb. gestr. begegent.
10905. my.
10909. solle iibergeschr.
vor 10910 Bild (81) mit Nebenschrift rechts: Wie gods gnade den pilgerin tröstet als
er in dot sunde gefallen wz. Eine Rand reicht aus einer Wolke dem am Boden liegenden
Pilger seinen Stab zurück.
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240
Gottes Gnade reicht dem Pilger seinen Stab zurück, worauf er gerührt dankt.
Dich wider uff zu heben von der
undait.
Verstant mich: ich reichen dir
yn,
Ich stellen dir yn wider und
geben dir yn.
Noch wil ich nit dinen dot,
10940 Wie wol du unrecht gheen mir
hast;
Aber ich wil das du dich be-
kerest,
Das du dich besserst und lebest.’
Da ich die worte also verstunt,
Da det ich myn äugen einwenig
uff und gesach zu stunt
10945 Eyne handt die da inne beslossen
hatte
Mynen stab und sij mir den
* brachte.
Ich meynete is were die selbe
handt
In der ich mynen stab zu erst«
fant:
[333«-] Es was auch die selbe.
10950 Da sprach ich zu mir selber:
‘A Got, soliche gude nuwe mere
Han ich umb dich nit verdienet
mer!
Von dir ich nit wartende gewest
bin
Das du also soltest gedencken
myn.
10955 Yetze were ich zum dode kom¬
men
Weres du mir nit zu helffe kom¬
men.
Sijt das du mir mynen stab
widergibest
Und mir den durch dine mildi-
keit reichest
Und inn mynem smertzen
sterckest mich
10960 Und von dem dode zielest mich,
Ha milde frauwe, Gots Genade,
Ere und danck ich dir sage!
Ich sehen wol das ich dir noch
lieb bin,
Sijt du nit zumale hast vergessen
myn.
10965 In großer not bist du bij mir ge¬
sessen
Und mir zu helffen bereidt ge¬
wesen
Wo is nit belibet an mir.
[334 r] i c h we jß n it wo is herkommet
dir
Anders dan von dinre gütekeit;
10970 Dan du haist an mir nit fonden
dan lait.
Ich han dyme rade wollen folgen
nye,
Dar umb muste mir billich ubels
folgen ye.
Mit zu gelachten henden bijden
ich gnade
Und mit schrien ich myne scholt
sage.
10975 Frauwe. ich wil mich besseren,
10942. dich besserst üb. gestr. lebest und
lebest über dich besserst.
10943. ich üb. gestr. sij. y'stunt hint.
gestr. gesprach.
10944. gesach zu stüt üb. gestr. gesach.
10945. Eyne handt übergeschr. inne üb.
d. Z. hint. gestr. ich, das üb. getilgtes inn«
geschr. war.
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10946. sij übergeschr.
10947. selbe üb. gestr. erste. handt aus
hand.
10954. vor myn Ansatz zu einem s (f)-
10957. -gibest aus -gebest.
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Gottes Gnade verweist den Pilger an Maria, den Karfunkel seines Stabes.
241
Bij myner seien ich dir das
gereden,
Hilff mir nit dan zu diesem male
Und hude mich daz ich nit
widerfalle zu dale!
Hebe mich uff und richte mich!
10980 Dann belibe ich lange also, daz
besweret mich.
Ich fliehen zu der hecken gelich
Dann von dir helffe han ich.
Wile du, mich dar furest,
Wann du mir von hynnen ge-
hilffest.’
10985 Da antwerte Gots Gnade uff das
ziel:
‘Ich wil dir sagen ein hübsches
spiel:
[Md «•] Wolde die die da ist eine al-
muserynne
Mich zu geben und eine ußgebe-
rynne,
So viel dun gegen myme vatter,
10990 Der ir son ist, und sij sin mutter,
Das er dich mir wolde wider¬
geben,
Noch soldes du nit verderben,
Noch qwemest du wol wider
Zu Bussen, obe du woldes sieder.
10995 Ich fürte dich dar froelich
Und neme dir din lyden gelich.’
‘Wer ist’, sprach ich, ‘die frauwe
Die dich uß zu geben ist ein
frauwe ?
Sij ist eine große frauwe, sijt
daz sij ist uflgeberynne
11000 Von dir und almuserynne.’
‘Sicher’, sprach sij, ‘du sagest
waer,
Und dar umb mustu han zwar
Zum ersten frieden gheen ir
10983. Wile aus wiltu.
DeuUcbe Text« des Mittelalters. XXV.
Und das du sij bidest gnaden dir.
11005 Ich helffen dir, obe sij wilt;
[335’-) Zu dinen noden kommen ich dir
zu hulff;
Dan ich han den willen noch,
Als ich dir das han bewijset
doch.
Wer die frauwe ist, weistu das
nit,
lioio Große schände und gebrechen is
an dir ist:
Andermale hait sij dich ußge-
haben
Uß boßen wegen und auch uffge-
haben.
Sij ist der karfonckel und der
knob
Den da hait din hubscher stab.
11015 Ich han dir von ir gesaiget
andermal;
Ein dor bistu, hastu is vergessen
zu mal!’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich en-
wiste nit
Und enhüte mich auch dar vor
nit
Das ir rettent von der;
11020 Dann ich waende ir rettent von
einre ander,
Die mir unbekentlich were,
Die ich nie gesehen hette mere.
Aber die wijle is ist myn kar¬
fonckel,
[335«-] So wil ich gerne mynen mont
uffdun
11025 Und wil sij mit gudem hertzen
bieden
Und sprechen “ave, Maria!” mit
sieden.
Aber woldent ir mich wysen
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242 Gottes Gnade reicht dem Pilger eine Schrift mit Gebeten zu Maria (A. B. C).
Und mich leren die wyse
Wie ich sij bijden solde
11030 Und auch erwerben ire hulde,
So wolde ich is sere gerne dun.’
Da uß dem wölken sij mir gab
Eine schrifft und zu mir sprach:
‘Siech wie du sij bijden salt
11035 In dieser und aller diner not;
Wann is dir gut ist, als is
yetzont lijt,
Und du uß den alden wiben hen-
den bist.
Nu liese is balde uffenclich
Und bijde sij andechteclich
11040 Und ir geloben mit gudem her-
tzen din
Das du wolles ein gut pilgerin
syn,
Und das du nit da hin geyst
[336 r] £) a du böse wege zu finden
weyst.’
Nu sage ich uch daz ich uffdet
11045 Die schrifft und uß den falden
det
Und is rechte wol besach
Und da mit myn gebet sprach
In gantzer maße und wyse
Als die schrifft mich da wisete,
11050 Als ich verstunt von ir
Und Gots Gnade sagete mir.
Die wijse der schrifft sollent ir
hören,
Wollent ir uwer -a-b-c- nit ver-
doren;
Lichtlich ir is wissen mogent
11055 Zu sagen wan ir wollent:
[.‘«ß«-] ‘An dich, der werlde Zuflucht.
Erliche maget, ist myne flucht:
Sere gar erschrocken ich was,
Nu kann ich nit gedun bas;
11060 An dich ich mich halde und
sture.
Hebe mich uff! ich bin gefallen
sere,
Mich hait myn widerwert uber-
wonden.
Die wijle ich dich nu han fonden,
Sal ich mich wol zu dir ziehen,
11065 Ee mir me leides beschiehe.
Des ringens ist mir nit not¬
dürftig
Wo du mir nit güttig
Wilt zu helffe kommen,
Als ich dan bin niderkommen.
11070 Bin ich durch dich gestercket,
Das han ich wol gemercket.
Myn hertze was mir entwichen,
Dar umb bin ich zu dir gewichen;
Dan du bist des heiles ein porte.
11075 Obe ich mich an dem orte
[337r] übel han bewijset
Und in dotliche sunde gewiset
Und bin geirret in krommen
wegen,
Hoffen wil mich envegen
11080 Und auch wiederstercken,
Die wijle ich zu dir mercken
Und dir myne sele brengen.
Behalde sij: dan sij ist döt;
In ir ist alles gut gedoet!
11085 Crieg machent sij wider mich,
Myne schände und scheme glich.
11086. scheme glich durch Längsstrich getrennt .
nach 11055 Bild (82) mit Nebenschrift rechts: wie der weller bidet vnser liebe frauwe
andechteclich. über dein Bilde in der Schrift der Korrekturen , aber rot durchstrichen: wie der
pilgeryn bidet die süsse magt marie. Maria, mit dem Jesuskinde auf einem Throne, streckt dem
vor ihr knieenden Filger die Hand entgegen .
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Des Pilgers Marien- A. B. C.
243
Das ich vor dich nit getar
kommen
Durch mynen großen unfrommen.
Verstenteniße der vertzwivelonge
11090 Sij wider mich hanthaben dont;
Umb das ich das wil wenden,
So wil ich sij vor dich brengen
Yn widerstant zu dun.
[337•] Das wil ich dar zu dunde;
11095 Dann is dar zu gehöret,
Und vor dich altzumale gehöret
Gnade und erbarmonge.
Du bist frauwe der barmhertzi-
keit,
Durch die din son so gerne deit,
11100 Und wilt auch daz du alletzijt
Mit sinen luden vereyniget sijst.
Durch dich kam uns friede und
eynonge,
Das was umb rechte verstöronge
Der zweydracht sie abe zu dun;
11105 Dar umb ich mich zu dir dun
Und mich mit dir vereynigen
Myn unreynikeit zu reinygen.
Eine keiserynne, der werlde
Ion,
Die bistu so rechte schon.
11110 Ich han hoffen gehabt zu dir,
Das habest du zu dancke von
mir,
[338-] Und haist mich zu gnade ent-
phangen
Und haist mich auch gar lange
Mit dem gude gespiset
11115 Das von hymmel kam, und ge-
wiset
Myne sele, die da was dot.
Owe, wann is kommet an die not
Da das große gerichte wirt be¬
sessen,
Bistu dann da nit gesessen
11120 Vor mich, so werde ich übel an¬
gesehen ;
Dann wirt man mir keins guden
jehen.
Fliehende ich wider kommen zu
dime getzelde
Mich zu verbergen vor dem ge-
melde
Das mich in der werlet hat be-
rurt.
11125 Umb myn sunde wolies nit sin
von dannen gefurt!
Mich zu huden wolles haben flijß!
Zu myner not du bereidt sijst!
Bin ich lange ein dier geweste,
So wil ich beliben bij dir feste,
[338-] Das ich diner gnade werde ge war.
11131 Nu bijdde ich dich aber zwar
Das du mich mit dynre mildikeit
wolies dun an;
Dann ich kein ander gulte noch
kleider han.
Gegrußet sistu, mutter und
maget,
11135 Die da nyemans hait versaget
Und auch nie bitter wurde
In hymmel, mere noch uff erde!
Durch dine mildikeit bereide mich
Und nit ly de daz din vader mich
11140 Von yme wolle hien verstossen
Und mich zu den boesen ge-
noesseu!
Wann ich üppig vor ym stan,
Durch mich allein kann ich nit
entgan:
11096. altzumale gehöret durch Längsstrich
getrennt .
11099. deit = tete.
11111. habest aus hast,
daneben.
11142. yn Hs., ym mit h.
dancke aus
16*
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244
Des Pilgers Marien-A. D. C.
Wo du nit wilt bij mich staen,
11145 So mag ich nummer freude gehan.
Himelsche konnigynne,
Alle myne synne
Sint zu dir geneiget sere;
[339»] Dann myn Got und myn herre
11150 Wolde durch sine wolgefellicheit
Und durch sine mildikeit
Hie mentsche werden,
Das er sich uff diser erden
Mit uns verbinden wolde.
11155 Mit yrae wuhß in siner kintheit
Gnade aen alles leyt;
Dar umb ich hoffen zu yme han
Das er mir sij nit solle versan:
Ich solle ir noch einwenig ge¬
messen
11160 Und mich in sine gnade sließen.
Ich finden nit in keynen weg
Da ich myn behelteniße so wol
finden möge
Als ich nach Gotte an dir dun.
Wann ich hie usserwege dun,
11165 Das ich balde zu wege komme,
Dine gnade mir zu helffe kommet.
Die sal mir geleide dun
[339»] Und mir machen myne sune
Mit dem konnige, dem sone din,
11170 Das ich möge in syme hoffe sin
Und das ich komme in den
rechten weg
Und nit berure den smalen steg.
Kalender sind erluchtet
Und ander bücher durchluchtet,
11175 Wann du sij mit dime namen er-
luchtes;
Und vor missefal du sij zeiches
Und die nu uff wege sint
Zu dir umb ir artzetie zu finde.
Zu mir wolles du geneiget sin;
11180 Dan ich wil wider uff den weg
din.
Hilff das ich werde geartzet fyn!
Nit ly de das der soen din
Uß der scheiden duhe das swert
Sins gotlichen gerichtes wert,
11185 Das is werde an mir verkorn
[340 r ] Das ich dar durch werde verlorn!
Laß nit versmahen dich
Myn gebet, das ich
Nu zu dir dun:
11190 Ich kan mich nit von dir gedun:
Ich weiß mich nit zu wem anders
dun
Dann mich zu dir zu ziehen
Und auch dinen son nit zu fliehen.
Der auch von dir ist kommen.
11195 Dar umb bin ich zu dir kommen
Das du yn nit laßest schießen
scharffen schoß.
Wie wol ich bekenne daz myn
sunde ist groß.
Dar umb man mich wol mochte
verstoßen.
Aber wiltu, so bin ich der bloiß:
11200 Durch dich wirt balde wider-
getzogen
Die krangheit die so nider ist
gebogen.
Moyses gesach in einre figure
Das du Jhesum, dinen son, ent-
finge dure:
[340»] Einen boesch gesach er wider
nature
11205 Der da gar hübsch entbrante
Und docli zu male nit verbrante.
Das bistu, dar an bin ich nit be-
drogen.
11144. bij üb. schwarz gestr. vor. 11205. ent in entbrante zugeschr.
11191. nit h, fehlt Us.
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Bes Pilgers Marien-A. B. C.
245
Got ist das fure das bij dir wart
getzogen,
Und du der boesch der gleubigen
11210 Yren brant zu messigen.
Mit dem gesien, jungfrauwe fyn,
Laß mich von dir entphangen sin
Und duhe mir uß das cleit
Der sere großen unreynikeit!
11215 Nu laß mich gemessen, fur-
stynne dieser weit,
Das dir ist keine gelich getzelt
Und das keine zweite ist;
Dann du is alles alleine bist!
Von dir kommet und in dir ist
und sint
11220 Alles das gut das wir han und in
uns sint:
Wir han keinen andern zu zoch,
Dar umb du alle mentschen zu
dir hoch
[34i r ] Haist getzogen in dine gewalt,
Dar uff sich der mentsche alleyn
fiden muß und sal.
11225 Is kann auch kein mentsche ge-
schriben alle,
Gesagen odir auch bedüden
Noch auch gemalen mit keiner
list
Wie grondeloß dine gutte ist.
0 liecht der nit sehenden
11230 Und geware rüge der viel
müden,
Alles guden schatzhelderynne,
Alle lüde wartent uff dich
Die den rechten glauben hant
sicherlich
Und die zu dir hant gantzen
glauben.
11235 Du bist nie keime bitter gewest,
als ich gleuben;
Dann du nente dich kammeriere,
Da zu dir qwam der große riese
schiere.
Nu bistu Godes cantzelerynne
Und der gnaden alraoserynne
11240 Und allen luden begirde
[jü* 1 ] Und ein wol gefallen zierde.
Porte der gnaden, ich han
willen zu fragen
Und zu wissen aen bagen
Was Got qwam suechen
11245 Das er sich wolte in dich sließen.
Er wart in dir als worm in der
erden:
Ich meynen nit das is were von
krieges wegen
Odir mich hie niden zu begraben
in der erden.
Frauwe, fülestu mich nu irren,
11250 Mit wappen dar man mich nit
beslaen,
Sonder allein yn zu ruffen an,
Wann er umb mich kommen ist
sich zu begraben.
Wilt er is nit vor übel haben,
Sine hulde mag ich noch wol
haben.
11255 Qwam er uff dise erde in der
achte,
Da ich mich dar na bedachte
Das ich dich und yn ertzurnet
hatte
11217. Vor keine ist nit u. vor ist: bist 11255 zwischengeschr., um ein Q ah An¬
schwarz gestr. fangsbuchstaben des Liedes zu haben.
[11222.] Kustode unten auf Bl. 340 »: haist 11256. Da Amt. gestr. Da m. ausgezeich-
getzogen in. netem D. na bedachte korr. aus nach durch
11225. alle zugeschr. bedacht hatte.
11246. das zweite in «6. schwarz gestr. vö.
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246
Des Pilgers Marien-A. B. C.
Und daz myn leben waz zu böse
gekörten
Und das große sunde mich störten
11260 Und das is gestern böse was und
böser hude,
[ 342 ']Zu stont ruff mir wider lüde!
Frauwe, maget werde, so ich zu
dir fliehen,
So wolies mich zu dir ziehen.
War sal ich anders dann in myn
gewist fliehen?
11265 So keyn gut sich wil zu mir
nigen
Und bin böse ee ich ringe,
So ist mir der verdrieß vaste
umberynge.
Rechte und wol straffe mich,
Mütter und maget! dan ich be¬
sorgen mich
11270 Das ich nit durffe erbeiden
Myns vaders straeffen aen ar-
beyden;
Dan sin straffen so hart griffet,
Und nicht vor yme ungestraffet
belibet
Wann er wilt straffonge dun.
11275 Das machet mich sere fochten
dun,
Dan ich han übel gelebet
Und han myn leben gebosert.
Zu dir sal das gerichte staen:
So ich dine gnade raffen an,
[ 342 ’] Dann salt du die salbe han.
11281 Sist mir gnedig, mutter und
maget,
Myne swerde sij dir geclaget!
Aen dich mag niemans icht han,
Aen dich din soen nit geben kan;
11285 Dann er hat dich gemacht
meisterynne über al.
Wann du wilt, so vergibet er
alle:
Durch dich ist das gerichte be¬
stalt;
Dann du haist alle gewalt,
Du bist dar ane meygerynne.
11290 Es enist keine furstynne
Noch auch keine konigynne
Durch die er sin recht me hin
stelle.
Behude uns vor der helle;
Dann du bist dieser weit
regiererynne
11295 Und des hiemels ordeniererynne.
Tempel heiliger, da Jhesus inne
wonete,
Dem die heymelich sint die da
erb ent,
Wann ich nu enterbet bin,
Dar umb ich her zu dir kommen
bin,
11300 Das du mich erbest mit dir
Durch die gnade die dir
Din eingeborn son hat getaen!
Obe ich mich wol beflecket han
Mit den dornen der boßheit,
11305 Das rawet mich sere in warheit:
Dar zu hait mich die sele er¬
wecket,
Die noch einßdeils da mit ist be¬
flecket.
Uff dich han ich sere gebuwen:
11258. gekörten üb. gestr. ge...ten. 11267. vaste übergeschr.
11261. ruff = ruff ich. 11270. das 8 in Das gestr. u. ein n uber-
11262. so übergeschr. geschr., nachher aber dieses n xoieder getilgt.
11265 korr. aus So ich das gut zu viel wil 11279. ich üb. gestr. man. Raffen aus
fliehen. Raffet.
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Des Pilgers Marien - A. B. C.
247
Laß mich diner grossen truwen
11310 Gemessen, frauwe von hoher art!
Nit laß daz sloß und den torn
hart
Des paradises vor mir beslossen
sin,
Sonder laß mich dar uff und dar
in!
Nit kere dich von mir hien!
11315 Dann in noeden bist du myn
schryn.
Hilff mir, nit wolies lange sin
[?«'] Qdir setze mir einen dag da hien
Da dine gnade gibt grossen
schyn!
Xpc, din son, der her abe
kommen ist
11320 Uff erde und an daz cruce ge¬
hangen ist
Und durch mich sine sijtte uff-
gedaen hat
Und sine große krafft ubergeben
hat
Und vor mich sinen geist hat uff-
geben
An dem cruce hangende und sin
leben
11325 Auch dar an hait gestrecket,
Durch mich sin blut hait er¬
wecket :
Das han ich alles wol verstanden
Das er sichs umb myn heil hat
underwonden.
Wann ich yn nu ertzurnet han
11330 Und yme sins lidens nit ge-
dancket han,
11321. hat üb. gestr. ist
11322. Vor abergeben ist hait gestr. u. da¬
hinter hat zugeschr.
11324. sin leben üb. gestr. gestrecket.
11325 zwischengeschr.
11331. ob ich übergeschr.
Gnade ich dich bijden, ob ich
kann:
Ere und lop ich yme gesaget han.
Ysaack betzeichente das,
Der uff sinen dot nit achte bas
11335 Synem vatter gehorsam zu sin:
Als ein lamp lies er is sin,
[344 r] Albeydende leit er den dot sin.
0 erliche maget und mutter,
Duhe durch dinen son den guten,
11340 Obe ich verlorn han myner seien
hüte
Und in myme harten hertzen nit
han die wele,
So schaffe daz dine gnade mir er-
schynen welle
Follenclich! dann sij ist alleine
dyne;
Dan er hat sij dir geben nach
dem willen din.
11345 Zacharias und dieser myn
draum
Hant mich erwecket und geladen
samme
Das ich von dir gnade erbeiden
solle.
Uffenclicher born ich dich nennen
solle,
Alle sündige mentschen
11350 Dar uß schone zu weschen:
Das ist eine letze gut zu wissen.
Und du is wilt in dime milden
hertzen wissen,
So kann ich doch nit wol ge¬
wissen
Obe myne scholt desta kleiner sy
11340. myne aus myne. hüte zugeschr.
11342. erechynß aus erschyne. welle
zugeschr.
11345. Orig.: Zacharie de mon somme me
excite.
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248 Nach dem Gebet richtet sich der Pilger an seinem zurückerhaltenen Stabe auf.
11355 Von den die den appel hant
gessen hy.
[344 »] Verstant dar zu mich zu weschen,
Mich zu huden und zu schirmen,
Daz mich daz gerichte nit wolle
verderben!
Hette ich ethicorum daz büch
gelesen,
11360 Behalden und auch uberlesen
Und das ich dar nach nit arbeite,
So were ich zu male verleite
Als der der zu male gefallen ist
In ein garn und dar nach in sin
netze.
11365 Maget, myne sele ruffet zu letze
Und spricht: “owe”; sij ist
muede,
Dann sij dich zu bijden sich ver-
müdet
Und dut nit so viel als ir gebürt
Umb das ich dich und yn han
ertzurt.
11370 Es ist klein daz ich geen dir
süchen;
Dann ich muß dich zu bijden ge-
rüchen:
Hilff das is nit umb sust geschie
Und daz ich nit umb suß dich an
schrie!
Ich globen dir besseronge
[345r] Und der auch aen lugen ubonge
11376 Und setzen dir des zu phande
Myne sele vor alle schände
Und bijden dich uff daz leste,
Wann is kommet an myn lestes,
11380 Das dü mir wolies feien nichte
Und siest vor mich an dem ge¬
richte,
Uff das ich erblich
Besitze das leben ewenclich.
Amen. ’
Da ich also mit synne
ußgeberynne
Der gnaden, huff ich myn handt
uff hoch
Und mynen stab ich zu mir zoch.
Gnade, als ich uch vor han
ertzalt,
Gab mir yn von yrer guten ge-
walt.
11390 Do ich yn hatte, zu Gnaden
sprach ich do:
‘Yetzet duncket mich, frauwe,
also,
Wann ir mir also helffen wollent,
[345 «•] Das ich balde wider uff stan solle
Und bin gar balde erneret
11395 Wann ir mich mit uwer salbe
smeret
Ich weiß das myn karfonckel
Erluchtet hait das donckel
Da inne ich bin gewesen.
Die ledickeit uch ist gegeben
11400 Zu helffen den ir wollent eben,
Wie wol das ich dotwont bin.
Entschuldiget mogent ir nit wol
sin:
Ir sient eine ußgeberynne
Und dar zu eine almuserynne.
11405 Sy wilt das yn allen gedeilet
werde
11355. hy zugeschr.
11359. dz buch übergeschr.
11361. vor nach gestr. n.
11379. lestes wohl aus bestes, 1 auf Rasur.
11386. hädt aus hfitt (?).
11398. ich bin aus ir sint.
11399. Die aus Das.
11401. ich —bin üb. gestr. sij —sint.
11402. vor entschuldiget (aus entschuldigen)
gestr. uch. wol sin zugeschr.
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Den alten Weibern entkommen, sott er jetzt ein Bad im Wasser eines Felsens nehmen. 249
Und zu almuse gegeben werde,
Und das uwer niemans bresten
habe
Und uwern guden willen habe,
Also das er von uch lielffe habe;
11410 Das stet nit an yme, dann an
uch.
l*W r l Helffent mir! sij hilffet mir auch:
Ich sturen mich daran und han
mich dar uff gelieden auch.’
Also reichete Gots Gnade mir
eine handt da
Und sprach zu mir also:
11415 ‘Die wijle du so groß getruwen
hast zu mir,
So wil ich auch helffen dir:
Reich her den finger und griff
dinen stab
Und stant uff, du dich dar an
hab!
Nu hüde dich, nit drug mich!
11420 Umb suß du den finger reichest
bij mich
Wo uff zu staen dir nit hulffe
ich.’
Da reichete ich ir den finger myn
Und erwuschete auch den stab
myn.
Ich arbeyte und so sere behalff
mich
11425 Das von den alden wiben qwam
ich.
Sy waren uberwonden und er-
feret da:
Yecliche gienge in ire heymwise
da.
Aber ich sag sij dar nach aber
me
■■] Und daden mir dannoch kommers
me.
11430 Ja, und spreche ich allen dag,
Ich wene daz ich dar an nit
liegen mag.
Da wijsete mich Gots Gnade
einen felß groß
An einem ende, das was hoch.
Ein äuge uff dem felse, daz was
auch gros,
11435 Dar uß viel wassere flos
In eine buden die dar understunt:
Das entfieng alles daz dar in kam
zu stunt.
‘Sihestu’, sprach sij, ‘die
bilden?’
‘Ja’, sprach ich. — ‘Da inne saltu
baden
11440 Und da inne saltu heylen
Dine wonden, dich weschen und
bereyden.’
[347 r ] ‘Nu sagent mir’, sprach ich zu ir,
‘Wannen kommet daz wasser dar,
bijden ich uch sere.
Das äuge das ich gesien, erferet
mich gar sere
11411. Helffent mir sij hilffet üb. gestr. Sij
wil mir helffen helffent.
11412. auch eugeschr.
11413. handt aus hant
11417. stab aus stabe.
11418. hab aus habe.
11427. heymwise = heiinwist.
11433. Au üb. gestr. vnd. eine aus ein.
hinter ende gestr. da bij.
11434. dz u. auch übergeschr.
vor 11438 Bild (83) mit Nebenschrifl rechts: wie gods gnade wiset den weller zu
baden in dem wasser des felBes. Aus einem Becken, in welches ein großes Auge Wasser ergießt,
schlagen Flammen empor. Fels nicht dargestellt.
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250
Der Pilger glaubt nicht genug Wasser (Tränen der Reue) tu haben.
11445 Und das wasser das dar uß get.’
‘Nu verstaut’, sprach sij, ‘ein-
wenichet
Und halt din ore her bij mich
Und verstant eben waz sagen
ich!
Der felß den du gesihst da,
11450 Der ist das hertze des der da
Ist bestalt recht als der dyne,
Der do hat gelaßen den guden
weg syn,
Den weg des heiles, und ist gar
verhertet
Als der felß und unverwartet
11455 Und uß siner irronge ist wider¬
kommen.
Nu sage ich dir: wann ich han
abe genommen
Und yn ettwie lange in sunden
verlaßen,
Ettwann beduret mich sin
Und daz ich zu yme keren daz
äuge myn,
11460 Das ich yn dun sich bekeren und
wenden,
[ 347 ”] Das er sich und sine dat wil er¬
kennen.
Und wann er wol hait besehen
Sine hertikeit und hat sime
hertzen verjehen,
Balde fahet er an zu schrien,
11465 Zu truren und wasser zu sijgen.
Ein born wurde gerne da
Das zu weichen, mochte er is
follenbringen da.
Aber umb das er des nit enkann
Und uff das sij nit wil verlom
han
11470 Yre arbeit, so hait sij dar ander
gesatzt
Die buden, die hait sij da mide
genatzt.
Sij wil nit daz verlorn werden
Die trehen gespreidet uff der
erden.
Sij sint gut zu machen das badt
11475 Dem der solichen gebresten hait.
Es ist der zweite dauff,
Da mit Busse dut iren lauff
Und da mit sij wol gemachen kan
Yre laüge und da mit buchen
kan.
[ 348 ”] Da inne wart gebadet und ge-
hitzet
11481 Die Magdalene zu zijden und ent-
hitzet.
Sant Petter badete sich auch dar
inne
Und det das mit großem synne,
Und die Maria Egipcian
11485 Und viel andern da ich nit sagen
van.
Zu Bussen, hettestu gewollet,
Du gesaget hettes obe du wolles.
11451. bestalt übergcschr. der aus du.
dyne zugeschr.
11452. den gude weg syn zugeschr. statt
gestr. nu.
11455. ist] l. nit? R.
11456. Aach wann steht wan ich han abe
üb. gestr. du hast gelaßen. genömS zugeschr.
11457. yn ettwie üb. gestr. is so.
11458. vor sin gestr. n.
11459. Mißverständnis; Orig. (11264/66):
. . . son eul devers li
Li fais convertir et toumer
Pour soi, quel s’est fait, regarder.
11460. sich hinter dun übergeschr. w. hint.
vnd gestr.
11468. er üb. gestr. sij.
11486/-. Orig. (11289/90):
A Penit&nce, se vousis,
L’ouis dire, quant la veis;
h: Zu büßen woist gan sagen wan du sie gesiest.
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Gottes Gnade schlägt mit einer Rute noch mehr aus dem Felsen (Hers des Sünders). 251
Und dar urab, wiltu gesont sin
Und auch da bynnen geweschen
fin,
11490 So mustu han diese reynionge.’
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich wolde
daz uwer meynonge
Were mich biß dar zu füren,
So wolde ich gerne dar zu stören:
Aen uch dede ich nuschit da.’
11495 Sij sprach: ‘is gefellet mir wol
also;
Gang vor! du findest mich da,
Du kanst nit so balde gewesen
da.’
Nu sage ich uch: ich gieng dar
alda
[348»] Fuß vor fuß und fant sij doch da,
11500 Aber sij was under dem wölken
gehelet
Als vor und auch verdecket.
Da ich dar qwam, die buden ge-
sag ich bas
Und gesach das sij nit halber
folle was.
‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich han
nit genug
11505 Wassers daz ich mich mit gudem
gefug
Dar inne möge geweschen;
Es ist auch zu wenig dar inne
zu baden.’
Da senckete Gottes Gnade baß
nider
Eine rüde die sij hatte bij ir.
11510 Ich enweiß nit wo sij die hette
genommen
Odir wannen sij ir were kommen;
Ich hatte sij bij ir nit me ge¬
sehen,
Dar umb muste is mich wonder
nemen.
Ich gedachte is were die rüde
Moysi,
11515 Da mit er in der wustenij
Die steine sing, daz sij wasser
gabent,
Da durch die kinder von Israhel
iren durst begabent;
[349 *•] Und is was sij auch gewerlich,
Als ich das gesach clerlich.
11520 Mit der rüden sij da slug
Den felß und gab wassers gnug;
In das bütgin das da under stunt,
Dar in lieff das glich zu stunt.
Doch nam is sinen umbganck,
11525 Das is durch daz äuge davon ich
sagte, ußdranck.
‘Nu hast du’, sprach sij, ‘wassers
din gefug,
Obe du wilt, dich zu weschen
genug.
Gang dar in und wesch dich da
inne;
Dann ich han dir is bereidt mit
synne,
11530 Ich han dir is lewelecht ge-
machet.
Sitze dar inne bis an dine
backen,
So wirt dir daz weschen gut!’
Dar in gieng ich zu stunt in dem
mut
11489. da übergeschr. vor geweschen 11500. dem aus den.
schwarz gestr. sin. 11502. hint. Da ein Buchstabe ausradiert.
11491. uwer üb. gestr. myn. ich vor gessig gestr. u. dahinter übergeschr.
11492. hint. füren gestr. lan. 11510. enweiß nit n. Orig. m. h statt weiß.
11493. zu sturen Ersatz für schwarz gestr.
gan.
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252
Indessen der Pilger verbleibt nicht lange genug im stärkenden Bade.
Und wüsche mich und badete ge¬
nug.
11535 Is hette mich über alle ge-
weschen schon
Mochte ich is anders genug ge-
lieden han;
[.?w r ] Aber ich gienge balde dar van,
Wan ich was solichs badens nit
gewan;
Ich gleich nit dem Davidt,
11540 Der da sprach daz er alle nacht
zijt
Yme uß sinen trehen machte ein
bat.
Und die in sin bette gespreidet
hat.
Da ich also von dem bade uß-
gangen was,
Gots Gnade sprach: ‘wenest du
das
11545 Das du also balde genesen siest?
Nein zwar, nit gleube daz du so
balde siest!
Soltestu dich nu han gelacht
In dorne odir nesseln nacket be¬
dacht,
Das du doch wol verdienet haist
gehat,
[350 r ] Wie hettestu das erlieden gehabt,
11551 Das du einwenig Wassers geliden
nit
Magst, da an dine gesontheit lyt,
Dar an du dich erfrauwen moch-
tes?
Und du auch zu lyden nit en-
dochtes
11555 Der hecke die du hast vor ge¬
sehen ;
Das wil ich dir wol jehen
Das du sij me dometer findest
Und auch me krudelicher be¬
findest,
Unglich als du zum ersten hast
getan,
11560 Daz du dich nit magst einwenig
gelieden han
Zu baden, als ich dir hatte ge-
tzielt!
Nu gang und duhe als du wilt!
Ich wil besehen wie starck du
siest
Mit dem remenant den du noch
vor dir hest,
11565 Als du vor bist gewest.
Ein gut ritter, wan der verwen¬
det ist
Und yn der geschichte wol ent-
brant ist,
[350»] So ist er viel starckers müdes
Und me ritterlichen hüdens.
11570 Dustu nu auch also,
So wil ich des auch wesen frohe
Und dir desta lieber helffen.
Dar umb so wolles dich behelffen;
Aber doch uff dis male nit me
11575 Sihst du mich; dan ich enweg gee.
Ich wil gesehen was du wolles
dun
Und welichen weg du nu wolles
gan.’
Da ich horte daz sij also sagte
zu mir
11568. das zweite r in starckers übergeschr. 11575. hi nt. mich schwarz gestr. u. unter¬
punktiertes nüme.
vor 11538 Bild (Si) mit Nebenschrift rechts: Wie sich der weller Badet. Der Pilger
sitzt im Becken, hält aber in der liechten Pilgerstab und Sack.
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Gottes Gnade scheidet von ihm. Er geht neuen Gefahren entgegen (4. Teil der Erzählung). 253
Und das sij auch also det den
willen ir,
11580 Trurig ich wart und halp ver-
lom hu.
‘Ach Got!’ sprach ich, ‘was
dustu nu?
Ach jo, unseliger, a jo!
Ach aber, du truriger, war saltu
gen?
War saltu so du nit weist wo
hien?
11585 Wo sal ich mynen weg nemen?
[351 r ] Ich meynen nit das ye kein pil¬
gerin
So sere geirrete als ich verirret
bin.
Ach lieber herre Got, hilff mir!
Du bist der oberste knop mir
11590 An myme stabe; ich ruff dich an
Und bijden uch daz ich in uch
gesehen möge an
Wo myn weg ist und wie ich
hin möge gan.
Heiliger karfonckel luchtende,
Davon myn stab also wol luchtet.
11595 Erluchte mich: war sal ich gan?
Du bist der knop dar an ich viel
han
Sicherheit und gut getruwen,
Und han von mynen kintdagen
uff dich gebuwen.
An dich halden ich mich und
stüren:
11600 Hilffest du mir nit, so bin ich
verlor n.’
Als ich mich also klagette
Und sij bat und mich erclagete,
Ich bedachte mich uff weliche
sijtte
[351'] Ich hette gelassen die hecke wijt.
11605 Mit snellen gedachte ich zu gan,
Wie wol ich doch wenig odir
nust wiste wo hien gan.
Balde genug hub ich mich uff
den weg,
Aber mynen dagen ich nit endet;
Dann ich fant vil hinderongen
hie.
11610 Und wollent ir hören wie,
So komment wider uff ander
dagen,
So wil ich ein gedencken han
und is uch dan sagen.
Hie hat das dritte buche ein
ende:
Got alle ubels von uns wende!
Hie vahet daz vierde buch an.
[352 r ] Nu horent hie wie große Gar viel hinderongen fant, und
11616 Ich in myme wege, der mich nit me
duchte groß, Sage ich uch daz mich berurte me;
11580. hint. halp gestr. vmbe (?). vor halp 11592. möge vor gan übtrgeschr. u. dahinter
ein zu streichendes ist. Orig . (11375): Dolent gestr.
deving et esperdu; h: da wart ich trurig und 11G07. vor mich gestr . mich,
verlaßen. 11608.. Orig.: Mes pas ma journee ne fis.
11591. an zugeschr. _
über der Überschrift des 4. Buches Bleistiftumriß eines Bildes: links der Tilger , rechts
das Meer, auf dem folgenden Bilde dieselbe Situation, die deshalb hier keine Ausführung
gefunden hat.
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254 Er kommt an ein stürmisches Meer, in dem Männer und Frauen umher schwimmen.
Dann in bergen und in dalen
11620 Sach ich viel die mir missefallen
Waren, Sachen von manicher-
hande gestalt.
Sij waren wonderlich und grulich
verstalt,
Davon nummer ende wurde
Wann ich is uch ertzalen wurde.
11625 Und also mochte is mich ver-
driessen
Und auch die ich is hören liesse.
Nu sage ich uch, als ich also
gieng
Einen weg den ich angefieng,
Vor mir fant ich ein mere,
11630 Da ich viel hatte zu sehen sere.
[352 •] Vol ungewidders was is sere
Von großen lunten und gewyndet
sere.
Manne und frauwen da inne
warent,
Die alle angetan da inne swam-
ment.
11635 Die eine hatten die füße wider¬
berg über sich,
Nit me von yn gesach ich;
Die andern waren gelich uffrecht,
Die in den kleidem swommen
recht.
Auch warent ettliche me da
11640 Der einßdeils hatten flugel da,
Und scheyn daz sij solden fliegen
[353»-] Wo das mere sij nit wolde be-
driegen.
Ettliche sach ich in dem mere
Mit den fußen gebonden sere
11645 Mit langen krudern, die da inne
waren
Und yn faste schaden daden.
Ettliche sach ich mit verbonden
äugen
Und andern die sich nit viel
frauwen
Und waren auch verstalt wonder¬
lich,
11650 Des nu einßdeils geswigen ich.
Da ich soliche Sachen gesach,
Gröblich ich aber erschrocken
was.
‘Herre Got’, sprach ich, ‘was ist
dis?
Nie me han ich solichs gewist:
11655 Soliche mere in myme lande nit
sint
Noch soliche fische, als mich
duncket.
Nu sehen ich wol daz ich nit
fürbaß kan gan;
Dann ich muß wider umb gaen
Odir aber muß beliben hie
[353*1 Und uwer gnaden beiden hie.
11661 Laße ich mich dar in, so bin ich
erdroncken;
Gheen ich uff eine sijtte, so bin
ich geirret sere
Wo ich nit yemands finde
An dem ich icht gudes ent-
finde.
11630. sere Amt. schwarz gestr. mere. 11643. in dem mere üb. gcstr. gehindert
11633. n. Mäne ein Buchstabe (n) wegradiert, sere.
11641. scheyn dz üb. gestr. bedachte. 11651. vor sache gestr . verlorn.
[11641.] Kustode unten auf Bl. 352*: wo
das mere sij.
vor 11631 Bild (85) mit Überschrift: Wie der weller vff das mere körnet, das Meer
in der rechten unteren Ecke als grüne Fläche dargestellt, darin 3 schwimmende Menschen, nur
in schwadien Umrissen angedeutet. [S. das Faksimile am SdUusse des Bandes.]
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Entsetzt sieht er auch ein schwarzes Ungeheuer (Teufel) mit einem Netz darin. 255
11665 Ich weiß nit, herre Got, was ich
duhe
Wo dine Gnade mir nit helfe
duhet.’
Doch bedachte ich mich
In mir selbs und gedachte ich,
Wo ich bliebe da,
11670 Daz ich nit mochte gewynnen da.
Des umbkerens ich sicher was,
Wie wol is noch mynner myn
gewynne was.
‘Uff den staden wil ich gan,
Zu besehen obe ich mochte fon-
den han
11675 Schiff odir auch nachen,
Da mit ich mich mochte über
gemachen
Und aen leit mochte uberkom¬
men.’
[&* r l Uff den weg lachte ich mich mit
frommen
Und gieng neben dem mere dar
11680 Uff dem staden her und dar
Und gieng doch nit ferre weges.
Was sach ich, liebe lüde? wollet
uch segen!
Ein hesselich dier: alle die is
hetten
Gesehen und beschauwet recht,
11685 Sij wurden nummer me sicher,
Wan is zu sagen nit endochte.
Umb daz myn sele is fochtet
So sij an is gedencket, nach der
gestalt.
11686 zwischengeschr.
11687. hint. Vmb gestr. mich ich is sage
dan. daz einzufiigen, sonst wäre Umb in
Dann zu ändern.
11692. is üb. schwarz gestr. sij.
Das dier waz so hesselich und
ungestalt
11690 Das ich von dem sagen er¬
schrecken sere
Wo ich viel davon rette mere.
Ich han bestalt daz is her nach
gemalet werde
Und auch eigenclich getzeichent
werde,
Uff das, wer wilt, daz der is ge-
sehe;
11695 Dan ich is anders nit wol uß-
gerichten möge.
Doch so ril ich uch davon
sagen:
Ich sach is in dem mere gan
fische fahen.
[354*] Sine angelen hatte es geworfen
dar inn,
Das schydt hielt es in den hen-
den sin.
11700 Ein horn hatte es an syme halse
Und ein gebunt stricke umb sime
halse;
Und flyehende netze hatte es ge¬
rächt
Tuschen das mere under die wöl¬
ken gelacht.
Da es mich gesach kommen,
11705 Da fieng is an und bliese zu
frommen,
Und mit ungestummekeit
Hub is an zu richten sin geleidt
Und sine stricke in mynen weg,
11696. wil Hs., vil im Anschluß an das
Original und h.
11701. stricke üb. gestr. s...e.
11703. Tusche üb. gestr. vff.
11708. Vnd üb. gestr. In.
vor 11704 Bild (86) mit Nebenschrift rechts: Wie der dafei fischet in dem mere. der
Teufel als schwarzes gehörntes Ungeheuer mit gelben Fliigeln. Er steht mit einem Netz im Meere,
das wieder als grüne Fläche dargestellt ist.
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256 Auf ein Signal des Teufels tritt dem Pilger ein scheles altes Weib (Ketzerei) entgegen.
Uff das ich yrne nit entliefe en-
weg.
11710 Da ich sach soliche gereitschafft,
Do wart ich mit schrecken sere
behafft;
[355 r ] Dann ich sach wol, gienge ich
do liien,
Daz ich behalden wurde von
yme.
‘Lieber Got’, sprach ich, ‘waz
sal ich anefan?
11715 Ich finden bösen weg, war sal
ich gan?
Von diesem pletze ich nummer
kommen kann
Wo ich von uwer Gnaden nit
helfe han.’
In dem wesen also
Sag ich die ander sijtte kommen
do
11720 Ein altwip, das wolde lauffen.
Eine welle holtzes zu verkauffen
Sij uff yrem halse drug
Und gieng hindersich balde
genug
Twergs und sach mich an liinder
sich;
11725 Dann sij was schele, duchte mich.
[355*] ‘Her’, sprach sij, da sij nahe
bij mir was,
‘Sicher balde!’ ‘wer bist du das?’
Sprach ich, ‘wem sal ich sichern
nu?’
Sij sprach: ‘ich bin uff gudem
wege nu
11730 Zu halden und zu kommern sint
Alle die zu pherde odir zu fuße
sint.
Ich heißen Ketzerige die schele.
Und so balde ich hören daz horn
helle
Das myn vatter dan bleset,
11735 So komme ich, myn wille das nit
lesset,
Uff zu halden und zu hindern die
pilgerin
Und yn zu nemen die secke sin.
Secke hassen ich vor alle Sachen,
Des muß ich dich wise machen;
11740 Den dinen wil ich dir nemen,
Obe ich kann, und den zerrissen
eben.
An den schellen sehen ich schlifft
Die nach myme gesichte nit
recht geschrieben ist.’
[35Gr] ‘Swig’, sprach ich, ‘verfluchtes
altwip!
11745 Die schrifft ist recht geschrieben
uff mynen lip,
Aber du sijhst sij nit recht an.
Mit schelen äugen sihestu sij
ubertwerg an.
Das gesichte mag nit sin ge¬
recht.’
‘Das schadt nit’, sprach sij, ‘ich
wil siecht,
11750 Nach dem ich mit den äugen
sehen,
Die schrifft corrigieren und
straffen
11724. mich an übergeschr. 11747. sij u. an zugeschr.
11726. sij nahe bij mir üb. gestr. ich ge- 11749. siecht zugeschr.
fangen. 11750. «. sehen zu streichendes wil.
11744. ich üb. gestr. is.
nach 11725 Bild ( 87) mit Nebenschrift rechts: Ketzerie feilet den weller an. Ein altes
Weib mit einem Bund Holz auf der linken Schulter redet zu dem Pilger.
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Ketzerei wird rom Tilger vertrieben.
257
Odir sij zerrijßen laßen.
Als du sijhst daz ich hinder mich
gan
Und mir die ferssen vor sich
stan,
11755 Und das ich den andern nit
nachgan,
Also gesehen ich auch nit
Als die andern zu der schrifft.
Ich werden des noch gebrant,
gleube ich,
Und in ein fure gelacht sicher¬
lich.
11760 Dar umb drage ich hie mit mir
Ein gebunt holtzes, daz gehört
zu mir:
Es ist bereidt an daz füre dar
an zu legen.’ —
[^'1 ‘Bistu die, sage mir aen liegen,
Die die templer verhornen det?’
11765 ‘Ja zwaer’, sprach sij, ‘ich bin
die,
Und salt wissen daz ich bin auch
die
Die die dedinge erhub wider
Augustin
Zu der zijt da er was ein pilge¬
rin;
Aber ich mochte yme nie abgetun
H770 Sinen sacke odir den von yme
getun.
Mit mynen großen schänden
Schiede ich von yme dannen:
Is was dorheit daz ich yn an-
qwam.’
‘War umb’, sprach ich, ‘kom-
mestu mich an nu?’
11775 ‘Wie’, sprach sij, ‘wenest du
Das du so stark sies als er?’
‘Nein zwar’, sprach ich, ‘aber
ich sage dir mer:
Die wile ein man dich hat uber-
wonden,
So saltu nit me so swerlich kom¬
men
11780 Wieder ander manne.’
‘Ha’, sprach sij, ‘sij hant nit
alle glich namen
[3z~ r ] Und sint auch nit alle glich
starg.
Ich han sijt ettlichen fonden der
sich verbarg,
Den ich über yren willen han
genommen
11785 Yre secke und bin sij uberkom¬
men:
Also wil ich auch mit dir dun.
Wol an, aen beiden gib mir her
balde
Den sack und duhe yn von dir
abe!’ —
‘Sicher, des endun ich nit!’
11790 Da greif sij mich an mit nydt:
Ich was so dorechte daz ich mich
föchte
Das sij mir mynen sack nemen
möchte
Odir das sij mir den zerrysse
Und mir ettwas dar uß nemen
ließe.
11795 Doch ich erbaldete genug;
Mit myme stabe ich sij slug
Und det sij den pletze rumen
Da sij dann was zu mir kommen.
11762. dar an übergeschr. 11793. den au« die.
11783. nach ettlichg ein Buchstabe wegradiert.
nach 11798 Bild (88) mit Nebenschrifl rechts: Gods gnade Redet zn dem weller. links
ne ben dem Bilde figne’.
ßeuUch» Tute de« Mittalalten. XXV, 17
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258
Gottes Gnade erscheint wul geht mit dem Tilger am Meere entlang.
[357 v \ Da sach ich Gots Gnade kom¬
men,
11800 Die rieff zu mir zu frommen.
Sij sprach das wol getan hette
ich
Das ich also beschudt hette mich,
Und das sij mich dar umb wisen
wolde
Mynen weg und mit mir gan
wolde.
11805 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘ich
dancken uch
Das ir so balde uch
Her hant zu mir gefüget.
Daz hait mir wol genüget
Daz ir sint körnen her
11810 Und das ir mir hant versprochen
mer
Und mich hie hant getröstet;
Dann myn sache alle ufE Verlust
stet.
Ich were verdorben in dieser
stunden
Hette ich uch hie nit fonden;
11815 Und werent ir langer ußgewest,
So were ich gar verlorn gewest.
Das wilde diere da
Det mich gar vertzagen da,
[358 r ] Und daz wilde mere auch da bij
11820 Hatten mich erferet daz ich nit
weiß wie mir sij.
Noch weiß ich nit was es ist,
Wo ir mir nit sagent waz es ist.
Nu bijdde ich uch daz ir mich
lerent
Und in diesen Sachen wisent.’
11803. sij übergeschr.
11808 zwischengeschr.
11809. vor Dz gestr. vnd.
11822. nit übergeschr.
11825. Man üb. gestr. wo. hint. mag
schwarz gestr. man. alle übergeschr.
11825 ‘Man mag’, sprach sij, ‘alle
gande reden
Odir aber mit reden sere gan
werden.
Geen wir, so wil ich dich wisen
Kurtzlich die Sachen und dir die
sagen.’
Nu wil ich uch sagen: als wir
gingen
11830 Und nebent den stricken hien
gingen
Die das wilde dier hatte gerächt
Und vor myne fuße hatte ge¬
lacht,
Wir giengen dar bij hien
Und einßdeils dar über hien;
11835 Es dorffte nit einwenig grommen
Umb das Gnade waz dar kom¬
men.
Langes daz mere uff der sijtten
her
Gieng Gots Gnade zu mir reden
her.
[358«’]‘Das mer’, sprach sij, ‘das du
gesijhst,
11840 Das ist die weit, die nummer ist
Aen große anfechten
Durch üppige ere die da inne
wegeten;
Daz ist der blaßbalg den Hoffart
gedragen hait.
Als du mit den äugen dan ge¬
sehen haist.
11845 Durch dis mere wonderlich
Swymment und gent viel lüde
unglich.
11829. sagen n. Orig. m. h eingefugt.
11839. Das mer aus D ... (?).
11842. wegeten, Prät. zu w®jen; Orig.: qni
y vente.
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Dabei belehrt sie ihn über (bis Meer und die verschiedenartigen Menschen darin. 259
Die eine hant die fuße oben.
Das sint die die sich hant über¬
laden
Mit dem sacke der Gridikeit zu
dragen.
11850 Das ist nit gefuglich in dem
mere zu waden;
Dann sine große swere
Drucket yme daz heubt under
das mere
Und dut yne undergan,
Also das er nit kann in dem
mere gan
11855 Odir auch dar zu nit geswymmen
Noch auch ubersich zu klymmen.
[559 r] Soliche lüde achten ich als ver-
lorn
Bis das sij das alles wider hant
verkorn
Und auch wieder nider geworffen,
11860 Daz sij der swerde numme sor¬
gen dorffen.
Die andern die strack da inne
gant,
Der auch einßdeils flugel hant,
Wisse das das sint lüde
Die in der werlet hüde
11865 Nit me suchent dan yren uffent-
halt alleine
Und vort ein gut getruwen hant
zu Gotte alleine!
Die sint in dem mere also;
Dan sij konnent liplich nit an¬
ders dan also
Geleben; aber das geistliche leben
11870 Suechent sij in der weit nit, daz
yn were eben;
11861. gant aus gent.
11864. hüde hint. gestr. alleine.
11875. h nennt den Vogel nach dem Orig.
ortegometra.
Dann sij wissent wo is yn mag
werden.
Dar umb gent und swymment sij
glich uff erden
Und machent yn flugel von
dugenden,
Da mit hoch in oberlandt zu flie¬
gende.
11875 Die lüde gliche ich einem vogel:
[359*] Wann der über mere fliegen sol
Und mit fliegen ist überladen,
So nimmet er sich an zu swym-
men und zu baden,
Und in dem swymmen hebet er
uff sine flugel
11880 Und machet dar uß einen segel,
Daz er sich nach dem winde
möge halden
Und nit zu gronde könne ge¬
fallen,
Uff das er nit möge gefliegen,
Als er vor det, und sich bedrie-
gen.
11885 Also dunt die davon ich mit dir
reden;
Dann sij von notdurfft in der
werlde sint,
Und yre willen doch anderswo
sint
Von den die mit den fußen ge-
bonden sint
Und mit dem krude bewonden
sint,
11890 Wisse das is weltliche lüde sint,
Die gar uff die weit verflissen sint
Und ire gedencke dar uff ge-
slagen hant
11876. über mere durch Längsstrich getrennt.
11883. Orig.: a fin que repuiat voler comme
devant desaus la mer.
17*
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260 Gottes Gnade über die Menschen im Meer und den ihnen nachsteUenden Teufel.
Sich zu fugen zu uppikeit
Und uppeclicher weltlicheit.
[360>-] Sij wollent lieber unnutze zu
schaffen han
11896 Dan jonge kinde die zu den bru-
den sollen gan;
Und durch solichs werden sij
bewonden
Und mit henden und fußen ge¬
benden ;
Ich weiß nit wie sij mögen
swymmen,
11900 Sij hant zu schaffen genug daz
sij gan können.
Von den den die äugen ver-
bonden sint,
Und steent als die die da ge¬
blendet sint,
Wisse das das sint dorette lüde,
Die nit gleubent dann an die ge-
tzierte lüde
11905 Und an das das sij gesehent
ussen.
Sij wollent sich aber nyt müssen
Zu besehen wie die weit innen
• •
sij
Und wie unreyne daz sij sie da
bij,
Und kennent nit das da inne ist,
11910 Und stoppent sich doch mit liste
Als die dorynn die da eine
hubscheit hait,
Davon zu zijden geredt hait
[360"] Salmon und sprach sij were
üppig,
In der episteln von der Magda-
lenen er nit swigt.
11900. gan vor könen übergeschr. u. da-
hinter gestr.
11911. Als a. R. zugcschr.
11920 zwischengtschr.
11915 Mit der uppikeit sint sij gebon-
den,
Die du da gesihst, und Verbünden.
Sij hant äugen da mit sij nit ge¬
sehent
Vor uppikeit die sij dar vor
hegent;
Von glucke und gesontheit
11920 Und auch von grosser uppikeit
Yn yre äugen gar geblendet sint.
Sij sint in noeden, das sihestu
wol,
Von yn ich dir nit me sagen soL
Aber wiltu von dem wilden dier
11925 Icht hören daz da get fischen
schier,
Davon wil ich dir ettwas sagen
Aen liegen, wiltu dar zu getagen.
Das dier heißet Sathan. des sijs
gewiß;
Der dut allen sinen flyß
11930 Alle die in dem mere sint, zu
haben
Mit fischen und mit krappen.
[361 r] Sin schit das ist sine versüchonge
an,
Da mit er versuchet frauwe und
man;
Welichs dar an geh eil et,
11935 Zu hant es in die angel feilet.
Und zuget die balde zu yme
Und dreget sij dann auch mit
yme.
Aber umb das er sij nit alle mag
han
Odir sij nach sinem willen ge¬
fallen,
11932. an zugeschr.
11939. gefahan Hs., aus gehan verbessert;
dabei das a in e zu verändern vergessen.
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Gottes Gnade über die Nachstellungen des Teufels.
261
11940 Das ist das er sij mit angeln nit
alle fahen kan
Und sij mit kleinem versuchen
nit alle bedriegen kan,
Als er wilt, fahet er sij nit alle,
Dar umb hait er gelernet balde
Die stricke machen und spynnen
11945 Und auch die netze die da
swymmen,
Zu machen und dar zu die garn
Mit flugein die die sijtten be-
warn,
Und vor die flugel swebende
garn.
Von den die du gesihst flugel
han
11950 Und ein gut wol gef eilig leben
han,
[361 »] Der fogeier ist er worden.
Umb yren willen hat er sin garn
getzogen
Uff das mere, daz sij mit yren
flugein nit slagen
Und sich da mit nit von yme
jagen.
11955 Von den die er dencket daz sij
ußswommen
Odir auch sust mögen ußkommen,
Ist er worden ein jager,
Und die stricke hait gestalt er
Und auch seile in iren weg.
11960 Da kommet keinre druß er wil
yn hindern,
Is sij an fußen odir an henden.
Du sehe keine spynne nye
Die so manich weppe ye
Gemachte zu fahen fliegen
11965 Odir mochte so groß arbeit an¬
gelegen
11969. es fehlt.
Als das diere sich dar inn müget
Wie es den menschen bedruget.
Zu allen zijden es versuchonge
dichtet,
[362 >■] Allen dag machet es stricke und
die vernychtet;
11970 Allen dag richtet es sine garn,
Sine netze und wilt die nit
spam.
Aber sicher, der wise were
Und auch da bij starck were,
Uff alle sine stricke achte er nit;
11975 Dan is ist anders dan spynne-
weppe nit:
Die sint balde zurbrochen und
zurryssen
So eine große fliege dar wider
finget mit flyssen.
Davon sant Jheronimus
Dar uff sprichet alsus:
11980 “Einre wolle dan, so wirt nieman
uberwonden
Mit sinen stricken noch dar in
bewonden;
Dann sij sint kranck, er und sine
stricke.”
Aber dar umb sage ich is nit.
Du salt dich gar dicke
11985 Vor yme huden flisseclich
Und auch da bij wisseclich.
Dan zu bedriegen hat er dusent
konste
[362»] Und me dan hondert dusent der
du nit gesehen kanst
Es nymmet gerne ander ge¬
machte angesicht,
11990 Da mit es dich bedruge felßlich,
Das is schinet ein engel sin
Des lichtes und gebe schin
11978. Hieronymus, Comment. in epist. ad
Ephes. 2,4 (Migne, Patr. lat. XXVI, col. 512).
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262 Während der Belehrung bemerkt der Pilger eine Jungfrau mit Flügeln an den Füßen.
Und das is nit suche übel zu dun.
Gedencke wie es eins hait gedan,
11995 Und wie is hait bedrogen
Einen heremiten, bij den is sich
getzogen
Hatte, und yme auch erschein
Mit eime angesichte und guden
glichen,
Als obe er were ein engel von
hymelrichen!
12000 “Der dufel”, sprach er, “ist gar
subtil;
Besiech daz du dich nit ver¬
lassest zu viel
Und daz du nit werdest begriffen
Von yme! er kommet morne zu
dir slichen
Und daz er din vader sij, wirt
er glichen.
12005 Ich raden dir balde und schier
Daz du yn zum ersten slahes
schier.”
[363'-] Des andern morgens sin vatter
qwam zu yme,
Davon es missegieng yme:
Sin soen yn gesag, der 3 m slug
12010 Bis uff den dot und uff die erde
yn slug.
Subtilenclich Sathan yn bedrog,
Und er sich des zu spade under-
tzog.
Vor yme dich hude, wiltu mir
gleuben,
Vor sinen netzen mit gebonden
scheuben!
12015 Es ist der von dem sant Petter
saget,
11996. vor heremiten gestr. he.
12015. I. Petr. 5,8.
Der sich flißet dag und nacht
Daz er dich möge fahen und ver-
slynden,
Obe du dich wolies zu >Tne bin¬
den.
In viel wege und wijsen
12020 Hait er manich schaff vom leben
gewijsen,
Und auch viel lemmer
Hait er gescheiden von der
memmen
Und sij auch erwürget
Und in sinen buche verslurget
[363»] ich wene, wistestu is, is gefiele
dir nit wol;
12026 Dann ich sehen das dich itzo
verdrießen sol.
Nu hude dich vor yme, ich ver-
dragen mich
Kurtz, daz ich nit zu mfide
mache dich!’
Als also zu mir rette
12030 God6 Gnade und sich zu mir ge-
kert hette,
Vor mir ich da gesach
Eine dierne, die dorheit genug
was.
Als mich beduchte,
Druch sij einen hüte
12035 Und hatte an yren füßen
Federn als die kuesche duben
haben mißen.
Zu ire wolde ich reden und
sprach:
‘ Jungfrauwe, is duncket mich
[364 p ] Das ir uch dorlich stellent glich:
12040 Ich weiß nit war zu ir dienent
12036. kuesche übergeschr.
vor 12038 Bild (89) mit Nebrnschrift rechts: Jugent die Redt zu dem weller. eine
Frau (Jugend) mit einem halb grünen und halb roten Flügel an jedem Fuße vor dem Pilger .
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Die Jungfrau (Jugend) gibt Auskunß über ihr Wirken.
263
Odir wie ir so jung sin schinent.’
Sij sprach: ‘wistes du wol
War zu ich dienen und mynen
wander verfol,
Du rettest wieder dis noch das,
12045 Sonder du fochtest mich bas.’ —
‘ Wie sint ir so gar weselich ?
Mich duncket wol gelich,
Obe ir feile sin mochtet,
Daz uch kein man ubergelden
mochte
12050 Odir auch zu viel lieb ge-
haben.’ —
‘Du en misseredest nit viel dar
an,
Der myn wol were gewan;
Aber es ist zu male hart zu dun
Luden die nit sint von hübschem
dun.
12055 Ich heißen Jugent, die lichte,
Die geilerynne, die leuffersse,
Der sprincke und die sprengersse,
(364*] Die alle leit achtet nit einen
hentschue.
Ich gan, ich kommen, ich fliegen
nu,
12060 Ich tryppeln und dantzen und
dun is alle;
Ich gan und lauffen, is falle wie
is falle,
Ich lauffen und ringen
Und mit glichen fußen springen
Uber die graben und stossen den
stein
12065 Und sprechen kein male nein.
Ich gan über muren und hecken
Und lassen mich nutschit er¬
schrecken,
• ^ “ * * *
12043. verfol = verfolge.
12046. weselich] Orig.: gente, h: eyßlich.
12076. ror snelle gestr. seile (?).
Wil ich myner nachbur eppel
han,
Uber die zune in den garten zu
gan,
12070 Und stigen uff einen appelbaum
Gar balde und lichteclich ane
draum.
Nit umb suß bin ich gefidert:
Myn fuße dragent mich balde
dar ich han begert;
Sij hant flugel, das sihstu mit
den äugen wol.
12075 Zu zijden waz einer genant
Azael,
Der was subtile und snelle,
[365 r ] Der hait sij zu zijden gefurt mit
yme,
Aber es wart wol zu sure an
yme.
Zu viel lichtikeit ist ettwan nit
gut;
12080 Dann sij an dem leben schaden
dut.
Es ist viel besser ein wiser mitt
sweren fußen
Dan viere dore mit fliegenden
fußen.
Dar umb vor zijden die heilige
kierche
Hat geordent daz man nit solle
suchen
12085 Lichte lüde die sij regieren
sollen:
Füße von blye die mechelich gan
sollen.
So lange als ich gefydert bin,
So lebe ich nach dem willen
myn;
[12076.] Kustode unten auf Bl. 364»; der
hat sij zn zijden.
12081. nitt Hs., dahinter Tintenfleck.
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264
Jugend gibt dem Pilger ihre Absicht kund, ihn über das Meer zu tragen.
Den muß ich auch erfüllen
12090 Und einen ballen han zu spielen.
Ander knicken darff ich nit;
Drüge ich eine, daz dede myn
dorheit,
Myne fuße mochtent nit gelaßen
Zu flettigen noch ire fliegen
laßen.
12095 Noch bin ich nit erfüllet
[365 r ] Mit spielen mit der zollen
Und han auch nit den follen
Zu spielen mit den kegeln
Odir auch mit den enckeln
12100 Noch zu spielen mit dem nunden-
steine,
Lieder zu hören und seiten spiele
deine
Und zu suchen mynen wollust.
Es ist noch alles umb sust;
Dann wie viel mich leret myn
vatter
12105 Odir waz mir sagen mag myn
mutter,
Keinen gedanck han ich dar
nach;
Dan zu spielen ist mir gach
Und myn wollust zu bestellen.’
‘Dienent ir’, sprach ich, ‘iergent
zu?’ —
12110 ‘Du wirst is balde gesehen nu;
Dann yetze wil ich dich uffladen
Und dich durch daz mere dra-
gen.’ —
‘Wollet ir mich dragen? hant ir
gesagt,’
Also sprach ich, ‘ir kleine magt?
[ 366 r] i r wollent mich lichte dragen,
12116 Wann ir redent von mir zu tra¬
gen.’
‘Drage ich dich nit’, sprach sie,
‘Balde so findestu hie
Die dir nymmet die sele uß dem
libe,
12120 Daz du nit magst lebende be-
liben.’
‘Ha’, sprach ich, ‘was dinges ist
der dot?’ —
‘Das wirdestu dan gewar mit not
Wan so du Alter hast gesehen
kommen
Und das sij zu dir ist kommen.’
12125 ‘He’, sprach ich, ‘wo ist sij,
Alter,
Wo wanet sij odir waz ist der
mer?’ —
1 So is zijt ist, so wirdestu is
gewar,
Aber es ist noch lange dar.
Her die handt! ich wil fliegen
12130 Und dich durch daz mere dragen
und ziehen.
Da wirdestu gesehen me wonders,
Wo du nit ze sere sieffest an¬
ders.’
[366'] Da aen langer beiden sij mich
nam
12115/*. h: wolt ir raych dragen, so wolt wie das im Orig, und auch in h (statt 12120:
ir nit kleyn arbet han, dwile ir mich redent Der selbe ist gnant der dot) der Fall ist.
zu dragen. 12129. handt aus hant.
12121. Die Frage des Pilgers, was der Tod 12130. durch dz üb. gestr. über.
wäre, ist hier unmotiviert, da unser Übers, die 12132. ze sere übergeschr.
Jugend dieses Wort nicht hat gebrauchen lassen,
vor 12133 Bild (OO) tnit Überschrift: Wie Jugent den weller dreit.
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Jugend fliegt mit dem Pilger über das Meer.
265
Mit der handt, bis uff iren hals
mich heben began
12135 Und fieng da an zu fliegen
Und über das mere zu stigen.
Ich was auch nit zu male sicher
Von den grossen lünden, die ich
sach her,
Und umb daz sij mich dar under
dünckete,
12140 Als dicke sij das gut dünckete.
In große schrecken bracht sij
mich dicke
Durch yre dorhete geberde, die
sij det dicke.
Cirtain, Caribdin und Sallany,
Bitall assum und Cirenany
12145 Und ander ungefelle in dem mer
Det sij mich fülen und 1yd en
sere.
\ 367 r] Und wissent ir nit was da ist
Cirtes nn,
Caribdis und die ander dru,
Ich sagen is uch kurtz;
12150 Dann ir wollent an ander ende
kurtz.
Sciertes eigen wille ist,
Der also sant gehüffelt ist
Und machet einen berg in dem
mer.
So man wenet dar über faren
her,
12155 So muß man beliben halden.
Sehe ich frauwe odir man
Der an sich selbs zu viel hielde
Und sinen willen zu viel be-
hielde
Und die hüffelte by yme
12160 Und nit als ein ander dede, ich
spreche zu yme
Er were sant und sabel,
Der sich zu viel huffeit zesamen,
Der do machet hoberet des meres
gront
Und alle wege die man faren
solt.
12165 Daz ist Sciertes die sorgliche;
Hudte uch dar vor. sij ist föcht-
liche!
[367«’] Caribdis is die wißheit
In der werlde und die beschidi-
keit
Von weltlichen werffongen
12170 Und von yren bekommerongen.
Soliche Sachen gant allen dag
umbe,
Allen dag kerent und wendent
sij sich umbe
Und komment alles wider an
yren anefang
Und belibent keine zijt in eyme
stände.
12175 Dasselbe eine bewegonge ront ist,
Die selbe an dem ende als am
anfange ist;
Keine hinderonge sij hat noch
ende
Als daz mulen rat, daz sich wen¬
det
12134. handt aus h&nt.
12140. an dünckete ein t am Schl, gestr.
12143. cirtain Hs., wohl verlesen für Cirtam,
Circayn h; Orig.: Cirtem; gemeint sind die Syrten,
Syrtea. sallany Hs., sallayn h, offenbar wieder
durch unsere Form beeinflußt-, Orig.: Scillam.
12144. cirenany Hs., Cirena myn h; Orig.:
Syrenam.
12154. vor So gestr. wann.
12159. Der Plural die ist wohl veranlaßt
durch den Plur. ses vouloirs im Orig.
12162. vor huffelt gestr. zu samen u. da¬
hinter zesamen zugefügt; ein über das gestr. zu
samen geschriebenes vnd wieder zu streichen.
12163. hoberet aus hoberecht.
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2G6
Jugend macht den Pilger mit den Fährlichkeiten des Meeres bekannt.
So lange als yme daz wasser
kommet.
12180 Obe uch von Salmon gedencket,
Wie er also gecirculet hait
Und wie er alles versuchet hait
Und wie er alle Sache geachtet
hait
[368'-] Das is alles uppikeit sie
12185 Und anefechten und liden da bie,
Daz schetzete er alles vor uppi¬
keit
Und achtet is auch vor kein leit,
Als ir daz in syme exempel, obe
ir wollet,
Wol mercken und verstaen
moget;
12190 Dann er alle sine bekommeronge
Und auch sine übonge
Alles in einen Caribdis besloß
Und dar inn bewant, der ist nit
groß.
-Scilla und Bitallassum
12195 Sint auch zwene böse nam.
Scilla ist genant widerwertike.it,
Bitallasus glucsammekeit.
Daz sint Sachen und getzug
Da mit umb gan dut
12200 Gluck sin radt und schiben
Uud uff und abe driben.
Bitallassus dut is uffgaen,
(3öS'] Scilla dut is zumale abegan.
Ir hant is gesehen an den
wenden,
12180. Ecclesiastes 1,14.
12181. ge in gecirculet übergeschr.
12184. ist.
12194. Enfcilla Us. und h. Vas nicht ver¬
standene Orig. (11937/8) hat:
En Scilla et Bitalasso
Von» di aussi qu’a mauves no.
12*201. hinter is fälschlich II i t II*., h nach
Orig.: iß geinalet gesehen.
12205 Ir wissent is wol, da mit ich
swigen senden.
Widerwertikeit dut alles Scillen;
Dann wann yemands da durch
sal gan,
Der wirt gestossen und bewydert
Und in floß des meres genydert
12210 Höndes zende grynent yn an
Murmelende wan sij yn gesehen
an.
Es ist ein ungefal daz sere
fochtent
Viel lüde und sich nit gerne dar
in stossent.
Aber doch ist die ander nit desta
mynner zu fochten
12215 Die sij recht an gesehen mochten
Das sij ist haidende und arg¬
willig,
Hinderende und vollechig,
Das ist von richtom, weltlycheit,
Eren, sterckede und üppiger
schone:
12220 Daz ist wonder daz sij schone
136» r] Mögen beliben die da durch
gant.
Syrena ist weltliche wollust
genant,
Die durch yren wollust gant
Und durch yren felschen gesang
dut
12225 Das die schifflude zu ir ziehent
Und den guden weg fliehent.
12206. alles Sc.] iß allez füllen [?] h, com
Scilla Orig.; alles = als.
12222. in Hs. und h kein Absatz.
12223. gant sinnstörend zugeschr. E. schlägt
vor:
Die durch yren wollust ganc
Und durch yren felschen gesang
Dut das die schifflude zu ir ziehent.
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Plötzlich kommt links auf Jen Meercsicellen ein altes Weib geritten .
267
Daz ist ein myssefal dar mich
.furte
Dicke Jugent und mich dar
druge.
Ich gleube daz sij die misfelle
lieb hette
12230 Odir daz sij mich zum dode lieb
hette.
Nu sage ich uch, da sij mich
also hatte gedragen
Lange, uff die lincke sytte ich
gesage
Eine altwip, das da reidt
Uff den lunten des meres breidt
[369"] Und hatte umb sich gegurt
12236 Als eine nachtfare eine große
hudt.
Inn einre hant sij eine zange
drug,
In der ander einen hamer, waz
gros genug,
Da mit sij mir von ferren sere
drauwete
12240 Und sprach daz ich abestunde
und mich sere zauwete:
Ich solde nit me also gedragen
sin.
‘Du must leren swymmen fin,
Als die ander dunt, in dem mer!’
Da wolde ich wissen war zu sij
dienen were,
12245 Und dar zu iren namen
Und wer sij were aen schämen.
‘Sage mir’, sprach ich, ‘war zu
dienest du?
Wie ist din name und wer bist
du?
War umb drauwest du mir?
12250 Ich han doch nutschit ubels ge¬
tan gheen dir,
Daz weiß ich nu gar wol!’
Sy sprach: ‘ich dir antwerten
sal:
Ich wil dir sagen daz myne hudt,
[ 370 r ] Myne zange und myn hamer gut
12255 Bewisent genug myn hantwerck;
Dan is ist getzug zu smyde-
werck.
Mir bristet nit dann ein anebuß;
Hastu einen, ich dich wilkom
heißen muß;
Dann so du einen hast, so wil
ich smyeden
12260 Dine kröne und wol bereyden,
Und hastu keinen, so bistu ubel-
kommen,
Das saltu wissen und balde han
vernommen.
Myne streiche slahe ich nit ver¬
gebens,
Uff den anebuß odir uff dich lan
fallen eben.’
12265 Da zu hant gedachte ich
An das edel wammesch glich
Daz Gots Gnade in yrem huse
hatte
Und sij mir zu einer zijt gegeben
hatte,
Dar an hinden waz ein anebuß:
12270 Das brachte mir da kleine büß.
Es waz zu spade, ich hatte zu
lange gebeidt;
Dann ich is nit an hatte vor ein
cleit.
[ 370 ”] Er hait zu lange gebeit zu
wappen sich,
vor 12231 Bild (91) mit Nebenschrift rechts: Anfechtonge, durechtonge, bedräng, Schäme
und schände, auf den Meereswellen siteend ein (Utes Weib mit großer Kopfumhidlimg und Zange
und Hammer in den Händen.
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2(38
Das Weib (Anfechtung) gibt sich zu erkennen.
Wann er ist kommen in den
torner glich.
12275 Balde genug sij mich das wisete,
Aber des uberigen sij mich vor
underwijsete.
‘Ich bin’, sprach sij, ‘die golt-
smydinne
Von dem hymmel hoe und die
smydynne
Die macht und smydt in diesem
lande
12280 Die krönen vom paradise aen
schände.
Den metale da mit ich arbeiden
wil,
Ich slahen und smyeden wan ich
yn beweren wil;
In einen bornenden ofen ich yn
dun
Zu besehen waz dar an wolle
abegaen.
12285 Eine stont nemen ich yn mit der
zangen
Und machen yn breit und yn
1 engen,
Und die ander stont machen ich
yn wyder
Und smieden yn uff einen hülfen
wider
Mit dem hammer da mit ich
slahen.
12290 Den guden metale ich bessern
mit slahen
Und den bösen machen ich böser.
[37i r ] Anfechten nennet man mich sere,
In allen schrifften bewert sere.
12274. glich hint. gestr. Rieh.
12283. ofen üb. gestr . offen.
12286. das zweite yn übergeschr. lengen aus
langen.
12297. Als a. R. zugeschr.
Myn hamer heißet durechtonge,
12295 Da mit ich viel lüde driben umb
Und slahen sij mide, wan mir
eben ist,
Als große streiche daz yme nit
eben ist
Wann er nit anehat
Daz wammesch daz Gedechteniße
gedragen hat,
12300 So ist er verlorn und zerstöret
Job hette des vor zijden wol be-
dorfft
Und alle die die in dem kalender
stent,
Und viel andern die nit da inne
stent;
Dann ir viel sint, und der
kalender zu klein ist.
12305 Hettent sij den anebuß und daz
wammesch nit gehat
Und hetten is nit wol an getaen
gehabt
So hetten sij nit mögen gelyden
Die große streiche da mit ich sij
det smyden
Und slahen aen underlaß.
12310 Myn zangen sint yn auch gehaß
[37J»lUnd sint geheißen bedräng,
Da mit ich drucken und dun
betwang,
Den angest und auch die not,
Davon sint dicke gestorben dot
12315 Und auch viel hertzen bedrubet
worden
Und auch so hart gedrucket
worden
12301. A Job Hs. u. h! ob A als Interjektion
zu halten? abermals das Orig. (12033) nicht
verstanden:
A Job jadis out grant mestier
Et a touz ceua ...
12302. Yn zugeschr.
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Anfechtung erklärt ihre Ausrüstung mit Hammer , Zange usw.
2l>9
Das sij dicke hait beducht
Das sij inn einen kelter weren
gedracket,
Davon man dicke gesehen hait
12320 Das das wasser uffgedrongen hait
Und von trehenen ein großer floß,
Die von den bedränge sint uß-
geschoß.
Die hudt davon ich machen
myn furduch,
Heißen ich schäme und schände
genug.
12325 Dan wann ich yemans genegelt
han
Und viel gesmyedt und wol ge-
hemmert han,
Is sij zu rechte odir zu unrecht,
Das er sal gedoet werden siecht,
[ 372 r] lg s j[j doch an beden
12330 Gerichten odir auch an rechten,
Geistlich odir werntlich:
Zu handt so machen ich
Das yme das an siner hudt
Wirdet faste zu sure uberludt;
12335 Dann an der samenonge und an
siner hüdt,
Die ein fremde fürdüch dwt,
Kennet man den ich durechten
Und über den ich dun rechten.
Man sicht wol an siner gestalt
12340 Daz er wirt gejaget mit myner
ge walt;
Schande und schäme er des hait
Das ich yn solich gar dein
achten.
Ein furduch ich das trachten
Yn vorter zu smieden
12329. hint. beden gleich schwarz gestr. ij.
12330. an übergeschr.
12332. handt aus hant.
12336. dunt Hs., ist h\ Orig.: Qui est un
forain devantel.
12345 Und in merer leit zu brengen
myde.
So der man me schäme hait,
So merer anfechten yme nachgait.
[ 372 »] Hastu soliche hudt, daz wil ich
erfarn
Und myn furduche da mit be-
warn,
12350 Und dar nach wil ich me fri-
licher
Uff dich slahen und hertlicher.
Bistu also, so komme: entwer du
must brechen
Odir must gar helle luden und
krachen.
An dem leren dinge ist nit dan
grommen
12355 Wan man mit harten dingen dar
uff sal kommen;
Ich weiß is wol, ich han is ge¬
bracht,
Is wart mir befolhen, lange han
ichs versucht.
Adonay hat mir is befolhen,
Da er mich smydynne macht
verholen
12360 Vom hymmel.’ — ‘Laß mich sehen
obe du war sagest!
Wo ist din brieff und die macht
die du haist?
Wann ich sij nit han und ge¬
sehen nicht,
So wil ich dir nit gleuben icht;
Wo du sij nit lysest und ich sij
nit sehen,
12365 So wil ich dir keiner warheit
jehen.’
12352. Sinn? wohl wieder das Orig. (12077)
missverstanden: - Se tu es vuit [vint gelesen?],
tu briseras. h richtig: bistu hole.
12354. An aus am. de übergeschr.
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270
Anfechtung legt dem Pilger zwei ihr verliehene Muehtbricfe vor.
[ 373 r ] Balde sij da inn yren busem
stieß
Yre hant und dar uß ließ
Iren brieff und sprach zu mir:
‘Wilt dis nit genügen dir,
12370 Von eime andern meister ich ein
ander han,
Die ich dich dar nach auch wil
sehen lan.’ —
‘Den selben wil ich auch han!’
Sij gab sij mir, ich sij gesehen
han:
Sij alle beyde ich da las.
12375 Davon die erste also geschriben
was:
‘Adonay, des gerichtes konnig,
Des macht sich nit entmynret,
Der große keiser der naturen,
Des riche allewege sollen weren
und duren,
[373'] Gruß zu Anfechtongen,
12381 Solich gebot wir ir dun zu ge-
bongen!
Von nuwem verstanden wir han
Das die stieffmutter der Dugent
solle han,
Glucksammekeit, geslagen ire
hant
12385 In unser weltlich lant,
Das da ist unser konnigrich,
Dar han wir unser soldener rieh,
Yn gelacht die kogel
Vor das gesichte oben
12390 Und hait yn ire Wappen ge¬
nommen,
12376. könig vor des gestr. u. a. Schl, zu-
geschr .
12379. wer6 vnd übergeschr.
Bockeier und swert auch ent¬
nommen
Und wilt sij fueren aen beyden,
Mit dem getzug der freuden
hencken leyden.
Und noch me das sij geleret habe
12395 Die bestellonge die von langer
zijt her abe
Wir und unser gnade hatten in
gelacht
Und in viel ende unser lande
bracht.
Wir hatten wenig guder slosse,
[374 r] Wir hetten ettwas faste dar in
gestossen
12400 Viel guder faße, dar vor wir
hatten gesatzt
Uß dem paradise grossen schätz.
Das was der süße ingoß
Unser gnaden und der infloß
Unser rede: daz ist edeles
Schatzes viel
12405 Dann Silber, golt odir gesteines
viel.
Und umb daz du auch unser
sache sijst
Und auch unser dienerynne bist,
So gebieden wir dir und befelhen
Das du wolles durch alle huser
eben
12410 Und das du Glucksammekeit also
suches und findes
Und sij also straffes und byndes
Das sij wider uns nit me sagen
Odir wider uns. icht bejagen
12384. vor geslagen zu streichendes habe.
12404. I. edelers? (H.).
vor 12376 Bild (92) mit Nebenschrift rechts: Anfechtonge gibt dem weller yre macht
(vor macht gestr. erleubniße) brieffe zu lesen. Das Weib überreicht dem Pilger ein langes Blatt
Papier, ein zweites hält sie noch in der Hand.
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Der erste Machtbrief ist von Adonai, der zweite von Sathan.
271
Odir auch widerstant dun solle.
12415 Wir entbieden dir dar nach also
Und gebieden dir daz alle die
die also
Yre kogeln hant verkert
[374 •] Und sich zu Glucksamekeit hant
gekert
Und sich hant mit yr verbonden
12420 Und ire äugen da mit gebonden,
Das du sij stosses so scherfflich
Das sij bedenckent und besynnen
sich,
Das sij yre äugen wollent also
entbynden
Das sij mögen den hymmel finden
12425 Und yn auch mögen angesehen.
Wolden sij, sie weren gebonden
nit,
So wurden sij auch gestossen nit.
Dar nach wann yn sint zerrissen
Yre wappen und verslyssen,
12430 Das du sij yn dan wider smydes
und maches
Und sij balde wider an dun
duhes.
Dar umb han wir dich gemacht
smydynne
Des paradises und goltsmidynne.
Dar nach entbieden wir dir auch
vor alle
12435 Daz du wolies zu dir nemen
balde
Alle ergetzen, luste und spiel
[ 373 >■] Und alle freude und weltlich
spiel
Nemen und halden in diner hant,
Und das du von dem pletze nit
kommes zuhant
12440 Du habest is dann alles uff-
gelesen.
12422. vor sij gleich schwarz gestr. bij.
Wir wollent nit daz mit solichem
wesen
Unser soldener gehangen werden.
Und wo wir des innen werden,
Wir geben dir auch folle macht
12445 Daz du siest gar wol bedacht
Und gest besehen
Obe unser fasse eben
Vol sien und obe icht da inne
sie.
Wann du dar an kloppes, so
hellen sij;
12450 Sint sij nit vol, so gehorestu
murmeln:
Daz ist ein Zeichen dar an du sij
solt erkennen.
Das zu dun geben wir dir
Gantze macht und gebieden dir
Das alle die dir undertenig sint
12455 Aen Widerrede und dir gehorsam
sint,
Sij sient groß odir kleyn,
[375*] Das du bij yn siest gemein.
Dis geschag uff den dag und in
dem jare
Da Adam ein ende nam vorware.’
12460 Den andern machtbrieff ir horent;
Die ist nit solich, als ir werdent
hören:
‘Der ammiral von dem mere,
Sathan,
Figent des gesiechtes Adam,
Konnig und herre der boßheit
12465 Und durechter der gerechtikeit,
Gruß zu Anefechtonge,
Soliche als wir ir gebieden
können!
Wir hant von nuwem verstanden,
Das uns nit wol gefellet in
unsern landen,
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272
Anfechtung gibt Auskunft über ihre beiden Machtbriefe.
12470 Das die knechte Adonay
Haben nu understanden hy
Das sij in der stat dannen wir
gefallen sin,
Da selbes wollent entphangen sin,
Und hat ieclicher genommen
einen stab
12475 Und einen sack, als man nns
sagt,
Und sagent daz sij den weg
anefan
[376 r ] Als ein pilgerin zu gan.
Umb die selbe sache wir dir ent-
bieden
Und dir auch da mit gebieden
12480 Daz du dar gest und dich sere
zauwest,
Faste slahes (und nit endrauwest)
Alle die du dar sijst stigen.
Was du des yren kanst finden,
Da mit duhe nit mynner dan du
Job dede,
12485 Dem du sin zijtlich gut neme!
Nym yn sack und auch stabe,
Das er bis an longe und teber
nit habe!
Dine zangen stoß yn in den lib,
Also das du yn ziehes uß dem
libe
12490 Ire hertze und ingeweide,
Als du Judas dede zu leyde,
Und daz sij sich hencken vor
freude!
Des geben wir dir gantze macht.
Dis geschach in der zijt und uff
den dag
12487. beber Hs.; Orig.:
Et jüsqu’aa foie et au pommon
En cors leur bonte les tenailles.
12492. freude] leyde h; Orig.: et qu'il se
pendent a son las.
12495 Da in dem paradise gab den stig
Dem schecher der Juden konnig
frig.’
[376*] Da ich die machtbrieffe hatte
gesehen
Flißelich und auch hatte gelesen.
Ich fielde sij und gab sij ir
wider.
12500 ‘Daz dich Got hude’, sprach ich,
‘sage mir mer,
Wiltu der beider gebrachen
Odir welichs wiltu brachen?
Sij treffent nit beide zu eyme
ende,
Als vergifft und dryackel be¬
hende.’
12505 Sij sprach: ‘wann ich dich slahen
Und uff dich hemraern,
Dann so wirstu wissen, obe du
wilt,
Welicher der ich gebruchen wil;
Dann wo du ein wort ludes odir
spriches
12510 Dann das du Got siner gnaden
bijdes,
Dann magstu wissen vorwar
Das ich dir dienen zwaer
Mit der dugent des ersten
brieffes;
Aber verwandelstu dinen sieden
12515 Got und sine heiligen zu ver-
myden
[377r] Und dinen sack zu legen nyder
Und dinen stab zu stellen nyder,
Als da det Theophilus,
Dann magstu wissen dis
12494. den übergeschr.
12508. I. Weliches?
[12515.] Kustode unten auf Bl. 376*: vnd
ding sack zu.
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i
Dann versetzt sie dem Pilger einen Schlag, daß er ins Meer fällt.
273
12520 Das ich is dun durch den fient,
Also daz is nit me dann an dir
stet
Weliches ich ee solle gebrachen.
Dan nach dem ich ersuchen
In des mentschen hertzen und
befinden,
12525 Dar nach arbeiden ich inn yme.
Glich als die heiße sonne
Drucket die dieffe wege und
machet sij schone
Und weichet unslit odir wahß,
Also mag ich von mir sagen das
12530 Daz, dar nach die materie ist
gestalt,
Dar nach wil ich dienen halt:
In manicherleye weg ich ar-
beyden.
Nu wil ich nit langer beyden;
Nu hude dich, ich mag nit langer
verhalden
Dich zu slagen und das gar
balde!’
12536 Balde do sij daz hatte gesaget,
sij qwam
Glich zu mir und hart sij mich
nam;
Glubde sij mir hielt und slug
mich
Das in das mere fiele ich.
12540 Jugent ließ mich fallen da,
Machte sich enweg und floch da.
Aen beiden were ich erdroncken,
Hette myn stab mir nit geholffen;
Dann ich hielde mich hart an yn
12521. daß gleich übergeschr.
12522. das erste e in ee auf Basur.
12545 Umb das ich nit konde swymmen
da in;
Uud hette ich is wol geleret ge¬
habt,
So was ich doch zu sere uber¬
lacht.
[378 r ] Ich sach viel die da wol swom-
ment
Und ire hende verre von yn
strecketent
12550 Des yren zu geben willeclich
Den armen, so es was notlich,
Und viele ander die regetent
Yre fuße und gerne giengent
Durch Busse die ferren wege
12555 Und auch die langen bideferte.
Das ist die wise zu swymmen
Das ich gesag in der weit, und
klymmen.
Aber also swam ich nit;
Dann allein ich mich hielt
12560 An mynen stab, der swam oben
Und fiel nit zu gronde, daz ich
loben.
Nu sage ich uch: als ich also
swam,
Gieng mich hemmerende an
Und slug mich die smydynne
12565 Und druckete mich hart mit yren
zangen inne,
Das ich waente lange
[37«'] Ich were in eine presse gelacht.
So was mir myn hertze bedacht
Mit jamer daz ich nahe hatte
gelassen
12545. swyme.
12565. inne eugeschr.
vor 12536 Bild (93) mit Überschrift: Wie anefechtonge heldet dS weller in dem mer.
Kur der Kopf und eine Hand des Pilgers ragen aus dem in blauen und weißen Wellenlinien
dar gestellten Meere hervor.
Deutsche Text« des Mittelalters. XXV.
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274
An seinen Stab geklammert, fleht der Pilger Gott um Beistand an.
12570 Und mynen stab in dem mere
swymmen lassen
Wo er hette wollen hyn gan.
Da ich mich in solicher not ge-
sach stan,
Do bat ich Got gnade und
sprach:
‘Gnade’, sprach ich, ‘milder
schopper, ach!
12575 In myme liden und in myme
smertzen
Abestendig sijs mir nit von
hertzen!
Obe in myner jugent myn leben
ich
Hette verslissen mit dorheit
glich,
Milder schopper, daz ist mir leit
12580 Und ruwet mich, als is billich
sol und geit!
Dan da ich Jugent gesach vor
mir stan
Und dine Gnade auch da bij
wolde han?
Die mich auch dicke furte frij,
Die ließ ich und det mich
dragen sij
12585 Von der dorette durch das mere
wagen.
[370r\ p a hait sij mich gedragen; nu
bin ich gefallen,
Nu ist is mir vorwaer zu male
missefallen.
Lihent ir mir nit eine Zuflucht,
Als ir in der zijt der sintflucht
12570. Vnd a. R. eugeschr.
12571. vor Wo gestr. gan.
12572. stan zugeschr.
12576. von hertzen zugeschr.
12577. vor in gestr. ich.
12578. glich eugeschr.
12580. vnd geit zugeschr.
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12590 Durch uwer gnade daden Noe,
So sihstu, milder Got, daz mir
ist we.
Mache mir von dir ein verbergen,
Eine sache dar in ich mich ver¬
bergen,
Mich zu verhelen da inne
12595 Vor dinre smydynne,
Und mich möge da inne be-
halden.
Und wiltu is nit dun mit dir
selber,
So wolies is zum mynnesten
lassen,
Milder Got, dun dine Gnade mit
massen,
12600 Daz die möge bij mir sin
Als sij ettwan plag zu sin.’
Alß ich also myne bede det,
Die smydynne balde zu mir redt
Und sprach, sijt daz ich nit hette
12605 Nider gelacht mynen stab und
gebeden hette
[379»] Gode sinre gnaden, so wollte sij
fueren mich
Zu Gods Gnade und geleiden
frilich.
‘Ich bin’, sprach sij, ‘glich
Als der wyndt, der sich
12610 Wendet mit dem blade:
Wan daz gefallen ist von dem
bäume abe
Und daz is mit dem wynde be¬
griffen ist
Und ettwan wilt stigen ubersich
12582. wolde han eugeschr.
12589. ir üb. gestr. du.
12590. uwer üb. gestr. dine. dadS aus dede.
noel trotz des Reims Hs. (mit der Metzer Hs.
des Orig .); h richtig noe.
12599. mit massen zugeschr.
12602. in der Hs. und h kein Absatz.
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Jetzt ist Anfechtung bereit, ihn zu Gottes Gnade eurückzuführen.
275
Und kommet dar nach daz is
niderfellet
•
12615 Und daz is yme also missefellet,
So ist is not ane beyden
Daz man yme helffe vor ver¬
leiden,
Daz is werde widerwant,
An gut ende und stat gewant,
12620 Das is nit zu male verderbe
Und doch ettwas guds erwerbe.
Ich bin die die das hantwerck
gerne deit
Wann ich da bij bin und not
deit:
Ich straffen die zu viel verlassen
sint,
12625 Und slahen die die zu dicke sint.
[3S0»-] Die verirreten zu wege wisen ich,
Und ich wurde nummer frolich
Ee das ich nit mochte finden
Abesatz da ich sij verbürge inne.
12630 Die eine driben ich an sine be-
duronge,
Die ander vor sine konniglich
begnadonge;
Die ander ich aen beiden
Zu siner Gnade selbs geleiden,
Und ich fueren sij dar gerne
12635 Odir aber an den obersten sterne;
Die ander ich furen mit zuge¬
lachten henden
Bij ettlichen sinen heiligen zu
wenden.
Da liyen ir ieclicher sich ver¬
bergen wilt,
12616. vor ane gcstr. dz.
12625. dicke üb. gestr. feiste.
Dar selbs ich yn auch fueren wil,
12640 Und umb das Gots Gnade der
stamme ist
Der doch alletzijt zu finden be¬
reit ist,
In dinen noeden ich dich dar
fueren:
Nit achte obe dir zu swere sij
daz fueren!’
Alse Anefechten also
12645 Mir ertzalte ir rede do,
[380»] Do sag ich daz ich nahe was
Bij dem staden da myn synne
hin was.
Gots Gnade sach ich da sij saß,
Und daz sij nit beweget was.
12650 ‘Her’, sprach sij, da ich nahe
was,
‘Wo bistu gewest, wannen
komestu so naß?
Ich waende ich hette dich ver-
lorn,
Da ich dich nit me sach hie
vorn.
Du haist mich gelassen gar dör-
lich:
12655 Ich weiß nit wie du hast dorren
dich
Wieder zu mir gekeren.
Sage mir, das dich Got ere,
War umb hastu gelassen mich?
Und auch da bij: wer hait dich
[38i r ] Wider gefurt her bij mich?’
12661 Da ich sach daz sij also
straffete mich,
12633. fine übergeschr.
12660. vor bij schwarz gestr. bij.
vor 12648 Bild (94) mit Nebenschrift rechts: wie gods gnade dem weller bilffet vß
dem mere. Darstellung ähnlich der des vorigen Bildes . das Meer hier grün; die aus dem Meere
hervorragende Hand des Pilgers Gottes Gnade entgegengestreckt .
18*
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276
Gnade hält dem Pilger seine Torheit vor, daß er sie verlassen habe.
Balde ich sprach: ‘frauwe, be¬
gnade mich!
Sicher, ich bin mich von uch ge¬
schehen notlich
Und bin von uch kommen dor-
lich!
12665 Ich han is dure sijther kaufft,
Aber mich hat wider her zu uch
bracht
Die große smydynne getzelt:
Sehent wie sij mich hie noch heit,
Und aen mynen willen sij mit
mir kommet!
12670 Dribent sij enweg, dan is mir
eben kommet;
Des bijden ich uch daz ir das
duhent mir,
Das ich entragen werde von ir!
Mir genüget wol daz sij mir hat
getan
Die wijle sij mich hat wider zu
uch dun gan;
12675 Noch han ich viel gedenckens
Das ir von mir uch laßent
sencken.’
In dem als ich myne bede also
det,
Die goltsmydynne sich naher det
|3&f*]Und drug yren getzug mit ir:
12680 Das was nit zumale leit mir;
Aber viel müder me sij mich
ließ da
Dan ich in langer zijt waz ge¬
wesen da.
Da sagete Gods Gnade mir:
‘Nu sihstu wol wie is ist gl egen
dir
12685 Und wie übel das da lit
Ein man der da wilt wissen zu
wit
Als die geiße die da sere kratzet.
Hastu dich mit allen Sachen wol
ergatzet,
Das du nit rüge haist gehabt
12690 Du sijs dann uff und abe gejaget.
Und mich hast gelaßen in diiler
sintflucht,
Wie ich doch bin dine Zuflucht
Unseliger, truriger, war flugest
du,
War giengest odir was dedest du
12695 Were ich nit din schirme,
So man dir wolde verdrieß dun?
Unseliger, was woldes du dun
[382 r] D a dich unwilligete yetzont
Anfechten? hette sij mich nit zu
stont
12700 Hie fonden in dieser gegen,
Sij hette dich gefurt in eine
ander gegen
Zu bösem staden und dich dar
bracht,
Das were: zu dem fischer bracht
Von dem sij yre machtbrieffe
hait
12705 Es ist nit lang das du yn gesehe
rechten
Sine angeln und den luden die
richten,
Das er sij da mit wolde fahen.
Doch wiltu dich nit vergahen
Und wilt dich halden
12710 Und dich bij mir behalden
Und auch kommen mit mir,
12675. Orig.: Encor ai je grant baerie Que 12694. was üb. einer gestr. längeren Buch-
vous ne me deffailliez mie. stabenreihe.
12679. Orig.: L'orfavresse se traist arriere ; 12698. Die Hs., Da h ; Orig.: Quant.
h: da drat die goltsmydin hinder sich.
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ln ihrer Güte verspricht sie, ihn nunmehr auf einem kurten Wege ans Ziel tu bringen. 277
Noch wil ich nit feien dir
Und dir noch me fruntlicli sin
Und dich kurtz brengen da hyn
12715 Zu der hecken da du hyn wilt.
Und obe du dinen weg kurtzen
wilt
[382 •■] Zu gan inn die hübsche stat
Dar zu man dich zu gan er¬
wecket hait,
Noch wolde ich dich wol fueren
12720 Und nit bij die lange hecke
furen.
Aber nit dar umb da sin muß
Glichenisse von Busse:
Busse hat an viel enden
Yre rüden und hamer laßen
finden;
12725 Noch me gedechteclicher
Saltu dich halden und redelicher.
In dem wege der beredongen
Halt dich; dann sij hat dar ge¬
lacht
Yren getzug und den weg enge
gemacht
12730 Und viel kurtzer me zu gan
Zu der stat dar du wilt gan,
Also daz du mir davon antwerten
salt;
Dan du mynen willen hast gehört
halt’
Da ich soliche Worte hatte ge¬
hört,
12735 Von freuden ich erfüllet wart.
12721 f. Orig.:
Mais non ponr qn&nt equipollence
Y aroit bien de Penitance.
12733. hast vor gehört übergeschr. w. da¬
hinter gestr. üb. dem gestr. hast: halt.
[385 r ] Mir gefiel gar wol die abe-
brechonge
Von dem wege und die kurtze-
nonge,
Und gefiel mir auch nit übel
Das sij mir rette zu helffen wider.
12740 ‘Frauwe’, sprach ich, ‘der
kurtze weg
Der ist den pilgerin gut und ge¬
recht.
Erquicket ich bin und vernüget;
Der kurtze weg zu gan mir wol
genüget,
Und ich wil yn gerne gan.
12745 Fuerent mich dar und wollet
mich yn sehen lan!
Nutschit ich dar an erschrocken
bin
Wo ich finden glichen sin
Von der hecken der Bussen myn.’
In dieser maße ein schiff vaste
groß
12750 Und wunderlich sach ich, daz uff
dem mere floß
[383*] Gar nahe bij dem staden,
Bereidt und über zu faren ge¬
laden.
Es was mit reiffen gebonden,
Umb und umb wol bewonden;
12755 Aber etliche reiffe waren ent-
löset
Umb das das gebende was ver-
böset
12750. dz übergeschr.
12752. geladen vor über gestr. u. a. Schl.
tugeschr.
vor 12749 Bild (95) mit Nebenschrift rechts: geistlicheit. rechts über dieser roten
Nebenschrift in Schwarz geistlicheit vorgeschrieben. Schiff mit viertiirmigem Palast darin.
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278 Gnade zeigt dem Pilger ein wunderbares Schiff mit Türmen, Erkern und Zinnen.
Von gebrechen der bantwyden.
Ettliche zu male ferre von eyn
warent geryden.
Der romp des Schiffes was nit da
starcker,
12760 Das was der reiffe scholt nit
vorter
Dann das sij nit bewonden
warent.
In dem schiffe viel huser waren
Und auch viel wonungen,
Die waren edel von ordenongen
12765 Und glichen wol konniges
hüsern.
Is waren turne da enbynnen,
Ercker und auch zynnen,
Und dar über was uffgeracht
Der mastbaüm des schiffes und
dar an gemacht
[.UW'-] Und ghangen ein grosses duch,
12771 Das was schon gestrecket genug,
Das da ist ein segel genant;
Bereit zu faren hette is guden
wynt gehat
Odir hette keine irronge gehabt.
12775 ‘Gesihstu’, sprach Gots Gnade,
‘dorte
Das schiff nahe bij dem borte?’
‘Ja’, sprach ich, ‘so mir Got,
Aber ich bin erferet aen spot;
Dann ich nie keins han gesehen
me!’
12780 ‘Nu wirstu’, sprach sij, ‘me
Erschrecken wann du dar in
kommest;
Und wann du da inne bist,
12757. bant üb. gestr. sl...
12758. ferre von eyn üb. gestr. weich, ge¬
ryden zugeschr.; h: gerißen.
12759. da] l. desta? vgl. 12830; h: desto.
12778. vor bin schwarz gestr. s.
12779. ge in gesehen gleich übergeschr.
So wirstu sehen hübsche Sachen,
Darstu dich anders mit mir dar
in machen.’
12785 ‘Nu sagent mir’, sprach ich zu ir,
‘Wie heißet das schiff und wer
Is fueret; so wil ich dar in gan
Und mich uberfueren lan.’
‘Das schiff’, sprach sij, ‘mit
namen
[384 p ] ist genant geistlicheit aen
schämen.
12791 Es ist gebonden und widerbonden
Mit gesetzen der geistlicheit be¬
wonden,
Die man sal halden gantz and
recht:
So ist die geistlicheit siecht.
12795 So lange is also gebonden ist,
So mag is nit vergan odir feien
in keiner frist.
Von bynden ist sij genant,
Uff das inn ir gebonden wirt zu
hant
Die sele die gestoret und zer¬
brochen ist,
12800 Des der dar inne gestossen ist
Werent die guden reiffe und
winde
Die zu zijden hant gemacht da
inne
Die guden brüder und geistlichen,
Und weren behalden worden im
glichen
12805 Und zu rechte wol gebonden,
So gefellete nummer in keiner
stunden
12796. is üb. gestr. sij.
12797. Von üb. gestr. w ... Der Vers ist
••
in der Übersetzung ohne Sinn. Im Orig, heißt
das Schiff Religion und unsere Stelle: De relier
(eile) est nommee.
12798. wirt üb. gestr. ist.
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Sie ist die Führerin des Schiffes (Geistliches Lehen), sein Mast das Krexu Jesu Christi. 279
Das schiff urab ubels daz dar in
qweme.
Aber ettwie viel acbtent sij so
kleine
[385 r J Die kleine byntwiden die sij
binden alleine;
12810 Dar nmb das schiff in sorgen ist.
Dann is eine uffenliche sache ist
Das die reiffe dienent niergent zu
Wann die bant sij nit haldent
zu.
Die bant nennen ich die kleine
gebot,
12815 Die die grossen haldent aen spot.
Dar umb ich sprechen: wer sij
bricht,
Zu hart zuhet odir sij zerrysset,
Das schiff des zu male nit ge-
nysset
Und wirt vor den großen wynden
nit wol behudt
12820 Wann is nit ist gebonden genug
Von etlichen lichten geboden,
Die sint als klein bantknoden.
Wolde Got, myn vatter,
Daz die geistlicheit solich were
12825 Als sij an dem anefange was,
Da sij zu erste gebonden was!
Aber der bender ist keiner me;
Dan sij hant yren getzug ver-
lorn ee.
[385'] Die kleine bandt gebrochen sint,
12880 Die großen reiffe nit desta
starcker sint,
Und dar umb ist daz schiff sorg¬
licher
Und auch viel me fochtlicher.
Nit das ich is scheiden wolle,
12814. das 1 «V» kleine übergeschr .
12833. wolle aus wolde(?).
12817. Chrysostomusj Uomil. II In in -
Klein achten odir entbynden •
wolle;
12835 Dann is ist noch guds gebendes
genug
Und wann sij wolden, guder
bender genug
An den die sin dan bedorffent
Und sij mit nuwen banden be-
worffent.
Ich bin des Schiffes meisterynne
12840 Zu regieren und fuererynne,
Und der mast der dar uff ist ge¬
rächt
Und das dar an ist gemacht,
Hel ff ent mir das wol fueren
So der gude wynt dar zu wilt
stören.
12845 Der mast ist das crutze Jhesu
Cristi
Und der wynt der heilige geist,
Der, als spricht der Gulden Mont,
Mag das schiff gefueren alle
stont.
[386'-] Wiltu kurtz zu Jherusalem gan,
12850 So mustu balde dar in gann
Und dich legen in der bürge eine,
Der zweier die du sijst alleine,
Odir in eine ander die dir gefalle
Und dir her nach nit myssefalle.
12855 Sij sint alle werhafft und starg
Zu behalden sele und lyb aen
arg.
Kein vigent kann yn nicht gedun
Mit syme werffen odir schiessen
gedun,
Es were dann daz man yme uff
dede
12860 Die bürg und uffgebe.
scriptionem actorum (Migne, Patr. gracc. LI, II,
col. 78).
12852. Das Orig. (12542) nennt die beiden
Burgen: Ou de Clugni ou de Cysteaus.
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280 Beim Eintritt in eine der Burgen tritt dem Pilger der Pförtner (Gottesfurcht) entgegen.
• Nu geen dar wir,
Daz raden ich sicher dir.
Es ist besser dann zu swymmen;
Dann sij sint sorgen innen
12865 Die da müssent swymmen,
Sij können kume dar uß ent-
rynnen.’
Da furte Gods Gnade mich
Inn das schiff und wisete mich
[386*] Die hübschen bürge davon ich
han geredt,
12870 Und sprach das ich nach mynem
willen dete
Und gienge war ich gaen wolde,
Und das man mich dar in laßen
solde.
Als sij das sagete, eine ich er-
welte,
Und dar in zu gan ich mich
stalte.
12875 Den portener fant ich an dem
ingange
Und duchte mich das er drug
lange
Ein grosses sweres blye.
‘Portener’, sprach ich, ‘laß mich
in dar bij!
In diese bürg wil ich gan.
12880 Gots Gnade hait mich geheischen
her in lan,
Die mich auch her hait braicht;
Her in zu kommen ich auch han
gedacht’
[387'-] ‘Frundt’, sprach er, ‘wiste ich
Das es dem konnige lieb were,
in ließ ich dich
12885 Und ließ dich gerne her in gan:
Nu weiß ichs nit, dar umb ichs
lan.’
‘Ist dann da inne’, sprach ich,
‘der konnig?’
‘Ja’, sprach er, ‘sicherlich,
Ich were anders nit hie
12890 Und hielde mich auch an der
düre nit hie
Wiste ich nit das der konnig da
inne were.’
‘Das ist’, sprach ich, ‘gude
mere!’ —
‘Es ist ein Zeichen wan ich an
der dure bin,
Das der konnig des paradises
muß hie inne sin.’
12895 ‘Wie’, sprach ich, ‘bistu ge¬
nant?’ —
‘Gottes Föchte bin ich genant
Und bin auch ein anefang
Und ein gront der wißheit bekant
Und stossen und ziehen uß die
sunde hie,
12900 Das sij in dieser bürg nit ge-
herbert sie,
Und ich lassen sij nit her in
kommen,
[387*] Das sij wonunge hie inne nemen.
Komment sij her in, daz über
mynen willen ist,
Heymelich und hubschlich.
12905 Myn groß kolbe und myn blie
Sint Gottes vergebonge genant
da bij
Und erschreckonge der hellen pin,
Dar vor sich alle sollen fochtende
sin.
Ich bluwen, slagen und kastigen
12910 Die lüde, daz sij desta besser sien
Und das sij nit dun dorlich.
Und were diser kolbe nit,
nach 12882 Bild ( 96) mit Unterschrift: gottes föchte Redet zu dem weller. Der vor
dem Palaste stehende Pförtner zeigt dem Pilger ein großes Stück Blei.
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Gnade mahnt, den Schlag des Pförtners mit seinem Kolben nicht eu furchten. 281
Yedicher achte sich selber nicht.’
‘Wie’, sprach ich, ‘wiltu mich
da mit slahen?’
12915 ‘Ja’, sprach er, ‘anders magstu
nit
Und ensalt auch her in kommen
nit
In diese bürg noch dar in gan.’
Da sach ich Gots Gnade an,
Und ieh sprach also zu ir:
12920 ‘Allerliebste frauwe, is gefellet
nit mir,
[J88 r ] Als mich duncket, der ingang,
Als ir mir hant gesagt, wirt mir
zu lang
Und ist mir nit uffgetaen.’
Da sprach sij: ‘ist dir vergeßen
das ich dir gesagt han
12925 Das du sollest finden ein gliche-
nisse
Von der hecken der Bussen ge¬
wisse?
Des porteners streich ist nit zum
dode,
Er sieht dich nit zu dode,
Du moges is noch wol geliden
12930 Anderleit: so salt nit widerstan
Umb sin blye dar inn zu gaen.
Er sal vor wol liden einen hals
streich
Ritter der wilt gan in den kreiß;
Er hait auch nit Schreckens
wirdikeit
12935 Wer nit hait gelieden leit.’
‘Ist das also?’ sprach ich zu ir.
12934. Schreckens] Orig.: onnour; wohl ver¬
wechselt mit orrour (i?.).
12951 unklar; im Orig, nichts Ent¬
sprechendes.
‘Ja’, sprach sij und antwerte
mir. —
‘So wil ich gerne dar inn gen
Also das ich nit vor solle gen.
[.988'lNu gant vor, so gan ich nach
12941 So balde ich ummer mag!’
Da gieng sij inn und ich ir
nach.
Aber der portener bereidt was
da:
Er vergaß nit zu slahen mich.
12945 Solichen streich er mir gab das
er erschreckete mich;
Er hette mich uff die erde ge-
slagen
Hette ich mynen stab nit ge-
dragen.
Die ritter entphaent nit alle
Soliche halß streiche mit schalle
12950 Die da swerte hant und fueren;
Dann sij dorsten sich nit beruren.
Es were große freude und nutze
Das yeclichem also eyner wurde
zu nutze.
[3#0 r ] Nu sage ich uch: da ich also
vorgangen was
12955 Vor den portener, von dem ich
han gesagt das,
In der bürg sag ich viel wonders,
Die mir wol glichen zu wonder.
Da warent closter und slaffhuser,
Münster, reventer und cappittel
huser;
12960 Da sag ich eine herberge
Uff eine sijtte und spitalige.
12953. eyner vor wurde übergeschr. u. da¬
hinter einer gestr.
[12953-3 Eustode unten auf Bl. 388”: Nu
sage ich uch da ich.
• •
vor 12942 Bild (97) mit Überschrift rechts oben: gottes föchte vnd gottes gnade Redent
zu dem weller. Darstellung nach Überschrift.
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282 In der Burg gelangt der Pilger zuerst in eine Herberge, dann in ein Kloster w. ein Münster.
In die herberge gieng ich zu
erste
Mich zu rügen und zu reste.
Da gesach ich Gotliche Liebe,
die da dienete
12965 Den pilgerin und sij herberegete:
An die porte sij dicke gieng
Und die lüde gar wol enttieng
Und begonde sij herberge wijsen
Und sij auch zu spisen.
12970 Ich han auch me von ir gesagt:
Es ist die die da hait
[. 789 »] Die schrifft von dem frieden und
sij hielt
Da Moyses den luden daz brot
deilte.
Ich gieng vorter in das kloster
12975 Und auch in das munster;
Da fant ich eine geselleschaft
gar suberlich
Von frauwen, doch wiste nit ich
Wie sij alle waren genant
(Dan ich sij nit alle erkant),
12980 Dann alleine von der
Umb die mir was allermeiste
mer,
Davon ich mich verwonderte mer;
Nach den namen fragete ich Gots
Gnade me.
Zwoe sag ich, die giengen die
Stegen uff
12985 Des slaffhuses und giengent mit
ein ander uff.
[ 390 '-] Die eine hatte ein wammesch an,
Die ander sag ich einen stab
dran.
Die mit dem wammesch was
nacket
Nit dan das sij das wammesch
an het.
12990 Die ander gewappent was
An den henden und bedecket was
Mit zweien hentschuen an getan.
Einen wißen kydel hatte sij an,
Da mit getzieret und wol getaen.
12995 Zwoe andern sag ich zu
sammen reden
Und zu dem cappittel huse
treden.
Die eine drug seyle und gebende.
Die ander drug tuschen yren
zenden
[ 390 *] Eine fyle, die was scharff:
13000 Mit einre tartschen sij gewappent
was.
Eine ander die da gieng, sach
ich,
Durch das closter, also duchte
mich.
Veraldete spise sij drug
Uff eyme pergament das sij drug:
13005 Ir folgete eine wisse dube nach
12984. das erste e tn Stegen auf Rasur. 13001. sach ich vor die schwarz gestr. u.
12993. wißen aus willen. a. Schl. zugeschr.
••
vor 12984 Bild (08) mit Überschrift rechts oben: Annut vnd reynikeit. Zwei Frauen
steigen zu einem als Kapelle dargestellten Schlaf haus auf. das Gewand der zweiten Frau nicht
weiß, sondern dunkelrot.
vor 12995 Bild (99) mit Nebenschrift rechts: vndertenikeit vnd straffonge. eine Frau
mit dickem Seil und eine mit Schild. Feile im Munde der zweiten nicht wiedergegebeti.
vor 13001 Bild (100) mit Nebenschrift rechts: vberwindonge. Frau mit einem großen,
zur Erde herabhängenden Pergamentstreifen, links oben eine Taube.
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Eine ganze Anzahl Frauen sieht er drinnen schalten.
283
In der lufft und fluckete ir nach.
Eine ander gesag ich gan dar
Glich zu dem raventar,
[391 <■] Die hatte einen krag
13010 Umb yren hals, als ich das ge-
sach.
Eine ander ich in dem monster
fant,
Die drug eins boden buhsse zu
hant
Und hatte flugel, waren ge-
strecket
Uff zu den wölken gerecket,
13015 Als obe sij dar uff wolde fliegen:
Das sach ich alles aen driegen.
Ein lang böre sij auch drüg
In yrer handt und hielt daz
hoch genüg.
Mit der ander handt dienete sij
13020 Doden die ich sach da bij,
Und schein auch aen wenen
Das sij von dem dienst wieder
zu leben qwemen.
[391*] Eine ander noch da inne was,
Die hat in irer handt ein horn
aen haß
13025 Und machete da inne ein groß
gedöne,
Psalterien und orgeln schöne;
Ich waende es were eine spiele-
rynne
Und der lüde spaciererynne.
Da ich diese Sachen wol hatte
gesehen,
13030 Beweget wart ich wol zu fregen
An Gots Gnade war zu sij
dieneten,
Die frauwen, und wer sij werent.
‘Frauwe myn’, sprach ich,
‘Nu underwisent mich:
13035 Wer sint die frauwen und war zu
[392'] Dienent sij?’ sprach ich nu,
‘Dann von yn wondert mich.’
Da sprach sij: ‘ich wil vor dich
Laßen sehen mit den äugen
13040 Wie man dienet in dem revental,
Das du das mögest sagen über
aL’
‘Nu gan wir!’ sprach ich zu yr.
In das slaffhuß giengen wir;
Da sach ich die mit dem stabe,
13045 Die machete die bette zu rechter
habe
Und lachte wiße ducher dar uff.
Yre gespiele mit dem wammesch
gieng auch dar uff
Und sij sang ein solich liet:
[392'] ‘ich wil singen und sal is dun:
13017. langbfire durch Längsstrich getrennt. 13024. handt aus hant.
13018. handt aus hant. 13026. schöne eugeschr .
vor 13007 Bild (101) mit Nebenschrift links: abebrechonge. Frau vor einem Remter;
dieses wieder als Kapelle dargestellt.
vor 13011 Bild (102) mit Nebenschrift rechts: gebedt. links geflügelte Frau mit einem
großen Bohrer in der linken Hand; rechts 2 Tote (nackte Menschen).
' vor 13023 Bild (103) mit Nebenschrift rechts: Idelkeit. rechts eine Frau mit einem
Horn am Munde, links eine große Orgel.
vor 13049 Bild (104) mit Nebenschrift rechts: armut. Reinlichkeit richtet ein Bett her;
Armut steht dabei und singt ein Lied.
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284 Gnade gibt über die Frauen Auskunft. Es sind da: Gehorsam u. Zurechtweisung;
13050 Nutschit ich mit mir dragen dun,
An dem kleinen durlin ich nit
behalden bin,
Wann ich zu male nacket bin.’
In dem revental dar nach ich
gesach,
Davon mich verwonderte bas,
13055 Viel doden die begraben waren
Und gabent den lebenden zessen
mit gebaren
Und dienetent yn mildeclich
Uff yren knyen andechteclich.
Und die frauwe mit dem krage
13060 Was meisterynne in dem reven¬
tal zu dem dage;
Die da ahssent, sij besach
Und erfullete yn yren gebrech.
[393r] «Nu sage ich dir’, sprach Gots
Gnade,
‘Von den edeln frauwen von
diesem rade
13065 Und davon das du best gesehen.
Die du haist sehen dragen
Die seile und die bande zu
binden,
Die ist die meisterynne von
hynnen.
Nach mir ist sij die pryelynne,
13070 Die fueret die closter frauwen
nach yrem synne
Gebonden mit henden und mit
füßen
Und macht daz sij mit uffen
duren gefangen sin mäßen.
Von dem namen sij dir bekant:
Sij ist Gehorsammekeit genant.
13066. du übergeschr.
13075 Yre seile und gebende
Die sint manicherhande gebot
behende,
Die da byndent eygen willen,
Das er nit mag han sinen willen.
Her nach wirstu is wol ent-
fynden,
13080 So man dich dar in wirt bynden.
[393»] Die frauwe die da dreit die
fyle,
Ist genant Straffonge by der
wyle;
Es ist die frauwe die den orden
hüdet
Und yn vor viel ubels behüdet.
13085 Die fyle die sij inn yrem monde
hait,
Ist straffonge und reynyonge, da
mit sij hait
Gestraffet und gefylet sere.
Sij achtet nit daz sij fylet und
schüret sere,
Das sij is alles zu rechte duhe
13090 Und das nyemans bij ir mysse-
duhe.
Mit der tartschen die du ge¬
lassen haist
Und die du Gedechteniße be-
folhen haist.
Da mit sij sich hait gedecket.
Yren namen han ich dir genant;
13095 Der den aber zu nennen ist umb
nit gewant.
Die die das wammesch hait
Und die das liet gesongen hait,
Ist Gewillige Armut genant,
13095. Der = Dir?
vor 13053 Büd ( 105) ohne Nebenschrift. 2 Tote bedienen eine Tafel; rechts stetU Ent¬
haltsamkeit (vgl. Bild vor 13007) als Meisterin daneben.
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Freiwillige Armui und Keuschheit;
285
Die von yrme eigen willen ge¬
laßen h&it
[394r] Alles das gut das sij hait
13101 In der werlede gehabt
Und was sij da inne haben
mochte,
Und hait sich zumal davon uß-
getan.
Dar umb sistu sij nacket gan,
13105 Hette ich ir nit angetaen
Das wammesch das du durch dine
lassekeit
Gebe zu dragen Gedechteniße aen
leit.
Du weist wie man sij nennen
sal:
Du hast sij gehört singen wol;
13110 Dann sij hait nutschit umb sich
Das sij hinderte vort zu gan
In die stadt da du wilt hien gan.
Du must dich wol zu ir myeden
Und sij mit zu gelachten henden
bijden
13115 Das sij dich getrosten möge,
Uff das du also gesingen moges.
Von yrer gespiele ich dir auch
sagen,
Die du gesihst den stab dragen,
[394»] Die die bette machet;
13120 Da rade ich dir aen lachen
Das du zu ir dine liebe wolles
dragen
So lange du gelebes, bij dinen
dagen,
Das sij dir alle nacht din bette
mache,
Und bij dir soltu ir eine stat
machen.
13125 Sij wirdet gerne ligen bij dir
13113. Orig.: Bien faut que de li t’acointea.
myeden] lieben h, nyeden (= nieten) (H.).
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Wann du des begerst von yr:
Sij liget dicke bij den andern
Und rüget dicke selb ander.
Es ist gut zu haben solich slaff-
meisterynne,
13130 Soliche magt und solich kame-
rynne.
Kerne Unkuscheit uff daz slaff-
huß,
Mit yrem stabe driebe sij die
dar uß,
Und in dem bette da sij sich
hette hin getzelt,
Ließ sij die nit lygen umb kein
gelt.
13135 Und weistu war umb das das
ist?
Die Sache war umb also gelegen
ist:
I r I Dan Unkuscheit sij vor langer
zijt gedrieben hat
Und uß der weite sij verdrieben
hait,
Als ich dir das me han gesagt
zu zyden:
13140 Dar umb muß sij die auch wider-
dryben
Und das sij ir desgelichen wider
dühe,
Da mit dir wol genüge.
Die frauwe genant ist
Frauwe Wilisse, die wol ge-
weschen ist;
13145 Es ist die die uff niemans achtet
Er sij dan wyß aen wüst, wol
rein gern ach et;
Und wiltu sij anders nennen,
Kuscheit magstu du sij nennen,
Burgvoydynne von diser bürg.
13122. vor lauge ein anderes lange gestr.
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286
Unterricht, gefolgt von einer weißen Taube (Hl. Geist);
13150 Es ist kein arcker noch zynne
so gut,
Sij sint von yre alle wol behüt
Das phil noch schoß nit komme
dar inn.
Nit umb suß ist sij gewappent
da in
Mit den hentschuen die sij ane
hait:
[ 335 »] Der gewappenten hant gehöret
wol zu
13156 Das sij sie an der düre da man
stürmet zu.
Von den hentschuen weistu wol
den name:
ln myrae huse ich dich das ge-
lernet han.
Du were ein dore daz du sij uß-
dede;
13160 Sij können dir nit wol werden
so du sij gerne hedes.
Die frauwe die du hast ge¬
sehen gan
Durch das closter und die spise
dran
Uff dem permente, das ist die
spiserynne
Und die andregerynne
13165 Hie in dem huse und ansetzerynne.
Sij gibt der seien zu essen
Und spiset sij, daz sij des
hongers möge vergessen;
Sij erfüllet das hertze und nit
den buch
Mit yrer guder süßen spisen ge-
nuch.
13170 Sij ist geheissen die Letze
Und studieret die gesetze
Und dar zu auch die heilige
schrifft,
[396 •■] Die uff permente geschrieben
und beslossen ist,
Umb das sij nit in dem wege
lige zu myste.
13175 Sij mag nit so wol noch so
schone beslossen sin
Als in den schonen perchemyn.
Zu ir rade ich dir dich zu ge¬
sellen;
Dann durch sij magst du dich
geheilen
Zu den andern und auch zu yn
gesellen
13180 Und sij balde lernen erkennen.
Und die gnade des heiligen
geistes mit flyße
Folget ir nach in einer wyssen
duben wyse;
Die wirt dir sagen und ver-
konden
Was man dut in dem lande daz
du wirst fynden.
13185 Sij ist des ein bode und kan
davon reden
Mit den die sij sicht dar nach
lesen und werben
Und die yre erqwickongen
Von den Letzen hant genommen.
Nu wil ich dir sagen aber me
13190 Von den die du hast gesehen ee,
[397»] Und das du sehe in dem reven-
tal:
13182. wyBsen aus wißen. [13190.] Bl. 396'» und 397 r leergelassen
13185. vor reden schwarz gestr. zu. (überschlagen), aber oben auf 396 » in der
13188. den] l. der? Orig.: par la main de Schrift der Korrekturen: hie gebristet nicht
Lecon, h: von de hende der letzen. daB such an dem andn blade her nach bij
13189. vor der Zeile am Band Paragraphen- solichem Zeichen }(; . dieses Zeichen oben auf
Zeichen. Bl. 397*.
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Enthaltsamkeit und Gebet. Gebet ist die Botin der Toten.
287
Die frauwe die den krag hatte
zemal,
Die auch frauwe über das reven-
tal ist
Und Abebrechonge genant ist,
13195 Wan du wilt zu yr reden
Und bij sij wilt treden.
Yre krag ist nuchterkeit,
So wisse, obe ich des vergessen
hette.
So wil ich dir von den doden
sagen
13200 Die den lebenden zu essen
dragen
Und yn dienent andechteclich:
Das sint aen liegen die selige
lüde
Die von dieser weit gescheiden
sint als lüde
Die des yren so viel gegeben hant
13205 Dem lebenden das sij davon zu
leben hant
Genuglich und werden davon
gespiset.
Er were sicher wol domme
Der des doden gut hette ge¬
nommen
Und sij keinen dienst von yme
hetten
[598 r ] Und er genug von dem yren
hette
13211 Und aen das yre honger hette;
Der sal yn dienen und sij ereil
Als obe sij gheenwertig weren,
Vor sij zu bijdden und yn zu
dancken.
13215 Dar umb sint sij uff die knye
gesoncken
Als obe sij sprechent: “bijdent
vor uns!
Wir han uch geben das unse;
Zum mynnesten deilent uns
Uwer gebet mit uns!”
13220 Nu sage ich dir, daz ist wol
getaen.
Hie inne magst du wol gesehen
han:
Die frauwe die indem münster ist,
Die dreit eins boden buhße an ir
gewist,
Das ist die frauwe die yn dienet
18225 Dar nach das ieclicher gheen mir
verdienet.
Sij hait ein bor, das hastu ge¬
sehen :
Den hymmel sij da mit löchert
zu besehen
Das sij da mit her abe rynnen
dut
[398Und vom hymmel kommen alles
gut,
13230 Davon yn wirt gegeben
Yn allen das ewige leben.
Das bor ist myt sime namen ge¬
nant
Hitzige ubonge vielen bekant,
Die durch ire langes üben dut
13235 Den hymel bis an das oberste
durch boren dut;
Und also wirt yn zu essen ge¬
geben
Und wirt yn zweifeldig wider
geben.
Heller odir phennig hant sij nit
gegeben,
Er wirt yn zweifeldig wider¬
geben;
13240 Dan yn wirt das leben da von
Dar an sij nummer keinen
bresten han.
13208. das s tu des auf Rasur.
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288 Gebet soll auch der Pilger vor sich her senden. Endlich ist noch da Frau Gottesdienst.
Als obe die lebenden yn hant
gedienet,
Als wirt yn von den doden
wieder gedient.
Yre bodynne yn bereitlich
13245 Dienet und gutenclich;
Von dem dode dut sij sie wider
uffstaen
Umb das große gut daz sij yn
hant getaen,
[309 r] Und brichet yn des fegefurs abe,
Das sij desta myner pyne habe.
13250 Wiltu wissen der frauwen name?
Sij heißet Gebedt aen schäme,
Und in andern weg ist sij be-
kant
Und ist auch wol Bede genant.
Sij hayt flugel balde zu fliegen
13255 Und balde zu hymel zu stigen,
Daz sij yre botschafft balde duhe
Von mentschlych könne spade
und früe.
Sij ist vor war sine bodynne
Und, wann is zijt ist, sine
schaffenerynne.
13260 Bereitlich sij vor den konnig geit
Und in guden truwen ire bot¬
schafft deit,
Was ir dann befolhen ist.
An yr kein gebreste ist,
Durch sij niemans icht gebrist
13265 Das nit me sine heischonge sij
Und mit andacht besigelt sij.
[399c] Gheen ir ich reden daz du zu ir
geest
Und sij vor dir gan schickest
In die stadt da du wilt hien gan;
13243. gedient aus gedaen.
13251. das zweite e »n gebedt übergeschr.
üb. ein aus o verbessertes e.
13257. Von] l. Vor mit h?
13270 Da wirt sij dir ein ende wol be
reidt han
Und gefügliche husonge,
Da du salt han dine wonunge.
Es ist nit billich das din
kommen
Vor nit werde da vernommen;
13275 Es gesatzete nie keiner fuß dar
inn
Er hette dann vor geschicket da
hyn.
Von dem schecher die gewonheit
qwam
Der bij Jhesu gehangen den dot
nam.
Bede schickete er vor dar,
13280 Kurtz dar nach qwam er dar,
Da wart yme wol und allen dag
bas:
Dir als yme ist not das.
Die frauwe die du hast ge¬
sehen spielen
Uff den seiten spielen
18285 Und gesehen das hom dragen,
[400*] Die ist der wechter der sal uff-
jagen
Und die auch dut erwecken
Den konnig, so er wilt slaffen
aen schrecken.
Durch ire hörnen und spielen.
13290 So er lange ligt, so dut sij yn
uffilen;
Zu latine ist sij Latria genant
Und zu dutsche Gods Dinst ge-
want.
Yre horn ist die anruffonge
Das ir Got zu helffe komme,
13265. nit me da s. h. h.
13270. Orig.: Bien te sara lien aprester.
13284. hint. spielen gestr. viele.
13288. vor Den schwarz gestr. s.
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Als Gottes Gnade geendet, tritt Gehorsam an den Pilger heran.
289
13295 Das nennet man: “deus in adiu-
torium! ”
Yecliche zijt aen lange beyden
Also bebet sij an zu bescheiden,
Und dar nach sij sich zu iren
orgeln dut
Und den süßen done davon gen
dut
13300 Und das salterium sij auch
nymmet
Und die gedone zu samen
bringet;
Dan so ist groß süße gesang
Von dem süßen psalmen clang.
Also sint die instrumente genant
[400’) Und mit yren naraen wol erkant;
13306 Es sint die spiele wol gefellig
Dem konnige, myme vatter al-
mechtig.
Er hait sere lieb soliche orgele-
rynne,
Solich gedone und die spiele-
rynne,
13310 Und wann is yme so wol ge-
fellet,
So hait er mit yr bestellet
Das sij ist sine oberste spiele-
rynne
Und sine sunderliche dienerynne.
Soliche sache gehöret wol dem
konnige zu
13315 Zu syme lu3te, wann er wilt nu.’
Als zu mir rette da
Gots Gnade, vor mich sach ich
da
Die die das gebende hatte
Und glich her zu mir tratte.
13320 ‘Nu her!’ sprach sij, ‘wer bist
du?
Wen suchestu im kloster? war
gest du?
Es muß sin das du mir is sagest.
Ich weiß nit obe du uns verspiet
habest ’
[40iri ‘Frauwe’, sprach ich, ‘nit ver-
spihen
13325 Wil ich uch, dan ich han willen
zu gen
In die stadt zu .Therusalem.
Dar umb hait mich her gefurt
Gots Gnade und mir den weg
' gekurt. ’
‘Hait sij dir’, sprach sij, ‘nit ge-
saget
13330 Das man harte bette hie inne
hait,
Harten gang und hart leben,
Wie wol du is nit gesihst eben?’
‘Ja’, sprach ich, ‘aber ich wolde
wol
Gerne dun das ir lieb were,
mochte ich wol.’ —
13335 ‘Es ist nutschit du duhest is wol
Wo du nit bist trahekeit vol:
Es ligt alles an gudem willen.
Hastu den gut, des werde ich
innen
Und wil das yetzont versuchen:
13340 Wolher, laß mich das besuchen!
Gib her dine hende, gib her dine
füße!
Als einem falcken ich dir die
binden müße.’
[401’] Da ich die rede hatte gehört,
13323. verspiet aus verspiese. hinter Wil im folg. Vers eineufügen vergessen
[13323.] Kustode unten auf Bl. 400•: frauwe wurde.
spreh ich. 18336. vor vol schwäre gestr. zu.
13324. vor nit ein schwäre gestr. ich, das
Dan Uch* Tut« das MitUUiters. XXV. 19
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290
Gehorsam bindet dem Pilger Füße, Hände und Zunge.
Gar sere wart ich verstört;
13345 Dan ich nit gewane was
Das ich geseilet odir gebonden
was;
Ich dorste nit fliegen vor Gots
Gnaden,
Die mir dar hatte geraden.
‘Wol an’, sprach ich, ‘was ir
wollent,
13350 Das dunt nu wie ir dun sollent;
Dan ich mich dar inn ergeben
han:
Ich sal dar wider nit han getan.
Gots Gnade hat mich underwiset
mit synne
Das ich an diesem ende solle
finden
13355 Das widergewichte und glichenisse
Von der hecken der Bussen ge¬
wisse.’
Da bant sij yre seyle uff
Und bant mir die fuße zu hauff,
Das ich waende ich were in
ringe gelacht
13360 Und in zugende stricke gemacht.
[402r-\ Von d em bande da mit sij
mich gebonden hatte,
Das eine ende sij auch in der
hende hatte
Und sprach zu mir, wanne ich
wolde gan
Einen weg, so müste ich einen
andern gan,
13365 Als ich des dar nach dicke wart
geware.
Aber ich achte des nit viel
zware;
Ich wil is lieber ein ander male
sagen
Dann is hie in myme namen ge-
schriben dragen.
Dar nach bant sij mir die hende
13370 Und sagete mir da gar behende
Das is zu male nit endochte
Alles das werck das ich machen
mochte,
Und were alles bruchette
[402 Und auch nit zu male gerechte
13375 Ich dede is dann durch sij.
Die zonge det mich her ußdun sij
Und lachte mir auch ein bant
dar an
Und sprach ich solde nit reden
an
Ich rette dann durch sij,
13380 Und sagede mir auch da bij:
‘Dis ende ist geheissen hie
Stillonge und benedicite;
Die alleine entbynden ich hie
Und erleuben dir die.
13385 Aber von Gots Gnaden sage ich
nit
Noch von yren frauwen die du
hast gesehen sijt,
Noch von den andern die du
wirst gesehen,
Das du nit zu yn reden salt
Wann du yne icht heißen salt.’
[403r] Da mir also hatte gesagt die
piyolynne,
13364. vor gan gestr. lan.
13373. bruchette] Orig.: brehtü'n9; ist ge¬
meint bruchiht 'brüchig'?
vor 13361 Bild (106) mit Nebenschrift rechts: gehorsamekeit die byndet de weller
sine fasse (t?or weller gestr. pi).
nach 13390 Bild (107) mit Nebenschrift rechts: Siechdagen vnd alter, zwei alte Weiber,
die eine mit einem Bett auf dem Kopfe, die andere mit 2 Krücken auf der Schulter.
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Dann nahen dem Pilger zwei Botinnen des Todes (Krankheit und Alter).
291
13391 Mich gelacht und gebonden na
yrem synne,
Eine lange zijt ich da inne was
Und mynre sunden nit zumale
vergas;
Dann sij mich ruweten sere.
13395 Aber dar nach eine lange zijt
mere
Sach ich zweie aide wiber,
Der wondert ich mich ser.
Die eine zwo krucken uff yrem
halse drug
Und hatte blyen fuße swere
genug,
13400 Und eine buhße hynden
Drug sij als eine bodynnen.
Die ander auch eine bodynne
was
Und drug uff yrem houbte ein
bette, und sij was
Gestalt als obe sij wolte ringen;
13405 Das duchte mich vor allen
dingen.
Miteinander qwamen sij zu mir
Und sprachen: ‘der Dot schickt
uns zu dir
Das wir dir verkünden sollen
[403’] Das er aen beyden zu dir
kommen wolle,
13410 Und hait uns gesagt und be¬
scheiden
Das wir uns von dir nit scheiden
Bis das wir dich haben geslagen,
Geqwetschet und nidergeslagen.
Er wilt dich finden bekümmert
und mat,
13415 Das er dir spreche schach und
mat.’
‘Wer sint ir?’, sprach ich balde,
‘Ich kennen nit uch zwoe aide,
Noch auch den Dot kennen ich
nit.
Sijt das der Dot uwer meister
ist,
13420 So wil ich wissen wer er ist,
Und wil auch wissen dar zu
Obe ir yme beide gehorent zu.
Nu sagent is mir, obe ir wollent,
Und uwern namen, war zu ir
dienent! ’
13425 Da sprachen sie zu mir eben:
‘Es hilffet dich nit widerstreben
Wieder uns odir wieder yn
1404'] Odir wider den willen sin;
Dann is ist keinre der so starg
möge sin,
13430 Wann wir kommen zu yme hien
in,
Wir slahen yn an allen stucken
nider.
Der Dot hait die macht wider
In der weit über mentschlich
leben,
Und fochtent yn konnige und
fürsten eben
13435 Me dann armenlude und die
kleinen.
Riehe und grossen, alle gemeyne,
Er machet is mit yn allen
siecht;
Er schonet niemans, sij sint yme
alle gerecht,
Und er kommet dicke an manich
ende
13440 Ee dann er dar gesende,
Also das er dir hait vorteil getan
Das er uns hait vor her zu dir
dun gan.
13408. sollen aus wollen (?).
13416. Initiale schwarz mit roter Füllung.
13436. das erste e in gemeyne gleich über-
geschr.
19*
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292
Krankheit trägt ein Bett auf dem Kopf.
Das ist eine sicher underwisonge,
Die zu dir kommet mit ilonge.
13445 Wir sint syne bodynnen
Und sunderliche leufferynnen;
[404*\ Unser iecliche sal dir sagen
Yren namen.’ Da fing an zu
sagen
Die das bette uff dem heubte
drug
13450 Und scheine eine rengerynne
klug:
‘Ich heißen’, sprach sij, ‘ Siech -
dagen,
Und wo ich finden Gesunde Dage,
So fahe ich an mit yn zu ringen,
Sij zu undertreden und zu uber¬
winden.
13455 Eine stonde werffent sij mich
nyeder,
Die ander werffe ich sij nider
wyder,
Aber wenig solden mich nider-
legen
Dede artzetie ir nit stüre under-
wegen,
Artzetie die schemeliche,
13460 Die ich verjagen gliche
Dicke wann ich sij finden an der
düre
Da ich sal gan hien füre
Und myne botschafft dun.
Also muß sij sich wenden,
13465 Und das sij belibe an den ussern
enden.
[io:> r ] Und dar umb yren buhßen zu
leide
Und yren plastern drocken und
nas beyde
Und auch yren gedrencken
Ettwann ich mich bij sij
insencken
13470 Zu den mich hat geschicket der
Dot.
Ich slahen sij nyder und werffen
yn in not,
Sin fleisch er isset und sin blut
er süget,
Also das er nit hat krafft odir
macht;
Und dan han ich yn in das bette
gelacht
13475 Das ich uff myme heubte dragen.
Uff das yn funde bereidt.
Der Dot, der yme daz leben abe-
sneydt.
Das er nit viel habe zu dun,
Dar umb muß ich das dun.’
13480 ‘Du bist nit’, sprach ich, ‘eine
bodynne
Die da solle wol entphangen sin
mit synne!’
‘Ich bin zwaer’, sprach sie,
‘Und wisse vorwar das ich bin
die
Die dut gedencken an Bussen
[405 »] Wann so man yr wilt vergessen.
13486 Die die verirreten lüde widerkert
Und sij die rechte wege leret.
Zu zijden der der Nature hat
gemacht,
Hait gesehen das ein deil sin nit
hant geacht
13490 Und hatten sin vergessen und
fochten yn nit;
Der rieff mir und sprach zu mir
in der zijt:
13460. Orig.: Qui pour moi enchacier fu nee. 13472. I. ich isse ... ich süge mit h?
13466. vor vmb geslr. viel. 13488. Zu zijden] Orig.: Jadis.
13471. vor vnd gestr. w.
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Da hinein will sie den Pilger zwingen.
293
“Gang in myn weltlich landt
Und ringe mit den zu hant,
Dar zu so werffe sij nider
13495 Die du findest aller starckest an
glider!
Wenig sij mir biedent urab daz
sij gant
Und auch gesontheit hant,
Umb daz sij hant vergessen
myn.
Dar umb saltu straffende by yn
sin,
13500 Und binde sij in yre bette so
hart
Daz sij nit mögen uff der fart
Balde wider uffgesten
Odir sich nach yre m willen ge-
wenden,
(*°® r ] Das sij von essen verlieren den
gesmag
13505 Und vom drincken haben keinen
gerog!
Dar uff ich dir das sage;
Dan ich wil daz sij alle dage
Mich gnade bijdent und sich
bessern
Und ire sele zu behalden nit
vergessent,
13510 Und das der Dot sij in solichem
wesen finde
Daz ieclicher wieder yn sprechen
mit synne:
“‘Dot, einen halm föchte ich dich
nit!
Zu myme schopper myn hertze
ist gericht
Und auch alle myne gedencke!
13515 Slag wann du wüt, und dich
sencke;
Dann myne sele ist gereydt
13503. sinem Hs., yrem h.
Und von der erden zu gan be-
reidt!
Busse, die wescherynne,
Hait sij so viel in yrem buche
dun syn
13520 Das sij gereyniget ist und schon
geweschen
Mit der laugen von yren
eschen! ”
Nu sage ich dir, da sij also
[400 "J Hatte gesagt, undertenig do
Wart ich ir und was gar unfro.
13525 Myne kleider ich in mynen
gurtel stieß
Und gieng durch das lant mit
flyß
Und han da inne so viel getaen
Das ich manichen uberwonden
han
Mit der slagen und viel nider-
geslagen
13530 Und auch uff dem bette viel dun
ligen.
Und dir dun ich nit mynner: du
must ligen;
Bereidt dich, ich wil mit dir
ringen
Und dich uff das bette
dringen!’ —
‘Die ander sal sagen vor
13535 Wer sij ist, als sij hat geredt
vor!’
‘Das wil ich wol’, antwerte sij
da.
‘Ich bin die’, sprach die ander
da,
‘Die du nit waente gesiehen
Da dich Jugent drug mit fliegen
13540 Und du spreche: “sij ist ferre
und kommet nit balde,
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294 Zuvor aber spricht auch Alter, mit zwei Krücken auf der Schulter, sum Pilger.
Dar umb saltu nit gan so balde;
[407r] sij hait fuße von blye und mag
nit gan,
Ich han zijt genug spielen zu
gan!”
Nu sage ich dir das gewerlich:
13545 Blyen fuße han ich sicherlich
Und geen auch gar gemechelich;
Aber ferre ye wenig und wenig
Geet man wol in der zijt,
Es ist lange wol gesaget.
13550 Han ich wol nit sere gejaget
Und bin mechelich kommen,
So bin ich dir nachkommen
Und brengen dir nuwe mere
Das der Dot zu dir kommet
schiere;
13555 Du kanst keinen boden han
Der dir warer möge gesaen.
Myne gespiele ettwan luget
Umb Sache die sij bedruget
Und wider sij muß dun,
13560 Die sij auch nit lesset dun
[407»] Yre botschafft; aber nuscht ge-
hindern kann
Mich, ich muß die warheit san.
Alter heiße ich, die verfochten,
Die grae hudt, die geflochten,
13565 Der da ist das heubet grae
Und auch dicke kale gar nae;
Die an der man sal rat süchen,
Yre ere erbieden und sij da mit
suchen;
Dan ich han gesehen die ver¬
gangen zijt
13570 Und mich viel guds und böses
genyedt.
Das sint von den konsten die
glosen
Und war nmb das man muß den
Sachen losen;
Es wirt keiner wissenthafft
Wanne der es nit gesehen odir
versucht hait.
13575 Doch so ist is dicke geschiet,
Und das sal man verewigen nyet
Das, wie wol ich genug gesehen
han
Odir das ich hondert jare han,
[4o«'-]Und werden in der kinde ringe
gestalt
13580 Und vor ein ander kint getzalt
Und doren wieder hinder mich
Und han keinen synne da mit
rade ich.
Das ist war umb daz zu zijden
mir verfluchet hait
Ysayas, da er mich gesehen
hait’
13585 ‘Von den krücken’, sprach ich,
‘sage mir
Und gang dan balde hynnen von
mir,
Die wijle du dine botschafft
haist getaen:
Din hie wesen mir nit wol ge¬
fallen kan!’
‘Is gefalle odir gefalle dir nit’,
13590 Sprach sij, ‘is get also nit:
Ee wirt der Dot kommen zu dir
Ee dan ich scheiden von dir.
Ich wil dich yetzont slahen,
Das du nit salt viel me freude
haben.
13561. nuscht üb. gestr. nit. 13583. dz übergeschr.
13569. han übergeschr. 13584. Itaias 65,20.
13574. W5ne üb. gestr. von dem (?).
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Beide Frauen fallen über den Pilger lur und verkünden das Nahen des Todes. 205
13595 Kromp und unmechtig ich dich
machen
Mit den streichen die ich dir
geben aen lachen.
Doch so viel Vorteils soltu han
f#6»]Von mir, wiltu is vor gut han:
Die zwoe knicken die ich dragen,
13600 Die soltu von mir haben,
Das du dich dar an solles halden
Und doch dinen stab auch be-
halden,
Und wil dir den dar umb nit
nemen;
Dan is ist gut bij dem geist¬
lichen stabe
13605 Das man den weltlichen da bij
habe.
Myne kr&cken sint liplich
Und den lip zu halden beqweme-
lich;
Dar umb det ich sij machen
Und nam sij bij mich umb die
Sachen.
13610 Wer uff eine sytte gehalden ist
Und uff die ander syte geslagen
ist,
Der feilet nit so lichteclich
Und missefellet yme nit so nnglich.
Also nym sij nu, obe du wilt,
13615 Du darffest ir beider zu hant
villicht!
Myne streiche sint gros zu lyden,
^ 409r l Balde wirst du is gewar mit
lyden.’
‘Nu her!’ sprach sij zu yr ge-
spiele,
‘Es ist zijt das wir yme duhen
leides viele.
13620 Ringe mit yme und wirff yn
nider
Und lege yn in din bette nyder!
Und uff die ander sijtte ich dir
wil helffen
Und yme nach myme vermögen
zu schaden helffen.’
Da mit einander sij mich
nament
13625 Und balde niderfallen mich da-
dent,
Und mit dem halse sij mich
griffen
Als obe sij mich wolden er-
stricken.
Schrien und ruffen muste ich
wol:
Keinre ander freuden waz ich vol.
13630 In das bette zu leste sij mich
lachten,
[409*] Sij bonden mich und zu mir
sprachen:
‘Bereide dich, der Dot kommet!
Vertzucket er dich, uns das nit
wonder nymmet;
Wir han dich wol underracht
13635 Und underwisen dich noch dag
und nacht.’
In solichem wesen ich ge¬
halden was,
13605. weltlichen üb. gestr. liplichen. 13623. zu übergeschr.
13618. zu übergeschr.
vor 13618 Büd (108) mit Nebenschrift rechts: Siechdage vnd alter koment den weller
an. der Pilger im Bette, sein Stab auf der Decke. Die beiden Frauen stehen vor dem Bette;
die eine hält den Pilger am Kopfe fest.
vor 13636 Bild (109) mit Nebenschrift rechts: barmhertzikeit, bedurenisse ynd liebe
die trostent den weller. eine tröstende Frau mit halb entblößtem Busen am Bette des Pilgers.
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296
Doch dem Pilger kommt noch eine Trösterin (Barmherzigkeit).
Und uff dem bette ich also ge¬
legen was,
Da sach ich kommen eine frauwe
Die mich det sere erfrauwen.
13640 Ir gesichte was gar einfeldeclich
Und einen willen milde und wol
gefellig
Und hatte eine brust her uß
getan
Und durch yren busem ußgelan;
[4lo r ] Und als sij wölde nach hauwe
gan,
13645 Ein seyle sach ich sij in der
handt dran.
Zu mir sij qwam und det ir
seyle uff
Und sprach zu mir: ‘nu stant
uff,
Komme, komme in das sieche
huß;
Dan du ligest nit wol in diesem
huse! ’
13650 Da sprach ich zu ir: ‘zarte
frauwe,
Ich sweren uch und globen uch
uff myn truwe
Das ich mit uch wil gerne gaen;
Aber dar umb das ich nit kann
gesan
Wer ir sint, so bijden ich uch
13655 Das ir mir das sagent von uch.’
‘Das wil ich dir sagen’, sprach
sij;
‘Wisse vorware das ich bin die
Die nach dem gegeben urteile
Inn allen gerichten sal ent-
phangen sin,
13660 Sal mir anders nit unrecht ge-
schien!
13665. handt aus hant.
Da zu zijden hatte gerichte ge-
taen
Der oberste konnig und urteil
gelan
[4io*] Uber alle mentschlich könne
Und zum dode geachtet umb ir
uberwonne,
13665 Da det ich yn sine handt abedun
Umb das ich is möchte beliben
dun;
Ich det machen einen bogen aen
snure
In dem hymel, das sin zorn ver-
fure,
Zu Zeichen der vereynionge.
13670 Die snure ich behielt, sin ist der
bogen:
Keinen schützen han ich nie ge¬
sehen mögen
Der in solicher maßen könne
schiessen,
Wilt er des schiessens nit ge¬
messen
Und wolde er is nit zu yme
ziehen.
13675 Von der snure sage ich bas
Da mit gesnuret was
Der boge den ich entreyset han:
Da mit ich wol schiessen kan
Und nemen uß die unseligen
13680 Von unselikeit, wann ich sij da
inne finden.
[W] Dar umb dut sich Glich Ver-
stenteniße dar zu
Das sij sich Barmhertzikeit
glichen duhe,
Das ist von der unseligen seyle
Sij zu ziehen von dem unreynen
deyle
13681 f. Orig.-. Et pour ce s’acorde Saison,
Que Misericorde aie non.
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Mit einer ihrer Brüste, die sie herausgezogen, säugt sie alle, die ihrer bedürfen. 297
13685 Des unreynen pades
Mit viel guden rades.
Myne mutter Götliche Liebe, die
seylerynne,
Was des seiles eine spennerynne;
So balde als das gebrochen wirt,
13690 Zu hymmel gestigen kan nyeman
nit.’ —
‘War umb hant ir her uß ge-
tzogen
Uwer brüste? ist sij gesogen
Odir ist noch milch da inne,
Das ir mich seugen wollet mit
synne ?’
13695 ‘Ja’, sprach sij, ‘is ist dir not
Und wirt dir noch noder me
Dan daz du habest Silbers odir
goldes me.
Beduronge ist myn name,
Des ich mich zu male nit
schäme.
[411*] Mir ist auch wol aen spot
13701 Das ich die armen seugen in
yrer not.
Ich seugen da mit die hongerigen
Und ist nit gegeben den
Die zu zijden viel hant misse-
taen.
13705 Aristotules sprichet das milch
Nit anders sij dan verwandeltem
blut glich,
Das verändert ist und worden
wyß
Durch rechte verdaugonge mit
flyß
13687. gütliche übergeschr.
13691. Initiale schwarz mit roter Füllung.
13697. dz übergeschr.
13705. Aristoteles, De animalium genera-
tione 4, 8.
13706. blut gleich übergeschr. üb. gestr.
milch.
Von natürlicher hitze,
13710 Das sij nit beheldet der roete
keine spitze.
Weistu nit was das bedüdet,
Du salt wissen das ein man der
sich viel bekrüdet
Und alle wege vol zornes ist,
Das sin blut nit recht rot ist.
13715 Dasselbe wurde nummer wyß
Wann Liebe das nit hüte mit
flyß
Und verwandelte sij daz sij wiß
ist.
Milch wirt wyß wann sij ge-
soden ist
[4i2r] Und die roete dar uß getzogen
ist,
13720 Und der dan schone milch hait,
Der vertzijget allez daz man
yme missedan hait.
So stent yme soliche brüste wol
Und kommet yme auch eben wol.
Min vatter, der an das crutze
wart gelacht,
13725 Was solicher brust nit ane be¬
dacht;
Es was yme nit not daz er uns
sin brust det
Zeugen, dar umb er sij durch¬
stechen det
Und uff spalden die sijtte sin
Der usserwelten mentscheit sin.
13730 Nie kein müder so viel gedet
Odir amme ir kint geseugete.
Da erscheinen sine brüste wol,
13714. Orig.: N’a point en soi que rouge sanc.
13727. vor er schwarz gestr. ließ m. a. Schl.
det zugeschr.
13731. erster u. letzter Buchstabe von affie
korr. aus andern Lettern. das Schluß - e in
geseugete zugeschr.
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298
Barmherzigkeit fuhrt den Pilger in das Siechenhaus.
Zu eyme ieclichen cristen er
sprach so:
“Wer wilt geseuget sin, der
komme her bij uns!
13735 In mir ist des zornes kein blut
me;
Liebe hait is verwandelt und ge¬
sotten
In wyße milch aen spotten,
[412»] Zu dem gemeynen nutze bracht.
Nie keins soliche milch gesogen
hait
13740 Noch auch soliche brust geseuget
hait! ”
Nu sage ich dir das ich also
seugen
Alle die ich weiß das sij sich
lyden,
Und also glich ich myme vader
Und folgen nach Gütlicher Liebe,
mynre mutter.
13745 Auch saltu da mit wissen
Daz an allen enden wo ich kann
wissen
Odir auch gesehen an
Einen armen der hunger mag
han,
Balde geben ich yme brot.
13750 Zu drincken und zu essen ich
yme auch geben
Dar nach ichs han am staden
eben.
Sehen ich yemans der trurig ist,
Yemands nacket odir der zer¬
rissen ist,
Ich kleiden und trösten 3 m,
13755 Und zu gedult stellen ich yn.
Die pilgerin neme ich in myn
huß
[4i3r] Wann sij mich mit yr gefurt
hette.
Die aide wiber fuß vor fuß
Qwament her noch, dar was mir
swere genüg,
13760 Und was des nit frölich
Und konde daz nit gebessern ich;
Dann die macht was nit myn
Und konde da nit besser gesyn.
13744. gütliche’ übergeschr.
13752. vor trnrig gestr. d.
13756. vor neme gestr. m (?).
[13756.] Kuslode unten auf Bl. 412’: vnd
ist yemads in.
vor 13757 von späterer Hand großes Kreuz.
13761. dz üb. gestr. es.
Nach 13756 fehlt 1 Blatt, etwa 30 Verse. Die Partie lautet t'n h:
[S. 330] ... dye bilgerin neme ich in myne huß, vnd ist ymant der gef an ge ist, den
begem ich zu Behen zu mynsten eynß in dem mande. Die dot sint, laßen ich nit vnbegraben;
die durch alter ader siech tage zu bette lygent, den dienen ich mit demutikeit, vnd dar vmb
hat mich gottez gnade hie gemacht eyne meisterin der siechen. Ich diene den großen vnd
den cleynS vnd machen in dig ir bet, vnd wez iglichem gebrist dez ich ym gebeßern mag,
dez laßen ich in keyne mangel han. Wiltu mit kome, so byn ich bereit dir zu dyene!’ Da
sprach ich: ‘Ich han guden willen dar zu, aber ich weiß nit wie ich dem dun solle. Dieß
bodden haldet mich so hart daz ich mit uch nit gegan kan. Dedent ir sie von mir, so hettet
ir mir sere wol getan!’ Abe da sprach sie: ‘dez kan ich nit gedtt, aber ich wil dich in
myner snore mit mir fure, ab ich mag, in daß siech huß. Die bodynne koment auch dar vnd
laßent dich nit; ich dencken wol der dot werde vor kome E du frieden von in gewynnest.’
l)a bant sie ir seile an daz betht vnd furt mich mit ir ...
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Kaum ist er dort, da springt ein Weib (Tod) mit Sense und Sarg auf sein Bett. 299
Da ich in dem siechhuse was
eben
13765 Und eine wile da inne hatte ge¬
legen,
In eyme spronge snelleclich
Uff myme bette gesag ich
Ein altwip das dar ifff gestigen
was
Und zu mynen füßen saß,
13770 Des ich gar sere erschrack
[4/3*] Und ziederte das ich nit enmag
Za ir gereden odir sij icht ge¬
tragen.
Eine sensse sij uff dem halse
drug als in der wagen,
Und eine lade von holtze sij
drug
13775 Und was mir nahe genug.
Einen fuß hatte sij mir gestalt
Uff myne brüst und sich zu
drucken gestalt.
‘Ho, ho!’ sprach Gots Gnade do,
Die was nit ferre von dannen da,
13780 ‘Beyde einwenig, wil ich yme
sagen
Zweye wort die ich yme han zu
sagen!’
‘Nu sagent balde’, sprach sij,
‘Balde verdrußet mich hie:
Balde wil ich ußrichten;
13785 Dan ich muß mich anderswo
hien richten,
Da ich dan han hien zu gan!’
Da kam Gots Gnade bij mich
gan
Und sprach zu mir gütlich:
[4M»-] ‘Nu wol an, nu gesehen ich
13790 Das du bist an dem engen pade
harte
Mit dynre bidefarte.
Auch hie ist der Dot, der
kommen ist
Und des irdenischen guds ein
ende ist,
Ein ende und ein ußgang.
13795 Er wilt dir din leben abehauwen
zu hant
Und is alles niderlegen
Und dinen lip dann geben
Den stinckenden wurmen zu
essen eben.
Das ist eine Sache gemeyne
13800 Yeclichem und ieclicher gemeyne:
Der mentsche in dieser weit ist
gegeben
Dem dode als gras in der wiesen
eben
Der senssen wann is hauwe ist,
Das hude grüne und morne dürre
ist.
13805 Nu bistu grüne gewest lange
tzijt
Und hast gehabt regen und
windes zijt,
Aber yetzont muß man dich
mehen
13788 f. unten auf Bl. 413* u. oben auf 13789. vor wol wieder von der späteren
Bl. 414 r von späterer Hand ein blasses Winkel- Hand ein verblaßtes Wort übergeschr. (d... ?).
Zeichen, wohl zum Zeichen, daß sie sich an- 13790. pade übergeschr.
einander anschließen. 13794. vor dem zweiten ein gestr. d.
vor 13764 Bild (110) mit Nebenschrift rechts: der doit komet den weller gar er-
»chreckelich an. auf dem Fußende des Bettes ein altes Weib mit einer Sense auf der rechten
Schulter und einer gelben Holelade (Sarg) in der linken Hand.
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300 Nochmals redet Gottes Gnade dem Pilger zu. Schon schwingt der Tod seine Sense.
[4H”] Und in zweye stucke dich dryben
mit gehen.
Die düre ist enge, sele und lip
13810 Magent da durch miteinander nit.
Die sele muß zu erste durch gan
Und dar nach wirt der lip gan;
Das geschiet aber so balde nit:
Das fleische muß ee verfulet sin
13815 Und nuwe widergeborne sin
In der gemeynen samenonge.
Nu dencke nach dinre bereidonge
Abe du recht gestalt siest
Und recht bereidt siest!
13820 Belibet es an dir nit, so wirstu
balde gesien
Die stat da du wilt gan hien;
Du bist an dem ingange der
düre
Die du lange in dem Spiegel hast
gesehen fure.
Bistu ußgetaen und nacket,
13825 Balde man dich da inne ent-
phaet,
Wann du sij hast gesehen vor.
[4i5 r ] Doch so viel sage ich dir bevor
Das du mynen vader wolies
gnaden bijdden
Und auch Bussen geloben da
myde,
13830 Habest du ir nit genug gedaen,
So wolies du is noch gerne dun
In dem fegefure da du must
ingan.’
Nu sage ich uch, hette ich ge¬
mocht
Reden, so hette is wol gedocht
13835 Das ich sij viel gef raget hette
Das ich nit wiste und föchte
doch.
Es ist dorheit abestigen in der
not:
So man wenet das ferre sij der
dot,
Er bei Jet an der kleinen dür;
13840 Ich warts gewar begriffen für.
Der Dot ließ sine sensse lauffen
Und det mir die sele vom libe
lauffen:
Also duchte mich da ich draü-
mete.
Aber als ich was und mich
wante
14/5"] in solicher pine und arbeidt,
13846 Da horte ich das gereidt,
Die zijtklocke von dem convente,
Die zu metten lute senffte,
Als das gewonheit was.
13850 Da ich sij horte und erwachet
was,
Und über alle sweissig ich mich
fant,
Und umb mynen draum waz ich
gedencklich
Und zu male sere erschrocklich.
Doch ich uff stunt
13855 Und ging zu metten zu stunt;
Aber so bekümmert und müde
ich was
Das ich nicht mochte gedun daz
gut was.
Min hertze hatte ich so gar ge¬
lacht
An das das ich gedreumet hatte
in der nacht:
13808. mit gehen eugeschr. 13842. in sele ein zweites 1 durch unter-
13837. Orig.: Folie est d’atendre au besoing. gesetzten Punkt getilgt,
vor 13841 wieder von der späteren Hand 13859. in der nacht eugeschr.
ein Hand-Zeichen als Nota bene.
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Da erwacht der Dichter aus seinem Traum. Schlußwort.
SOI
13860 Mich duchte und duncket mich
noch
Das die biedefarte ist also doch
Des dötlichen mentschen in
diesem lande.
13860. dachte üh. gestr. duncket u. duncket
üb. gestr. duchte.
nach 13863. Der fehlende Schluß lautet in h:
[S. 333] ... dig in solicher not ist, vnd dar vmb han ich daz beschriben inne maßen
ich daz gedremet han; doch han ich iß nit allez dar gesatzt, da die schrift worde zu langk.
Ist der dräme nit recht gedremet, so biedg ich daz er zu recht gekorigieret vnd
gestraft werde vö den die baß dremg könne vnd baß gemache mögen, doch so vil sage
ich me: were icht da erdacht daz zu dreme geachtet were vnd sich nit ym dräme gemacht
hette, wil ich nit allez zu dreme verkünde noch in keyng weg hantfesten. Doch ich hette
wol gewolt vnd wolde noch daz sich al bilgerin durch den dräme den ich doch gesehen hau,
wol rechte vnd hüte vor irren vnd bösen wege. Mä spricht: der strafft sich suberlich vnd
»ol der sich hie durch eyne andern straffte. Vor stoßen vnd irrunge sal eyn vuder wysunge
sin daz iglicher soliche weg neme daz er zu eyme gude ende kome. Daz ende ist die ver-
dienllge vnd der recht lone von der freyden dez paradiseß. Die gebe got allen menschen, sie
sin lebendig ader dot! amen.
Hie hat menschlich biede fart eyn ende.
Qot wolle vnß syn gnade sende! amen.
Der ist dicke in solicher not
schäme und schände,
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JJnhang.
Probe der zweiten poetischen deutschen Übertragung
(V ; 1—264).
(Handschrift des Historischen Archivs der Stadt Cöln - s f 3 .)
[i r ] Ich hain gelesen in der ge-
schricht
Dat der hilge prophete spricht
De genant is Daniel,
In syme tzwelfften capittel,
5 De gene de zo der gerechticheit
In deser werelde ellendicheit
Vil lüde onderrichten können,
Dat in Got des wilt gönnen
Dat sij den sterren werden ge-
lijch
10 In dem ewigen hemelrijch.
Dar umb, off icht vermochte
Ind myn verstentenisse dar zo
dochte,
Woulde ich in duytzschen gerne
beschryven
Beyde den mannen en den
wyven,
15 Den armen ind ouch den rijchen,
In der werelde alle gelijchen,
Beyde den jongen ind den alden,
Wie sij sich soelen halden
Ind we sij soelen streven
20 Na dem ewelichen leven.
Eyn loevelich lerer hait ge¬
macht
Eyn welsch boech van groisser
acht
Dat den wech der wairheit leert.
Och, were myn syn nu so er-
cleert
25 Dat ich volkomolichen moechte
Dat gewenden, dat id doechte
In duytzscher sprachen zo ver-
. staen,
De arbeit woulde ich gerne an-
gaen.
D'l Ye doch, we vil da an gebricht,
30 Na dem dat men gemeynlich
spricht,
So we dat deit alle sijn ver-
moegen,
Da mit sal men sich laissen ge-
noegen.
So han ich up de Gotz genade,
Der ich bedarff vroe ind spade,
35 Mich underwonden zo beduden
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Einleitung.
303
Dat welsch den ungeleerden luden
In duytzschen, as ich vor hain
gesacht,
Van dem da an dat liget de
macht,
Ind wenich is des hynden hieven:
40 Der syn is sere hie ynne be-
schreven.
Wer nu dar nae wilt hoeren,
Der sal op doen synne ind oeren
Ind syne gedencke dar na saissen
Zo volgen up de rechte straissen,
46 As uns dit boich her nae be-
scheidt.
In welschen id sus an geit:
A ceulx- de ceste region
Qui point n’y ont de mansion,
Ainsois y sont, comme dit saint
Pol,
50 Riehes, povres, sage ou fol etc.
Allen mynschen in der zijt
De sint in alle der werelde wijt,
Dae neyman en hait geyne bli-
vende stat,
As sent Pauwels gesprochen hait,
55 Sij sijn rijeh, arm, wijs of doren,
In wat kunne staet sij syn ge¬
boren,
[•2 r ] Konynge off ouch konygynnen,
Pilgeryme off pilgerynnen,
Wil ich eyns droems gesichte
60 Offenbaren ind berichten,
Dat mir in slaiffe is vur komen.
Al wachende hain ich wale ver-
nomen,
Gesien, gelesen ind wale ver¬
standen
Eyn schoen boech, dat in wel¬
schen landen
65 Dat welsch der rosen is genant.
Ich meyne vurware ind byns be-
kant
Dat mich dat dar zo hait ge¬
bracht
Den droem zo droemen in der
nacht
Den ich her na sal ertzellen.
70 Dar umb wille sich mailich
stellen
Na her bij ind hoeren zoe,
Id sij spade of id sij vroe:
Neyman en trecke den achter
harnen,
Want id geit uch an alle samen,
75 De groissen mit den cleynen.
Ich hoffen ind meynen,
Yederman soele dar an verstaen
Wat weges dat hei soele an
vaen,
Wilchen hei schuwen soele ind
laissen.
80 Der Sachen is noet ussermaissen
Allen den de doent bedevart
In deser werelde swaere ind hart.
Nu hoert her na: ich sal be-
gynnen
Na dem ich beste kan besynnen.
[•?'] Soe duchte mich in dem
droeme myn
86 We dat ich were eyn pylgerym
53. nach dem a in neymS Rasur. haltsangabe: Videbar in vifione Peregrino profi-
67. dat vor dar übergeschr. cifcens ad ciuit. Jerusalem — item a longe in
84. hinter d. Vers von der späteren Hand speculo cand. me videre, cuio plateae aureae
die Zahl 84. et argenteae. Fundamenta alta, constructa ex
85. am Rande ron der späteren Hand: viuis lapidib9 — ciuitas ampla et magna, cir-
Initium fomnij. Unten auf dem Blatt beginnt cundata muro praealto usw.
dann die bis Bl. 5* reichende lateinische In-
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304 Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehnt.
Ind hedde den wech bestaen
In de stat van Jherusalem zo
gaen.
Ouch duchte mich so we dat ich
90 In eyme groissen Spiegel on-
meislich
An schauwede de selve stat
Van verren, ind mich duchte dat
Na allen mynen synnen
Dat aldae en bynnen
95 De straissen, wege ind genge,
Sij weren lanck, kurt, breit off
enge,
Van goulde ind van silver sijn
gemacht.
Dat fondament dat was gelacht
Sere hoge ind dat steynwerck
gemeyne
100 Allit van levendigen steyne.
De stat was weidelich ind grois:
Eyne hoge mure sij umbslois.
Da waren wonyngen ind huser
vil:
Man dreyff aldae-manich vreu-
wedenspil.
105 Da was lust aen moyenisse
Ind alle walevart sunder droef-
nisse;
Dae hadde siecht mailich sunder
krencken
So wat hei wünschen mocht of
erdencken.
Mer sere misquam mir dat
110 Dat yederman in de schone stat
Nyet mochte komen zo dem in¬
gange,
Want de behoit was harde
strenge.
Cherubin nam der portzen war
[3 r ] Mit eyme vuyrigen swerde bar,
115 Wale gesliffen, dat zo beiden
sijden
Scharp was ind nauwe konde
snyden,
Harde gerynge, van snelre kere.
Hie hadde behalden ouch de lere
Da mit sich zo erweren,
120 Dat yme nyeman mochte deren
Mit machte off ouch mit liste,
We vil kunste dat hei wiste,
Mit bucler off mit swerde,
Vur yme zo komen synre verde,
125 Dar in he en bleve dae doit
Off gewunt mit groisser noit.
Der vurste ouch selver van der
stede,
Ee dan he den inganck dede,
Bleiff doet na der mynschlicheit,
130 De he an sich hadde geleyt;
Syn bloit dat leyss he dae ge-
duldich
Zo tolle aen was hey geynen
schuldich.
Des gelijehs haent ouch gedaen
Sy ne rittere ind kempen na ge-
gaen:
135 Alle haint sij synen kelck gekört
Ind haint yre bloit dar umb ge¬
stört.
Boven der portzen an der
tzynnen
Sach ich dat wympel der rechter
mynnen
Hangen geverwet van roden
bloede;
140 Doe dachte ich in mynen moede
Dat hart were dar in zo komen
Ich en hedde anderen inganck
vernomen.
l 3 '] Ouch en wart ich nyet gewar
Dat yeman den wech queme
aldar;
145 Mailich sich des weder wach
As balde hei Cherubin gesach.
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Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehen. 305
Dar nrab mach he dat vlam-
mende sweert
Wale hyn leigen vurwert.
Mer as balde ich in dat hoge
150 Gesach ind upsloech myn oege,
Do schauwede ich wunderlich ge-
bere,
Da van ich wart erveret sere.
Sent Augustijn sach ich up der
tzynnen
Sitzen, ind nae mynen synnen
155 Duchte mich dat hei were
Eyn behendich voegelere.
Mit yme waren ouch aldae ge¬
sessen,
Des nyet en steit zo vergessen,
Anderre lerere ind meistere vil,
160 Die yme zo dem vederspil
Der voegele hulpen manicher-
wijse,
Yn zo geven dranck ind spijse
Mit yren guden wercken ind
worden,
As sij geleert hadde yre orden;
165 Ind durch soissicheit der lerungen
De sij usslachten mit yren
tzungen,
Wurden vil lüde in voegele ge-
want
Ind vloegen upwert altzo hant.
Ich sach vur waere na rechten
schynen
170 Vil Carmeliten, Preitger ind
Augustynen,
Ind ouch de brodere mit den
corden,
Andere clerckschaff ind geistlich
orden,
D r ] Benedictine, Bemarditen ind Re¬
guliere,
Ind volckes vil van manicher
maniere,
175 Bedelere ind willige armen,
De alle mit henden ind mit
armen
Griffen na vederen ind na
plumen,
Soe wa sij da an mochten körnen;
Dae van sij in vloegele machten
180 Ind vloegen up mit groisser
achten
Boven Cherubin tzer stat wert in
Ind vorten yn des vil de myn.
Mer do ich tzer anderre sijden
sach,
Hoeret wat aldae geschach:
185 Da was volck van groisser kunst,
De yren vrunden tzoynten gunst
Ind brachten sij in de stat mit
listen,
Der sij vil ind genoich wisten.
Zem yrsten male wart ich gewar
190 Sent Benedictus, de mit synre
schar
An de mure hadde gericht
Eyne groisse leider, dar in ge¬
schieht
Waren de tzwelff grede der oit-
modicheit,
Dar mit in groisser vlijssicheit
195 Upwert zo der stat in dummen
De synen orden an hadden ge-
nomen,
Moenche wijs, swartz ind grae,
Sünder yemans hynder aldae.
Dar na sach ich sent Franciscus,
150. vpsloech korr. aus op loech. 183. rotes Paragraphenzeichen vor der Zeile.
159. das zweite re in lerere später über¬
geschrieben.
DeuUobe Texte de« Mittelalter«. XXV. 20
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306 Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehen.
200 Van dem ich sprechen mach
alsus
Dat he mit wercken ind mit
worden
Truwelichen vurderde synen
orden;
D r ] Want, also mich gantz bedoecht,
Hadde hey eyn seel stijff ge-
knocht
205 Mit knoden ind an de mure ge¬
stalt,
Da an op dummen junck ind alt
De intfangen hadden syn habijt:
Sij wurden alles hynders quijt,
Ja, de sich stijff an de knoden
hielten,
210 Want si de stat da mit be¬
hielten.
Vil anderre ich ouch up der
muren sach,
Da van ich gentzlichen neit en
mach
Uch de namen gekunden,
Ind mit wat listen ind vunden
215 Mailich den synen halp dar
bynnen
Zo körnen oever de hoge tzynnen,
Want ich neit vorder en künde
gesien
Van al dem dat da mochte ge-
schien;
Dan an de. sijde de vur mir was,
220 Da van ich sagen mach de bas,
Eyn doerlijn enge was gesät
In die mure van der stat,
Dat der fürste dan aff dede
hoeden
In rechticheide overmitz den
guden.
225 Sente Peter, dem hei den slussel
gaff
Ind yme beval de meisterschaff,
Wale mochte hey yme des be-
truwen,
Want hei neyman dar durch lies
duwen
Dan alleyne die armen,
230 Der sich Got wilt erbarmen;
Want id as onmoegelich were,
As gesprochen hait Got unse
here,
[5 r ] Dat der rijche queme zo hemel
As durch eynre nailde ouge eyn
kemel.
235 Ind umb gedrengs wille der
enger doer
Dede sich mailich uys dar voer.
Dar durch en mochte ouch nye-
m&n gaen
He en hedde weder an gedaen
Cleydinge des konynges van dae
bynnen,
240 Da mit he ongeletzt mocht
wynnen
Den inganck zo allen tzijden.
Ind mich dede ouch sere ver-
bliden
Dat gemeyne vurdel dat ich da
sach,
Da ich ouch van sprechen mach:
245 So wer sich des vermoede
Dat hei willich armoede
Mit guden hertzen an sich nam,
Dat de wale dar bynnen quam.
Sich dae en buyssen zo ont-
kleiden,
250 Dat aide gewant van yme zo
scheiden,
221. rotes Paragraphemeichen vor der Zeile. 242. mich korr. aut noch(?)
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Beschreibung des himmlischen Jerusalems, das der Dichter im Traum gesehen. 307
Umb da en bynnen an zo doen
Nuwe cleydinge wijs ind schoen.
De Sache sal mailich wale be¬
hagen,
Want neyman en mach sich be-
clagen;
255 We rijche hei sij op deser erden,
He en möge wale lichtlich arm
werden;
Off he des willentlich begert,
So mach he ouch wale sijn ge-
wert
Zo körnen in de schone stat,
260 Da man wirt van vreuweden sat.
Id is guyt vasten eyne kurte
stunde
[5 p ] Umb zo ontfangen mit vollen
munde
De spijse ind dranck aldae bereit
Van gotlicher vursichticheit.
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Namenverzeichnis .
Aaron 367. 1482.
Abymelech 4127.
Abner 8422.
Adam 6638.7897.12459.12463.
Adonay 12358. 12376. 12470.
Amalech 7963.
Amaaa 8421.
Ambrosius 642.
Apemen (nach Orig .), Be-
sachis dochter Apemen (be-
sachis dochter nnd pemens
fälschl. Hi., permens h ) 9370.
Aristotyles, Aristotules 1617.
2794. Bild 28. 2866. 2976.
3177. 4620. 13705.
Athenis Akk. 3063.
Angustin 11767.
Azael 12075.
Babilonie Akk. 7665.
Barabas 8983.
Benedictas, sant 4187. 4234.
4256.
Bernhart, sant 4134. 6894.
Besachis 9369; vgl. Apemen.
Bitallasus, Bitallassus: Cirtes,
Caribdis, Scilla, Cirena und
B. als ungefelle in dem
mer auf gezählt 12144.12194.
12197. 12202.
Chaalis, Chalis, Zisterzienser¬
abtei im Dep. Oise 1. 4060.
C[h]aribdis 12143.12148.12167.
12192.
Cherubin Bild 3. 31. 295. 299.
895. 1086. 1088. 1140.1167.
C[h]ristus 11319; vgl. Jhesu
Crist.
Cirena 12144; vgl. Bitallasus.
Cirtes, Sciertes 12143 (Akk.
cirtain Hs. statt cirtam).
12147. 12151. 12165; vgl.
Bitallasus.
Cis 4608.
Dalida, Dalila 5954.
Dan 8756 (fälschl. Adam Hs.).
8757. 8759.
Daniel 9117.
David, Davidt 4126. 4471.
4598. 4614. 4617. 4622.
8309. 8312. 11539.
Egipten 7968.
Epicury, Epicurye 10445.10448.
Esau 2634. 2637. 8955.
Esdra 9379.
Esy, Giezi 9910.
Etike, Werk des Aristoteles
4621; ethicorum daz buoch
11359.
Eva 1904.
Ezechiel 373. 9118.
German, sant 5184.
Gylenville, Thomas von, Vater
unsers Dichters 5908.
Golyas: Akk. Golyam 4639.
Got, God passim.
Grecken 3063.
Gulden Mont, Chrysostomus
12847.
! Jacob 2634. 2636. 2644. 8255.
8784. 8955.
Jacob, sant, Wallfahrt zu ihm
4591.
Jheremias 9310. 9340.
Jheronimus 11978.
Jherusalem Bild 2. 5. Bild
8. 278. 324. 6515. 10898.
12849. 13326.
Jhesu, Jhesus 2292. 2160.
I 2480. 3780. 5357. 7220.7262.
8313.8424.9165. 9971.11203.
11296. 12845. 13278.
Jhesu (Jhesus) Crist (Cristu.'l
839. 1062. 2324. Parenthese
nach 3274. 3283. 3578. 3926.
9920.
Joab 8421.
Job 12301. 12484.
Joergen, sant 10391.
Johans, sant 8683. 8695.
Joseph, Sohn Jakobs 8255.
Joste, sant, Wallfahrt zu ihm
| 4591.
| Ysaack 2635. 11333.
I Ysayas 1643. 7619.
Israhel 530. 8756. 11517.
Judas 7219. 7309. 8423. 9495.
9636. 9970. 9973. 12491.
♦
I
LichtendaljOrtp.-Clery aus? 192.
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Namenverzeichnis.
309
Longinus 8318.
Lncifer 7428.
Magdalene, Maria Magdalena
1934. 11481. 11914.
Mahommet 9170. 9177. 10246.
Maria, Marie, Jungfrau 2324.
Parenthese nach 3286. 3602.
10601. 11026.
Maria Egipcian, die hl. Büßerin
11184.
Mercurius 1412.
Mertin, sant 2269.
Moyses 367. 422. 530. 665.
671. 688. 693. 701. 713. 818.
882. 884. 1169. 1175. 1303.
1344.1482.1864. 1875- 2214.
2466.2611.3196. 4877. 4884.
Bild 43.11202.11514.12973.
Nabel 5529.
Nabugodonosor 7664.
Neemia 2078.
Niclaa, sant 8507.
Noe ( verschr. Noel Hs.) 12590.
Ogir, der Däne 4163.
Oüvier, Rolands Waffen¬
gefährte 4164.
Paulus 3361. 3425. 4019.
Peter, Petter, Apostel 1926.
11482. 12015.
Pharaon 661. 5529. 7919. 7924.
Poncius Pilatus Parenthese
nach 3286.
Rolan, Roland 4164. 7875.
Rommer, die 3426.
Rupprecht, sant 5194.
Salmon 4366.5564. 5568. 8654.
8922. 10028. 12180.
Sampson 5954. 5967. 7036.
Samuel 7961.
Sathan, Satbanas 8250. 8976.
9433. 11928. 12011. 12462.
Saul 4608. 4616. 4638. 7960.
8308.
Sciertes s. Cirtes.
Scilla 12143. 12194. 12196.
12206.
i Serene, Sirene 8134.
Symon, sant 5189.
Symon, Symont, Magus 9910.
9913. 9924.
1 Sorastes, Cerastes 8758.
Swartzendal, Orig.: Nervaus
7193.
Theophilus, der durch die
Legende bekannte Bistums¬
verweser zu Adana in Ki-
likien 12518.
T[b]obias 6032.
Thommas, sant, der Erzbischof
von Canterbury 632.
Tigris ( verschr . trigris Hs.)
10832.
Triphon 8425.
Venus 1411. 10683.
Wilhelm, sant, Abt zu Chaalis
f 1209 4061.
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Wm'tverzeichnw. ’)
& intcrj.: amich = & mich
6746.
abbet (apt) m. 4060. 7094.
abbeteie (eptie, eptige) f. 1.
9922. 10722.
abe m. Verben] *-dröuwen
durch Drohen abzwingen
3536; -honwen 13795; -kö¬
rnen m. gen. etwas verlieren
10861; * -kratzen 5445;
♦-Stelen refl. sich heimlich
wegbegeben 3915; -tuon:
misset&t durch buoze a.
2413; den stab a. 5478.
abebrechen n. das Verkleinern,
Verläumden 2286.
♦Abebrecherie personif. 8722.
abebrechnnge f. Enthaltsam¬
keit 2191; a. von dem wege
Verkürzung des Weges 12736;
personif. Vorenthaltung des
Gebührenden Bild 71. 8785-
BüdlS ; Enthaltsamkeit 101.
13194.
abel&z m. 3304. Parenthese
nach 3305.
abescheiden n. Trennung (zw.
Eheleuten) 686.
Abesnidunge personif. 8616.
abestendec adj.: a. sis mir
nit von herzen 12576.
abgot (appegot, aptgot) m.
9199. 10307. 10359.
abgrnnt m. 7461.
absolvieren vb. 9591.
achtem 8. fitem,
acolite (accolite) m. (am Altar)
Bild 15.
after praep .: after lande 7224.
10672.
ahsel f. 840. 842. 4674. 7245.
7599.
ahten vb. m. Akk. d. Sache,
etwas besorgen 3965. 9533;
geahtet sin ze 4925.
algereite adv .: ich was a.
müede 9158.
allerdinge adv. 4986.
♦almuoserinne (almoserynne,
almnserynne) f. 2468.10987.
11000. 11239. 11404.
altbüezer m. 6494. 6529. 6659.
10429.
alter (alder) m. 2785.
Alter personif. 12123. 12125.
Bild 107 «. 108.
altern pl. 9287.
amich s. &.
amiral m.: der a. von dem
mere 12462.
anbringen n. das Ansuchen,
Verlangen 2930.
anderthalp adv.: a. starker
5626.
anderunge f. 1439. 2802. 5350.
ane m. Verben ] *-gesuochen
zumuten 4680; -grlnen 5073;
-lachen 2867; -slahen: einen
wec a. einen Weg beginnen
4949; *-ströufen: daz ich
im eine boese woche ane
streufe 7229.
♦anehangen n. 1250.
anevehte f. 11841.
anevehten «. 12185. 12347;
personif 12292.12644.12699.
anevehtunge f. 3760; personif.
3870. Bild 91 — 93. 12380.
12466.
♦anheben ».: daz a. der achüeler
das con den Scftülem schon
Gelernte 4816.
♦anruofonge f. 13293.
♦ansetzerinne f. Kellnerin
13165.
♦antregerinne f. Küchen¬
meisterin 13164.
anvertigen vb. angreifen 9169.
♦anvüerinne f. 7495.
apfel m.: a. der ongen 3083.
apfelbonm m. 136.4540.12070.
Arbeit personif. 6647.
arc «. 6312.
>) Beigefügte französische Bedeutungen mit dem Beisatz (0) geben die Fassung der
Originalvorlage, deutsche mit der Chiffre (h) die der Hamburger Prosaübersetzung wieder.
Mit einem * bezeichnete Wörter sind bei Lexer nicht belegt.
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Wortverzeichnis.
311
ucvin n. 5118.
uewillec adj. 12216.
irjeronge s. ergerunge.
uguieren r b. 1725.1815.1845.
2892. 3182. 7848; vgl. ge-
uguieren.
irgnment n. 744. 1618. 2811.
2901. 3094.
arke f. Arche (Noahs) 6640.
amliute m. plur. 9663. 9887.
13435.
armmau m. 10467.
Arranot personif. £«7d98u.l04;
Gewillige A. 13098.
an f: in der hellischen a.
9909.
arzätinne (artzetynne, ertze-
tynne) f. 213. 10279.
ast m. : geaterket in dem irren
aste 503.
»tan (achtem, ahtem) m. 6186.
7826.
atzel f. Elster 7865.
ärentiure f. 9099.
badeatube f. 5703.
bigen vb.: er tnot sin urteil
b. 7847.
balc m. ( statt bl&sbalc, vgl. d.)
7725. 7735. 7744. 7750.7751.
balle m. 12090.
ban m.: in meres ban 8299.
bande f. Diener schar 1236.
•bantknode m. Bandknoten
12822.
’bantwide, bintwide f. Band
aus Flechtreisern 12757.
12809.
barmherzekeit f. 11098; per-
sonif. Büd 109. 13682.
basiliacus m. 8329.
’bazzen vb. nützen, passen:
ein loch, daz mir bazz
(: was) 7017.
•beblnoten vb. blutig machen
6794.
bech «. Pech 7443.
beckerinne f. 2718.
bediutunge f. 605.1150. 2047.
8019.
bedranc m. 7516. 7713.10887.
Bild 91. 12311. 12322.
bedrängen vb. 7590.
bedanken vb. 10034.
♦bedarf m.: daz ich iuwer
b. gewinne 6401.
♦bedttrfelich adj. nötig 3206.
begaten vb.: din wappen w&ren
ime nit begatet 4607; er¬
reichen, treffen 4727. 4775.
6108.
begeben vb.: den dnrst b. 11517.
begerunge f. 702. 3203. 4904.
6207.
*Begirekeit, Begirikeit per¬
sonif. 9437. 9439.
♦begnadunge f. 12631.
begrlfen vb.: einen tinre b.
and scheiden 1546.
begriffenlicheit f. Geräumig¬
keit 3027. 3142.
begrifunge f. tactus 4092.
♦begrinen vb. anknurren 5072.
8586; din begrineude muo-
ter von den hunden 8905.
behaltnisse f. Gewahrsam,
Sicherheit 2986. 11162.
♦behaltaac m. Verwahrsack
2674.
beheben vb.: bcesen willen b.
1856.
beheften vb. 3613; ir tuot mir
manschaft von dem daz ir
von mir h&t behaft, de
qnanqne de moy vous tenez
(0) 1570.
behelf (behulff) m. Behelf (der
Kirche) 9315.
behonwen vb. 3827. 9785.
beingewant n. 4691.
•beinharnasch (-harnescb) n.
3713. 3884.
bejagen vb.: der dierne helfe
nit kan b. m6 danne . . .
4794; grözer törheit b.5051;
ich wil aber vor mit dir b.
9215.
bekallen »6.: sie bekallete
mich hart, me reprenoit
(0) 9028.
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bekentlich adj. 232.
♦beklopfen vb.: den guoten
namen b. 8668.
bekomen vb.: dar durch ist
dir din guotez bekomen
2871.
beknmberunge (-kommeronge)
f. Beschäftigung 12170.
12190.
belieben n. Belieben (?): ez st£t
an mir nit an min b. 6981.
bendel m. entonneur(O) 10586.
benedigen vb. 598.
♦benüegelich adj. genügend
5427.
beqnsmelich adj. 86. 301.
384. 3342. 4120. 4339. 4641.
5086. 5347. 13607.
berat m.: b. halten 1762.
berc m.: die einen hatten die
füeze wider berc über sich
11635.
berechen vb.: daz körn wart
vor zerbrochen 6 ez in
die binde (ob verschr. st.
winde ?) würde berochen,
qug aus balesteB fast baillie
(0), e ez in die winde wart
get&n (h) 2714; daz körn
ist berochen 9880.
beredunge f. 12727.
bereitliche adv. = bereitec-
llche 6437.
bereitunge f. Vorbereitung
13817.
beschidekeit f. Erfahrenheit
12168.
beschüten vb. 2958.3486.3696.
3698. 4203. 7946.
besetzen vb.: d& daz gröze
gerihte wirt besezzen 11118.
besigelen vb. 1181.1197.1198.
1340.
besiegen adj. 3650. 3663.3664.
3667. 3687. 4525. 8773; mit
smalen gürteln b. 5694.
besliezen vb.: ez besliuzet
iuch, il vous forsclot (0)
1584.
| besliezunge f. 779.
Original from
UNIVERSITYOF MICHIGAN
312
Wortverzeichnis.
besloz m. 745. 759. 797. 2827.
4285. 4335. 8681.
bespraejen vb. bespritzen, pari.
bespreet 2661. 3493; be-
sprewet 3515; besproffen
(: bedroffen) 3533.
bespreiten vb.: daz swert be-
spreit bewlaen mit gewrerer
liebe, enflambe (O), glißende
(A) 1108.
bestaetigunge (bestedionge) f.
1737.
bestellunge f. 12395.
besuochen vb. versuchen, ver¬
leiten 2005.
Bete (Bede) personif. 13253.
betevart (bidefart, biedefart)
f. 2187. 5029. 5360. 5435.
5840. 13791. 13861.
betrahtunge f. 2010.
betretenen vb.: ir kleit was
betreinet mit qw&de 10401.
♦betriefen vb., part. betroffen
betropft 3532.
betriegunge f. 10115.
betrogenllche adv. 3001.
betronfen vb. 3514.
betrügen is^e/ - . 2961.2992.2998.
3137. 5825. 10104.
betören n. Bedauern 515.
♦Betörenis8e (Bedurenisse)
personif. Bild 109.
♦betörnnge (bednronge) f. Be¬
dauern, Erbarmen 12630;
personif. 13698.
bevalten vb. umstricken 8196.
bevelhunge f. 5092. 5171.
bevleckunge f. Selbstbefleckung
Büd 78 u. 79.
bewegen vb. nett beleben 2236.
bewerfen vb.: die sie mit
niuwen banden bewürfen
12838.
bewisellche (bewysentlich)
adv. representativement (0)
3116.
bewlsunge f. 1151.
♦bewitern vb., part. bewidert
(: genidert), tempeste (O)
12208.
i
:
bezalnnge f. satisfactio 45;
8oluiio 9678.
♦bezeichlicheit f.: n&ch b.,
imaginaument (0), secun- j
dum ymaginacionem (A)
3131.
biben (bieben) vb. 7854.
bidefart, biedefart 8. betevart.
biderman m. 640. 5087.
bihte f. 2126; personif. Bild 24.
bihter m. 2108.
blhtunge f. 1129. 2147.
binde vgl. berechen.
bintwide s. bantwide.
biscbof m.: in die stat d& diu
maget einen b. geborn b&t
6516. i
bizeichen n. 3120. 4187. 4476. !
4601. 6089.
blffijunge (bleonge) f. 7607.
bl&ssere (blesere) m. 7840.
blfisbalc m. 7350. 7435. 7469. |
7653. 7657. 7663. 7674.7710.
11843; vgl. balc.
bläse f. 7604.
bl&snnge f. 7860.
bl&vuoz m. eine Falkenart
7075. 8908.
bleichen vb. 5704.
blic m.: in eime blicke in
einem Augenblick 6232.
blinwen vb.: mit dem swerte
sniden oder blauwen (: hau-
wen) 1296.
bloch (ploch) n. 6273. 6276.
9486. 9489. 9491. 9496.9498.
blnottropfe (bludstroppe) m.
3457.
bogen vb.: da mit stiez sie in
&ne b. 9131.
boppe 8. bupf.
‘bor (bore, böre) n. Bohrer
13017. 13226. 13232.
borne 8. burne.
borte s. bürde.
borten vb.: gebortet, rive, ri-
vees — gut gerändert, ver¬
nietet (O) 3937. 3939. (Viel-
••
leicht hat Ubers, an rive =
Ufer, Bord gedacht).
bessern vb.: ich h&n min leben
gebcßsert 11277.
boucelere s. buckelte re.
bözen (bossen) vb. 490. 586.
610; mit Worten b. schelten
10617.
♦brecherinne f.: der kisten
eine b. 9596.
brennholz (berreholtz, ob r er-
sehr. st. berneholtz ?) n.
9789.
brestenhalp adv. 10432.
bresthaft adj. 4996.
bretspil n. 6737.
brinte f.: ze den brinten des
fürsten Hochzeitsfeier 1488.
♦brosemen vb. zu Brosamen
machen 2705.
♦brötaac m. Bild 29.
♦bruckenmacher m. 566.
brönrot adj. 3496.
brnoch m. Sumpf 10678; iu
dem hellischen bruoche 9432.
bruocheht adj. unfruchtbar
13373.
♦bruoderlicheit f. 8953.
brüst f. Brustteil am Kleide-.
am halse brüsten wiz al»
i ein hermel 7514.
I »büche m. Lauge 1947. 13519.
büchen vb. mit Lauge tcaschen
1948. 1954. 11479.
bnckel vgl. seckel.
buckelsere (bockeier, bouce¬
lere) m. Schüd 36. 4394.
12391.
büezen vb.: diu sich büezet
sich ausflickt (vgl. s. B. alt-
büezer) 9821.
buochstabe (bustabe) m. 2394.
Buoze m. personif.: B. bit
gesaget sin ambet 2255; fl
von 1905 an passim.
bupf (boppe) m. puppa: boppen
in die erbeiz setzen 8393;
üf dem houbte einen boppen,
un Mahommet (Cf), aptgot
(A) 9147.
♦burevogetinne (burgvogdyn-
ne) f 13149.
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Wortverzeichnis.
313
bürde f. : ich sach die botschaft
und borte (: Worte,), apres-
tement (O), bereitschafft (h)
7284.
burne m 924. 935.
burzen vb. niederstürzen 7460.
büte (bude) f. Bütte 11436.
11438. 11471. 11502.
btttechin n. 4795. 4837.11522.
*büwe m. Bau 1215.
•bfiweholz w. 9788.
dedegerinne s. tagedingerinne.
dedinge s. tagedinge.
dedingen s. tagedingen.
diamant m. 5585.
diemüetecheit f. 138.552. Bild
37. 8082.
diemtietecliche (demütenclich)
adv. 1842. 5025.
diemüetigen vb. 4297. 5538.
7560.
dieneatbserekeit f. 1774.
dienestinaget f 1453.
dinsen (tynsen) vb. reissen,
schleppen 9490.
diuberle f. Bild 76.
diubinne f. 8650. 8656.
diupatäle f. 2499.
diuten vb.: schaden diuten 3430.
dintach adj.: guot diutsch
1772.
doneratac m.: der grüene d.
2234.
dom m.: die dornen der bös-
heit 11304.
doroeht adj.: m6 doraeter
11567.
♦domhecke f. 6687. 10871.
drsejen vb.: ein gebüre unge-
atalt, gedrsejet, entortilliei
(0 [Ha. M)), verkerte ge-
dreet (A) 5009; gedrsejet
tier 9122.
drAt (droit) m. 3937.
drAte (dracht) adv. schnell 1169.
dreacher m. 2695.
drlakel m. Theriak 8610.12504.
drlvaltecheit f. 3437. 3443.
droit 8. drAt.
drüzzel n.: ein niuwer bote der '
h&t daz d., une volante
messagiere (O) 10569. !
darchsehten (durechten) vb. j
verfolgen 12337. 1
durchsehter (durechter) m.
12465. |
durchsehtunge (durechtonge)
f. Bild 91. 12294. I
durchl iahten vb.: ander büecher
| eint darchlinhtet 11174. |
durchvart f 292.
duretec adj . 2538.
dnsch 8. tisch.
i
ÄbrechuDge f. Bild 78 u. 79.
♦eckehöa ». 10800. !
edelman m. 7911; plur. edel-
[ linte 9848.
eSinne f. Äffin 8053. 8055.
egel m. 8277.
! eierachal 2741.
Eigenwille personif. 13077.
eingeborn part. adj.: dln e.
sun 11302.
einhorn n. 7629. 8161. 8186.
10615.
einyalteclich (einfeldeclich)
adj. 13640.
einvaltecllche adv. 3387.
•inwenichet s. w6nicheit.
einwenig s. enwec.
eischen (heißen) vb.: eischet
ime sine gestalt rechnet ihm j
anklagend seine Gestalt an !
1650; fordern 9812.
eie f. Elle 10017. 10020.
element n. 1417.
gliche adv. 8741.
glicheit f. Eheschliessung
Bild 72.
eilende n. Not u. Trübsal
2330.
enbinden vb.: daz herze e.
1714.
enblecken (entplecken) vb. ent-
blössen 1300. 6014.
♦endeckerinne f.: ein e. der
hiuser 9595.
engen vb.: daz alle tfete ge-
enget und gebezzert eint,
restraint (0) 2405.
enkel m. Knöchel: spilen mit
den enkeln 12099.
enkleiden vb. 2269.
♦entbltiemunge f.: der junc-
vrouwen e., defloratio 10819.
•euthitzen vb.: gehitzet und
enthitzet 11481.
entliden vb. der Glieder be¬
rauben 3506. 5743.
entllhen vb. 5153. 8079. 9847.
entmachen vb. Gemachtes wie¬
der vernichten 6531.
♦entminren »6. re fl. sich ver¬
mindern 12377.
entr&ten vb.: dar an e. 2846.
entreinen vb. besudeln 10787.
♦entreisen vb: der boge den ich
entreiset hän, descorde (0),
dessen Schnur ich gelöst
habe 13677.
entrinden »6.: 6 du dich von
mir entrindest (: findest) sich
los schälen 10656.
entschuldigen vb. 4544.
entsetzen »6. refl. sich vom
Sitze erheben, part. entsatzt
6371.
entaigelen vb. 1267. 1326.
entvinden t>6. 3179. 11664.
entwichen vb. 11072.
entwinden vb.: die slüzzel e.
1268.
enwec adv.: enweg (einweg
wohl aus einwenigZ/8.)2968;
einwenig ( verseht. für en¬
weg ?) 5390.
♦episteler m. Bild 15.
epistole f. 11914.
eppetisse (eptisse) f. 9921.
erarbeiten vb. 9658.
erbalden vb. sich erkühnen
11795.
erbarmunge f. 11097.
erbeiten vb.: und solten sin
ouch nit e. 7727.
erbeiz f. 8393.
♦erbermnisse f. Erbarmung
2993.
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314
•erdüht m. od. f. ? Trug-, e.
nnd valscheit nmbe im lande
tragen, faus saintnaires et
faintis (0) 10050.
•erdenkunge (erdenckonge) f.
Trug, Täuschung 10179.
•ergebenheit f. profesaion (O),
Klostergelübde 10269.
ergerunge (argeronge) f. Ver¬
schlechterung 4359.
ergetzen ».: alliu ergetzen,
lüste nnd spil 12436.
erhoehen vb. 4280.
•erkiden vb. (von klde =
Sproß ): ich schinde allez
und läze nit e. (: besniden),
Bans riens laissier (0)
9545.
•erkrapen vb. an sich ziehen
9609.
erkratzen vb. 9504. 9604.
erlesen vb.: epfel e. und hüeten
8577.
erlingen vb.: mir ist gar bös¬
liche erlungen 10426.
ern vb. ackern, pflügen, part.
gearen 2690.
erquicken vb. 2020; dem mün-
ster daz bi ir sch&chzabel
ist erqwicket 9274.
erquicknnge f. 13187.
erschinunge f. 1476.
erschrecke m. stupor 3901.
erschreckelich (erschrocklich,
erschröcklich) adj. 3277.
8210. 9070. 10489. Bild 110.
13853.
erschreckunge f. 12907.
erschrien vb. 7735.
erechüten vb. intr.: von dem
donre e. erschüttert werden
7855. |
ersiufzen vb. 6328.
erstceren vb. 10855.
•ersuocherinne f. Untersucherin
5091. ;
ertöuben vb. betäuben, ver¬
nichten 5951. 10056.
ervindunge f. 5301.
erwecken vb. 4; Christus hat
durch mich sin bluot er¬
wecket 11326.
erwischen (erwuschen) vb.
11423.
erwürgen vb. 4452. 12023.
erzen vb.: üz minem büche
geerzet, de mon ventre
dirivees (0) 7195; daz ich
werde gearzet fln 11181.
esse (es) n. die Eins auf dem
Würfel 3588.
etlich pron. adj.: zuo etlichen
Sachen daz predicament
••
Ubers, des aristotelischen ad
aliquid 1210; üf etliche
Sache 1247.
Swangöli n. 5327. 5439. 5453.
5470.
öwangölier (ewangilier) m.
Bild 15 u. 18.
öwe (ee) f. Ehe Bild 13.
exempel n. 545. 1221. 4626.
5261. 5295. 7708. 12188.
*ezzeaac(e8sesack)m. li goufres
(0) 10623.
g&ch adj.: ouch wirt dir zuo
ir g. 6818; ze spilen ist
mir g. 12107.
•gack gack gack interj. Huf
des Huhns 7814.
•gearguieren vb. arguere 1703.
1711.
ge&z (gatz=geatz) m.: wistes
du wie ich durch daz jär
tuon den gatz (: satz), se tu
savoies bien les gas (O)
10470.
•gebeinet part.: geschultert
oder g. genuoc mit genügend
starken Schultern u. Beinen
ausgestattet 4536.
•geberinne f. 2496.
Gebet personifl Bild 102.13251.
•gebiuge n. ?: der wint wirfet
abe mit g. (Hs. gebüge) die
fruht von boumen mit Bäu¬
gen 7672.
•geblaese der fuhs sprach
mit dem g. 7685.
•gebrahet (gebreet) part. adj.:
üzsetzic und g. (: vermaeret),
sureemee (0), mitGeschtoüren
bedeckt 9132.
gebrechen vb.: du kanst^dich
anders niht gerochen oder
ouch von ime g. 6797.
gebunge f.: ze gebunge tuon
12381.
gebunt n. 11701. 11761.
gebüre m. (roher) Bauer von
5008 an passim.
gecksen s. gegzen.
gedagen (getagen) vb. 11927.
gedsehtecliche adv. 3414.
gedsehtnisse n. 3075.3079; per-
sonif. Bild 41. 4802. 4861.
4870. Bild 42. 4952. Bild 45.
9005. Bild 75. 13092.13107.
•gedenkec (gedenckig) adj. ge¬
dankenvoll, besorgt 4343.
4743.
gedenken vb.: als ir daz wol
ged&hte, comme bien l'en
souvenoit (0) 254.
gedenken «. 1207.
•gedenkenheit f.: überwaenic
in g. 980.
•gedenklich adj.: nmbe minen
troum was ich g. 13852.
•gedankliche adv.: g. ich di«
ander meine, imaginaument
(O) 3115.
gedenkunge f. 5286.
gedrenge ».: daz zuotragen
machte mir gröz g. 3804;
diu w&fen bi ein in g. be¬
halten 4321.
gedult f. Bild 33. 3773.
•geehtlicheit f.: n&ch g., ima¬
ginaument ( 0) 3130.
•geestiget part. adj. ästig 7966.
geezzen vb. 7473. 8561.
gegeben vb. 2370.
gegen (gehen) präp. 1847.
gegenwertecliche adv. 1642.
gegzen (gecksen, gecktzen) n.
7870 (das Schreien der Elster
so genannt). 7872. 7874.
gehalt m. 674.
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Wortverzeichnis.
315
?ehen *. gegen. '
geherzen vb. 885. 2580.
gehöreamecheit f. 5534; per-
tonif. 13074. Bild 106.
gehüeten vb.: woltet ir inch
de* gehüeten 8578.
gehürnet pari, adj.: der ge- .
hornete 573. 9293. 9305.
•geilerinne f: Jugent diu g.,
giberresse (O) = qui aime k
courir, k fol&trer ( Godefroy )
12056.
geiiren vb. irre gehen 11587.
11662.
geisel (geischel) f. 2119.
geistlichkeit f. 10268. Bild 95.
12790. 12792. 12794. 12824.
gei* (geiße) f. 5499.
'gefaßten (gekruden) vb. gre-
t« (0), beschweren 6699.
gelangen vb.: ez gelanget©
mich d&z mir daz awert
würde 1158.
gelegede (geleidt) n. 11707.
gelegen s. tac.
geleich n. Gelenk 8205.
Gellch Veretantniase personif. I
von 5245 an passim.
gelichaener (gliasener) m. 4275.
8061.
geüohte n. 6011.
gellen vb.: sie get gegollen,
gronmete (0) 10578.
gelücken (glncken) vb., eu
locken: verzoubern (A) 9365.
gelücksamecheit f. 12197; per¬
sonif. 12384. 12410. 12418.
gemalze (gemeltze) n. Ge¬
mälde 7998.
gemehte n. Arbeit, Verferti¬
gung 1796; dafür *ge-
mechtze 5753. 10241.
gemilese ?: gröz und kleine
bürden und gemuesse, fais-
siana (O), Bündel 1123.
gensehen vb. nahen 2221.
‘genötigen vb. = nötigen 8365.
genttegede f. Befriedigung
4067.
*genüegelicheit f. 3036.
genüegen (genuwen : rnäwen)
vb. 1825.
genuht (gnochte) f. Genüge,
Fülle 10.
*genuochaft adj.: dem gebftre
was da von nit wol g.
5128.
•genuoctnon (genug dun) n.
Bild 24. 2207. 2208.
Gerehtecheit personif. 8935.
10128. 10606.
gereite n. (die Stundenglocke
des Klosters) 13846.
gereitschaft f. 11710.
Gerihte personif. 10606.
gertelin n. 773.
geruch m. 2088. 13505.
geruochen vb.: ir weit mir diu
wäfen g. 3705.
geruowec (gerugig) adj. 5876.
gescheffede (geschopde) n.:
daz buoch der g. = Genesis
1228.
geschehen vb .: part. geschiet
(: nit) 1480. 3929. 13575.
geachiht f.: dem briatet alliu
g. alle Dinge 211; in der g.
an Stelle von en tel ordure
(ö) 221; dü quffimest balde
ze boeaer geschiet (: not)
4771; wan ein guot ritter
in der geschihte wol en-
brant ist 11567; n&ch ge¬
schihte (: gesihte) 6017; min
hezzelich geschihte (: ge¬
sihte) 10791; bei den beiden
letzten Beispielen könnte man
auch an geschickede denken.
geachrenke ».: wannen daz
kumet oder von welchem
geschranke (: gedank), de
quel part (0) 1555.
geschultert s. gebeinet,
♦geschuof m.: einen geschuff
und patrön Gestalt, Bild
2380.
*geaehede f.: riechunge, ge-
amac und geaehende (: ende)
Gesicht 2630.
gesehen ». Gesicht 2677; le
ve = vue (0), das Sehern
der Anblick 9256.
geseten (geaieden : verbieden)
i vb. sättigen 10632.
i ’ i 'geBetigen vb. 3150.
gesetze ».: daz alte g. das
alte Testament 1352.
gesichern vb. m. Dat. d. Fers,
einem Unteiiänigkeitgeloben
7415; vgl. sichern,
geaihene (gesien) n. an Stelle
von monatre ( 0 ), diu ge¬
achiht (A) 4782.
gesingen vb. = singen 13116.
geaiune (gesune) ». Gesicht
8458.
geslinden vb. verschlucken,
essen 4455.
gesmac m. (übeler) Geruch: ein
bl&se, diu nit danne g. in
ir hat 7605.
gesmelze n. 2887.
gesmide n. metallene Waffen
7641.
gesticke n. das Stechen 6996.
gestrecken vb. grade machen
8121.
*ge8triiete (gestruede), Kollek¬
tivbildung zu struot n. 10497.
Gesunde tage personif. 13452.
•geteil n.: geteilea dar an
hin 1395.
getihte n.: w& ir gröziu g.
tuon wellent 743.
getrinwecheit f. 6553.
*getrue8se?: aller hande g.,
trouasiaus (G), getroß (A)
1122 .
*getrüwe m.: einen ganzen
getrüwen hin 4765; ge-
trüwen n.: ein guot g. 11866.
•getzel (= getzaal, nach Ana¬
logie von labsal u. ä. ?) n.:
min g. Ergötzung, Freude
2338.
gevuoclich adj. 1590.
•gewaltecheit (geweldikeit) f.
Vergewaltigung Bild 79.
10817; ( Rubrikator - Vor¬
schrift f. Bild 78 u. 79 da-
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Wortverzeichnis.
für gewaltige, geweltige
t&t)
gewan, gewanen 8. gewon,
gewonen.
gewar adj.: g. werden m. Gen.
8770. ;
gewerben vb.: iht g. aus- 1
richten 5589.
gewerde f. Wehr, Waffe 8848.
gewem vb. : da* ich des was
so wol gewert 3559.
•gewider n.: Sprüche, getihte
und g. Gegengesang 6728.
gewillecllche adv. 4862.
gewis adv.: gewiat (: ist) mit
unorganischem t 7397.
*gewist f. Ort, in mannigfachen
Beziehungen: in dise g.
(: ist), en cest pai's (O) 181;
ir wominge und g. (: ist)
als Reimflickwort 2141; wse-
rest dft in einer g. (: bist)
da dü allezit wollust hettes
5832; diu atzel tribet alle
vögele üzer ir gewisten
(: nisten) 7868; der phennic
wil oft ligen in den gewisten
(: kisten), angles(O) 10318;
in min g. vlieben, refni (0)
11264.
gewiter n. 282.
gewizzeclich adj. 4101.
gewon (gewane) adj. 3842.
gewonen vb.: wan dü des ge-
wanest 3843.
giezeu vb.: ez giuzet es gießt,
regnet 4975.
*gtlerinne f. escharnisseresse 1
(0) Spötterin 7614. j
glave, gleve f. Lame passim.
glisenerie f. Bild 65 u. 70.
8035. Bild 76.
•glittebtic adj.: ein hezzelich
altwip, g., baveuse(O), glit-
ticht (/») 10754.
•glitteriach f.: der glitteri-
schen (glytterssen) ltigene-
rinne 6886.
glockehüs (kloghus) n. 260.
glöse f 9805. 13571.
glösieren vb. 8784.
glucken s. gelücken.
•gluttenie, glutenie f. unter
den Arten der Unkeuschheit
genannt Bild 78 u. 80.
Gnade Gotes, auch Gn&de
allein, personif. von 222 an
passim.
goffer 8. koffer.
♦goltsatz m.: ich hüete al
sin silber und slnen g.
(: schätz), satz als Reim¬
flickstück 9422.
♦goltsmidinne f. 12277.12433.
12678.
Got: Gotes Gn&de 8. Gn&de
Gotes; Gotes Vorhte(Fochte)
personif. Bild 96. 12896.
Bild 97; Gotes kint 364.
gotesdienest m. 13292.
goukelsere m. 8006.
gonkelspil n. 6736.
*graberinne f. Graveurin 9599.
grlfenklä f. 9135. 9509.
grindec adj. 7537.
•grinthoubet(-heubt)». Grind¬
kopf 8122.
Gritecheit personif. Geis, Bild
76. 9438. 9441.10358.10365.
10369. 10842. 11849.
Grop Verstantnisse personif.
von Bild 46 an passim.
gropheit (grobekeit, grobkeit)
f. 449. 452. 464; Grobheit
der Speisen 10519.
gropzecliche adv. 6167. 7015.
7307.
•grüenunge (grünonge) f. das
Grünen 1429.
grummen vb. 1641. 5128.5591.
5610.7852.11835; subst.Inf.
1816.
•gubemieren vb. 5135.
güetecheit f. 10969.
♦güetecliche (gutteclich) adv.
1856.
guom m. 8556.
guotheit f. 3192. 5466.
guottsetec (gutdedig) adj.
1561.
habe fl: des himels h. 7453.
hachel (hahel) fl 8604.
hacken vb. 6591.
haftec (hafftig) adj. beharrlich,
stark 4711.
♦hagediirnin adj.: einen hage-
dürninen stap 5010.
halm m.: niht umbe einen
halm snoeder 5224.
hals m.: üf eime halse eines
tales einer fortlaufenden
schmalen Anhöhe 7335.
halsstreich m. 12932. 12949.
*hamerstreich m. 3736.
*hamerunge fl Hämmerung
3857.
h&n vb.: Conj. Prät. heide
(: scheide) 1275.
hanefgarte (hanffgarten) m.
8394.
hantgift f. 7880. 8388.
hantwerc n. 3072. 8857.
*hare m. Hühnergeier, arre (A)
6897.
hare Anruf, harou (0), höre
(A) 10363.
hashart (hazart) m. 10007.
haven (haffen) m. Topf 1647.
1997.
havener (haffener) m. Töpfer
1648.
Haz personif. 8248.
hecken vb. ausbrüten 7424.
7429. 7431.
heckunge fl Brut 7430.
heien (heigen) vb. 6952. 6956.
heimelich adj.: diu heimellche
kamer Abtritt 5774. 10798.
heimelicheit fl. 186. 2910; der
lip verkündet dln h. den
erzten 5960; buoch der h.
Apokalypse 9119.
beimwist (heymwise) f. Wohn¬
sitz 11427.
heischunge f. Forderung 3201.
13265.
heißen s. eigehen.
heize adv.: er verkündet h.
unser: brühwarm 5961.
hellen ». 3390.
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Wortverzeichnis.
317
heUeplne f. 12907.
•helmgedecke (helme-) n.7500.
beln vb .: wilt dft dich an mir
nit h. 6716.
hengel (henckel) m. 590.
•henkerinne f. 7280. 9628.
•heremit m. 11996.
herinc m.: nit eines heringes
wert 4379.
hfirlicheit f 1259. 9954.
henneltn (hermel) ». 7514.
hertecheit(hartikeit, hertikeit)
/■.511.4315.4515.5652.11463.
herü?: diu tohter des igels
b. (vom Dichter als Eigen¬
name genommen?), la Alle
an hericon heru (0), des
röhen igels ( h) 8862.
hezzec (hessyg) adj. 8874.
hiewesen n. 13588.
hinderklaffen ». 4000.
•hinder st&n vb. 2526; än
hinderstAn 22.
hindertür f. 4009.
•hinderunge f. 778. 3679.4959.
5030. 5981. 6171. 6337.6406.
11609. 11617. 12177.
•hinderwän m. Lüge 4968.
hinderwert adv. 8761.
historia f. 4606.
hiufeln vb. 9656. 12152.12159. !
12162.
höchmuot m.: Accus, hoenmnt
8716. j
höchvertecllche (hofferteclich) I
adv. 1521.
•hock m. (wohl verwandt mit
mhd. habich, mnd. havik,
fries. havk) Hühnergeier
9528.
Hofart personif. Bild 65. 7623.
8091.8151.8167.8249.11843.
hoffenlich (hoffelich) adj. 3163. '
•holzdorn m. 6474.
holzman m., plur. bolzlinte
Holzhauer 9732. 9741. 9762.
9771.
hcenen vb.: ir kleit was be-
treinet mit qw&de und ge-
hcenet 10402.
•hornvezzelsac m. Sack mit
Riemen 3221.
! *houbetmenninne f. (heubt-
mennerynne fälschlich Hs.)
9916.
houbetvrouwe (heubtfrauwe) f.
7496.
•houwel ? Hacke 9285. 9303;
er machet h., il fait houel
(O) = mullon 9289.
houwen vb. 5082. 9290.
hoven vb.: diu t&t sol dem
henker wol h. (: loben), bien
li plaire ( 0) 7282.
hover(hober )m. Höcker, Buckel
l 9122. 10243. 10248. 10263.
10267. 10271. 10277. 10278.
hovereht (hoberecht, hoberet,
hofferecht) adj. 7520. 9347.
10249. 10253. 10289. 10290.
10294. 10300. 10325. 12163.
höbe f.: hufen Mützen 7507;
Sturmhaube 7499; Kopf¬
haube des Falken 9857.
hübescheit f. 3316.
htlbeschliche adv.: heimliche
und h., repostement et en
recoi ( 0) 12904.
hüeterinne f. 1906. 4821. 6720.
•hlietekin (hutgin) n. Hütchen
8007.
huf (hüffe) f. 9151. 10004.
10095. 10119. 10148.
•huldeschaft f.: einem h. tuon,
manschaft (h) 9204.
huonicün (hunckel) ». 6897.
9529.
huortuom n. Bild 78 u. 79.
huosten n.: ir soltet nit also
komen fin reden oder in
hnostens angenomen 7069.
huot m.: hliete, hufen, chapiaus
hupes (0), hliete hoch (h)
7507.
hnote (hude) f. gardes ( 0)
1291; under miner h. stiure
2918.
hösnnge f. 15. 3871. 13271.
höt f.: ein testament von einer
hiut von Pergament 1876.
legenftte (ingenode) adv. im¬
merfort 2482.
•igelinne f. Igelin 8859.
iht (ich, uscht, ütscht) n. 1822.
3355. 6166.
ilentlichen (ylentlich) adv.
1440. 4473.
ilunge f. 13444.
in m. Verben] -secken (sacken)
9605. 10466. 10480. 10517;
-werfen: mit schrienden in¬
geworfen Worten 9223.
ingenode s. iegenöte.
ingeweide n. 12490.
Inguz m. 12402.
•innenzuo (innentzu) adv.
1416.
instrument n. 447. 1659. 1808.
13304.
invluz m.: meisterinne der
elemente, der invllizze und
der winde 1418; der i. unser
rede 12403.
irreclich (irrelich) adj. 87.
irrecliche adv. 501.
itelkeit personif. Bild 103.
iule f. ich mache öz den liuten
iulen haz [bas zugeschr.
(: was); ob adj■ = gehaz
feindselig ?] 8889.
Jugent personif. Bild 89 u. 90.
12055. 12228. 12586. 13539.
jungheit f. 4644.
kalender m. 11173. 12302.
12304.
kalt adj .: daz kalte Fieber
4074.
kamer, diu heimeliche s. hei-
melich.
kamerserinne (kamerinne) f.
3169. 10731. 13130.
kameriere f. 11236.
kamermaget f. 1566. 1955.
2053. 9866.
•kanzelaerinne f. 2219. 11238.
kapitelhös n. 12959. 12996.
karren vb. knarren 8124.
karte f. Stück Pergament 1877.
"castrimargie f. (vom Original
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318
Wortverzeichnis
übernommen) 10471. 10473
(mit Angabe der Bedeutung).
kegel m. 6739. 12098.
keiserinne f. als Epitheton
Mariä 11108.
kelter m. 12318.
kembeltier (kammeltier) n.
10258.
kempfer (kempper) m. 599.
kören vb.: part. gekörten
(: stoerten) 11258.
körunge f.: k. tuon 8660.
8661.
•kestigae rinne f. Peinigerin
5801.
keten f violeten und keten
brechen Kettenblumen 6724.
Ketzerte personif. 11732.
Bild 87.
•ketzerinne f. 8860.
•charbonnee f (vom Original
übernommen) Rostbraten
10456.
•kibeleht (kyfelecht) adj. zän¬
kisch 3832.
kinttac m.: von minen kint-
tagen 11598.
Kiuscheit personif. 10687.
10695. 10709. 10717. 10726.
13148.
kivel (kybel) m. Kiefer, Kinn¬
backen 10499.
klafferie (klafferige) f. Schicät¬
zerei, Verleumdung 10225;
•(klapperte) 5948. Bild 65.
7580.
klafferinne (klapperynne) f.
Verleumderin 6887.
•klatte f.: der kolen ein
gröziu k. (: hart), de charbon
grant avivement ( 0) (ob
glete = Glätte, Glanz ?)
7670.
kleiden vb. : die sliizzel k. ein¬
wickeln 1178.
kleidunge f. 1428.
kloghus 8. glockehfts.
klöstervrouwe f. 13070.
knuchel m. 3840.
knüpfel m.: der vürhtet sin
uit umbe ein k. dar an, ne
la prise un bouton (0) 3911.
cockart, eokart s. coqnart.
kofFer (goffer) m.: k. von dem
mere Schlund des Meeres
9480.
kogel f. Kapuze 7505. 10404.
10675. 12388. 12417.
•coleriken, die m. plur. 8895.
•coqnart (cockart, eokart) m.
Narr, Tropf 5161. 5493.
6666. 6883. 7832. 7840.
corrigieren vb. 11751.
kösenvb.: einem leit k. 1649;
reht und gesetze k. 2895.
krage (krag) m., plur. krege,
Halskragen, von 3713 an
passim-, sporn mit laugen
kregen vil gespitzet vorn,
esperons chancies a bec de
gai bien apointies (0) (bec
heraldisch = Tumierkragen-
gehänge, dem die damaligen
Sporenspitzen glichen) 7354.
krämerinne (kremerynne) f.
2963.
kranch m. Kranich 6259.
krapfe (krape, krappe) m.
Haken 8229. 8231. 8641.
8647. 9135. 9146. 9902. 9908.
9913. 9917. 9919. 9934.9940.
9941. 9956.
•krapfen (krapen) vb. haken
8667. 9583. 9935. 11931.
krappein (krapeln) vb. 9470.
cröatüre f. 5904.
kredynne s. krötinne.
•krempig adj.: Tr&cheit diu
krempige, encrampelie (O)
7152.
•krepfer (krepper) m. acro-
cheteur (0) = qui saisit
avec un croc 9588.
•kri8tenkirche f. 3299.
kriuze n.: ein k. machen als
Segens- und Schutzzeichen
6766.
krinzen vb. mit dem Zeichen
dies hl. Kreuzes bezeichnen
321. 342.
•krosseldorn m.: groisseillier
(O) Stachelbeerstrauch 8877.
krotelich (krudelich) adj. be¬
schwerlich 4052. 4431.11558.
kröten (kruden) vb. belästigen
4467. 4508; refl. m. Gen.
8ich um etwas bekümmern
650. 1591. 5389. 5750. 5937;
ez krötet mich nit obe ...
6935; m. Inf. 8689.
•krötinne (kredynne) f., krot-
tynne (h) Kröte 8904.
krndelich s. krotelich.
kruden 8. kröten.
knute f. 1459.
♦küniclicheit (konniglicheit) f.
Königswürde 9942.
•künstlicheit f. 1086.
•küntlicheit f. notio 2909.
kuohirte (kuwe hiert) m. 7964.
kürzen (kurten) vb., part. ge¬
kurt (: gefüert) 13328.
kürzenunge f. Verkürzung
12737.
küssen (küssen) n. Kopfkissen
3416.
lancvezzel (langfissel) m. Band
woran das vederspil ge¬
halten wird 9858.
•lrerunge f.: des büches ein
1. 7785.
laterne (lanterne) f. 5999. 6005.
Latria [lat.] personif. 13291.
lauwe s. louge.
lmwelich (lewelecht) adj., le-
welich (h) lauwarm 11530.
lazheit (lassekeit, lassikeit) f.
7199. 13106.
lebelicheit f. Leben 7681.
leben n.: lebens abesniden das
Ab8chneidendesLebens2Rl2.
lebende part. adj.: lebende
Sünden, viez pechie (0)
2172.
lebendic adj.: lebendige steine,
vives pierres (O) 16.
lebezuht f. 3357. 5373. 9538.
leckerfe f. 751. 4035. 10524;
personif. Bild 78. 10463.
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Wortverzeichnis.
310
10494. 10684. 10833. 10840.
Büd 80; vrouwe L. 10684.
Lecze (Letze) personif. 13170.
13188.
ledecheit f. Büd 72. 11399.
leder «. (= laoder): daz vuoter
daz ist gemachet von eime
tätlichen Inoder (: vnoder),
d’nne morte pel (O), von
tätlichen hinten (h) 4269.
lederhose f. 7516.
ledigen s. leidigen,
leich m. Betrug: än 1. 5701.
leidigen (ledigen) vb. verletzen
4661.
lereknabe m. 2908. 2934. 2935.
2946.
lencken s. longen.
lewelecht s. lsewelich.
liehen rb.: diu alte igelinne,
diu Übel gelichete(gelikette),
la mal herciee (0), geglättet,
poliert 8861.
* lickholz n.: mit dem lickholze
wiltu in schnohen, an lig-
nolet ( 0 ) = d’une manifere
älägante, graciense ( Oode-
froy) 5690.
Liebe, Gewlre Liebe personif.
von 2276 an passim ; Güt¬
liche Liebe 8300. 13687.
13744.
lieplicheit f. 2277.
llhen vb.: prät. lieg (: krieg)
8928; keine rede dar zuo
1. 1414.
lihten vb. erleichtern, frei¬
machen (von Krankheit)
llhtunge f. 1924.
•lingieren vb. allignier ( 0)
= aüigare 1005.
linie f. 2385. 2386.
litterlich s. lüterliche.
liuterunge f. 975. 4344.
♦loberie f. 7579.
lochereht adj. 10221. 10450.
10464. 10540. 10583.
löchern vb. 13227.
»lochmacherinne f. 9594.
lofisen vb.: lügen 1. Lügen
loslassen 7803.
»löuferinne (lenfferyune) f.
13446.
»löuferische (leufferse) f. 12056.
löufic (lenffig) adj.: lieht 1.
(vom Schwerte), tont versa-
tille (O) 33.
lonft m., plur. löufte (leuflfte)
Vorgänge 9739.
longe f. (lauwe, Vermengung
mit löwe = Lohe?) 1950.
11479. 13521.
longen vb. läugnen: ich leucke
7421.
♦loup(lanp) m. Erlaubnis 4878.
lunde (lunte) f. Welle 283.
11632. 12138. 12234.
Inoder t. leder.
lnstlich adj. 5685. 6725.
lüterliche (lntterlich) adv.
2632. 3326. 5400.6042.6125.
6429. 7708; litterlich 1542.
l i
acherinne f. faiserrease (O)
magerheit f. 8264.
mahtbrief m. 12460. 12497.
12704.
»mallete f. Seckel: der phennic
wil dicke in m&lleten be-
slozzen sin 10313.
mamme (memme) f. mamma
12022.
manschaft (mannesebafft) /.:
einem m. tnon 1569.
market m.: ich bin boesem
m. nähe 7003.
»marmoset m. marmouset (O)
= mahommet, idole en g6-
n6ral (Godefroy) 9202.
mäsen vb. beflecken 2535.
mat m. s. schach,
maten vb. matt machen 6319.
mtezecheit (messikeit, messy-
keit) f. temperantia 3986.
3991. 4026. 4107; personif.
10610.
mechliche adv. = gemechliche
12086. 13551.
meierinne (meygeryune) f.
5090. 11289.
»meisterte f.: diu dich an dime
halse lßret meisterten (: Lec-
kerlen), qui te maistrie (O),
din dich meistert (h) 10685.
*meisterköchinne f. oberste
Köchin 8624.
meistern vb. hindern 4451.
meldec adj.: er ist vortmfi
Sachen m., et en est droit
relatis (0) 1330.
mßrteil n. 4098.
metal *m. (so auch h) 9485.
9503. 12281. 12290.
metzeier m.: der m. üz der
helle 7116.
»metzjerackes (metzigeraxs) f.
7050.
»milchzende m. plur. 7483.
minne f: bezzer danne goldes
m. 8651.
missegrifen vb. 428. 1401.
1495. 3048.
missehagen vb. 685-
»missenennen vb. falsch nennen
7086.
*mi8serecherinne (myssereiche-
rynne) f, mysserecherin (h)
Falschrechnerin 9600.
missesprechen vb. m. Dat. von
einem übel sprechen 2287.
5715.
missetreesten vb. entmutigen
3594; verzweifeln 7374.
misseval m. 5517.10766.11176.
12227. 12229.
missevellic adj. 3343.
misBewahs m. 3751.
mitehelfer m. 847.
miteliden n. 515. 517.
»mittelort m.: den einen Schen¬
kel eines Winkelmaßes üf
den m. gelich linien reht
niderlegen 2384.
morgen m.: ze m. ezzen 1344.
1365. 1864.
morsel m. 9548. 10475.10477.
10536. 10553. 10555. 10558.
10576.
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320
Wortverzeichnis.
mort nt.: daz ich über dich
schrie m. 8506. i
♦mücherie (mücherige) f.:m. j
der guoten moreel under-
drückunge Verbergung (zu
müchen = verbergen) 10474.
♦müedigen (madigen) vb. müde
machen 4660.
Müezecheit personif. 6596.
Büd 58. 6820. 6865. 6887.
7233. 9057.
möge (möge) fl 1446.
mülenrat n. 12178.
*mulle, mülle n. MÜH, Staub I
7726. 7731.
mllnster (monster, munUtere,
munster, münstere) n. 2813. |
8041.9229.9242.9273.9277. j
12959. 12975. 13011. 13222.
mont m.: der teilende m. 998.
muntvol nt. 8561.
murmelunge f. 2286. 3999.
nabegfr (negebor) m. Bohrer
7631.
n&chbörinne f. 4006. 8295.
10572. 10573.
♦nagerinne f.: der gülden ein
n. 9597. i
nahtm&l n. das letzte Abend¬
mahl 2232.
nahtvar f. Hexe 12236.
n&me (nähme) f. 7962. 8994. 1
namen 8. nemcn. 1
Natüre personif. von 1516 an
passim. j
negebor s. nabegör.
nemen vb.: begirde des namen
(: sarneln) 10223.
nemer nt. 9589.
nider nt. Verben ] -legen: misse-
tät durch buoze n. 2412; !
-8tigen: n. in die helle 2309.
niderganc m. Untergang (der
Sonne) 676.
nieten vb. refl.: ich h&n mich
vil guotes und boeses ge-
nyedt (: zijt), j'ai maint bien i
et mal esprouve (O) 13570. '
nihtesniht (nuschit, nascht, j
nüscht, nust, uutsch, nut- j
schit, nütschit, nutscht) n.
passim.
Niht (be)rilere (-rare) mich
personif. Bild 74. 8882.
Nit personif. 8248. 8363. 8501.
8543. 8572. Bild 73. 8797.
niunde stein, der: ein Brett¬
spiel (Mühlenspiel?) 6739.
7721. 8494. 10345. 12100.
niuwelingen adv. 1527.
niuwerunge f. 1505. 7503.
nöse nt.: &n n. Schaden (Beim- |
flickworte) 9804.
nötdilrfticheit f. 385.
noete (node, noede) adv. 7531.
8661.
nötigen vb. 5851.
nötstal m. 2814.
nouweliche (nauwelich) adv.
2237.
♦nüehterkeit (nuchterkeit) f. \
4024. 10610. 13197. I
•nüehterliche adv. 749.
oberlant n. bildl. der Himmel
3917. 11874.
obletter m. oublaier (0), ob- I
leter (h) Kuchenbäcker 2541. |
10348. 1
•ockesaldorn ?: umbe ein klein !
o., a petite achoison (O) •
(vielleicht steckt occasion
darin ) 8885.
offenbaerliche (uffenberlich)
adv. 5401.
official nt. 316. 336. 388. 390. !
672. 692. 845. 866. 868. 914.
1364. 1747. 1835.
ohsenhorn n. 7877.
•ordiniererinne (ordeniere-
rynne) f. 11295.
orgel f. 6731. 7693. 13026.
13298. I
*orgelierinne f. 13308.
ort m. n. Schenkel eines Winkel¬
maßes 2383; Punkt, wo die |
Schenkel aneinanderstoßen '
2386. 2406; über o. ist min
gesiht starc 7594.
otervenger nt. 7062.
•oterrengerinne f. 7058.
♦ougenbilde w.: bl iuwerme
ougenbilde, sur l’enl (O),
bi iuwern ougen (h) 1858.
ovenserinne (obenerynne) f.
Ofenheizerin, Bäckermagd
2717.
palas m.: in dem heiligen p.
826.
•paltenerie f.: p. von alten
secken 9824.
•paltenerinne f. Latidstreiche¬
rin 8527.
panze f. 5263.
panzer n. 3712. 3893. Bild 35.
3910. 3924. 3931. 3943.3954.
3957. 4415. 4690. 7247.
pariament (parlement) n. 700.
pas nt. paasage (O) 43. 272.
1174; pas (0) 633.
•pastor nt. 9936. 9939.
patrön nt.: einen geschuof and
p. 2380; dia gestalt nnd p.
2439; diu figüre und der p.
2442.
*pavrfen vb. pflastern: pari.
gepafriget, pavöes (O), ge-
paveert (h) 12.
Pergamente (perchemyn, per-
raent)». 13004.13163.13173.
13176.
ph&we (pawe) nt. Pfau 7766.
phliht f.: in tödes p. 3877.
•phlückerinne (pluckerynne)
f. baconneresse (O) = celle
qui ecorche 9552.
phrieme (prymme) m. Pfrie-
menkraut, Ginster 1433;
Pfriem 8836.
phuol nt.: in phüelen 3678.
•pilgerinstap nt. 4693. 7941-
placke nt. Lumpen, schlechte
Kleider 9823.
pl&nöte m. 1387. 1630.
plaz (pletz, pletze) «. 14. 758.
762.5457.8121.10374.11716.
11797. 12439.
ploch s. bloch.
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Wortverzeichnis.
321
plaudern vh. 9611.
* porten ae rinne f. Pförtnerin
2220. 6719; p. des geldes,
poitevineresse ( O) = celle
qni contrefait la monnaie
appelöe poitevine (monnaie
du Poiton) ( Godefroy) 9601.
♦predicament n. 1210. 1211.
predie (predige) /. 535. 694.
2211. 7945. 9978.
predigunge (predionge) f. 1059.
prtlat m. 7094. 8442.
prieaterschaft f. Bild 16.
priorinne (pryelynne, pryo-
lynne) f. 13069. 13390.
proveance f. Vorrat: alle pro-
reancen die die linte h&nt
gemachet, les pourveances
( 0), proviantz ( h ) 9532.
prüeven (prüben : nben) vb.
2881.
•psalmenklanc m. 13303.
psalterje f. Saiteninstrument
7693. 13026; vgl. salterium.
puls m. 6184. 6185.
purrieren vb. = purgieren
reinigen? bilcU.: was sie
sagte, war geordenieret, wol
gestalt und gepurrieret, dis-
cipline ( O) 5067.
quelle f. 928.
quetschen vb. 399.1911.1926.
1991. 1997. 2014. 2042.2706.
13413.
*qwecke f. 7141.
rach s. roch.
’ramnus: r., der berc üz dem
d&z viur springet 8909.
rat »».: daz r. d& in der m&ne
ze ziten sinen louf hat
1403. 1405.
reche s. riche.
rechen vb. sagen: Got gebe
daz ez wol si gerächt
(: br&ht), que bien soie arive
(0) 6782.
recken vb. m. Dat. einem nach¬
stellen: daz sie mir hatte
geraht als ir wiltfange init
mäht, qu'aviseement comme
sa proie m’atendist 9111.
regen vb.: ich si hübesch
gereget (: beweget), que je
sui belle (0) 7756.
♦regiererinne f. 6097. 11294.
regierunge f. 10594.
regnieren vb. 5533. 8292.8293.
reht bekenntniBse 2021. 2049.
2138. 2139. 2418.
Reht Verstantnisse, auch Ge-
lich Verst. (s. d.) oder Verst.
allein, personif. von 434 an
passim.
reiger m. 6259.
Reinecheit personif. Bild 98.
*remenant m. (vom Original
übern.): mit dem r. den dü
noch vor dir h&st 11564.
rengerynne s. ringerinne,
riche (reche) m.: von eime r.,
de vers un testre ( 0) Berg¬
rücken, Hügel 8829. |
riehen vb.: daz ich iuwer (der
sacramente) nit vil mö en-
riche, que pou ne vous prise
(0) 10893.
♦riechunge f. Geruch 2630.
rihtec adj.: sie w&ren daz ze
haben nit r. 2357.
rihter m.: ein höher r. 1030.
rihtlich adj.: der d& r. reht
h&t über in 1328.
rinc m.: erden riuc 258.
ringerinne (rengerynne) f.
13450.
rit m.: houbetvrouwe von allen
riten, chevauchees (0) 7497.
roch (rach, so auch h) n. Turm
im Schachspiel 8498. 9232.
9265. 9330. 9335.
rose f.: daz buoch von der r.
760.
rostec adj., bilcU.: r. altwip
7240.
roeten vb.: daz das brot ge-
roedet würde bräunen, braun
backen (oder ist geroedet in
gerondet zu ändern?) 2747.
rouchloch n. 7997.
rüemunge f. Bild 65. 7784.
Bill 67.
runzeln vb. 10795.
ruore (rüre) f. 10567.
*sabel?: ez waere sant und s.
Gries 12161.
sache f.: &n s. ohne Grund
635.
Sachen vb.: Gotes Gnade hat
gesachct (gesagt) den zirkel,
assist (0), gesatzet (/*) ge¬
schaffen 9703.
sacrament n. 689. 3300.10892;
daz heilige sacramente das
Sakrament des Altars, Bild
20 .
salbunge f. 514.
salterium n. Saiteninstrument
13300; vgl. psalterje.
sameunnge f. couenne (O)
12335; assemblee (O) 13816.
•sazschüzzel (saßschussel) f.
sauciere (G) 10568.
sch&ch in.: sprechen sch. und
mat 6323. 13415.
schächzabel n. 6322. 8495.
9238. 9264.9274.9300.9331;
s.-spil 6738. 9230. Bild 77.
schmfelin n. 803.
schaffenerinne f. 4699. 13259.
schalten vb.: ich wil dich ze
dem töde sch. 8247.
schanc in.: ze schauke 2348.
schsere f. 705. 719. 806. 812.
scharpfecheit (schr.rffikeit) f.
1790. Bild 65. 7596. 7627.
9335.
scharpfliche (scherffeclich) adv.
1520. 6856. 8631.
schate (schede) /'. ? bildl .: sch.
gaebe irae der heilige geist
Schatten = Schutz 8686.
*schatzhalterinne(-helderynne)
f. 4822. 9420. 11231.
schedegeu vb. 8693.
scheiden vb. in die Scheide
stecken 1177. 1196.
schel adj. 984.
Dentach« Text« de« Mittelelten. XXV.
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322
Wortverzeichnis.
schelle f.: schellen liuten 3429.
schelme hi.: mir liebet Schel¬
men ze ezzen, charoinnes
(O) Aas 8559. 10693.
‘schelterische (schelderße) f.
Tadlerin 1562.
schich s. stich.
schie (scie) ?: leckerie, din du
h&t zwifaltige scie, forse-
nerie (0), betroc (/») 4036.
•schinderinne f. 9551. I
schit (schydt, schit) n. Angel
11699. 11932.
schiuwesal n. 8400; ein sch.
der werden, un espouentail
a coulon (O) 5754; Vogel¬
scheuche 8395. i
schöuunge f. 4360.
schoup»«.: netze mit gebunden 1
schouben 12014. I
schribunge f. Schrift 3267.
♦schüelerinne (schulerynne) f.
2883. 3170.
schuochmacher m. 8071. 1
schuohen vb.: geschuet 5683;
schuwen (: vernuwen) 5690;
geschnwet 6838.
schüten vb.: daz swert sch.
schwingen 4222.
scorpiön m. 8409.
seckel m.i s., mit buckeln
übertragen, bourse pinpe-
lotle (O) 5695.
segenen ( contr. einen) vb.,
part. geslnet 3301.
*segerinne f. Angeberin 5472.
♦seileriune f. 13687.
seitengedcene n. 7691.
seitenspil n. 6730.12101.13284.
senken vb. : wiltu mir nit an¬
ders mit Worten senken, si
autre chose ne me dis (O)
( Oder ist sencken = schen-
cken ?) 8356; daz ir von
mir iuch läzet senken nie¬
derringen, erweichen 12676.
Betigen (sedigen) vb. 2539.2569.
2751. 2769. 3024. 3031.9843.
sez hi. Sitz: diu juncvrouwe
hatte eine hant under ir s.
geiaht 6484: nnder dem
sezze 6671.
sezzel hi. 7586.
sichern vb. m. Bat. d. Pers.
als Überwundener dem Sie¬
ger das Untertänigkeitsge¬
lübde leisten 7413. 11727.
11728; vgl. gesichern.
Siechtage personif. Bild 107.
13451. Bild 108.
siechten 8. sinchten.
sihen (sijgen) vb.: wazzer s.
11465.
sihtecliche (sichtenclich) adv.
7775.
sin (synne) m. maniere (0) 2007.
syncke s. zinke,
siufze (sufftze) m. 281.
siuhteu nd. verb. seufzen:
siechten (: diechten) wohl st.
siechtende = hd. siuftende
9066.
siure(snre)/'. Krätzmilbe 6839;
vergoigue (O) 12334.
slaeferic adj. 6367.
♦slaeferiune f. 10730.
♦släfmeisterinne/'. Vorsteherin
des Schlafgemachs 13129.
•slegerinne f.: s. des geldes
Prägerin 9601.
siebte n. Ebene (so auch h,
tieutr. des Adj. sieht): in
eime slehten 9229.
sleife f. Spur: ich mache nftch
mir eine s. als der snecke
10485.
sleifen (sleuffen) vb. 7222.
| 7228. 7320.
•sleiferinne (slenfferynne) f.
| 7279.
*slenginne f. Schlange 8294.
sleuffen s. sleifen.
slifen vb.: ich kan als diu
Sirlne in dem mere s. 8134.
*slimehtec (slymechtig) adj.
i schlammig 10755.
‘slimmecliche adv. verkehrt
10618.
sluf m.: s. oder loch in der
Hecke 7027.
smacken vb.: ein Qbel smac-
kende vaz 1962; unreine
smackende 2536; eiu Übel
smackender gebäre 5142;
nnvlffitllche smackende 7443.
*smeichelerie f. 626.
Smeichelunge personif. 8140.
8196.
smern vb.: dn solt mit reden
fin smerende und weich sin
8440; din sense d& mit sich
smertent die rihter 8989.
smidewerc n. 12256.
•smidinne f. 8936. 12359.
12595. 12603.
smidnnge f. 3856.
*sminkeleht (smynckelicht)
adj.: ein sminkelehte rnote,
smyglicht (h), cinglans (0)
(von smicke = Geissei ?)
1884.
•snidebiutel (snydebndel) m.
coupe bourse (O) 9576.
snoedecheit (snodikeit, snMi-
keit) f. Ärmlichkeit 2278.
8084.
8ncedecliche adv. 9188.
socke m. 6495.
soligen (solichen) vb. be¬
schmutzen 10786.
♦sorclicheit f. Gefährlichkeit
6597.
spade f. Spaten 9247. 9248.
9282.
*spaziererinne f.: der linte s.,
de gent esbaterresse (O) =
celle qui amuse les autres
13028.
spendein s. spinnein.
spengein vb. 5698.
spicher m. 3752. 9398.
♦spilerinne (spielerynne) f.
13027. 13309. 13312.
•spilerische (spieleresse) f.
Spielerin 8129.
•spilstab hi. billart (O) 5234.
spinnein (spendein) vb. mit
Spindeln versehen 5705.
spinnerinne (spennerynne) f.
1368a
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Wortverzeichnis.
323
spinneweppe n. 11975.
spiserinne f. 2271. 8143. 8151.
8623. 13163.
‘spitalie (spitalige) f. ? Spital
12961.
•spizkin (spißgin) n. Brat¬
spießchen 10455.
‘spotten e f. 627. 10792.
•spotterinne f. 7613.
«prechenlicheit (sprechlicheit)
f. Sprache 2668.
spriehe s. spria.
‘springerische (9prengers9e) f.
Springerin 12057.
•sprinke m. sauterelle ( O),
happerin (A), Heuschrecke
12057.
spriu (spriehe) f. 2698. 7745.
7748.
sprach m. : lieder, spräche,
getihte 6728.
Stachel m. 8913.
state (stade) f. Hilfe 9049.
stecken vb.: obe der wec ge-
dürnet oder söre gestechet
(wohl ‘ mit Stacheln ver¬
sehen') waere 6860.
stecken (steicken) vb. fest
heften 4259.
Stelen (stechein) vb., glenner
(glanner) (O), Stelen (A)
9471.
•sterkerinne f. 4757.
•stessen vb. (?): enwec st.
(: vergezzen), tresculer (re-
culer) (O), enwec ilen (A)
7299.
stich m .: ich gesehen nit einen
st. (verschrieben: schich)
10764.
•stifliche (stifflich) adv. fest
4305.
stillunge f. 13382.
stopfen vb. refl.: sö Btopfete ich
mich dan nit alsö, que ne
m’embru[n]chasse mie (O)
10750; sie stopfent sich ver¬
stopfen sich Ohren und
Augen 11910.
stoerer m. 5147. 5322.
stcerunge f.: st. der missetat
2411.
strftfer m. 10298.
•str&ferinne f. 2154.
sträflich (straffelich) adj.
10490.
Str&funge personif. 13082.
strecken vb.: Christus hat sin
leben an dem kriuze ge-
strecket 11325.
•streckerinne f .: st. der vor-
henge Aufhängerin 10029.
•streicheln vb. 5705.
stric m. Verknüpfung (Christi
mit den Menschen) 2480.
striffel mn. ? clique (O) Bild
78. 10572.
studente m. 3067. 3071. 3082.
studieren »6. 4131. 7822. 9337.
13171.
stüppe ».: so vil ahten als
umbe ein st. geschiht 8487.
8türzeu vb.: pari, gestörten
(: ich förten), tid. Form =
gestürzet (mit starker Par¬
tizipialbildung) 8044.
subtilecheit f. 2742.
subtllecliche adv. 2631. 2747.
2774. 5262. 7819.8933. 9652.
12011; subtilenclicher 2764.
•süechel m. apointon (0), Art
von Dolch (das Wort im
Volksmund, z. B. in West-
falen, für den Pfriemen des
Schusters gebraucht) 8806.
sögen vb.: er suhet 8277.
sühtec (süchtig) adj.: Tr&cheit,
diu sühtege 7151.
sweizen vb.: guotiu stücke wol
ge3weizet geröstet 10537.
sweizigen vb. blutig machen
2662.
•swertgürtel m. 4310. 4320.
•tabellion m. Notar 2443.
tac m.: einen gelegen tac
setzen, jour competent (O)
5167.
tagedinge (dedinge) f.: ze deu
tagedingen des gerihtes ge¬
richtliche Verhandlung 5168;
die t. erheben wider einen
11767; Bede, Worte 7836.
tagedingen, teidingen (dediu-
gen) vb. gerichtlich verhan¬
deln 10205.
•tagedingerinne (dedegerynne)
f. Sachwalterin 10172.
tarsche (targe, tartsche) f.
Schild 3965. 4356. 4357.
4359. 4365. 4369. 4371. 4373.
4377. 4382. 4385. 4388. 4426.
4665. 13000. 13091.
tau n.: daz Zeichen thau 361.
376. 425.
teic (deig) n. Brotteig 2759.
teil öf ein teiles (: heiles),
Vermengung von üf ein teil
und eines teiles 4017.
•teilerinne f. 2495.
tempeleere m. Tempelherr
11764.
testament n. 1876. 2320. 2322.
2328.2445. 2447. 2455. 2465.
2478.
tihten (dichten, diechten) vb.
sinnen, nachdenken 9065;
sine wonunge t., struere 575.
tynsen s. dinsen.
tisch (dusch) m. 2214.
tiure (düre) adv. 1545; vgl.
begrifen.
tiuvel (dufel) Bild 86. 12000.
tiuvelinne (dubelynne, dufe-
lynne) f. Bild 73. 9629.
tole (dole) f.: mistes t. Ab¬
zugsgraben für Unrat 2534.
töreht (dorheit) adj. passim.
tcerlich (dörlich) adj. merk¬
würdig, eigenartig 771.
Tot personif. 3898. 3902; von
12121 an passim.
tcetlich adj. 2428. 3178. 4272.
6391. 7729; von eime tcet-
lichen luoder (vgl.d.) 4269.
toetunge f. 8985.
touf m.: der heilige t. Bild 9.
3305. 11476.
Tr&cheit personif. 6817. Bild
61. 7151. Bild 62, 63 «. 64.
21 *
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324
Wortverzeichnis.
8818. Bild 75. 9038. 9630.
9643. Bild 80.
tragen vb sich ze Sünden t.
in Sünden einicilligen 2203.
tregerinne f. Trägerin (der
Waffen) 4870.
trlben vb .: mit den drin buoch¬
staben hie vor getriben,
que j’ai dit (0) 2394.
triegerinne f. 2975. 4045.
trippeln vb. 12060.
trnferie f. Zauberei 6741.
trügerie (driegerie, driigerie) f.
4494. 5208. 9255. 9797.
10006. 10009.
Trürecheit personif. 7156.
tücke f. das Tun, Gewohn¬
heit 9216.
tugen vb.: ez tone nit 8399.
Tngent personif. 12383.
tngentriche adv. vertuaumeut
(O), virtualiter (A) 3108.
tunken vb.: sich dar under t.
12139.
tuon vb.: daz ich so vil arbeit
h&n dun dnn, das erste dun
= tftn = getün = get&n
4697 ; ähnlich 6587.
tupfen (duppeu) n. Topf 1961.
1989.2008. 2016. 2034. 2040.
2043.
ttbele st&n vb.: iibelst&nde
Sachen 3156.
über (über) präp.: Uber sant
Niclas, trotz, ungeachtet
8507.
übereinzic (uberentzig) adj.
10553.
überkoraen vb.: ü. mit Überein¬
kommen 5794.
tiberleste f. Beschwerde 4442.
Überlesten vb.: din gedenken
ist mit törheit überlast
1208.
überlüt adv. 3785. 4496. 7373.
7494.
ttbermüetec adj. 473.
überschetzunge f. 618.
Ubertretunge f. 2200.
übertwerh adv. schräg 11747.
tibervüllen vb.: die übervüllent
ir m&z 9616.
♦überwsenec (uberwenig) adj.
übermütig, anmassend in
Gedanken 980.
♦überwsenunge (nberwenonge)
f. Anmassung 5033. 5042.
I Überwindunge personif. Bild
1 100 .
i überwunne f. outrage (0), Aus¬
schweifung 13664.
üf m.Verb.] -dringen: etewenne
sie die (hant) üfdranc 9152;
-geben: sinen geist fifgeben
2306; *-welgen: viuhtecheit
üf gewolken (: wölken), va-
peur alevee (0[Af]) 6422.
üfenthalt m. Unterhalt 11865.
üferstentuisse f.: ü. aller töten
j 3306; ü. des vleisches Paren-
these nach 3309.
üfganc m. Aufgang {der Sonne)
677. 6016.
üfhalt m. Erhaltung 7681.
üfhalterinne f 8152.
üfhap (uffhab) m. eig. Abhub,
Überrest der Mahlzeit: ü.
den knaben ze geben 2223;
ü. vür vrouwen swanger
2225; ü. vür die siechen
2227; ü. der dä Uber bliben
was an dem nahtm&le d&
Got selbes az Altarsakra¬
ment 2231; 2216.2220.2237.
2469.2485. 2489. 2496. 2516.
2524.2527. 2531. 2544. 2563.
2579.2590. 2600. 3196. 4886.
Bild 43.
üfrehtecliche adv. 1615.
I üfvanc (ufffang) tn. Fang,
Jagdbeute 7790.
umbe m. Verb.] -gürten 8981.
8983; -hangen: die umbe
hangenden stücke der Übel¬
tat 996; *-welben (wölben):
die zirkel (der Planeten) ir
umbeweibt 1389.
uinbehanc m. Vorhang 3706.
*umbeleiter (umbleyder) m.:
u. der liute einer der die
Leute an der Nase herum¬
fuhrt 6669.
♦umbeheldet parf.: mit spitzen
phriemen u. (: verstellet)
{Ableitung von md. helde =
Fessel?) 8836-
♦nmberinge adj. (?): sö ist mir
der verdriez vaste umbe¬
ringe (: ringe), min umb-
geberin (A) 11267. (Ist an
Zusammenhang mit umbe-
rinc = Umkreis zu denken,
etwa so, daß aus dem Subst.
gewaltsam ein Adj. = um-
ringend gemacht wurde ?).
umbetriber (umbdryber) m.:
u. der liute einer der die
Leute zum Besten hat 6668.
unbekentlich adj. 978. 11021.
♦unbekeutlicheit f. ingnorence
(0) 6519.
unbeBlagen part. adj., der
Stab des Pilgers so genannt
3344. 3648.3665. 3671. 3675.
3685.
und conj. für uns pleonastiseh
4410.5253. 5517. 5520. 7997.
10331. 11177. 13579. 13851.
underdrückunge f.: der guoten
morsel u. Beiseiteschaffung
10475.
*undergesihte ».: mit under-
gesihte besehen schief, von
der Seite 7595.
undergürtel m. 9859.
*nnderhap m. : mit solichem
underhabe, par tel condicion
(0), nnderscheit (A) 3703.
nnderlachen vb. 5255. 8575.
underlesen vb. auslesen 1977.
*underlösunge f: Stiche in
anevehtungen gebent ime
underloschungen, recreation
(0), lossunge (A) 3761.
undernemen vb.: dü solt dich
nit n. die ze hindern 5429.
underneraunge f. 617.
underrihtunge f. 1152. 4705.
underroc m. 7513. 9865.
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Wortverzeichnis.
325
nndencheidecliche adv. 1002.
1137. 4276.
nnderscheidenliche (-scheiden t-
lich) adv. 2150.
understän c6.: einen verren
wec u. unternehmen 2188.
Undertsenecheit personif.
Bild 99.
nnderwisunge f. 4704. 7541.
9977. 13443.
underzuc m. 9411.
•ungebaerecheit f Ungeberde
8743.
•ungeformieret pari. adj. un¬
gestillt 7520.
ungehindert part. adj. 3677.
Ungehörsamecheit personif.
Büd 65. 7895. Bild 68.
nngelückec (ungluckig) adj.
2519.
ungemüetec adj- betrübt 6291.
ungestüemecheit (ungestnm-
mekeit) f. 11706.
ungetröst part. adj. 8815.
ungeverwet adj. 8273.
nngewin m. 1273.
ünkiascheit personif. Bild 78
u. 79. 13131.
nnkunst f. Unwissenheit 6581.
Unmtiezecheit personif. 6647.
Unmuoze personif. Bild 57.
unrftt m. Unrat 5214.
nnredelich adj. unvernünftig
3205. 4221. 10343.
unsihtlich adj. 4926.
nnstate m. (so auch h): grfizen
unstaten 5031.
•unsträflich (-strefflich) adj.
saus roesproison (0) 4172.
♦unverdüret part.: eie tuot vil
tibeles u., et jour et nnit
(0) 9527.
unversehenliche adv. 1534.
unverstentlich adj. unverstän¬
dig 1543.
uuvertregelich adj- 8875.
unverwertet (nnverwartet)
part. adj. = unverletzt, von
ungeschwächter Festigkeit
11454.
♦unvüelebaere adj. unempfind¬
lich 8775.
nnwär n. ( oder unwaere f. ?):
&n nnw&re 2254.
unwert adj.: wi der wec ist
gar n. 10773.
♦unwilligen vb. touraenter (O)
12698.
unwizzentlich adj. 977.
unzseme adj.= ungezieme8986.
üppige 6re f. 7657. Bild 66.
uscht, ätscht s. iht.
fiz »i. Verb.] ♦-kürnen: fizge-
kürnet, esmailliö (O), gla-
suret (A) 3265; ♦-lecken:
mit ir krappen sie mit ge-
walt üz leckent (:8teckent)
Gotes Gn&de, eslochent (O)
9940; -mezzen 8375; -recken:
üzracken (: hacken) 7140;
-rghten: özgeracht 1343;
-scheiden 5889; -Behüten:
die unreinecheit ü. 1974;
-sin: die üzwesenden Ab¬
wesenden 8687.
üzerlich adj.: daz üzerliche
lieht 6023.
fizern vb. refl.: sich von dem
guoten ü. 767; von der weit
799.
üzg&be f. 9563.
♦ftzgeberinne f. 2469. 9607.
10988. 10999. 11385.
♦üzkürnunge f. Glasur 3266.
♦ftzricken ». das Ausziehen
(des Wamses) 3837.
özrihterinne f. 8361.
üzrihtunge f. 426. 2046. 5139.
♦flzruofec (ußruffig) adj. escla-
tans (O) 474.
üzsetzecheit f. 990.
üzsprechunge f. 1128.
♦fiztregerinne f. 9606.
Tabs nm.? nerf (0)6185.8205.
val m.: ich gienc abe in den
tiefen tal und steic abe in
einen grözen v., je descen-
doie en ce val (parfont) et
avaloie (0) 9103.
vrele treten vb. 8765 (Hs. woh-
irrtümlich falletr.).
valscherie f. Betrug, Fälschung
8142.
valt tu.: ftz den felden legen,
desploier (0) 1125.
var (faer) m. 7648.
fardel n. 1133. 1135.
vazzen (fassen) vb. in Fässer
fidlen 10598.
vellec adj. hinfällig 5000.
venekin (fenychin) n. Fähn¬
chen 53.
♦veuger (fenger) tu. 7863.
venne s. vinne.
verenderunge f. 1419. 5348.
♦ver&sen vb. 2536.
verbleichen vb. bleich machen
8275.
verbüezen vb., part. ver¬
bissen (: znrryssen), ta-
connöe ( 0), geplacket (A)
geflickt 9446.
verbuntlich adj. gebunden,
unfrei 1820.
♦verbuntlicheit f. Dienstbar¬
keit 8740.
verdsehtecliche (vordechtec-
lich) adv. — verdsehtliche
4847.
verdenkunge (vordenckonge)
f. Trug, Täuschung 10113.
verdienen n. 6218.
verdienunge f. 427.
verdöuwunge (verdaugouge) f.
13708.
verdriezen n. 2596.
verdrützic (verdrussig) adj.
1444.
♦verdultigen vb. sich gedulden
4285.
♦vereinecheit f. Einheit 8954.
vereinigunge f. 13669.
♦vereinschaft (vereynischaflft)
f. : v. der heiligen 3302.
verenden vb.: die in daz gelt
verendent (: verphendent),
geben (A) 9947.
vergenclich adj. 6282.
vergezzunge f. 606.
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326
Wortverzeichnis.
vergiftigen vb. vergiften 8325. 1 schiden, (des)aevree (0)
8904. I 8964.
vergrifen vb. sich vergreifen, versiechen vb. 2280; versflchen
einen Mißgriff tun 1548. 4193.
Vergunnunge personif. Bild veralüchen vb. refL: sich in
71. brnochen v., habiter (O)
verhärten vb. verstockt werden 10679.
(in Sünden) 1935. 1936. *verslurken (-slurgen) vb. ter-
verhartunge (verhertonge) f. schlucken 12024.
7958. Bild 69, 73 u. 80. versmähunge f. 982. 7491.
verhonwen vb. verwunden Bild 74. 8917. 8928.
3537. verspehen vb. auskundschaften
verhungern vb. 2279. 13323. 13324.
verkfirlich adj.: v., ungestalt verspiwen r6.: er wart vcr-
8401. spiget 3479.
verklutem vb. refl sich ver- verstalt part. adj. 4786. 4809.
wirren , verschlingen 9822. ‘versteinecbeit f. Verstocktheit
verkouferinne(verkenfferjnne) ; 1967.
f. 9721. ‘vereteinnnge f. desgl. 5155.
•verlsezecheit (verlessikeit) f. BiUI 65 u. 80.
laschete ( 0 ), verlaßenkeit 1 verstoerunge f. 11103.
(h) 7198. • versftmnisse f. 7197.
verleschen (verloschen) vb.: I versuochen vb.: der epfel v.
die Sünde v. 1949. 8564.
verliesunge (verlierouge) f. verswernnge f. Bild 76. 10100.
7734. 10111. 10112. 10114. 10124.
verlnst m.: dar au h&stn keinen 10220. 10226.
v. genomen 2870. I vertiuren vb.: ich kan ime
•vermsernnge f. diffamation I daz nit v. 10777.
(O) 8738. ; vertoeren vb. 1526; ir guot
•vermomparn vb. ( von munt- * nemen und v. 616; weit ir
bor, momper) mainbournir . iuwer abc nit v. 11053.
(0) beschützen 5669. | vertrac (verdrag) m. deduit
vermüge (vermöge) f. Ver- . (0) Zeitvertreib 5706.
mögen, Fähigkeit 1756. vertragen vb.: ich han iu
vern Hegen vb. befriedigen 3028. vertragen ze vil 1471; Bich
3032. 12742. mit törheit v. 718; m. Bat.
Verratene personif. 8141. | mit einem Nachsicht haben
Bild 71. 8492. 8704. 8721. j 1540; einen verschonen 2031.
8781. 8800. Bild 73. , *vertürmeln vb., part. ver-
verrosten vb. im eigentl. Sinn i durmelt, estourdiz ( 0 ) 4443.
6602; bildl.: verrostet iu vervachen vb. oblegen 3402.
Sünden 6613. vervachen part.: mit schimpfe
•verrouclien vb.: ein lanterne, vervachen (: nnderlachen)
verrouchet dunkel 6005. (= vervangenP), tont a la
•versnz (versaiß)?, saiß (ä), trufle tournant (0) 5256.
verjus ( 0 ), Saft unreifer , vervähen, verfangen vb.: einen
Trauben 8893. wec v. einschlagen 6512.
verschiden vb.: doz ich von vervlizen vb.: die üf die weit
Got dem vater werde ver- | vervlizzen sint 11891.
vervülen vb. 13814.
vervlirhten »6., part. verfoch¬
tet : obe ir slt vertceret oder
v. 1527; stark verfochten:
alter din v. 13563.
verwandelnnge f. 1369. 1377.
verwenden vb.: die zlt v.
6486.
♦verwenerinne f.: ein ver-
wenerinne der liute, en-
veloperesse (0) 5473.
verwicken vb. vencickeln 7203.
verwiz m. 2851.
verwundern vb.: ein verwun-
dertiu Sache 4808.
•verwurzeln vb.: die gleven
sint verwurzelt tief in min
herze 8320.
verzoubem vb. 5464.
verzwlvelunge f. 7218.11089.
veste (feist: ist) adv. 549.
vic&rie m. 366. 422. 483. 527.
•fiden vb. refl. sich verlassen
auf 2645. 3255. 3572. 3634.
3657. 4919. 6380. 7938. 9047.
11224. 11412.
•fidunge f. Vertrauen 4922.
vige f. 5920.
vihelin n. 805.
vile f. 6622. 9139. 9654. 9679.
9716. 12999. 13081. 13085.
viler m. 6622.
♦vllerinne (fylerynne) f. 8935.
vinden vb. intr.: ich mache
doner v. sich einfinden 8900.
vinne (venne) m. Bauer (im
Schachspiel) 9330.
vinsterlich adj. 6426.
•violette f. Veilchen 2887.6723.
firmnnge f. Bild 10.
viuhtunge f. 1486.
•fleckmatiken, die m. plur.
8896.
vliegen ( Nebenform: fliehen)
vb. 1448.
vlöch m.: vloehe in den 6ren
5977.
•flörette f. Blümchen 2886.
flottichen (flettigen) vb. flattern
•12094.
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Wortverzeichnis.
327
rluckec (flockig) adj. flügge
7201. i
'volbringerinne (follenbrenge- 1
rynne) f. 8362.
Tolle m.: ich h&n nit den
vollen ze spilen 12097. ,
'vollechig adj. bitnmineus
[Oj, follechtig (h) 12217.
vollentllche adv. 1846. 2640.
3373.
volznc (follentzog) m. 3551. I
vor- i. ver-, i
vorhanc m.: Trägheit hat ge¬
tafen in vorhengen der
bischove 7093.
vrecheclich adj. = vrechlich
7648.
vTechheit (frechikeit) f 465.
979. 2179.
vmierle f. 4028. !
vrischecliche adv. = vrisch- J
liebe 5561. 5597. 8447.
Trumen (frommen) vb. 4552.
vüelunge f. 4093.
vilererinne f. 6096. 12840.
'vuhshüt f. Fuchspelz: ge-
vnotert mit vühshiuten 8037.
vülecheit (fnlekeit, fnlikeit) |
f- 5751. 8565. 8567.
Mlecllche (fnleclich) adv.
frage 9033. ;
fundament (fondement, fnlle-
mint) n. 13. 9245. 9286.
fundieren vb. 251. i
Tunt m.: mit laster and boesen
vünden 6614. 6618; spottige
vünde 7616.
vuoter (fnder) n. Scheide (des
Schwertes) 4230. 4241. 4256.
4262. 4268. 4278.4283. 4286.
4295. 4301. 4347. 4353.
Tuoternrft.: gevuotertiu klei¬
ner 7500; derspiez was mit
Hute 6ren gevootert durch
8222; gevuotertiu ören 8625. i
v noz m.\ daz holz über v. |
verkonfen 9742.
Tuozen vb. re fl.: sie begunde
sich vür mich v. zu Füßen
tyen 9038.
vlirderliche (forderlich) adv.
alsbald 5785.
vürkomen vb. 5601.
vürsihticheit f. Bild 37. 4365.
4812.
vürspreche m. Fürsprecher, i
Anwalt 1620. 5056.
vürsprecher m. 6750.
vüraprecherinne f. 10171.
vürtuoch (furduch, furduch,
furduch) m.pallarium 12323. !
12336. 12343. 12349.
wacke m. Feldstein 8839.8853.
8917. 8919. 8925. !
wall>ere (weller) m. Pilger
passim. |
•wallesac m. Pilgertasche 93.
3233.
wallestap m. 83. 92. 149. 356. i
wallevart f. 293.
wander m. = wandel: war zuo i
ich diene und mlnen wan¬
der vervolge 12043.
wandern vb.: brdt wart in
vieisch gewandert (: ver¬
ändert) 2609.
wannen vb.: daz körn w. 2696. j
2697.
Wfirheit personif. 10128.
10607.
was adj.: an den vliigeln der
mtllen was (: was) schneidend,
scharf 2703. j
wec m.: underwegen läzen
4950; üzer wege: bösheit
diu tuot ü. w., felonnie (la)
desvee (0) 754; ü. w. tuon
11164. :
wecholter m. Wacholder 7172.
wegen (wigen) vb.: einen fiz
der helle w. 2310.
wegevertic adj. 4725.
weidelich adj. 3253. 7760. 1
wele f.: obe ich in mime
harten herzen nit h&n die
w. 11341.
welle f.: ein w. holzes Bündel
11721. 1
weller s. wallsere.
wSnicheit f.: einwenichet eine
Kleinigkeit 11446.
weppe n. Gürtel (des Kleides)
105; Riemen (der Pilger¬
tasche) 3261.
werben vb. betreiben 5810;
slnen töt soltu nit w. 5811.
werbunge (werffonge) f.: von
weltlichen Werbungen, se-
culiere implication(O) 12169.
wercgeziuc n. 6053. 7671.
werffonge s. werbunge.
werltlicheit f. 9943.
wescherinne f. 1956. 13518.
wesen «.: din komen(de) w.,
ta production ( O) 5927.
wesentliche (weselich, wesen-
lich) adv. localiter (h) 3107.
3113.
wider so vil widers er dir
nit tsete, intrages (h) 6324.
*widerbizeni’b.: widerbizende,
remordant (0) 2025.
*widergewihte n. Gegengewicht
13355.-
widerh&ke m. 8633.
*widerkleiden vb. revestir (O)
2270.
widermacher m.: w. alter
socken und alter kleider
6494.
•widermachet part. adj. wider¬
natürlich 4741. 5758. 9347.
10828.
widersagunge /'.: einer dem
andern w., contradictio 7492.
widersin m. entgegengesetzter
Sinn 1096. 1530. 5343. 6592.
8064.
widerspringen n. regiber (0)
hinten ausschlagen 4175.
Widerspruch m. 2506.
•widerstalt part. adj. wider¬
wärtig 5009.
widerstant m. 4200.4831.7930.
•widerstellecheit f. Widersetz¬
lichkeit 7896.
•widerstellerinne f.: w. der
valschen sigel, contrefaiser-
resse (0) 9598.
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328
Wort Verzeichnis.
♦Widerstellunge personif.
Bild 65 u. 68. !
♦widerverkoufer m. 9945.
widerwenden vb. 5377.
widerwert m. 6263. 6294.6459. i
11062.
widerwiBen vb. 2852. 3096.
*wigerinne fi Wiegerin, Wü- !
gerin 9720. 1
wiknnge f. 600.
wildecheit f. 8163. 8184. i
wiltvanc m. fremde (gleichsam
wie ein Wild eingefangene)
Person 9112; Jagdbezirk
9514. j
winde f.: reife nnd winde
(des Schiffes), bintwinden
(A) 12801.
winden vb.: daz mer was ge¬
windet af re 11632.
winkelmftz n. 2382. 2440.
♦winnebröt n. gaaiguepains
(0) 4122. 4130. 4133. 4145. I
4423. 4457. 9810. I
winnunge f. 10190.
wint m. leere Prahlerei 4291. |
•wirdisch (: frisch) adj. — wir- I
die schön, herrlich 3523.
wlsecliche adv. = wislicbe
4050.
wiser m. Führer 10297.
WIsheit personif. 2730. 2754.
2760. 2797. Bild 28. 2867.
3035.
wizbröt n. 1670. 2649. 10607.
WIze (Wibsse) personif. 13144.
wizzecliche adv. 2765. 4226.
wizzenthaft adj. scieute (O)
13573. !
*wolfvenger (wolfffenger) »«.
7060.
*wolfvengerinne (wolffefenge-
rynne) f. 7059.
wolgevallen n. 355. 4428.
wolgevellicheit f. 11150.
wolt&t (woledait) f 6443.
wUestecheit (wustikeit) f. Un¬
sauberkeit 7047.
wileatenie f. 11515.
wtilpinne f. Wölfin 10497.
wunderunge f. 1370.
wurmsezic (wnrmessig) adj.
wurmstichig 8479.
zeln vb.: din gröze smidinne
gezelt (: heit) 12667.
zerquetschen vb. 2035.
zerteilunge f. 7733.
zil ».: Tr&cheit hatte z. sich
ze plnigen 8818.
zimbervrouwe f. 1735.
zinke (syncke) m.: sie sparete
mich nit mit zinken 8791;
suochen gedenken mit zin¬
ken, quier mncailles et
cornes (0), snochen Ver¬
borgenheit ( h) 10763.
*ziukeleht (sinckelecht) adj.:
daz isen an der gleveu was
z., barbele (O), mit Wider¬
haken versehen 8228.
zinneleht adj. zackig: ein
möre z. 6688.
zinshaftic adj. 9320.
zipf m.: zipfen an grözeu
kappen Zipfel 7512.
zirkel m.: die zirkel (der Pla¬
neten) balde oder gemache
umbeweiben, les esperea (O)
1388; des himels zirkel,
zodiaque (0) 9142. 9704.
9718. 9719. 9738.9757. 9799.
zirkeln (circulen) vb. nach dem
Zirkelmaß verfertigen 5893;
abzirkeln, abwiegen 12181.
zit fi: in zlte 8480.
zltglocke f. Stundenglocke
13847.
zltvertrlp m. 10461.
zogen vb.: von allen guoteu
Worten zuget (: erzioget),
entwiset (A) 8657.
zögen s. zöugen.
zolle fi: 8pilen mit der zollen
ein Kinderspiel (vgl. Renner
14864) 12096.
Zorn personif. 8903.
*zomisck adj. zornig 1100.
zöugen (zeugen, zögen) vb.
zeigen 4504. 13727.
zouwen vb. re fl. sich bereit
machen, rüsten 8524.
zllcker m. Räuber 9590.
zuo m. Verb.] -*hellen: die mit
zuo hellent ze solicher tat
9612; -ziehen 9586.
♦zuohal (zuhall, verzehr. [aucA
in A]: zuhalt) m. Wieder¬
holt 8191.
zuohellunge fi desgl. 8177.
*zuohoerer (zughorer) m. 5372.
zuovluht f. 11056.
zuozuc m. 11221.
zweien vb. refl.: einen wec
der sich zweiete 6466.
zwivaltigeu vb. 4121.
zwtvelunge f. 226.
Druck von Ehrhardt Karras, G. m. b. H., Halle a. S.
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Deutsche Texte des Mittelalters XXV
Tafel I
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V
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Handschrß^ >^teich Sayn-Wittgep^^g^ii^j^ GA N
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Tafel II
Deutsche Texte des Mittelalters XXV
Handschrift d^^yrs,^^sayn-Wittgenstei
V\iKlintViolr 711 UörO^ur.r 1 «f A \T*- 10<i
MICHIGAN
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Deutsche Texte des Mittelalters XXV
Tafel
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Verlag der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin SW. 68.
Deutsche Texte des Mittelalters
berausgejelen Ton der Königlich Preussiscbeu Akademie der Wissenschaften.
I. Band:
II. Band:
III. Band:
IV. Band:
V. Band:
VI. Band
VII. Band
VIII. Band
IX. Band:
X. Band:
XI. Band:
XII. Band:
XVI. Band :
Friedrich von Schwaben. Aus der Stuttgarter Handschrift herausgegeben von
Hermann Jcllinek. Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XaII u. 127 S.l
XIII. Band:
XIV. Band:
XV. Band:
XVII. Band:
XVIII Baud:
XIX. Band:
XX. Band:
XXI Baud:
XXII Band:
XXIII. Band:
XXIV. Band:
M a x ■
1904. 1
Geh. 4.40 M.
Rudolfs von Ems Willehalm von Orlens. Herausg. von Victor Junk. Mit 3 Tafeln
in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XL1II u. 277 S.) 1905.Geh. 10 M.|
Johanns von Wflrzburg Wilhelm von Österreich. Herausg. von Ernst Regel. Mit:
2 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXII u. 334 S.) 190(5.Geh. 10 M.
Die Lehrgedichte der Melker Handschrift. Herausgegeben von Albert Leitzmann.
Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XIV u. 55 S) 1904.Geh. 2.40 M.
Volks-und Gesellschaftslieder des 15. und 16. Jahrhunderts. 1. Die Lieder der Heidel¬
berger Handschrift Pal. 343, herausgegeben von Arthur Kopp. Mil einer Tafel in Licht¬
druck. gr. Lex. 8. (XV111 u. 254 S.) 1905..Geh. 7.60 M.
Elsbeth Stagel. Das Leben der Schwestern zu Töß. Herausgegeben von Ferdinand
Vetter. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXVI ti. 132 S.) 1906 . . Geh. 5 M.
Die Werke Heinrichs von Neustadt. Herausgegeben von Samuel Singer. Mit 3 Tafeln
in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XIII u. 534 S.) 190(5.Geh. 15 M.
Heinrich von Hesier, Apokalypse. Aus der Danziger Handschrift herausgegeben von :
Karl Helm. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck, gr. l.ex. 8. (XX u. 414 S.l 1907. . Geh. 12 M.
Tilos von Kulm Gedicht von siben Ingesigeln. Aus der Königsberger Handschrift heraus¬
gegeben von Karl Kochcndörffer. Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XII u.
110 S.) 1907.Geh. 3.60 M.
Der sog. St. Georgener Prediger. Aus der Freiburger und der Karlsruher Handschrift
herausgegeben von Karl Rieder. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXIV u.
383 S.) 1908. . ..Geh. 15 M.
Die Predigten Taulers. Aus der Engelberger und der Freiburger Handschrift sowie
aus Schmidts Abschriften der ehemaligen Straßburger Handschriften herausgegeben von
Ferdinand Vetter, gr. Lex 8. (XVI u. 518 S.) 1910.Geh. 18 M.
Die Meisterlieder des Hans Folz. Aus der Münchener Originalhandschrift und anderen
Quellen herausgegeben von August L. Mayer. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8.
(XXII u. 438 S.) 1908.Geh. 16.60 M.
Der große Alexander. Aus der Wernigeroder Handschrift herausgegeben von Gustav
Guth. Mit 2 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (Xlli u. 102 S.) 1908. . . . Geh. 4 M.
Die sog. Wolfenbflttler Priamelhandschrift. Herausgegeben von Karl Euling. Mit einer
Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XVIII u. 243 S.) 1908.Geh. 9 M.
Die Lilie, eine mittclfränkischc Dichtung in Reimprosa, und andere geistliche Gedichte,
aus der Wiesbadener Handschrift herausgegeben von Paul Wüst. Mit einer Tafel in
Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXX u. 90 S ) 1909.Geh. 4.b0 M.
Die heilige Regel für ein vollkommenes Leben, eine Cistcrzienserarbeit des XIII. Jahr¬
hunderts, ans der Handschrift Additional 9048 des British Museum herausgegeben von Robert
Priebsch. Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXII u 104 S.) 1909. Geh. 5 M.
Die Heidelberger Handschrift cod. Pal. germ. 341. Herausgegeben von Gustav Rosen¬
hagen. Mit zwei Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XLI u. 2ol S.) 1909. Geh. 10.60 M.
Gundackers von Judenburg Christi Hort. Aus der Wiener Handschrift herausgegeben von
J. Jaksche. Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XVIII u. 92 S.) 1910. Geh. 4 M.
Die poetische Bearbeitung des Buches Daniel. Aus der Stuttgarter Handschrift hcraus-
gegeben von Arthur Hübner. Mit einer Tafel in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXII u. 162 S.l 1911.
Geh. 6.60 M.
Rudolfs von Ems Weltchronik. Aus der Wernigeröder Handschrift herausgegeben von
Gustav Ehrismann. (Im Druck.)
Die mitteldeutsche poetische Paraphrase des Buches Hiob. Aus der Handschrift des
König]. Staatsarchivs zu Königsberg herausgegeben von T. E. Karsten. Mit zwei Tafeln
in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XLV u. 279 S ) 1910.Geh. 11.60 M.
Das Väterbuch. Aus der Leipziger, Hildesheimer und Straßburger Handschrift heraus¬
gegeben von Karl Kcissenberger. Mit 3 Tafeln in Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XXV u.
613 S) 1914.Geh. 23 M.
Konrads von Megenberg Deutsche Sphaera. Aus der Münchener Handschrift heraus¬
gegeben von Otto Matthaei. Mit 15 Textabbildungen und 2 Tafeln in Lichtdruck,
gr. Lex. 8. (XIV u. 63 S.) 1912.Geh. 2.80 M.
Mittelhochdeutsche Minncreden I. Die Heidelberger Handschriften 341, 358. 376 und 393.
Herausg. v. Kurt Matthaei. Mit 3 Tafeln ia Lichtdruck, gr. Lex. 8. (XVI u. 182 S.) 1913.
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